The Project Gutenberg eBook of Kant's gesammelte Schriften. Band V. Kritik der Urtheilskraft. This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. Title: Kant's gesammelte Schriften. Band V. Kritik der Urtheilskraft. Author: Immanuel Kant Release date: November 9, 2017 [eBook #55925] Most recently updated: October 23, 2024 Language: German Credits: Produced by Jana Srna, Norbert H. Langkau and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KANT'S GESAMMELTE SCHRIFTEN. BAND V. KRITIK DER URTHEILSKRAFT. *** Anmerkungen zur Transkription: Font-Wechsel sind mit _Unterstrich_ markiert, gesperrt gedruckter Text mit =Gleichheitszeichen=, kursiv gedruckter Text mit +Pluszeichen+, fett gedruckter Text in GROSSBUCHSTABEN. Hochgestellte Zeichen wurden mit ^Zirkumflex und tiefgestellte Zeichen mit {geschweiften Klammern} markiert. Seiten- und Zeilennummern der vorliegenden Ausgabe sind, mit einem Punkt getrennt, in senkrechte Striche eingeschlossen, wie in |167.20|. Seitennummern der 1. Auflage sind in #Doppelkreuze# eingeschlossen. Inkonsistenzen in der Rechtschreibung sind nicht korrigiert, lediglich ein paar offensichtliche Schreibfehler, die nicht in dem Nachwort des Herausgebers aufgeführt sind; diese Änderungen sind am Ende des Dokuments zusammengefasst. Kant's gesammelte Schriften Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften Band V Erste Abtheilung: Werke Fünfter Band Berlin Druck und Verlag von Georg Reimer 1913 Kant's Werke Band V Kritik der praktischen Vernunft. Kritik der Urtheilskraft. Berlin Druck und Verlag von Georg Reimer 1913 1790. KRITIK DER URTHEILSKRAFT 165 =Vorrede= 167 =Einleitung= 171 I. Von der Eintheilung der Philosophie 171 II. Vom Gebiete der Philosophie überhaupt 174 III. Von der Kritik der Urtheilskraft, als einem Verbindungsmittel der zwei Theile der Philosophie zu einem Ganzen 176 IV. Von der Urtheilskraft, als einem _a priori_ gesetzgebenden Vermögen 179 V. Das Princip der formalen Zweckmäßigkeit der Natur ist ein transscendentales Princip der Urtheilskraft 181 VI. Von der Verbindung des Gefühls der Lust mit dem Begriffe der Zweckmäßigkeit der Natur 186 VII. Von der ästhetischen Vorstellung der Zweckmäßigkeit der Natur 188 VIII. Von der logischen Vorstellung der Zweckmäßigkeit der Natur 192 IX. Von der Verknüpfung der Gesetzgebungen des Verstandes und der Vernunft durch die Urtheilskraft 195 Eintheilung des ganzen Werks 199 ERSTER THEIL. KRITIK DER ÄSTHETISCHEN URTHEILSKRAFT 201 ERSTER ABSCHNITT. ANALYTIK DER ÄSTHETISCHEN URTHEILSKRAFT 203 Erstes Buch. =Analytik des Schönen= 1. Moment des Geschmacksurtheils der Qualität nach 203 § 1. Das Geschmacksurtheil ist ästhetisch 203 § 2. Das Wohlgefallen, welches das Geschmacksurtheil bestimmt, ist ohne alles Interesse 204 § 3. Das Wohlgefallen =am Angenehmen= ist mit Interesse verbunden 205 § 4. Das Wohlgefallen =am Guten= ist mit Interesse verbunden 207 § 5. Vergleichung der drei specifisch verschiedenen Arten des Wohlgefallens 209 2. Moment des Geschmacksurtheils, nämlich seiner Quantität nach 211 § 6. Das Schöne ist das, was ohne Begriff als Object eines =allgemeinen= Wohlgefallens vorgestellt wird 211 § 7. Vergleichung des Schönen mit dem Angenehmen und Guten durch obiges Merkmal 212 § 8. Die Allgemeinheit des Wohlgefallens wird in einem Geschmacksurtheile nur als subjectiv vorgestellt 213 § 9. Untersuchung der Frage: ob im Geschmacksurtheile das Gefühl der Lust vor der Beurtheilung des Gegenstandes, oder diese vor jener vorhergehe 216 3. Moment der Geschmacksurtheile nach der Relation der Zwecke, welche in ihnen in Betrachtung gezogen wird 219 § 10. Von der Zweckmäßigkeit überhaupt 219 § 11. Das Geschmacksurtheil hat nichts als die =Form der Zweckmäßigkeit= eines Gegenstandes (oder der Vorstellungsart desselben) zum Grunde 221 § 12. Das Geschmacksurtheil beruht auf Gründen _a priori_ 221 § 13. Das reine Geschmacksurtheil ist von Reiz und Rührung unabhängig 223 § 14. Erläuterung durch Beispiele 223 § 15. Das Geschmacksurtheil ist von dem Begriffe der Vollkommenheit gänzlich unabhängig 226 § 16. Das Geschmacksurtheil, wodurch ein Gegenstand unter der Bedingung eines bestimmten Begriffs für schön erklärt wird, ist nicht rein 229 § 17. Vom Ideale der Schönheit 231 4. Moment des Geschmacksurtheils nach der Modalität des Wohlgefallens an dem Gegenstande 236 § 18. Was die Modalität eines Geschmacksurtheils sei 236 § 19. Die subjective Nothwendigkeit, die wir dem Geschmacksurtheile beilegen, ist bedingt 237 § 20. Die Bedingung der Nothwendigkeit, die ein Geschmacksurtheil vorgiebt, ist die Idee eines Gemeinsinnes 237 § 21. Ob man mit Grunde einen Gemeinsinn voraussetzen könne 238 § 22. Die Nothwendigkeit der allgemeinen Beistimmung, die in einem Geschmacksurtheil gedacht wird, ist eine subjective Nothwendigkeit, die unter der Voraussetzung eines Gemeinsinnes als objectiv vorgestellt wird 239 =Allgemeine Anmerkung= zum ersten Abschnitte der Analytik 240 Zweites Buch. =Analytik des Erhabenen= § 23. Übergang von dem Beurtheilungsvermögen des Schönen zu dem des Erhabenen 244 § 24. Von der Eintheilung einer Untersuchung des Gefühls des Erhabenen 247 A. Vom Mathematisch-Erhabenen 248 § 25. Namenerklärung des Erhabenen 248 § 26. Von der Größenschätzung der Naturdinge, die zur Idee des Erhabenen erforderlich ist 251 § 27. Von der Qualität des Wohlgefallens in der Beurtheilung des Erhabenen 257 B. Vom Dynamisch-Erhabenen der Natur 260 § 28. Von der Natur als einer Macht 260 § 29. Von der Modalität des Urtheils über das Erhabene der Natur 264 =Allgemeine Anmerkung= zur Exposition der ästhetischen reflectirenden Urtheile 266 =Deduction der reinen ästhetischen Urtheile= 279 § 30. Die Deduction der ästhetischen Urtheile über die Gegenstände der Natur darf nicht auf das, was wir in dieser erhaben nennen, sondern nur auf das Schöne gerichtet werden 279 § 31. Von der Methode der Deduction der Geschmacksurtheile 280 § 32. Erste Eigenthümlichkeit des Geschmacksurtheils 281 § 33. Zweite Eigenthümlichkeit des Geschmacksurtheils 284 § 34. Es ist kein objectives Princip des Geschmacks möglich 285 § 35. Das Princip des Geschmacks ist das subjective Princip der Urtheilskraft überhaupt 286 § 36. Von der Aufgabe einer Deduction der Geschmacksurtheile 287 § 37. Was wird eigentlich in einem Geschmacksurtheile von einem Gegenstande _a priori_ behauptet? 289 § 38. Deduction der Geschmacksurtheile 289 § 39. Von der Mittheilbarkeit einer Empfindung 291 § 40. Vom Geschmacke als einer Art von _sensus communis_ 293 § 41. Vom empirischen Interesse am Schönen 296 § 42. Vom intellectuellen Interesse am Schönen 298 § 43. Von der Kunst überhaupt 303 § 44. Von der schönen Kunst 304 § 45. Schöne Kunst ist eine Kunst, sofern sie zugleich Natur zu sein scheint 306 § 46. Schöne Kunst ist Kunst des Genies 307 § 47. Erläuterung und Bestätigung obiger Erklärung vom Genie 308 § 48. Vom Verhältnisse des Genies zum Geschmack 311 § 49. Von den Vermögen des Gemüths, welche das Genie ausmachen 313 § 50. Von der Verbindung des Geschmacks mit Genie in Producten der schönen Kunst 319 § 51. Von der Eintheilung der schönen Künste 320 § 52. Von der Verbindung der schönen Künste in einem und demselben Producte 325 § 53. Vergleichung des ästhetischen Werths der schönen Künste untereinander 326 § 54. Anmerkung 330 ZWEITER ABSCHNITT. DIALEKTIK DER ÄSTHETISCHEN URTHEILSKRAFT 337 § 55. 337 § 56. Vorstellung der Antinomie des Geschmacks 338 § 57. Auflösung der Antinomie des Geschmacks 339 § 58. Vom Idealismus der Zweckmäßigkeit der Natur sowohl als Kunst, als dem alleinigen Princip der ästhetischen Urtheilskraft 346 § 59. Von der Schönheit als Symbol der Sittlichkeit 351 § 60. Anhang. Von der Methodenlehre des Geschmacks 354 ZWEITER THEIL. KRITIK DER TELEOLOGISCHEN URTHEILSKRAFT 357 § 61. Von der objectiven Zweckmäßigkeit der Natur 359 ERSTE ABTHEILUNG. ANALYTIK DER TELEOLOGISCHEN URTHEILSKRAFT 362 § 62. Von der objectiven Zweckmäßigkeit, die bloß formal ist, zum Unterschiede von der materialen 362 § 63. Von der relativen Zweckmäßigkeit der Natur zum Unterschiede von der innern 366 § 64. Von dem eigenthümlichen Charakter der Dinge als Naturzwecke 369 § 65. Dinge als Naturzwecke sind organisirte Wesen 372 § 66. Vom Princip der Beurtheilung der innern Zweckmäßigkeit in organisirten Wesen 376 § 67. Vom Princip der teleologischen Beurtheilung der Natur überhaupt als System der Zwecke 377 § 68. Von dem Princip der Teleologie als innerem Princip der Naturwissenschaft 381 ZWEITE ABTHEILUNG. DIALEKTIK DER TELEOLOGISCHEN URTHEILSKRAFT 385 § 69. Was eine Antinomie der Urtheilskraft sei 385 § 70. Vorstellung dieser Antinomie 386 § 71. Vorbereitung zur Auflösung obiger Antinomie 388 § 72. Von den mancherlei Systemen über die Zweckmäßigkeit der Natur 389 § 73. Keines der obigen Systeme leistet das, was es vorgiebt 392 § 74. Die Ursache der Unmöglichkeit, den Begriff einer Technik der Natur dogmatisch zu behandeln, ist die Unerklärlichkeit eines Naturzwecks 395 § 75. Der Begriff einer objectiven Zweckmäßigkeit der Natur ist ein kritisches Princip der Vernunft für die reflectirende Urtheilskraft 397 § 76. Anmerkung 401 § 77. Von der Eigenthümlichkeit des menschlichen Verstandes, wodurch uns der Begriff eines Naturzwecks möglich wird 405 § 78. Von der Vereinigung des Princips des allgemeinen Mechanismus der Materie mit dem teleologischen in der Technik der Natur 410 ANHANG. METHODENLEHRE DER TELEOLOGISCHEN URTHEILSKRAFT 416 § 79. Ob die Teleologie als zur Naturlehre gehörend abgehandelt werden müsse 416 § 80. Von der nothwendigen Unterordnung des Princips des Mechanismus unter dem teleologischen in Erklärung eines Dinges als Naturzwecks 417 § 81. Von der Beigesellung des Mechanismus zum teleologischen Princip in der Erklärung eines Naturzwecks als Naturproducts 421 § 82. Von dem teleologischen System in den äußern Verhältnissen organisirter Wesen 425 § 83. Von dem letzten Zwecke der Natur als eines teleologischen Systems 429 § 84. Von dem Endzwecke des Daseins einer Welt, d. i. der Schöpfung selbst 434 § 85. Von der Physikotheologie 436 § 86. Von der Ethikotheologie 442 § 87. Von dem moralischen Beweise des Daseins Gottes 447 § 88. Beschränkung der Gültigkeit des moralischen Beweises 453 § 89. Von dem Nutzen des moralischen Arguments 459 § 90. Von der Art des Fürwahrhaltens in einem teleologischen Beweise des Daseins Gottes 461 § 91. Von der Art des Fürwahrhaltens durch einen praktischen Glauben 467 =Allgemeine Anmerkung zur Teleologie= 475 Anmerkungen 510 Kritik der Urtheilskraft von Immanuel Kant. Vorrede #III# zur ersten Auflage, 1790. Man kann das Vermögen der Erkenntniß aus Principien _a priori_ =die reine Vernunft= und die Untersuchung der Möglichkeit und Gränzen derselben überhaupt die Kritik der reinen Vernunft nennen: ob man gleich |167.5| unter diesem Vermögen nur die Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauche versteht, wie es auch in dem ersten Werke unter jener Benennung geschehen ist, ohne noch ihr Vermögen als praktische Vernunft nach ihren besonderen Principien in Untersuchung ziehen zu wollen. Jene geht alsdann bloß auf unser Vermögen, Dinge _a priori_ zu erkennen, und beschäftigt |167.10| sich also nur mit dem =Erkenntnißvermögen= mit Ausschließung des Gefühls der Lust und Unlust und des Begehrungsvermögens; und unter den Erkenntnißvermögen mit dem =Verstande= nach seinen Principien _a priori_ mit Ausschließung der =Urtheilskraft= und der =Vernunft= (als #IV# zum theoretischen Erkenntniß gleichfalls gehöriger Vermögen), weil es sich |167.15| in dem Fortgange findet, daß kein anderes Erkenntnißvermögen als der Verstand constitutive Erkenntnißprincipien _a priori_ an die Hand geben kann. Die Kritik also, welche sie insgesammt nach dem Antheile, den jedes der anderen an dem baaren Besitz der Erkenntniß aus eigener Wurzel zu haben vorgeben möchte, sichtet, läßt nichts übrig, als was der =Verstand= |167.20| _a priori_ als Gesetz für die Natur, als den Inbegriff von Erscheinungen (deren Form eben sowohl _a priori_ gegeben ist), vorschreibt; verweiset aber alle andere reine Begriffe unter die Ideen, die für unser theoretisches Erkenntnißvermögen überschwenglich, dabei aber doch nicht etwa unnütz oder entbehrlich sind, sondern als regulative Principien dienen: theils die besorglichen |167.25| Anmaßungen des Verstandes, als ob er (indem er _a priori_ die Bedingungen der Möglichkeit aller Dinge, die er erkennen kann, anzugeben vermag) dadurch auch die Möglichkeit aller Dinge überhaupt in diesen Gränzen beschlossen habe, zurück zu halten, theils um ihn selbst in der Betrachtung der Natur nach einem Princip der Vollständigkeit, wiewohl #V# er sie nie erreichen kann, zu leiten und dadurch die Endabsicht alles Erkenntnisses zu befördern. |168.5| Es war also eigentlich der =Verstand=, der sein eigenes Gebiet und zwar im =Erkenntnißvermögen= hat, sofern er constitutive Erkenntnißprincipien _a priori_ enthält, welcher durch die im Allgemeinen so benannte Kritik der reinen Vernunft gegen alle übrige Competenten in sicheren alleinigen Besitz gesetzt werden sollte. Eben so ist der =Vernunft=, welche |168.10| nirgend als lediglich in Ansehung des =Begehrungsvermögens= constitutive Principien _a priori_ enthält, in der Kritik der praktischen Vernunft ihr Besitz angewiesen worden. Ob nun die =Urtheilskraft=, die in der Ordnung unserer Erkenntnißvermögen zwischen dem Verstande und der Vernunft ein Mittelglied |168.15| ausmacht, auch für sich Principien _a priori_ habe; ob diese constitutiv oder bloß regulativ sind (und also kein eigenes Gebiet beweisen), und ob sie dem Gefühle der Lust und Unlust, als dem Mittelgliede zwischen dem Erkenntnißvermögen und Begehrungsvermögen, (eben so wie der Verstand dem ersteren, die Vernunft aber dem letzteren _a priori_ Gesetze vorschreiben) |168.20| #VI# _a priori_ die Regel gebe: das ist es, womit sich gegenwärtige Kritik der Urtheilskraft beschäftigt. Eine Kritik der reinen Vernunft, d. i. unseres Vermögens nach Principien _a priori_ zu urtheilen, würde unvollständig sein, wenn die der Urtheilskraft, welche für sich als Erkenntnißvermögen darauf auch Anspruch |168.25| macht, nicht als ein besonderer Theil derselben abgehandelt würde; obgleich ihre Principien in einem System der reinen Philosophie keinen besonderen Theil zwischen der theoretischen und praktischen ausmachen dürfen, sondern im Nothfalle jedem von beiden gelegentlich angeschlossen werden können. Denn wenn ein solches System unter dem allgemeinen Namen |168.30| der Metaphysik einmal zu Stande kommen soll (welches ganz vollständig zu bewerkstelligen, möglich und für den Gebrauch der Vernunft in aller Beziehung höchst wichtig ist): so muß die Kritik den Boden zu diesem Gebäude vorher so tief, als die erste Grundlage des Vermögens von der Erfahrung unabhängiger Principien liegt, erforscht haben, damit |168.35| es nicht an irgend einem Theile sinke, welches den Einsturz des Ganzen unvermeidlich nach sich ziehen würde. Man kann aber aus der Natur der Urtheilskraft (deren richtiger Gebrauch #VII# so nothwendig und allgemein erforderlich ist, daß daher unter dem Namen des gesunden Verstandes kein anderes, als eben dieses Vermögen gemeint wird) leicht abnehmen, daß es mit großen Schwierigkeiten begleitet sein müsse, ein eigentümliches Princip derselben auszufinden (denn |169.5| irgend eins muß sie _a priori_ in sich enthalten, weil sie sonst nicht, als ein besonderes Erkenntnißvermögen, selbst der gemeinsten Kritik ausgesetzt sein würde), welches gleichwohl nicht aus Begriffen _a priori_ abgeleitet sein muß; denn die gehören dem Verstande an, und die Urtheilskraft geht nur auf die Anwendung derselben. Sie soll also selbst einen Begriff angeben, |169.10| durch den eigentlich kein Ding erkannt wird, sondern der nur ihr selbst zur Regel dient, aber nicht zu einer objectiven, der sie ihr Urtheil anpassen kann, weil dazu wiederum eine andere Urtheilskraft erforderlich sein würde, um unterscheiden zu können, ob es der Fall der Regel sei oder nicht. Diese Verlegenheit wegen eines Princips (es sei nun ein subjectives |169.15| oder objectives) findet sich hauptsächlich in denjenigen Beurtheilungen, die man ästhetisch nennt, die das Schöne und Erhabne der Natur oder der #VIII# Kunst betreffen. Und gleichwohl ist die kritische Untersuchung eines Princips der Urtheilskraft in denselben das wichtigste Stück einer Kritik dieses Vermögens. Denn ob sie gleich für sich allein zum Erkenntniß der Dinge |169.20| gar nichts beitragen, so gehören sie doch dem Erkenntnißvermögen allein an und beweisen eine unmittelbare Beziehung dieses Vermögens auf das Gefühl der Lust oder Unlust nach irgend einem Princip _a priori_, ohne es mit dem, was Bestimmungsgrund des Begehrungsvermögens sein kann, zu vermengen, weil dieses seine Principien _a priori_ in Begriffen der Vernunft |169.25| hat. — Was aber die logische Beurtheilung der Natur anbelangt, da, wo die Erfahrung eine Gesetzmäßigkeit an Dingen aufstellt, welche zu verstehen oder zu erklären der allgemeine Verstandesbegriff vom Sinnlichen nicht mehr zulangt, und die Urtheilskraft aus sich selbst ein Princip der Beziehung des Naturdinges auf das unerkennbare Übersinnliche |169.30| nehmen kann, es auch nur in Absicht auf sich selbst zum Erkenntniß der Natur brauchen muß, da kann und muß ein solches Princip _a priori_ zwar zum =Erkenntniß= der Weltwesen angewandt werden und eröffnet zugleich #IX# Aussichten, die für die praktische Vernunft vorteilhaft sind: aber es hat keine unmittelbare Beziehung auf das Gefühl der Lust und Unlust, die |169.35| gerade das Räthselhafte in dem Princip der Urtheilskraft ist, welches eine besondere Abtheilung in der Kritik für dieses Vermögen nothwendig macht, da die logische Beurtheilung nach Begriffen (aus welchen niemals eine unmittelbare Folgerung auf das Gefühl der Lust und Unlust gezogen werden kann) allenfalls dem theoretischen Theile der Philosophie sammt einer kritischen Einschränkung derselben hätte angehängt werden können. Da die Untersuchung des Geschmacksvermögens, als ästhetischer Urtheilskraft, |170.5| hier nicht zur Bildung und Cultur des Geschmacks (denn diese wird auch ohne alle solche Nachforschungen, wie bisher, so fernerhin, ihren Gang nehmen), sondern bloß in transscendentaler Absicht angestellt wird: so wird sie, wie ich mir schmeichle, in Ansehung der Mangelhaftigkeit jenes Zwecks auch mit Nachsicht beurtheilt werden. Was aber die letztere Absicht |170.10| betrifft, so muß sie sich auf die strengste Prüfung gefaßt machen. Aber auch da kann die große Schwierigkeit, ein Problem, welches die Natur so verwickelt hat, aufzulösen, einiger nicht ganz zu vermeidenden Dunkelheit #X# in der Auflösung desselben, wie ich hoffe, zur Entschuldigung dienen, wenn nur, daß das Princip richtig angegeben worden, klar genug dargethan |170.15| ist; gesetzt, die Art das Phänomen der Urtheilskraft davon abzuleiten habe nicht alle Deutlichkeit, die man anderwärts, nämlich von einem Erkenntniß nach Begriffen, mit Recht fordern kann, die ich auch im zweiten Theile dieses Werks erreicht zu haben glaube. Hiemit endige ich also mein ganzes kritisches Geschäft. Ich werde |170.20| ungesäumt zum doctrinalen schreiten, um wo möglich meinem zunehmenden Alter die dazu noch einigermaßen günstige Zeit noch abzugewinnen. Es versteht sich von selbst, daß für die Urtheilskraft darin kein besonderer Theil sei, weil in Ansehung derselben die Kritik statt der Theorie dient; sondern daß nach der Eintheilung der Philosophie in die theoretische und |170.25| praktische und der reinen in eben solche Theile die Metaphysik der Natur und die der Sitten jenes Geschäft ausmachen werden. Einleitung. #XI# I. Von der Eintheilung der Philosophie. Wenn man die Philosophie, sofern sie Principien der Vernunfterkenntniß der Dinge (nicht bloß wie die Logik Principien der Form des |171.5| Denkens überhaupt ohne Unterschied der Objecte) durch Begriffe enthält, wie gewöhnlich in die =theoretische= und =praktische= eintheilt: so verfährt man ganz recht. Aber alsdann müssen auch die Begriffe, welche den Principien dieser Vernunfterkenntniß ihr Object anweisen, specifisch verschieden sein, weil sie sonst zu keiner Eintheilung berechtigen würden, welche |171.10| jederzeit eine Entgegensetzung der Principien der zu den verschiedenen Theilen einer Wissenschaft gehörigen Vernunfterkenntniß voraussetzt. Es sind aber nur zweierlei Begriffe, welche eben so viel verschiedene Principien der Möglichkeit ihrer Gegenstände zulassen: nämlich die =Naturbegriffe= und der =Freiheitsbegriff=. Da nun die ersteren ein |171.15| =theoretisches= Erkenntniß nach Principien _a priori_ möglich machen, der #XII# zweite aber in Ansehung derselben nur ein negatives Princip (der bloßen Entgegensetzung) schon in seinem Begriffe bei sich führt, dagegen für die Willensbestimmung erweiternde Grundsätze, welche darum praktisch heißen, errichtet: so wird die Philosophie in zwei den Principien nach |171.20| ganz verschiedene Theile, in die theoretische als =Naturphilosophie= und die praktische als =Moralphilosophie= (denn so wird die praktische Gesetzgebung der Vernunft nach dem Freiheitsbegriffe genannt), mit Recht eingetheilt. Es hat aber bisher ein großer Mißbrauch mit diesen Ausdrücken zur Eintheilung der verschiedenen Principien und mit ihnen auch |171.25| der Philosophie geherrscht: indem man das Praktische nach Naturbegriffen mit dem Praktischen nach dem Freiheitsbegriffe für einerlei nahm und so unter denselben Benennungen einer theoretischen und praktischen Philosophie eine Eintheilung machte, durch welche (da beide Theile einerlei Principien haben konnten) in der That nichts eingetheilt war. Der Wille, als Begehrungsvermögen, ist nämlich eine von den mancherlei Naturursachen in der Welt, nämlich diejenige, welche nach Begriffen |172.5| wirkt; und Alles, was als durch einen Willen möglich (oder nothwendig) vorgestellt wird, heißt praktisch-möglich (oder nothwendig): zum Unterschiede von der physischen Möglichkeit oder Nothwendigkeit einer Wirkung, wozu die Ursache nicht durch Begriffe (sondern wie bei der leblosen #XIII# Materie durch Mechanism und bei Thieren durch Instinct) zur |172.10| Causalität bestimmt wird. — Hier wird nun in Ansehung des Praktischen unbestimmt gelassen: ob der Begriff, der der Causalität des Willens die Regel giebt, ein Naturbegriff, oder ein Freiheitsbegriff sei. Der letztere Unterschied aber ist wesentlich. Denn ist der die Causalität bestimmende Begriff ein Naturbegriff, so sind die Principien =technisch-praktisch=; |172.15| ist er aber ein Freiheitsbegriff, so sind diese =moralisch-praktisch=: und weil es in der Eintheilung einer Vernunftwissenschaft gänzlich auf diejenige Verschiedenheit der Gegenstände ankommt, deren Erkenntniß verschiedener Principien bedarf, so werden die ersteren zur theoretischen Philosophie (als Naturlehre) gehören, die andern aber ganz |172.20| allein den zweiten Theil, nämlich (als Sittenlehre) die praktische Philosophie, ausmachen. Alle technisch-praktische Regeln (d. i. die der Kunst und Geschicklichkeit überhaupt, oder auch der Klugheit, als einer Geschicklichkeit auf Menschen und ihren Willen Einfluß zu haben), so fern ihre Principien |172.25| auf Begriffen beruhen, müssen nur als Corollarien zur theoretischen Philosophie gezählt werden. Denn sie betreffen nur die Möglichkeit der Dinge nach Naturbegriffen, wozu nicht allein die Mittel, die in der Natur dazu anzutreffen sind, sondern selbst der Wille (als Begehrungs-, mithin als Naturvermögen) gehört, sofern er durch Triebfedern der Natur jenen Regeln |172.30| #XIV# gemäß bestimmt werden kann. Doch heißen dergleichen praktische Regeln nicht Gesetze (etwa so wie physische), sondern nur Vorschriften: und zwar darum, weil der Wille nicht bloß unter dem Naturbegriffe, sondern auch unter dem Freiheitsbegriffe steht, in Beziehung auf welchen die Principien desselben Gesetze heißen und mit ihren Folgerungen den zweiten |172.35| Theil der Philosophie, nämlich den praktischen, allein ausmachen. So wenig also die Auflösung der Probleme der reinen Geometrie zu einem besonderen Theile derselben gehört, oder die Feldmeßkunst den Namen einer praktischen Geometrie zum Unterschiede von der reinen als ein zweiter Theil der Geometrie überhaupt verdient: so und noch weniger darf die mechanische oder chemische Kunst der Experimente oder der Beobachtungen für einen praktischen Theil der Naturlehre, endlich die Haus-, |173.5| Land-, Staatswirthschaft, die Kunst des Umganges, die Vorschrift der Diätetik, selbst nicht die allgemeine Glückseligkeitslehre, sogar nicht einmal die Bezähmung der Neigungen und Bändigung der Affecten zum Behuf der letzteren zur praktischen Philosophie gezählt werden, oder die letzteren wohl gar den zweiten Theil der Philosophie überhaupt ausmachen; |173.10| weil sie insgesammt nur Regeln der Geschicklichkeit, die mithin nur technisch-praktisch sind, enthalten, um eine Wirkung hervorzubringen, die nach Naturbegriffen der Ursachen und Wirkungen möglich ist, welche, da sie zur theoretischen Philosophie gehören, jenen Vorschriften als bloßen #XV# Corollarien aus derselben (der Naturwissenschaft) unterworfen sind und |173.15| also keine Stelle in einer besonderen Philosophie, die praktische genannt, verlangen können. Dagegen machen die moralisch-praktischen Vorschriften, die sich gänzlich auf dem Freiheitsbegriffe mit völliger Ausschließung der Bestimmungsgründe des Willens aus der Natur gründen, eine ganz besondere Art von Vorschriften aus: welche auch gleich den Regeln, welchen |173.20| die Natur gehorcht, schlechthin Gesetze heißen, aber nicht wie diese auf sinnlichen Bedingungen, sondern auf einem übersinnlichen Princip beruhen und neben dem theoretischen Theile der Philosophie für sich ganz allein einen anderen Theil unter dem Namen der praktischen Philosophie fordern. |173.25| Man sieht hieraus, daß ein Inbegriff praktischer Vorschriften, welche die Philosophie giebt, nicht einen besonderen, dem theoretischen zur Seite gesetzten Theil derselben darum ausmache, weil sie praktisch sind; denn das könnten sie sein, wenn ihre Principien gleich gänzlich aus der theoretischen Erkenntniß der Natur hergenommen wären (als technisch-praktische |173.30| Regeln); sondern, weil und wenn ihr Princip gar nicht vom Naturbegriffe, der jederzeit sinnlich bedingt ist, entlehnt ist, mithin auf dem Übersinnlichen, welches der Freiheitsbegriff allein durch formale Gesetze kennbar macht, beruht, und sie also moralisch-praktisch, d. i. nicht bloß #XVI# Vorschriften und Regeln in dieser oder jener Absicht, sondern ohne vorhergehende |173.35| Bezugnehmung auf Zwecke und Absichten Gesetze sind. II. Vom Gebiete der Philosophie überhaupt. So weit Begriffe _a priori_ ihre Anwendung haben, so weit reicht der Gebrauch unseres Erkenntnißvermögens nach Principien und mit ihm die Philosophie. |174.5| Der Inbegriff aller Gegenstände aber, worauf jene Begriffe bezogen werden, um wo möglich ein Erkenntniß derselben zu Stande zu bringen, kann nach der verschiedenen Zulänglichkeit oder Unzulänglichkeit unserer Vermögen zu dieser Absicht eingetheilt werden. Begriffe, sofern sie auf Gegenstände bezogen werden, unangesehen |174.10| ob ein Erkenntniß derselben möglich sei oder nicht, haben ihr Feld, welches bloß nach dem Verhältnisse, das ihr Object zu unserem Erkenntnißvermögen überhaupt hat, bestimmt wird. — Der Theil dieses Feldes, worin für uns Erkenntniß möglich ist, ist ein Boden (_territorium_) für diese Begriffe und das dazu erforderliche Erkenntnißvermögen. Der Theil |174.15| des Bodens, worauf diese gesetzgebend sind, ist das Gebiet (_ditio_) dieser Begriffe und der ihnen zustehenden Erkenntnißvermögen. Erfahrungsbegriffe haben also zwar ihren Boden in der Natur, als dem Inbegriffe #XVII# aller Gegenstände der Sinne, aber kein Gebiet (sondern nur ihren Aufenthalt, _domicilium_): weil sie zwar gesetzlich erzeugt werden, aber nicht gesetzgebend |174.20| sind, sondern die auf sie gegründeten Regeln empirisch, mithin zufällig sind. Unser gesammtes Erkenntnißvermögen hat zwei Gebiete, das der Naturbegriffe und das des Freiheitsbegriffs; denn durch beide ist es _a priori_ gesetzgebend. Die Philosophie theilt sich nun auch diesem gemäß in |174.25| die theoretische und die praktische. Aber der Boden, auf welchem ihr Gebiet errichtet und ihre Gesetzgebung =ausgeübt= wird, ist immer doch nur der Inbegriff der Gegenstände aller möglichen Erfahrung, sofern sie für nichts mehr als bloße Erscheinungen genommen werden; denn ohnedas würde keine Gesetzgebung des Verstandes in Ansehung derselben gedacht |174.30| werden können. Die Gesetzgebung durch Naturbegriffe geschieht durch den Verstand und ist theoretisch. Die Gesetzgebung durch den Freiheitsbegriff geschieht von der Vernunft und ist bloß praktisch. Nur allein im Praktischen kann die Vernunft gesetzgebend sein; in Ansehung des theoretischen Erkenntnisses |174.35| (der Natur) kann sie nur (als gesetzkundig vermittelst des Verstandes) aus gegebenen Gesetzen durch Schlüsse Folgerungen ziehen, die doch immer nur bei der Natur stehen bleiben. Umgekehrt aber, wo Regeln praktisch sind, ist die Vernunft nicht darum sofort =gesetzgebend=, weil sie #XVIII# auch technisch-praktisch sein können. Verstand und Vernunft haben also zwei verschiedene Gesetzgebungen |175.5| auf einem und demselben Boden der Erfahrung, ohne daß eine der anderen Eintrag thun darf. Denn so wenig der Naturbegriff auf die Gesetzgebung durch den Freiheitsbegriff Einfluß hat, eben so wenig stört dieser die Gesetzgebung der Natur. — Die Möglichkeit, das Zusammenbestehen beider Gesetzgebungen und der dazu gehörigen Vermögen in demselben |175.10| Subject sich wenigstens ohne Widerspruch zu denken, bewies die Kritik der reinen Vernunft, indem sie die Einwürfe dawider durch Aufdeckung des dialektischen Scheins in denselben vernichtete. Aber daß diese zwei verschiedenen Gebiete, die sich zwar nicht in ihrer Gesetzgebung, aber doch in ihren Wirkungen in der Sinnenwelt unaufhörlich |175.15| einschränken, nicht =Eines= ausmachen, kommt daher: daß der Naturbegriff zwar seine Gegenstände in der Anschauung, aber nicht als Dinge an sich selbst, sondern als bloße Erscheinungen, der Freiheitsbegriff dagegen in seinem Objecte zwar ein Ding an sich selbst, aber nicht in der Anschauung vorstellig machen, mithin keiner von beiden ein theoretisches |175.20| Erkenntniß von seinem Objecte (und selbst dem denkenden Subjecte) als Dinge an sich verschaffen kann, welches das Übersinnliche sein würde, wovon man die Idee zwar der Möglichkeit aller jener Gegenstände der Erfahrung #XIX# unterlegen muß, sie selbst aber niemals zu einem Erkenntnisse erheben und erweitern kann. |175.25| Es giebt also ein unbegränztes, aber auch unzugängliches Feld für unser gesammtes Erkenntnißvermögen, nämlich das Feld des Übersinnlichen, worin wir keinen Boden für uns finden, also auf demselben weder für die Verstandes- noch Vernunftbegriffe ein Gebiet zum theoretischen Erkenntniß haben können; ein Feld, welches wir zwar zum Behuf des |175.30| theoretischen sowohl als praktischen Gebrauchs der Vernunft mit Ideen besetzen müssen, denen wir aber in Beziehung auf die Gesetze aus dem Freiheitsbegriffe keine andere als praktische Realität verschaffen können, wodurch demnach unser theoretisches Erkenntniß nicht im Mindesten zu dem Übersinnlichen erweitert wird. |175.35| Ob nun zwar eine unübersehbare Kluft zwischen dem Gebiete des Naturbegriffs, als dem Sinnlichen, und dem Gebiete des Freiheitsbegriffs, als dem Übersinnlichen, befestigt ist, so daß von dem ersteren zum anderen (also vermittelst des theoretischen Gebrauchs der Vernunft) kein Übergang möglich ist, gleich als ob es so viel verschiedene Welten wären, deren erste auf die zweite keinen Einfluß haben kann: so =soll= doch diese auf jene einen Einfluß haben, nämlich der Freiheitsbegriff soll den |176.5| durch seine Gesetze aufgegebenen Zweck in der Sinnenwelt wirklich machen; und die Natur muß folglich auch so gedacht werden können, daß die Gesetzmäßigkeit #XX# ihrer Form wenigstens zur Möglichkeit der in ihr zu bewirkenden Zwecke nach Freiheitsgesetzen zusammenstimme. — Also muß es doch einen Grund der =Einheit= des Übersinnlichen, welches der Natur zum |176.10| Grunde liegt, mit dem, was der Freiheitsbegriff praktisch enthält, geben, wovon der Begriff, wenn er gleich weder theoretisch noch praktisch zu einem Erkenntnisse desselben gelangt, mithin kein eigenthümliches Gebiet hat, dennoch den Übergang von der Denkungsart nach den Principien der einen zu der nach Principien der anderen möglich macht. |176.15| III. Von der Kritik der Urtheilskraft, als einem Verbindungsmittel der zwei Theile der Philosophie zu einem Ganzen. Die Kritik der Erkenntnißvermögen in Ansehung dessen, was sie =a priori= leisten können, hat eigentlich kein Gebiet in Ansehung der Objecte: |176.20| weil sie keine Doctrin ist, sondern nur, ob und wie nach der Bewandtniß, die es mit unseren Vermögen hat, eine Doctrin durch sie möglich sei, zu untersuchen hat. Ihr Feld erstreckt sich auf alle Anmaßungen derselben, um sie in die Gränzen ihrer Rechtmäßigkeit zu setzen. Was aber nicht in die Eintheilung der Philosophie kommen kann, das kann doch als ein |176.25| #XXI# Haupttheil in die Kritik des reinen Erkenntnißvermögens überhaupt kommen, wenn es nämlich Principien enthält, die für sich weder zum theoretischen noch praktischen Gebrauche tauglich sind. Die Naturbegriffe, welche den Grund zu allem theoretischen Erkenntniß a priori enthalten, beruhten auf der Gesetzgebung des Verstandes. — |176.30| Der Freiheitsbegriff, der den Grund zu allen sinnlich-unbedingten praktischen Vorschriften _a priori_ enthielt, beruhte auf der Gesetzgebung der Vernunft. Beide Vermögen also haben außer dem, daß sie der logischen Form nach auf Principien, welchen Ursprungs sie auch sein mögen, angewandt werden können, überdem noch jedes seine eigene Gesetzgebung |176.35| dem Inhalte nach, über die es keine andere (_a priori_) giebt, und die daher die Eintheilung der Philosophie in die theoretische und praktische rechtfertigt. Allein in der Familie der oberen Erkenntnißvermögen giebt es doch noch ein Mittelglied zwischen dem Verstande und der Vernunft. Dieses |177.5| ist die =Urtheilskraft=, von welcher man Ursache hat nach der Analogie zu vermuthen, daß sie eben sowohl, wenn gleich nicht eine eigene Gesetzgebung, doch ein ihr eigenes Princip nach Gesetzen zu suchen, allenfalls ein bloß subjectives, _a priori_ in sich enthalten dürfte: welches, wenn ihm gleich kein Feld der Gegenstände als sein Gebiet zustände, doch irgend |177.10| einen Boden haben kann und eine gewisse Beschaffenheit desselben, wofür #XXII# gerade nur dieses Princip geltend sein möchte. Hierzu kommt aber noch (nach der Analogie zu urtheilen) ein neuer Grund, die Urtheilskraft mit einer anderen Ordnung unserer Vorstellungskräfte in Verknüpfung zu bringen, welche von noch größerer Wichtigkeit |177.15| zu sein scheint, als die der Verwandtschaft mit der Familie der Erkenntnißvermögen. Denn alle Seelenvermögen oder Fähigkeiten können auf die drei zurück geführt werden, welche sich nicht ferner aus einem gemeinschaftlichen Grunde ableiten lassen: das =Erkenntnißvermögen=, das =Gefühl der Lust und Unlust= und das =Begehrungsvermögen=[1]. |177.20| Für das Erkenntnißvermögen ist allein der Verstand gesetzgebend, wenn #XXIII# jenes (wie es auch geschehen muß, wenn es für sich, ohne Vermischung #XXIV# mit dem Begehrungsvermögen, betrachtet wird) als Vermögen eines =theoretischen Erkenntnisses= auf die Natur bezogen wird, in Ansehung deren allein (als Erscheinung) es uns möglich ist, durch Naturbegriffe |178.5| _a priori_, welche eigentlich reine Verstandesbegriffe sind, Gesetze zu geben. — Für das Begehrungsvermögen, als ein oberes Vermögen nach dem Freiheitsbegriffe, ist allein die Vernunft (in der allein dieser Begriff Statt hat) _a priori_ gesetzgebend. — Nun ist zwischen dem Erkenntniß- und dem Begehrungsvermögen das Gefühl der Lust, so wie |178.10| zwischen dem Verstande und der Vernunft die Urtheilskraft enthalten. Es ist also wenigstens vorläufig zu vermuthen, daß die Urtheilskraft eben so wohl für sich ein Princip _a priori_ enthalte und, da mit dem Begehrungsvermögen nothwendig Lust oder Unlust verbunden ist (es sei, daß sie wie beim unteren vor dem Princip desselben vorhergehe, oder wie beim |178.15| #XXV# oberen nur aus der Bestimmung desselben durch das moralische Gesetz folge), eben so wohl einen Übergang vom reinen Erkenntnißvermögen, d. i. vom Gebiete der Naturbegriffe, zum Gebiete des Freiheitsbegriffs bewirken werde, als sie im logischen Gebrauche den Übergang vom Verstande zur Vernunft möglich macht. |179.5| [1] Es ist von Nutzen: zu Begriffen, welche man als empirische Principien braucht, wenn man Ursache hat zu vermuthen, daß sie mit dem reinen Erkenntnißvermögen _a priori_ in Verwandtschaft stehen, dieser Beziehung wegen eine transscendentale Definition zu versuchen: nämlich durch reine Kategorieen, sofern diese allein schon den Unterschied des vorliegenden Begriffs von anderen hinreichend angeben. |177.25| Man folgt hierin dem Beispiel des Mathematikers, der die empirischen Data seiner Aufgabe unbestimmt läßt und nur ihr Verhältniß in der reinen Synthesis derselben unter die Begriffe der reinen Arithmetik bringt und sich dadurch die Auflösung derselben verallgemeinert. — Man hat mir aus einem ähnlichen Verfahren (Krit. der prakt. V., S. 16 [9] der Vorrede) einen Vorwurf gemacht und die Definition |177.30| des Begehrungsvermögens, als =Vermögens durch seine Vorstellungen Ursache von der Wirklichkeit der Gegenstände dieser Vorstellungen zu sein=, getadelt: weil bloße Wünsche doch auch Begehrungen wären, von denen sich doch jeder bescheidet, daß er durch dieselben allein ihr Object nicht hervorbringen könne. — Dieses aber beweiset nichts weiter, als daß es auch Begehrungen im |177.35| Menschen gebe, wodurch derselbe mit sich selbst im Widerspruche steht: indem er durch seine Vorstellung allein zur Hervorbringung des Objects hinwirkt, von der er doch keinen Erfolg erwarten kann, weil er sich bewußt ist, daß seine mechanischen Kräfte (wenn ich die nicht psychologischen so nennen soll), die durch jene Vorstellung bestimmt werden müßten, um das Object (mithin mittelbar) zu bewirken, entweder nicht zulänglich sind, oder gar auf etwas Unmögliches gehen, z. B. das Geschehene ungeschehen zu machen (_O mihi praeteritos, etc._) oder im ungeduldigen Harren die Zwischenzeit bis zum herbeigewünschten Augenblick vernichten zu können. — Ob wir uns gleich in solchen phantastischen Begehrungen der Unzulänglichkeit unserer |178.20| Vorstellungen (oder gar ihrer Untauglichkeit), =Ursache= ihrer Gegenstände zu sein, bewußt sind: so ist doch die Beziehung derselben als Ursache, mithin die Vorstellung ihrer =Causalität= in jedem =Wunsche= enthalten und vornehmlich alsdann sichtbar, wenn dieser ein Affect, nämlich =Sehnsucht=, ist. Denn diese beweisen dadurch, daß sie das Herz ausdehnen und welk machen und so die Kräfte erschöpfen, daß die |178.25| Kräfte durch Vorstellungen wiederholentlich angespannt werden, aber das Gemüth bei der Rücksicht auf die Unmöglichkeit unaufhörlich wiederum in Ermattung zurück sinken lassen. Selbst die Gebete um Abwendung großer und, so viel man einsieht, unvermeidlicher Übel und manche abergläubische Mittel zu Erreichung natürlicherweise unmöglicher Zwecke beweisen die Causalbeziehung der Vorstellungen auf ihre |178.30| Objecte, die sogar durch das Bewußtsein ihrer Unzulänglichkeit zum Effect von der Bestrebung dazu nicht abgehalten werden kann. — Warum aber in unsere Natur der Hang zu mit Bewußtsein leeren Begehrungen gelegt worden, das ist eine anthropologisch-teleologische Frage. Es scheint: daß, sollten wir nicht eher, als bis wir uns von der Zulänglichkeit unseres Vermögens zu Hervorbringung eines Objects |178.35| versichert hätten, zur Kraftanwendung bestimmt werden, diese großentheils unbenutzt bleiben würde. Denn gemeiniglich lernen wir unsere Kräfte nur dadurch allererst kennen, daß wir sie versuchen. Diese Täuschung in leeren Wünschen ist also nur die Folge von einer wohlthätigen Anordnung in unserer Natur. Wenn also gleich die Philosophie nur in zwei Haupttheile, die theoretische und praktische, eingetheilt werden kann; wenn gleich alles, was wir von den eignen Principien der Urtheilskraft zu sagen haben möchten, in ihr zum theoretischen Theile, d. i. dem Vernunfterkenntniß nach Naturbegriffen, gezählt werden müßte: so besteht doch die Kritik der reinen Vernunft, |179.10| die alles dieses vor der Unternehmung jenes Systems zum Behuf der Möglichkeit desselben ausmachen muß, aus drei Theilen: der Kritik des reinen Verstandes, der reinen Urtheilskraft und der reinen Vernunft, welche Vermögen darum rein genannt werden, weil sie _a priori_ gesetzgebend sind. |179.15| IV. Von der Urtheilskraft, als einem _a priori_ gesetzgebenden Vermögen. Urtheilskraft überhaupt ist das Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken. Ist das Allgemeine (die Regel, |179.20| #XXVI# das Princip, das Gesetz) gegeben, so ist die Urtheilskraft, welche das Besondere darunter subsumirt, (auch wenn sie als transscendentale Urtheilskraft _a priori_ die Bedingungen angiebt, welchen gemäß allein unter jenem Allgemeinen subsumirt werden kann) =bestimmend=. Ist aber nur das Besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine finden soll, so ist die Urtheilskraft |179.25| bloß =reflectirend=. Die bestimmende Urtheilskraft unter allgemeinen transscendentalen Gesetzen, die der Verstand giebt, ist nur subsumirend; das Gesetz ist ihr _a priori_ vorgezeichnet, und sie hat also nicht nöthig, für sich selbst auf ein Gesetz zu denken, um das Besondere in der Natur dem Allgemeinen unterordnen |179.30| zu können. — Allein es sind so mannigfaltige Formen der Natur, gleichsam so viele Modificationen der allgemeinen transscendentalen Naturbegriffe, die durch jene Gesetze, welche der reine Verstand _a priori_ giebt, weil dieselben nur auf die Möglichkeit einer Natur (als Gegenstandes der Sinne) überhaupt gehen, unbestimmt gelassen werden, daß dafür doch |179.35| auch Gesetze sein müssen, die zwar als empirische nach =unserer= Verstandeseinsicht zufällig sein mögen, die aber doch, wenn sie Gesetze heißen sollen (wie es auch der Begriff einer Natur erfordert), aus einem, wenn gleich uns unbekannten, Princip der Einheit des Mannigfaltigen als nothwendig angesehen werden müssen. — Die reflectirende Urtheilskraft, |180.5| die von dem Besondern in der Natur zum Allgemeinen aufzusteigen die #XXVII# Obliegenheit hat, bedarf also eines Princips, welches sie nicht von der Erfahrung entlehnen kann, weil es eben die Einheit aller empirischen Principien unter gleichfalls empirischen, aber höheren Principien und also die Möglichkeit der systematischen Unterordnung derselben unter einander |180.10| begründen soll. Ein solches transscendentales Princip kann also die reflectirende Urtheilskraft sich nur selbst als Gesetz geben, nicht anderwärts hernehmen (weil sie sonst bestimmende Urtheilskraft sein würde), noch der Natur vorschreiben: weil die Reflexion über die Gesetze der Natur sich nach der Natur und diese sich nicht nach den Bedingungen richtet, |180.15| nach welchen wir einen in Ansehung dieser ganz zufälligen Begriff von ihr zu erwerben trachten. Nun kann dieses Princip kein anderes sein als: daß, da allgemeine Naturgesetze ihren Grund in unserem Verstande haben, der sie der Natur (obzwar nur nach dem allgemeinen Begriffe von ihr als Natur) vorschreibt, |180.20| die besondern empirischen Gesetze in Ansehung dessen, was in ihnen durch jene unbestimmt gelassen ist, nach einer solchen Einheit betrachtet werden müssen, als ob gleichfalls ein Verstand (wenn gleich nicht der unsrige) sie zum Behuf unserer Erkenntnißvermögen, um ein System der Erfahrung nach besonderen Naturgesetzen möglich zu machen, gegeben |180.25| hätte. Nicht als wenn auf diese Art wirklich ein solcher Verstand angenommen werden müßte (denn es ist nur die reflectirende Urtheilskraft, der diese Idee zum Princip dient, zum Reflectiren, nicht zum Bestimmen); #XXVIII# sondern dieses Vermögen giebt sich dadurch nur selbst und nicht der Natur ein Gesetz. |180.30| Weil nun der Begriff von einem Object, sofern er zugleich den Grund der Wirklichkeit dieses Objects enthält, der Zweck und die Übereinstimmung eines Dinges mit derjenigen Beschaffenheit der Dinge, die nur nach Zwecken möglich ist, die =Zweckmäßigkeit= der Form desselben heißt: so ist das Princip der Urtheilskraft in Ansehung der Form der Dinge der |180.35| Natur unter empirischen Gesetzen überhaupt die =Zweckmäßigkeit der Natur= in ihrer Mannigfaltigkeit. D. i. die Natur wird durch diesen Begriff so vorgestellt, als ob ein Verstand den Grund der Einheit des Mannigfaltigen ihrer empirischen Gesetze enthalte. Die Zweckmäßigkeit der Natur ist also ein besonderer Begriff _a priori_, der lediglich in der reflectirenden Urtheilskraft seinen Ursprung hat. Denn den Naturproducten kann man so etwas als Beziehung der |181.5| Natur an ihnen auf Zwecke nicht beilegen, sondern diesen Begriff nur brauchen, um über sie in Ansehung der Verknüpfung der Erscheinungen in ihr, die nach empirischen Gesetzen gegeben ist, zu reflectiren. Auch ist dieser Begriff von der praktischen Zweckmäßigkeit (der menschlichen Kunst oder auch der Sitten) ganz unterschieden, ob er zwar nach einer Analogie |181.10| mit derselben gedacht wird. V. #XXIX# Das Princip der formalen Zweckmäßigkeit der Natur ist ein transscendentales Princip der Urtheilskraft. Ein transscendentales Princip ist dasjenige, durch welches die allgemeine |181.15| Bedingung _a priori_ vorgestellt wird, unter der allein Dinge Objecte unserer Erkenntniß überhaupt werden können. Dagegen heißt ein Princip metaphysisch, wenn es die Bedingung _a priori_ vorstellt, unter der allein Objecte, deren Begriff empirisch gegeben sein muß, _a priori_ weiter bestimmt werden können. So ist das Princip der Erkenntniß |181.20| der Körper als Substanzen und als veränderlicher Substanzen transscendental, wenn dadurch gesagt wird, daß ihre Veränderung eine Ursache haben müsse; es ist aber metaphysisch, wenn dadurch gesagt wird, ihre Veränderung müsse eine =äußere= Ursache haben: weil im ersteren Falle der Körper nur durch ontologische Prädicate (reine Verstandesbegriffe), |181.25| z. B. als Substanz, gedacht werden darf, um den Satz _a priori_ zu erkennen; im zweiten aber der empirische Begriff eines Körpers (als eines beweglichen Dinges im Raum) diesem Satze zum Grunde gelegt werden muß, alsdann aber, daß dem Körper das letztere Prädicat (der Bewegung nur durch äußere Ursache) zukomme, völlig _a priori_ eingesehen |181.30| werden kann. — So ist, wie ich sogleich zeigen werde, das Princip der Zweckmäßigkeit der Natur (in der Mannigfaltigkeit ihrer empirischen #XXX# Gesetze) ein transscendentales Princip. Denn der Begriff von den Objecten, sofern sie als unter diesem Princip stehend gedacht werden, ist nur der reine Begriff von Gegenständen des möglichen Erfahrungserkenntnisses |181.35| überhaupt und enthält nichts Empirisches. Dagegen wäre das Princip der praktischen Zweckmäßigkeit, die in der Idee der =Bestimmung= eines freien =Willens= gedacht werden muß, ein metaphysisches Princip: weil der Begriff eines Begehrungsvermögens als eines Willens doch empirisch gegeben werden muß (nicht zu den transscendentalen Prädicaten |182.5| gehört). Beide Principien aber sind dennoch nicht empirisch, sondern Principien _a priori_: weil es zur Verbindung des Prädicats mit dem empirischen Begriffe des Subjects ihrer Urtheile keiner weiteren Erfahrung bedarf, sondern jene völlig _a priori_ eingesehen werden kann. Daß der Begriff einer Zweckmäßigkeit der Natur zu den transscendentalen |182.10| Principien gehöre, kann man aus den Maximen der Urtheilskraft, die der Nachforschung der Natur _a priori_ zum Grunde gelegt werden, und die dennoch auf nichts als die Möglichkeit der Erfahrung, mithin der Erkenntniß der Natur, aber nicht bloß als Natur überhaupt, sondern als durch eine Mannigfaltigkeit besonderer Gesetze bestimmten |182.15| Natur, gehen, hinreichend ersehen. — Sie kommen, als Sentenzen der metaphysischen Weisheit, bei Gelegenheit mancher Regeln, deren Nothwendigkeit #XXXI# man nicht aus Begriffen darthun kann, im Laufe dieser Wissenschaft oft genug, aber nur zerstreut vor. »Die Natur nimmt den kürzesten Weg (_lex parsimoniae_); sie thut gleichwohl keinen Sprung, |182.20| weder in der Folge ihrer Veränderungen, noch der Zusammenstellung specifisch verschiedener Formen (_lex continui in natura_); ihre große Mannigfaltigkeit in empirischen Gesetzen ist gleichwohl Einheit unter wenigen Principien (_principia praeter necessitatem non sunt multiplicanda_)«; u. d. g. m. |182.25| Wenn man aber von diesen Grundsätzen den Ursprung anzugeben denkt und es auf dem psychologischen Wege versucht, so ist dies dem Sinne derselben gänzlich zuwider. Denn sie sagen nicht, was geschieht, d. i. nach welcher Regel unsere Erkenntnißkräfte ihr Spiel wirklich treiben, und wie geurtheilt wird, sondern wie geurtheilt werden soll; und da kommt |182.30| diese logische objective Nothwendigkeit nicht heraus, wenn die Principien bloß empirisch sind. Also ist die Zweckmäßigkeit der Natur für unsere Erkenntnißvermögen und ihren Gebrauch, welche offenbar aus ihnen hervorleuchtet, ein transscendentales Princip der Urtheile und bedarf also auch einer transscendentalen Deduction, vermittelst deren der Grund |182.35| so zu urtheilen in den Erkenntnißquellen _a priori_ aufgesucht werden muß. Wir finden nämlich in den Gründen der Möglichkeit einer Erfahrung zuerst freilich etwas Nothwendiges, nämlich die allgemeinen #XXXII# Gesetze, ohne welche Natur überhaupt (als Gegenstand der Sinne) nicht gedacht werden kann; und diese beruhen auf den Kategorieen, angewandt auf die formalen Bedingungen aller uns möglichen Anschauung, sofern sie gleichfalls _a priori_ gegeben ist. Unter diesen Gesetzen nun ist die |183.5| Urtheilskraft bestimmend; denn sie hat nichts zu thun, als unter gegebnen Gesetzen zu subsumiren. Z. B. der Verstand sagt: Alle Veränderung hat ihre Ursache (allgemeines Naturgesetz); die transscendentale Urtheilskraft hat nun nichts weiter zu thun, als die Bedingung der Subsumtion unter dem vorgelegten Verstandesbegriff _a priori_ anzugeben: |183.10| und das ist die Succession der Bestimmungen eines und desselben Dinges. Für die Natur nun überhaupt (als Gegenstand möglicher Erfahrung) wird jenes Gesetz als schlechterdings nothwendig erkannt. — Nun sind aber die Gegenstände der empirischen Erkenntniß außer jener formalen Zeitbedingung noch auf mancherlei Art bestimmt, oder, so viel |183.15| man _a priori_ urtheilen kann, bestimmbar, so daß specifisch-verschiedene Naturen außer dem, was sie als zur Natur überhaupt gehörig gemein haben, noch auf unendlich mannigfaltige Weise Ursachen sein können; und eine jede dieser Arten muß (nach dem Begriffe einer Ursache überhaupt) ihre Regel haben, die Gesetz ist, mithin Nothwendigkeit bei sich |183.20| führt: ob wir gleich nach der Beschaffenheit und den Schranken unserer Erkenntnißvermögen diese Nothwendigkeit gar nicht einsehen. Also #XXXIII# müssen wir in der Natur in Ansehung ihrer bloß empirischen Gesetze eine Möglichkeit unendlich mannigfaltiger empirischer Gesetze denken, die für unsere Einsicht dennoch zufällig sind (_a priori_ nicht erkannt werden |183.25| können); und in deren Ansehung beurtheilen wir die Natureinheit nach empirischen Gesetzen und die Möglichkeit der Einheit der Erfahrung (als Systems nach empirischen Gesetzen) als zufällig. Weil aber doch eine solche Einheit nothwendig vorausgesetzt und angenommen werden muß, da sonst kein durchgängiger Zusammenhang empirischer Erkenntnisse zu |183.30| einem Ganzen der Erfahrung Statt finden würde, indem die allgemeinen Naturgesetze zwar einen solchen Zusammenhang unter den Dingen ihrer Gattung nach, als Naturdingen überhaupt, aber nicht specifisch, als solchen besonderen Naturwesen, an die Hand geben: so muß die Urtheilskraft für ihren eigenen Gebrauch es als Princip _a priori_ annehmen, daß |183.35| das für die menschliche Einsicht Zufällige in den besonderen (empirischen) Naturgesetzen dennoch eine für uns zwar nicht zu ergründende, aber doch denkbare gesetzliche Einheit in der Verbindung ihres Mannigfaltigen zu einer an sich möglichen Erfahrung enthalte. Folglich, weil die gesetzliche Einheit in einer Verbindung, die wir zwar einer nothwendigen Absicht (einem Bedürfniß des Verstandes) gemäß, aber zugleich doch als an sich zufällig erkennen, als Zweckmäßigkeit der Objecte (hier der Natur) vorgestellt |184.5| #XXXIV# wird: so muß die Urtheilskraft, die in Ansehung der Dinge unter möglichen (noch zu entdeckenden) empirischen Gesetzen bloß reflectirend ist, die Natur in Ansehung der letzteren nach einem =Princip der Zweckmäßigkeit= für unser Erkenntnißvermögen denken, welches dann in obigen Maximen der Urtheilskraft ausgedrückt wird. Dieser transscendentale |184.10| Begriff einer Zweckmäßigkeit der Natur ist nun weder ein Naturbegriff, noch ein Freiheitsbegriff, weil er gar nichts dem Objecte (der Natur) beilegt, sondern nur die einzige Art, wie wir in der Reflexion über die Gegenstände der Natur in Absicht auf eine durchgängig zusammenhängende Erfahrung verfahren müssen, vorstellt, folglich ein subjectives |184.15| Princip (Maxime) der Urtheilskraft; daher wir auch, gleich als ob es ein glücklicher unsre Absicht begünstigender Zufall wäre, erfreuet (eigentlich eines Bedürfnisses entledigt) werden, wenn wir eine solche systematische Einheit unter bloß empirischen Gesetzen antreffen: ob wir gleich nothwendig annehmen mußten, es sei eine solche Einheit, ohne daß |184.20| wir sie doch einzusehen und zu beweisen vermochten. Um sich von der Richtigkeit dieser Deduction des vorliegenden Begriffs und der Nothwendigkeit ihn als transscendentales Erkenntnißprincip anzunehmen zu überzeugen, bedenke man nur die Größe der Aufgabe: aus gegebenen Wahrnehmungen einer allenfalls unendliche |184.25| Mannigfaltigkeit empirischer Gesetze enthaltenden Natur eine zusammenhängende #XXXV# Erfahrung zu machen, welche Aufgabe _a priori_ in unserm Verstande liegt. Der Verstand ist zwar _a priori_ im Besitze allgemeiner Gesetze der Natur, ohne welche sie gar kein Gegenstand einer Erfahrung sein könnte: aber er bedarf doch auch überdem noch einer gewissen Ordnung |184.30| der Natur in den besonderen Regeln derselben, die ihm nur empirisch bekannt werden können, und die in Ansehung seiner zufällig sind. Diese Regeln, ohne welche kein Fortgang von der allgemeinen Analogie einer möglichen Erfahrung überhaupt zur besonderen Statt finden würde, muß er sich als Gesetze (d. i. als nothwendig) denken: weil sie sonst keine |184.35| Naturordnung ausmachen würden, ob er gleich ihre Nothwendigkeit nicht erkennt, oder jemals einsehen könnte. Ob er also gleich in Ansehung derselben (Objecte) _a priori_ nichts bestimmen kann, so muß er doch, um diesen empirischen sogenannten Gesetzen nachzugehen, ein Princip _a priori_, daß nämlich nach ihnen eine erkennbare Ordnung der Natur möglich sei, aller Reflexion über dieselbe zum Grunde legen, dergleichen Princip nachfolgende Sätze ausdrücken: daß es in ihr eine für uns faßliche |185.5| Unterordnung von Gattungen und Arten gebe; daß jene sich einander wiederum nach einem gemeinschaftlichen Princip nähern, damit ein Übergang von einer zu der anderen und dadurch zu einer höheren Gattung möglich sei; daß, da für die specifische Verschiedenheit der Naturwirkungen eben so viel verschiedene Arten der Causalität annehmen zu |185.10| #XXXVI# müssen unserem Verstande anfänglich unvermeidlich scheint, sie dennoch unter einer geringen Zahl von Principien stehen mögen, mit deren Aufsuchung wir uns zu beschäftigen haben, u. s. w. Diese Zusammenstimmung der Natur zu unserem Erkenntnißvermögen wird von der Urtheilskraft zum Behuf ihrer Reflexion über dieselbe nach ihren empirischen Gesetzen |185.15| _a priori_ vorausgesetzt, indem sie der Verstand zugleich objectiv als zufällig anerkennt, und bloß die Urtheilskraft sie der Natur als transscendentale Zweckmäßigkeit (in Beziehung auf das Erkenntnißvermögen des Subjects) beilegt: weil wir, ohne diese vorauszusetzen, keine Ordnung der Natur nach empirischen Gesetzen, mithin keinen Leitfaden für |185.20| eine mit diesen nach aller ihrer Mannigfaltigkeit anzustellende Erfahrung und Nachforschung derselben haben würden. Denn es läßt sich wohl denken: daß ungeachtet aller der Gleichförmigkeit der Naturdinge nach den allgemeinen Gesetzen, ohne welche die Form eines Erfahrungserkenntnisses überhaupt gar nicht Statt finden |185.25| würde, die specifische Verschiedenheit der empirischen Gesetze der Natur sammt ihren Wirkungen dennoch so groß sein könnte, daß es für unseren Verstand unmöglich wäre, in ihr eine faßliche Ordnung zu entdecken, ihre Producte in Gattungen und Arten einzutheilen, um die Principien der Erklärung und des Verständnisses des einen auch zur Erklärung und |185.30| Begreifung des andern zu gebrauchen und aus einem für uns so verworrenen #XXXVII# (eigentlich nur unendlich mannigfaltigen, unserer Fassungskraft nicht angemessenen) Stoffe eine zusammenhängende Erfahrung zu machen. Die Urtheilskraft hat also auch ein Princip _a priori_ für die Möglichkeit |185.35| der Natur, aber nur in subjectiver Rücksicht in sich, wodurch sie, nicht der Natur (als Autonomie), sondern ihr selbst (als Heautonomie) für die Reflexion über jene, ein Gesetz vorschreibt, welches man das =Gesetz der Specification der Natur= in Ansehung ihrer empirischen Gesetze nennen könnte, das sie _a priori_ an ihr nicht erkennt, sondern zum Behuf einer für unseren Verstand erkennbaren Ordnung derselben in der Eintheilung, die sie von ihren allgemeinen Gesetzen macht, annimmt, |186.5| wenn sie diesen eine Mannigfaltigkeit der besondern unterordnen will. Wenn man also sagt: die Natur specificirt ihre allgemeinen Gesetze nach dem Princip der Zweckmäßigkeit für unser Erkenntnißvermögen, d. i. zur Angemessenheit mit dem menschlichen Verstande in seinem nothwendigen Geschäfte, zum Besonderen, welches ihm die Wahrnehmung |186.10| darbietet, das Allgemeine und zum Verschiedenen (für jede Species zwar Allgemeinen) wiederum Verknüpfung in der Einheit des Princips zu finden: so schreibt man dadurch weder der Natur ein Gesetz vor, noch lernt man eines von ihr durch Beobachtung (obzwar jenes Princip durch diese bestätigt werden kann). Denn es ist nicht ein Princip der bestimmenden, |186.15| #XXXVIII# sondern bloß der reflectirenden Urtheilskraft; man will nur, daß man, die Natur mag ihren allgemeinen Gesetzen nach eingerichtet sein, wie sie wolle, durchaus nach jenem Princip und den sich darauf gründenden Maximen ihren empirischen Gesetzen nachspüren müsse, weil wir, nur so weit als jenes Statt findet, mit dem Gebrauche unseres Verstandes |186.20| in der Erfahrung fortkommen und Erkenntniß erwerben können. VI. Von der Verbindung des Gefühls der Lust mit dem Begriffe der Zweckmäßigkeit der Natur. Die gedachte Übereinstimmung der Natur in der Mannigfaltigkeit |186.25| ihrer besonderen Gesetze zu unserem Bedürfnisse, Allgemeinheit der Principien für sie aufzufinden, muß nach aller unserer Einsicht als zufällig beurtheilt werden, gleichwohl aber doch für unser Verstandesbedürfniß als unentbehrlich, mithin als Zweckmäßigkeit, wodurch die Natur mit unserer, aber nur auf Erkenntniß gerichteten Absicht übereinstimmt. — |186.30| Die allgemeinen Gesetze des Verstandes, welche zugleich Gesetze der Natur sind, sind derselben eben so nothwendig (obgleich aus Spontaneität entsprungen), als die Bewegungsgesetze der Materie; und ihre Erzeugung setzt keine Absicht mit unseren Erkenntnißvermögen voraus, weil wir nur durch dieselben von dem, was Erkenntniß der Dinge (der Natur) sei, zuerst |186.35| #XXXIX# einen Begriff erhalten, und sie der Natur als Object unserer Erkenntniß überhaupt nothwendig zukommen. Allein, daß die Ordnung der Natur nach ihren besonderen Gesetzen bei aller unsere Fassungskraft übersteigenden wenigstens möglichen Mannigfaltigkeit und Ungleichartigkeit doch dieser wirklich angemessen sei, ist, so viel wir einsehen können, |187.5| zufällig; und die Auffindung derselben ist ein Geschäft des Verstandes, welches mit Absicht zu einem nothwendigen Zwecke desselben, nämlich Einheit der Principien in sie hineinzubringen, geführt wird: welchen Zweck dann die Urtheilskraft der Natur beilegen muß, weil der Verstand ihr hierüber kein Gesetz vorschreiben kann. |187.10| Die Erreichung jeder Absicht ist mit dem Gefühle der Lust verbunden; und ist die Bedingung der erstern eine Vorstellung _a priori_, wie hier ein Princip für die reflectirende Urtheilskraft überhaupt, so ist das Gefühl der Lust auch durch einen Grund _a priori_ und für jedermann gültig bestimmt: und zwar bloß durch die Beziehung des Objects auf |187.15| das Erkenntnißvermögen, ohne daß der Begriff der Zweckmäßigkeit hier im Mindesten auf das Begehrungsvermögen Rücksicht nimmt und sich also von aller praktischen Zweckmäßigkeit der Natur gänzlich unterscheidet. In der That, da wir von dem Zusammentreffen der Wahrnehmungen mit den Gesetzen nach allgemeinen Naturbegriffen (den Kategorieen) |187.20| nicht die mindeste Wirkung auf das Gefühl der Lust in uns antreffen, #XL# auch nicht antreffen können, weil der Verstand damit unabsichtlich nach seiner Natur nothwendig verfährt: so ist andrerseits die entdeckte Vereinbarkeit zweier oder mehrerer empirischen heterogenen Naturgesetze unter einem sie beide befassenden Princip der Grund einer sehr merklichen Lust, |187.25| oft sogar einer Bewunderung, selbst einer solchen, die nicht aufhört, ob man schon mit dem Gegenstande derselben genug bekannt ist. Zwar spüren wir an der Faßlichkeit der Natur und ihrer Einheit der Abtheilung in Gattungen und Arten, wodurch allein empirische Begriffe möglich sind, durch welche wir sie nach ihren besonderen Gesetzen erkennen, |187.30| keine merkliche Lust mehr: aber sie ist gewiß zu ihrer Zeit gewesen, und nur weil die gemeinste Erfahrung ohne sie nicht möglich sein würde, ist sie allmählig mit dem bloßen Erkenntnisse vermischt und nicht mehr besonders bemerkt worden. — Es gehört also etwas, das in der Beurtheilung der Natur auf die Zweckmäßigkeit derselben für unsern Verstand |187.35| aufmerksam macht, ein Studium ungleichartige Gesetze derselben wo möglich unter höhere, obwohl immer noch empirische, zu bringen, dazu, um, wenn es gelingt, an dieser Einstimmung derselben für unser Erkenntnißvermögen, die wir als bloß zufällig ansehen, Lust zu empfinden. Dagegen würde uns eine Vorstellung der Natur durchaus mißfallen, durch welche man uns voraus sagte, daß bei der mindesten Nachforschung #XLI# über die gemeinste Erfahrung hinaus wir auf eine Heterogeneität ihrer |188.5| Gesetze stoßen würden, welche die Vereinigung ihrer besonderen Gesetze unter allgemeinen empirischen für unseren Verstand unmöglich machte: weil dies dem Princip der subjectiv-zweckmäßigen Specification der Natur in ihren Gattungen und unserer reflectirenden Urtheilskraft in der Absicht der letzteren widerstreitet. |188.10| Diese Voraussetzung der Urtheilskraft ist gleichwohl darüber so unbestimmt, wie weit jene idealische Zweckmäßigkeit der Natur für unser Erkenntnißvermögen ausgedehnt werden solle, daß, wenn man uns sagt, eine tiefere oder ausgebreitetere Kenntniß der Natur durch Beobachtung müsse zuletzt auf eine Mannigfaltigkeit von Gesetzen stoßen, die kein |188.15| menschlicher Verstand auf ein Princip zurückführen kann, wir es auch zufrieden sind, ob wir es gleich lieber hören, wenn andere uns Hoffnung geben: daß, je mehr wir die Natur im Inneren kennen würden, oder mit äußeren uns für jetzt unbekannten Gliedern vergleichen könnten, wir sie in ihren Principien um desto einfacher und bei der scheinbaren Heterogeneität |188.20| ihrer empirischen Gesetze einhelliger finden würden, je weiter unsere Erfahrung fortschritte. Denn es ist ein Geheiß unserer Urtheilskraft, nach dem Princip der Angemessenheit der Natur zu unserem Erkenntnißvermögen zu verfahren, so weit es reicht, ohne (weil es keine bestimmende Urtheilskraft ist, die uns diese Regel giebt) auszumachen, |188.25| #XLII# ob es irgendwo seine Gränzen habe, oder nicht: weil wir zwar in Ansehung des rationalen Gebrauchs unserer Erkenntnißvermögen Gränzen bestimmen können, im empirischen Felde aber keine Gränzbestimmung möglich ist. VII. |188.30| Von der ästhetischen Vorstellung der Zweckmäßigkeit der Natur. Was an der Vorstellung eines Objects bloß subjectiv ist, d. i. ihre Beziehung auf das Subject, nicht auf den Gegenstand ausmacht, ist die ästhetische Beschaffenheit derselben; was aber an ihr zur Bestimmung |188.35| des Gegenstandes (zum Erkenntnisse) dient oder gebraucht werden kann, ist ihre logische Gültigkeit. In dem Erkenntnisse eines Gegenstandes der Sinne kommen beide Beziehungen zusammen vor. In der Sinnenvorstellung der Dinge außer mir ist die Qualität des Raums, worin wir sie anschauen, das bloß Subjective meiner Vorstellung derselben (wodurch, |189.5| was sie als Objecte an sich sein mögen, unausgemacht bleibt), um welcher Beziehung willen der Gegenstand auch dadurch bloß als Erscheinung gedacht wird; der Raum ist aber seiner bloß subjectiven Qualität ungeachtet gleichwohl doch ein Erkenntnißstück der Dinge als Erscheinungen. =Empfindung= (hier die äußere) drückt eben sowohl das bloß |189.10| Subjective unserer Vorstellungen der Dinge außer uns aus, aber eigentlich #XLIII# das Materielle (Reale) derselben (wodurch etwas Existirendes gegeben wird), so wie der Raum die bloße Form _a priori_ der Möglichkeit ihrer Anschauung; und gleichwohl wird jene auch zum Erkenntniß der Objecte außer uns gebraucht. |189.15| Dasjenige Subjective aber an einer Vorstellung, =was gar kein Erkenntnißstück werden kann=, ist die mit ihr verbundene =Lust= oder =Unlust=; denn durch sie erkenne ich nichts an dem Gegenstande der Vorstellung, obgleich sie wohl die Wirkung irgend einer Erkenntniß sein kann. Nun ist die Zweckmäßigkeit eines Dinges, sofern sie in der Wahrnehmung |189.20| vorgestellt wird, auch keine Beschaffenheit des Objects selbst (denn eine solche kann nicht wahrgenommen werden), ob sie gleich aus einem Erkenntnisse der Dinge gefolgert werden kann. Die Zweckmäßigkeit also, die vor dem Erkenntnisse eines Objects vorhergeht, ja sogar, ohne die Vorstellung desselben zu einem Erkenntniß brauchen zu wollen, gleichwohl mit ihr |189.25| unmittelbar verbunden wird, ist das Subjective derselben, was gar kein Erkenntnißstück werden kann. Also wird der Gegenstand alsdann nur darum zweckmäßig genannt, weil seine Vorstellung unmittelbar mit dem Gefühle der Lust verbunden ist; und diese Vorstellung selbst ist eine ästhetische Vorstellung der Zweckmäßigkeit. — Es fragt sich nur, ob es |189.30| #XLIV# überhaupt eine solche Vorstellung der Zweckmäßigkeit gebe. Wenn mit der bloßen Auffassung (_apprehensio_) der Form eines Gegenstandes der Anschauung ohne Beziehung derselben auf einen Begriff zu einem bestimmten Erkenntniß Lust verbunden ist: so wird die Vorstellung dadurch nicht auf das Object, sondern lediglich auf das |189.35| Subject bezogen; und die Lust kann nichts anders als die Angemessenheit desselben zu den Erkenntnißvermögen, die in der reflectirenden Urtheilskraft im Spiel sind, und sofern sie darin sind, also bloß eine subjective formale Zweckmäßigkeit des Objects ausdrücken. Denn jene Auffassung der Formen in die Einbildungskraft kann niemals geschehen, ohne daß die reflectirende Urtheilskraft, auch unabsichtlich, sie wenigstens mit ihrem Vermögen, Anschauungen auf Begriffe zu beziehen, vergliche. Wenn nun |190.5| in dieser Vergleichung die Einbildungskraft (als Vermögen der Anschauungen _a priori_) zum Verstande (als Vermögen der Begriffe) durch eine gegebene Vorstellung unabsichtlich in Einstimmung versetzt und dadurch ein Gefühl der Lust erweckt wird, so muß der Gegenstand alsdann als zweckmäßig für die reflectirende Urtheilskraft angesehen werden. Ein |190.10| solches Urtheil ist ein ästhetisches Urtheil über die Zweckmäßigkeit des Objects, welches sich auf keinem vorhandenen Begriffe vom Gegenstande gründet und keinen von ihm verschafft. Wessen Gegenstandes Form (nicht das Materielle seiner Vorstellung, als Empfindung) in der bloßen #XLV# Reflexion über dieselbe (ohne Absicht auf einen von ihm zu erwerbenden |190.15| Begriff) als der Grund einer Lust an der Vorstellung eines solchen Objects beurtheilt wird: mit dessen Vorstellung wird diese Lust auch als nothwendig verbunden geurtheilt, folglich als nicht bloß für das Subject, welches diese Form auffaßt, sondern für jeden Urtheilenden überhaupt. Der Gegenstand heißt alsdann schön; und das Vermögen, durch eine |190.20| solche Lust (folglich auch allgemeingültig) zu urtheilen, der Geschmack. Denn da der Grund der Lust bloß in der Form des Gegenstandes für die Reflexion überhaupt, mithin in keiner Empfindung des Gegenstandes und auch ohne Beziehung auf einen Begriff, der irgend eine Absicht enthielte, gesetzt wird: so ist es allein die Gesetzmäßigkeit im empirischen |190.25| Gebrauche der Urtheilskraft überhaupt (Einheit der Einbildungskraft mit dem Verstande) in dem Subjecte, mit der die Vorstellung des Objects in der Reflexion, deren Bedingungen _a priori_ allgemein gelten, zusammen stimmt; und da diese Zusammenstimmung des Gegenstandes mit den Vermögen des Subjects zufällig ist, so bewirkt sie die Vorstellung |190.30| einer Zweckmäßigkeit desselben in Ansehung der Erkenntnißvermögen des Subjects. Hier ist nun eine Lust, die wie alle Lust oder Unlust, welche nicht durch den Freiheitsbegriff (d. i. durch die vorhergehende Bestimmung des oberen Begehrungsvermögens durch reine Vernunft) gewirkt wird, niemals |190.35| #XLVI# aus Begriffen als mit der Vorstellung eines Gegenstandes nothwendig verbunden eingesehen werden kann, sondern jederzeit nur durch reflectirte Wahrnehmung als mit dieser verknüpft erkannt werden muß, folglich wie alle empirische Urtheile keine objective Nothwendigkeit ankündigen und auf Gültigkeit _a priori_ Anspruch machen kann. Aber das Geschmacksurtheil macht auch nur Anspruch, wie jedes andere empirische Urtheil, für jedermann zu gelten, welches ungeachtet der inneren Zufälligkeit |191.5| desselben immer möglich ist. Das Befremdende und Abweichende liegt nur darin: daß es nicht ein empirischer Begriff, sondern ein Gefühl der Lust (folglich gar kein Begriff) ist, welches doch durch das Geschmacksurtheil, gleich als ob es ein mit dem Erkenntnisse des Objects verbundenes Prädicat wäre, jedermann zugemuthet und mit der Vorstellung |191.10| desselben verknüpft werden soll. Ein einzelnes Erfahrungsurtheil, z. B. von dem, der in einem Bergkrystall einen beweglichen Tropfen Wasser wahrnimmt, verlangt mit Recht, daß ein jeder andere es eben so finden müsse, weil er dieses Urtheil nach den allgemeinen Bedingungen der bestimmenden Urtheilskraft |191.15| unter den Gesetzen einer möglichen Erfahrung überhaupt gefällt hat. Eben so macht derjenige, welcher in der bloßen Reflexion über die Form eines Gegenstandes ohne Rücksicht auf einen Begriff Lust empfindet, obzwar dieses Urtheil empirisch und ein einzelnes Urtheil ist, mit Recht #XLVII# Anspruch auf Jedermanns Beistimmung: weil der Grund zu dieser Lust |191.20| in der allgemeinen, obzwar subjectiven Bedingung der reflectirenden Urtheile, nämlich der zweckmäßigen Übereinstimmung eines Gegenstandes (er sei Product der Natur oder der Kunst) mit dem Verhältniß der Erkenntnißvermögen unter sich, die zu jedem empirischen Erkenntniß erfordert werden (der Einbildungskraft und des Verstandes), angetroffen |191.25| wird. Die Lust ist also im Geschmacksurtheile zwar von einer empirischen Vorstellung abhängig und kann _a priori_ mit keinem Begriffe verbunden werden (man kann _a priori_ nicht bestimmen, welcher Gegenstand dem Geschmacke gemäß sein werde, oder nicht, man muß ihn versuchen); aber sie ist doch der Bestimmungsgrund dieses Urtheils nur dadurch, daß man |191.30| sich bewußt ist, sie beruhe bloß auf der Reflexion und den allgemeinen, obwohl nur subjectiven, Bedingungen der Übereinstimmung derselben zum Erkenntniß der Objecte überhaupt, für welche die Form des Objects zweckmäßig ist. Das ist die Ursache, warum die Urtheile des Geschmacks ihrer Möglichkeit |191.35| nach, weil diese ein Princip _a priori_ voraussetzt, auch einer Kritik unterworfen sind, obgleich dieses Princip weder ein Erkenntnißprincip für den Verstand, noch ein praktisches für den Willen und also _a priori_ gar nicht bestimmend ist. Die Empfänglichkeit einer Lust aus der Reflexion über die Formen #XLVIII# der Sachen (der Natur sowohl als der Kunst) bezeichnet aber nicht allein eine Zweckmäßigkeit der Objecte in Verhältniß auf die reflectirende Urtheilskraft, |192.5| gemäß dem Naturbegriffe, am Subject, sondern auch umgekehrt des Subjects in Ansehung der Gegenstände, ihrer Form, ja selbst ihrer Unform nach, zufolge dem Freiheitsbegriffe; und dadurch geschieht es: daß das ästhetische Urtheil nicht bloß als Geschmacksurtheil auf das Schöne, sondern auch, als aus einem Geistesgefühl entsprungenes, auf |192.10| das =Erhabene= bezogen wird, und so jene Kritik der ästhetischen Urtheilskraft in zwei diesen gemäße Haupttheile zerfallen muß. VIII. Von der logischen Vorstellung der Zweckmäßigkeit der Natur. |192.15| An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenstande kann Zweckmäßigkeit vorgestellt werden: entweder aus einem bloß subjectiven Grunde, als Übereinstimmung seiner Form, in der =Auffassung= (_apprehensio_) desselben vor allem Begriffe, mit den Erkenntnißvermögen, um die Anschauung mit Begriffen zu einem Erkenntniß überhaupt zu vereinigen; oder |192.20| aus einem objectiven, als Übereinstimmung seiner Form mit der Möglichkeit des Dinges selbst, nach einem Begriffe von ihm, der vorhergeht #XLIX# und den Grund dieser Form enthält. Wir haben gesehen: daß die Vorstellung der Zweckmäßigkeit der ersteren Art auf der unmittelbaren Lust an der Form des Gegenstandes in der bloßen Reflexion über sie beruhe; |192.25| die also von der Zweckmäßigkeit der zweiten Art, da sie die Form des Objects nicht auf die Erkenntnißvermögen des Subjects in der Auffassung derselben, sondern auf ein bestimmtes Erkenntniß des Gegenstandes unter einem gegebenen Begriffe bezieht, hat nichts mit einem Gefühle der Lust an den Dingen, sondern mit dem Verstande in Beurtheilung |192.30| derselben zu thun. Wenn der Begriff von einem Gegenstande gegeben ist, so besteht das Geschäft der Urtheilskraft im Gebrauche desselben zum Erkenntniß in der =Darstellung= (_exhibitio_), d. i. darin, dem Begriffe eine correspondirende Anschauung zur Seite zu stellen: es sei, daß dieses durch unsere eigene Einbildungskraft geschehe, wie in der Kunst, |192.35| wenn wir einen vorhergefaßten Begriff von einem Gegenstande, der für uns Zweck ist, realisiren, oder durch die Natur in der Technik derselben (wie bei organisirten Körpern), wenn wir ihr unseren Begriff vom Zweck zur Beurtheilung ihres Products unterlegen; in welchem Falle nicht bloß =Zweckmäßigkeit= der Natur in der Form des Dinges, sondern dieses |193.5| ihr Product als =Naturzweck= vorgestellt wird. — Obzwar unser Begriff von einer subjectiven Zweckmäßigkeit der Natur in ihren Formen nach empirischen Gesetzen gar kein Begriff vom Object ist, sondern nur ein #L# Princip der Urtheilskraft sich in dieser ihrer übergroßen Mannigfaltigkeit Begriffe zu verschaffen (in ihr orientiren zu können): so legen wir |193.10| ihr doch hiedurch gleichsam eine Rücksicht auf unser Erkenntnißvermögen nach der Analogie eines Zwecks bei; und so können wir die =Naturschönheit= als =Darstellung= des Begriffs der formalen (bloß subjectiven) und die =Naturzwecke= als Darstellung des Begriffs einer realen (objectiven) Zweckmäßigkeit ansehen, deren eine wir durch Geschmack |193.15| (ästhetisch, vermittelst des Gefühls der Lust), die andere durch Verstand und Vernunft (logisch, nach Begriffen) beurtheilen. Hierauf gründet sich die Eintheilung der Kritik der Urtheilskraft in die der =ästhetischen= und =teleologischen=: indem unter der ersteren das Vermögen, die formale Zweckmäßigkeit (sonst auch subjective genannt) |193.20| durch das Gefühl der Lust oder Unlust, unter der zweiten das Vermögen, die reale Zweckmäßigkeit (objective) der Natur durch Verstand und Vernunft zu beurtheilen, verstanden wird. In einer Kritik der Urtheilskraft ist der Theil, welcher die ästhetische Urtheilskraft enthält, ihr wesentlich angehörig, weil diese allein ein Princip |193.25| enthält, welches die Urtheilskraft völlig _a priori_ ihrer Reflexion über die Natur zum Grunde legt, nämlich das einer formalen Zweckmäßigkeit der Natur nach ihren besonderen (empirischen) Gesetzen für unser Erkenntnißvermögen, ohne welche sich der Verstand in sie nicht finden könnte: anstatt #LI# daß gar kein Grund _a priori_ angegeben werden kann, ja nicht einmal |193.30| die Möglichkeit davon aus dem Begriffe einer Natur, als Gegenstande der Erfahrung im Allgemeinen sowohl als im Besonderen, erhellt, daß es objective Zwecke der Natur, d. i. Dinge, die nur als Naturzwecke möglich sind, geben müsse; sondern nur die Urtheilskraft, ohne ein Princip dazu _a priori_ in sich zu enthalten, in vorkommenden Fällen (gewisser |193.35| Producte), um zum Behuf der Vernunft von dem Begriffe der Zwecke Gebrauch zu machen, die Regel enthält, nachdem jenes transscendentale Princip schon den Begriff eines Zwecks (wenigstens der Form nach) auf die Natur anzuwenden den Verstand vorbereitet hat. Der transscendentale Grundsatz aber, sich eine Zweckmäßigkeit der Natur in subjectiver Beziehung auf unser Erkenntnißvermögen an der Form eines Dinges als ein Princip der Beurtheilung derselben vorzustellen, |194.5| läßt es gänzlich unbestimmt, wo und in welchen Fällen ich die Beurtheilung, als die eines Products nach einem Princip der Zweckmäßigkeit und nicht vielmehr bloß nach allgemeinen Naturgesetzen, anzustellen habe, und überläßt es der =ästhetischen= Urtheilskraft, im Geschmacke die Angemessenheit desselben (seiner Form) zu unseren Erkenntnißvermögen |194.10| (sofern diese nicht durch Übereinstimmung mit Begriffen, sondern durch das Gefühl entscheidet) auszumachen. Dagegen giebt die teleologisch-gebrauchte Urtheilskraft die Bedingungen bestimmt an, unter #LII# denen etwas (z. B. ein organisirter Körper) nach der Idee eines Zwecks der Natur zu beurtheilen sei; kann aber keinen Grundsatz aus dem Begriffe |194.15| der Natur als Gegenstandes der Erfahrung für die Befugniß anführen, ihr eine Beziehung auf Zwecke _a priori_ beizulegen und auch nur unbestimmt dergleichen von der wirklichen Erfahrung an solchen Producten anzunehmen: wovon der Grund ist, daß viele besondere Erfahrungen angestellt und unter der Einheit ihres Princips betrachtet werden |194.20| müssen, um eine objective Zweckmäßigkeit an einem gewissen Gegenstande nur empirisch erkennen zu können. — Die ästhetische Urtheilskraft ist also ein besonderes Vermögen, Dinge nach einer Regel, aber nicht nach Begriffen zu beurtheilen. Die teleologische ist kein besonderes Vermögen, sondern nur die reflectirende Urtheilskraft überhaupt, sofern sie wie überall |194.25| im theoretischen Erkenntnisse nach Begriffen, aber in Ansehung gewisser Gegenstände der Natur nach besonderen Principien, nämlich einer bloß reflectirenden, nicht Objecte bestimmenden Urtheilskraft, verfährt, also ihrer Anwendung nach zum theoretischen Theile der Philosophie gehört und der besonderen Principien wegen, die nicht, wie es in einer |194.30| Doctrin sein muß, bestimmend sind, auch einen besonderen Theil der Kritik ausmachen muß; anstatt daß die ästhetische Urtheilskraft zum Erkenntniß ihrer Gegenstände nichts beiträgt und also =nur= zur Kritik des urtheilenden Subjects und der Erkenntnißvermögen desselben, sofern sie #LIII# der Principien _a priori_ fähig sind, von welchem Gebrauche (dem theoretischen |194.35| oder praktischen) diese übrigens auch sein mögen, gezählt werden muß, welche die Propädeutik aller Philosophie ist. IX. Von der Verknüpfung der Gesetzgebungen des Verstandes und der Vernunft durch die Urtheilskraft. Der Verstand ist _a priori_ gesetzgebend für die Natur, als Object der Sinne, zu einem theoretischen Erkenntniß derselben in einer möglichen |195.5| Erfahrung. Die Vernunft ist _a priori_ gesetzgebend für die Freiheit und ihre eigene Causalität, als das Übersinnliche in dem Subjecte, zu einem unbedingt-praktischen Erkenntniß. Das Gebiet des Naturbegriffs unter der einen und das des Freiheitsbegriffs unter der anderen Gesetzgebung sind gegen allen wechselseitigen Einfluß, den sie für sich (ein jedes nach |195.10| seinen Grundgesetzen) auf einander haben könnten, durch die große Kluft, welche das Übersinnliche von den Erscheinungen trennt, gänzlich abgesondert. Der Freiheitsbegriff bestimmt nichts in Ansehung der theoretischen Erkenntniß der Natur; der Naturbegriff eben sowohl nichts in Ansehung der praktischen Gesetze der Freiheit: und es ist in sofern nicht möglich, |195.15| #LIV# eine Brücke von einem Gebiete zu dem andern hinüberzuschlagen. — Allein wenn die Bestimmungsgründe der Causalität nach dem Freiheitsbegriffe (und der praktischen Regel, die er enthält) gleich nicht in der Natur belegen sind, und das Sinnliche das Übersinnliche im Subjecte nicht bestimmen kann: so ist dieses doch umgekehrt (zwar nicht in Ansehung des |195.20| Erkenntnisses der Natur, aber doch der Folgen aus dem ersteren auf die letztere) möglich und schon in dem Begriffe einer Causalität durch Freiheit enthalten, deren =Wirkung= diesen ihren formalen Gesetzen gemäß in der Welt geschehen soll, obzwar das Wort =Ursache=, von dem Übersinnlichen gebraucht, nur den =Grund= bedeutet, die Causalität der Naturdinge |195.25| zu einer Wirkung gemäß ihren eigenen Naturgesetzen, zugleich aber doch auch mit dem formalen Princip der Vernunftgesetze einhellig zu bestimmen, wovon die Möglichkeit zwar nicht eingesehen, aber der Einwurf von einem vorgeblichen Widerspruch, der sich darin fände, hinreichend widerlegt werden kann[2]. — Die Wirkung nach dem Freiheitsbegriffe ist der |195.30| #LV# Endzweck, der (oder dessen Erscheinung in der Sinnenwelt) existiren soll, wozu die Bedingung der Möglichkeit desselben in der Natur (des Subjects als Sinnenwesens, nämlich als Mensch) vorausgesetzt wird. Das, was diese _a priori_ und ohne Rücksicht auf das Praktische voraussetzt, die Urtheilskraft, giebt den vermittelnden Begriff zwischen den Naturbegriffen |196.5| und dem Freiheitsbegriffe, der den Übergang von der reinen theoretischen zur reinen praktischen, von der Gesetzmäßigkeit nach der ersten zum Endzwecke nach dem letzten möglich macht, in dem Begriffe einer =Zweckmäßigkeit= der Natur an die Hand; denn dadurch wird die Möglichkeit des Endzwecks, der allein in der Natur und mit Einstimmung ihrer Gesetze |196.10| wirklich werden kann, erkannt. [2] Einer von den verschiedenen vermeinten Widersprüchen in dieser gänzlichen Unterscheidung der Naturcausalität von der durch Freiheit ist der, da man ihr den Vorwurf macht: daß, wenn ich von =Hindernissen=, die die Natur der Causalität nach Freiheitsgesetzen (den moralischen) legt, oder ihre =Beförderung= durch dieselbe rede, ich doch der ersteren auf die letztere einen =Einfluß= einräume. Aber wenn |195.35| man das Gesagte nur verstehen will, so ist die Mißdeutung sehr leicht zu verhüten. Der Widerstand, oder die Beförderung ist nicht zwischen der Natur und der Freiheit, |196.30| sondern der ersteren als Erscheinung und den =Wirkungen= der letztern als Erscheinungen in der Sinnenwelt; und selbst die =Causalität= der Freiheit (der reinen und praktischen Vernunft) ist die =Causalität= einer jener untergeordneten Naturursache (des Subjects, als Mensch, folglich als Erscheinung betrachtet), von deren =Bestimmung= das Intelligible, welches unter der Freiheit gedacht wird, auf eine übrigens |196.35| (eben so wie eben dasselbe, was das übersinnliche Substrat der Natur ausmacht) unerklärliche Art den Grund enthält. Der Verstand giebt durch die Möglichkeit seiner Gesetze _a priori_ für die Natur einen Beweis davon, daß diese von uns nur als Erscheinung #LVI# erkannt werde, mithin zugleich Anzeige auf ein übersinnliches Substrat derselben, aber läßt dieses gänzlich =unbestimmt=. Die Urtheilskraft verschafft |196.15| durch ihr Princip _a priori_ der Beurtheilung der Natur nach möglichen besonderen Gesetzen derselben ihrem übersinnlichen Substrat (in uns sowohl als außer uns) =Bestimmbarkeit durch das intellectuelle Vermögen=. Die Vernunft aber giebt eben demselben durch ihr praktisches Gesetz _a priori_ die =Bestimmung=; und so macht die Urtheilskraft |196.20| den Übergang vom Gebiete des Naturbegriffs zu dem des Freiheitsbegriffs möglich. In Ansehung der Seelenvermögen überhaupt, sofern sie als obere, d. i. als solche, die eine Autonomie enthalten, betrachtet werden, ist für das =Erkenntnißvermögen= (das theoretische der Natur) der Verstand |196.25| dasjenige, welches die =constitutiven= Principien _a priori_ enthält; für das =Gefühl der Lust und Unlust= ist es die Urtheilskraft unabhängig von Begriffen und Empfindungen, die sich auf Bestimmung des Begehrungsvermögens beziehen und dadurch unmittelbar praktisch sein könnten; für das =Begehrungsvermögen= die Vernunft, welche ohne Vermittelung irgend einer Lust, woher sie auch komme, praktisch ist und demselben als oberes Vermögen den Endzweck bestimmt, der zugleich das reine intellectuelle Wohlgefallen am Objecte mit sich führt. — Der Begriff der |197.5| Urtheilskraft von einer Zweckmäßigkeit der Natur ist noch zu den Naturbegriffen #LVII# gehörig, aber nur als regulatives Princip des Erkenntnißvermögens, obzwar das ästhetische Urtheil über gewisse Gegenstände (der Natur oder der Kunst), welches ihn veranlaßt, in Ansehung des Gefühls der Lust oder Unlust ein constitutives Princip ist. Die Spontaneität im |197.10| Spiele der Erkenntnißvermögen, deren Zusammenstimmung den Grund dieser Lust enthält, macht den gedachten Begriff zur Vermittelung der Verknüpfung der Gebiete des Naturbegriffs mit dem Freiheitsbegriffe in ihren Folgen tauglich, indem diese zugleich die Empfänglichkeit des Gemüths für das moralische Gefühl befördert. — Folgende Tafel kann die |197.15| Übersicht aller oberen Vermögen ihrer systematischen Einheit nach erleichtern[3]. [3] Man hat es bedenklich gefunden, daß meine Eintheilungen in der reinen Philosophie fast immer dreitheilig ausfallen. Das liegt aber in der Natur der Sache. Soll eine Eintheilung _a priori_ geschehen, so wird sie entweder =analytisch= |197.20| sein nach dem Satze des Widerspruchs; und da ist sie jederzeit zweitheilig (_quodlibet ens est aut A aut non A_). Oder sie ist =synthetisch=; und wenn sie in diesem Falle aus =Begriffen= _a priori_ (nicht wie in der Mathematik aus der _a priori_ dem Begriffe correspondirenden Anschauung) soll geführt werden, so muß nach demjenigen, was zu der synthetischen Einheit überhaupt erforderlich ist, nämlich 1) Bedingung, |197.25| 2) ein Bedingtes, 3) der Begriff, der aus der Vereinigung des Bedingten mit seiner Bedingung entspringt, die Eintheilung nothwendig Trichotomie sein. =Gesammte Vermögen =Erkenntnißvermögen= =Principien =Anwendung des Gemüths= _a priori_= auf= #LVIII# Erkenntnißvermögen Verstand Gesetzmäßigkeit Natur Gefühl der Lust Urtheilskraft Zweckmäßigkeit Kunst und Unlust Begehrungsvermögen Vernunft Endzweck Freiheit. Eintheilung #LIX# des ganzen Werks. Erster Theil. =Kritik der ästhetischen Urtheilskraft.= =Erster Abschnitt.= Analytik der ästhetischen Urtheilskraft. =Erstes Buch.= Analytik des Schönen. =Zweites Buch.= Analytik des Erhabenen. =Zweiter Abschnitt.= Dialektik der ästhetischen Urtheilskraft. Zweiter Theil. [P: LX] =Kritik der teleologischen Urtheilskraft.= =Erste Abtheilung.= Analytik der teleologischen Urtheilskraft. =Zweite Abtheilung.= Dialektik der teleologischen Urtheilskraft. =Anhang.= Methodenlehre der teleologischen Urtheilskraft. Der =Kritik der Urtheilskraft= Erster Theil. Kritik der =ästhetischen Urtheilskraft=. Erster Abschnitt. Analytik der ästhetischen Urtheilskraft. Erstes Buch. Analytik des Schönen. Erstes Moment des Geschmacksurtheils[4] der Qualität nach. [4] Die Definition des Geschmacks, welche hier zum Grunde gelegt wird, ist: daß er das Vermögen der Beurtheilung des Schönen sei. Was aber dazu erfordert wird, um einen Gegenstand schön zu nennen, das muß die Analyse der Urtheile des |203.20| Geschmacks entdecken. Die Momente, worauf diese Urtheilskraft in ihrer Reflexion Acht hat, habe ich nach Anleitung der logischen Functionen zu urtheilen aufgesucht (denn im Geschmacksurtheile ist immer noch eine Beziehung auf den Verstand enthalten). Die der Qualität habe ich zuerst in Betrachtung gezogen, weil das ästhetische Urtheil über das Schöne auf diese zuerst Rücksicht nimmt. |203.25| § 1. Das Geschmacksurtheil ist ästhetisch. Um zu unterscheiden, ob etwas schön sei oder nicht, beziehen wir die Vorstellung nicht durch den Verstand auf das Object zum Erkenntnisse, |203.10| sondern durch die Einbildungskraft (vielleicht mit dem Verstande verbunden) #4# auf das Subject und das Gefühl der Lust oder Unlust desselben. Das Geschmacksurtheil ist also kein Erkenntnißurtheil, mithin nicht logisch, sondern ästhetisch, worunter man dasjenige versteht, dessen Bestimmungsgrund =nicht anders= als =subjectiv= sein kann. Alle Beziehung der Vorstellungen, |203.15| selbst die der Empfindungen aber kann objectiv sein (und da bedeutet sie das Reale einer empirischen Vorstellung); nur nicht die auf das Gefühl der Lust und Unlust, wodurch gar nichts im Objecte bezeichnet wird, sondern in der das Subject, wie es durch die Vorstellung afficirt wird, sich selbst fühlt. Ein regelmäßiges, zweckmäßiges Gebäude mit seinem Erkenntnißvermögen (es sei in deutlicher oder verworrener Vorstellungsart) zu befassen, |204.5| ist ganz etwas anders, als sich dieser Vorstellung mit der Empfindung des Wohlgefallens bewußt zu sein. Hier wird die Vorstellung gänzlich auf das Subject und zwar auf das Lebensgefühl desselben unter dem Namen des Gefühls der Lust oder Unlust bezogen: welches ein ganz besonderes Unterscheidungs- und Beurtheilungsvermögen gründet, das zum Erkenntniß |204.10| nichts beiträgt, sondern nur die gegebene Vorstellung im Subjecte #5# gegen das ganze Vermögen der Vorstellungen hält, dessen sich das Gemüth im Gefühl seines Zustandes bewußt wird. Gegebene Vorstellungen in einem Urtheile können empirisch (mithin ästhetisch) sein; das Urtheil aber, das durch sie gefällt wird, ist logisch, wenn jene nur im Urtheile auf das |204.15| Object bezogen werden. Umgekehrt aber, wenn die gegebenen Vorstellungen gar rational wären, würden aber in einem Urtheile lediglich auf das Subject (sein Gefühl) bezogen, so sind sie sofern jederzeit ästhetisch. § 2. Das Wohlgefallen, welches das Geschmacksurtheil bestimmt, |204.20| ist ohne alles Interesse. Interesse wird das Wohlgefallen genannt, was wir mit der Vorstellung der Existenz eines Gegenstandes verbinden. Ein solches hat daher immer zugleich Beziehung auf das Begehrungsvermögen, entweder als Bestimmungsgrund desselben, oder doch als mit dem Bestimmungsgrunde desselben |204.25| nothwendig zusammenhängend. Nun will man aber, wenn die Frage ist, ob etwas schön sei, nicht wissen, ob uns oder irgend jemand an der Existenz der Sache irgend etwas gelegen sei, oder auch nur gelegen sein könne; sondern, wie wir sie in der bloßen Betrachtung (Anschauung oder Reflexion) beurtheilen. Wenn mich jemand fragt, ob ich den Palast, den ich vor mir [204.30] #6# sehe, schön finde, so mag ich zwar sagen: ich liebe dergleichen Dinge nicht, die blos für das Angaffen gemacht sind, oder, wie jener Irokesische =Sachem=, ihm gefalle in Paris nichts besser als die Garküchen; ich kann noch überdem auf die Eitelkeit der Großen auf gut =Rousseauisch= schmälen, welche den Schweiß des Volks auf so entbehrliche Dinge verwenden; ich kann |204.35| mich endlich gar leicht überzeugen, daß, wenn ich mich auf einem unbewohnten Eilande ohne Hoffnung jemals wieder zu Menschen zu kommen befände, und ich durch meinen bloßen Wunsch ein solches Prachtgebäude hinzaubern könnte, ich mir auch nicht einmal diese Mühe darum geben würde, wenn ich schon eine Hütte hätte, die mir bequem genug wäre. Man |205.5| kann mir alles dieses einräumen und gutheißen; nur davon ist jetzt nicht die Rede. Man will nur wissen, ob die bloße Vorstellung des Gegenstandes in mir mit Wohlgefallen begleitet sei, so gleichgültig ich auch immer in Ansehung der Existenz des Gegenstandes dieser Vorstellung sein mag. Man sieht leicht, daß es auf das, was ich aus dieser Vorstellung in mir |205.10| selbst mache, nicht auf das, worin ich von der Existenz des Gegenstandes abhänge, ankomme, um zu sagen, er sei =schön=, und zu beweisen, ich habe Geschmack. Ein jeder muß eingestehen, daß dasjenige Urtheil über Schönheit, worin sich das mindeste Interesse mengt, sehr parteilich und kein reines Geschmacksurtheil sei. Man muß nicht im mindesten für die Existenz |205.15| der Sache eingenommen, sondern in diesem Betracht ganz gleichgültig #7# sein, um in Sachen des Geschmacks den Richter zu spielen. Wir können aber diesen Satz, der von vorzüglicher Erheblichkeit ist, nicht besser erläutern, als wenn wir dem reinen, uninteressirten[5] Wohlgefallen im Geschmacksurtheile dasjenige, was mit Interesse verbunden |205.20| ist, entgegensetzen: vornehmlich wenn wir zugleich gewiß sein können, daß es nicht mehr Arten des Interesse gebe, als die eben jetzt namhaft gemacht werden sollen. [5] Ein Urtheil über einen Gegenstand des Wohlgefallens kann ganz =uninteressirt=, aber doch sehr =interessant= sein, d. i. es gründet sich auf keinem Interesse, aber es bringt ein Interesse hervor; dergleichen sind alle reine moralische Urtheile. Aber die Geschmacksurtheile begründen an sich auch gar kein Interesse. Nur in der Gesellschaft wird es =interessant=, Geschmack zu haben, wovon der Grund in der |205.35| Folge angezeigt werden wird. § 3. Das Wohlgefallen AM ANGENEHMEN ist mit Interesse verbunden. |205.25| =ANGENEHM ist das, was den Sinnen in der Empfindung gefällt.= Hier zeigt sich nun sofort die Gelegenheit, eine ganz gewöhnliche Verwechselung der doppelten Bedeutung, die das Wort Empfindung haben kann, zu rügen und darauf aufmerksam zu machen. Alles Wohlgefallen (sagt oder denkt man) ist selbst Empfindung (einer Lust). Mithin |205.30| ist alles, was gefällt, eben hierin, daß es gefällt, angenehm (und nach den #8# verschiedenen Graden oder auch Verhältnissen zu andern angenehmen Empfindungen =anmuthig, lieblich, ergötzend, erfreulich= u. s. w.). Wird aber das eingeräumt, so sind Eindrücke der Sinne, welche die Neigung, oder Grundsätze der Vernunft, welche den Willen, oder bloße reflectirte |206.5| Formen der Anschauung, welche die Urtheilskraft bestimmen, was die Wirkung auf das Gefühl der Lust betrifft, gänzlich einerlei. Denn diese wäre die Annehmlichkeit in der Empfindung seines Zustandes, und da doch endlich alle Bearbeitung unserer Vermögen aufs Praktische ausgehen und sich darin als in ihrem Ziele vereinigen muß, so könnte man ihnen keine |206.10| andere Schätzung der Dinge und ihres Werths zumuthen, als die in dem Vergnügen besteht, welches sie versprechen. Auf die Art, wie sie dazu gelangen, kommt es am Ende gar nicht an; und da die Wahl der Mittel hierin allein einen Unterschied machen kann, so könnten Menschen einander wohl der Thorheit und des Unverstandes, niemals aber der Niederträchtigkeit |206.15| und Bosheit beschuldigen: weil sie doch alle, ein jeder nach seiner Art die Sachen zu sehen, nach einem Ziele laufen, welches für jedermann das Vergnügen ist. Wenn eine Bestimmung des Gefühls der Lust oder Unlust Empfindung genannt wird, so bedeutet dieser Ausdruck etwas ganz anderes, als |206.20| wenn ich die Vorstellung einer Sache (durch Sinne, als eine zum Erkenntnißvermögen gehörige Receptivität) Empfindung nenne. Denn im letzern #9# Falle wird die Vorstellung auf das Object, im erstern aber lediglich auf das Subject bezogen und dient zu gar keinem Erkenntnisse, auch nicht zu demjenigen, wodurch sich das Subject selbst =erkennt=. |206.25| Wir verstehen aber in der obigen Erklärung unter dem Worte Empfindung eine objective Vorstellung der Sinne; und um nicht immer Gefahr zu laufen, mißgedeutet zu werden, wollen wir das, was jederzeit blos subjectiv bleiben muß und schlechterdings keine Vorstellung eines Gegenstandes ausmachen kann, mit dem sonst üblichen Namen des Gefühls |206.30| benennen. Die grüne Farbe der Wiesen gehört zur =objectiven= Empfindung, als Wahrnehmung eines Gegenstandes des Sinnes; die Annehmlichkeit derselben aber zur =subjectiven= Empfindung, wodurch kein Gegenstand vorgestellt wird: d. i. zum Gefühl, wodurch der Gegenstand als Object des Wohlgefallens (welches kein Erkenntniß desselben ist) betrachtet |206.35| wird. Daß nun mein Urtheil über einen Gegenstand, wodurch ich ihn für angenehm erkläre, ein Interesse an demselben ausdrücke, ist daraus schon klar, daß es durch Empfindung eine Begierde nach dergleichen Gegenstande rege macht, mithin das Wohlgefallen nicht das bloße Urtheil über ihn, sondern die Beziehung seiner Existenz auf meinen Zustand, sofern er durch ein solches Object afficirt wird, voraussetzt. Daher man von dem Angenehmen |207.5| nicht blos sagt: es =gefällt=, sondern: es =vergnügt=. Es ist nicht #10# ein bloßer Beifall, den ich ihm widme, sondern Neigung wird dadurch erzeugt; und zu dem, was auf die lebhafteste Art angenehm ist, gehört so gar kein Urtheil über die Beschaffenheit des Objects, daß diejenigen, welche immer nur auf das Genießen ausgehen (denn das ist das Wort, womit |207.10| man das Innige des Vergnügens bezeichnet), sich gerne alles Urtheilens überheben. § 4. Das Wohlgefallen AM GUTEN ist mit Interesse verbunden. =Gut= ist das, was vermittelst der Vernunft durch den bloßen Begriff |207.15| gefällt. Wir nennen einiges =wozu gut= (das Nützliche), was nur als Mittel gefällt; ein anderes aber =an sich gut=, was für sich selbst gefällt. In beiden ist immer der Begriff eines Zwecks, mithin das Verhältniß der Vernunft zum (wenigstens möglichen) Wollen, folglich ein Wohlgefallen am =Dasein= eines Objects oder einer Handlung, d. i. irgend ein Interesse, |207.20| enthalten. Um etwas gut zu finden, muß ich jederzeit wissen, was der Gegenstand für ein Ding sein solle, d. i. einen Begriff von demselben haben. Um Schönheit woran zu finden, habe ich das nicht nöthig. Blumen, freie Zeichnungen, ohne Absicht in einander geschlungene Züge, unter dem |207.25| #11# Namen des Laubwerks, bedeuten nichts, hängen von keinem bestimmten Begriffe ab und gefallen doch. Das Wohlgefallen am Schönen muß von der Reflexion über einen Gegenstand, die zu irgend einem Begriffe (unbestimmt welchem) führt, abhängen und unterscheidet sich dadurch auch vom Angenehmen, welches ganz auf der Empfindung beruht. |207.30| Zwar scheint das Angenehme mit dem Guten in vielen Fällen einerlei zu sein. So wird man gemeiniglich sagen: alles (vornehmlich dauerhafte) Vergnügen ist an sich selbst gut; welches ungefähr so viel heißt, als: dauerhaft-angenehm oder gut sein, ist einerlei. Allein man kann bald bemerken, daß dieses blos eine fehlerhafte Wortvertauschung sei, da die |207.35| Begriffe, welche diesen Ausdrücken eigenthümlich anhängen, keinesweges gegen einander ausgetauscht werden können. Das Angenehme, das als ein solches den Gegenstand lediglich in Beziehung auf den Sinn vorstellt, muß allererst durch den Begriff eines Zwecks unter Principien der Vernunft gebracht werden, um es als Gegenstand des Willens gut zu nennen. Daß dieses aber alsdann eine ganz andere Beziehung auf das Wohlgefallen |208.5| sei, wenn ich das, was vergnügt, zugleich =gut= nenne, ist daraus zu ersehen, daß beim Guten immer die Frage ist, ob es blos mittelbar-gut oder unmittelbar-gut (ob nützlich oder an sich gut) sei; da hingegen beim Angenehmen hierüber gar nicht die Frage sein kann, indem das Wort jederzeit etwas bedeutet, was unmittelbar gefällt. (Eben so ist es auch mit dem, |208.10| #12# was ich schön nenne, bewandt.) Selbst in den gemeinsten Reden unterscheidet man das Angenehme vom Guten. Von einem durch Gewürze und andre Zusätze den Geschmack erhebenden Gerichte sagt man ohne Bedenken, es sei angenehm, und gesteht zugleich, daß es nicht gut sei: weil es zwar unmittelbar den Sinnen |208.15| =behagt=, mittelbar aber, d. i. durch die Vernunft, die auf die Folgen hinaus sieht, betrachtet, mißfällt. Selbst in der Beurtheilung der Gesundheit kann man noch diesen Unterschied bemerken. Sie ist jedem, der sie besitzt, unmittelbar angenehm (wenigstens negativ, d. i. als Entfernung aller körperlichen Schmerzen). Aber um zu sagen, daß sie gut sei, muß man sie |208.20| noch durch die Vernunft auf Zwecke richten, nämlich daß sie ein Zustand ist, der uns zu allen unsern Geschäften aufgelegt macht. In Absicht der Glückseligkeit glaubt endlich doch jedermann, die größte Summe (der Menge sowohl als Dauer nach) der Annehmlichkeiten des Lebens ein wahres, ja sogar das höchste Gut nennen zu können. Allein auch dawider sträubt sich |208.25| die Vernunft. Annehmlichkeit ist Genuß. Ist es aber auf diesen allein angelegt, so wäre es thöricht, scrupulös in Ansehung der Mittel zu sein, die ihn uns verschaffen, ob er leidend, von der Freigebigkeit der Natur, oder durch Selbstthätigkeit und unser eignes Wirken erlangt wäre. Daß aber eines Menschen Existenz an sich einen Werth habe, welcher blos lebt (und |208.30| #13# in dieser Absicht noch so sehr geschäftig ist), um =zu genießen=, sogar wenn er dabei Andern, die alle eben so wohl nur aufs Genießen ausgehen, als Mittel dazu aufs beste beförderlich wäre und zwar darum, weil er durch Sympathie alles Vergnügen mit genösse: das wird sich die Vernunft nie überreden lassen. Nur durch das, was er thut ohne Rücksicht auf Genuß, |208.35| in voller Freiheit und unabhängig von dem, was ihm die Natur auch leidend verschaffen könnte, giebt er seinem Dasein als der Existenz einer Person einen absoluten Werth; und die Glückseligkeit ist mit der ganzen Fülle ihrer Annehmlichkeit bei weitem nicht ein unbedingtes Gut[6]. [6] Eine Verbindlichkeit zum Genießen ist eine offenbare Ungereimtheit. Eben das muß also auch eine vorgegebene Verbindlichkeit zu allen Handlungen sein, die zu ihrem Ziele blos das Genießen haben: dieses mag nun so geistig ausgedacht (oder verbrämt) sein, wie es wolle, und wenn es auch ein mystischer, sogenannter himmlischer Genuß wäre. |209.35| Aber ungeachtet aller dieser Verschiedenheit zwischen dem Angenehmen und Guten kommen beide doch darin überein: daß sie jederzeit mit einem Interesse an ihrem Gegenstande verbunden sind, nicht allein das Angenehme, |209.5| § 3, und das mittelbar Gute (das Nützliche), welches als Mittel zu irgend einer Annehmlichkeit gefällt, sondern auch das schlechterdings und in aller Absicht Gute, nämlich das moralische, welches das höchste Interesse bei sich führt. Denn das Gute ist das Object des Willens (d. i. #14# eines durch Vernunft bestimmten Begehrungsvermögens). Etwas aber |209.10| wollen und an dem Dasein desselben ein Wohlgefallen haben, d. i. daran ein Interesse nehmen, ist identisch. § 5. Vergleichung der drei specifisch verschiedenen Arten des Wohlgefallens. |209.15| Das Angenehme und Gute haben beide eine Beziehung auf das Begehrungsvermögen und führen sofern, jenes ein pathologisch-bedingtes (durch Anreize, stimulos), dieses ein reines praktisches Wohlgefallen bei sich, welches nicht bloß durch die Vorstellung des Gegenstandes, sondern zugleich durch die vorgestellte Verknüpfung des Subjects mit der Existenz |209.20| desselben bestimmt wird. Nicht bloß der Gegenstand, sondern auch die Existenz desselben gefällt. Dagegen ist das Geschmacksurtheil bloß =contemplativ=, d. i. ein Urtheil, welches, indifferent in Ansehung des Daseins eines Gegenstandes, nur seine Beschaffenheit mit dem Gefühl der Lust und Unlust zusammenhält. Aber diese Contemplation selbst ist auch |209.25| nicht auf Begriffe gerichtet; denn das Geschmacksurtheil ist kein Erkenntnißurtheil (weder ein theoretisches noch praktisches) und daher auch nicht auf Begriffe =gegründet=, oder auch auf solche =abgezweckt=. Das Angenehme, das Schöne, das Gute bezeichnen also drei verschiedene Verhältnisse der Vorstellungen zum Gefühl der Lust und Unlust, in |209.30| #15# Beziehung auf welches wir Gegenstände oder Vorstellungsarten von einander unterscheiden. Auch sind die jedem angemessenen Ausdrücke, womit man die Complacenz in denselben bezeichnet, nicht einerlei. =Angenehm= heißt Jemandem das, was ihn VERGNÜGT; =schön=, was ihm blos GEFÄLLT; =gut=, was GESCHÄTZT, =gebilligt=, d. i. worin von ihm ein objectiver |210.5| Werth gesetzt wird. Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Thiere; Schönheit nur für Menschen, d. i. thierische, aber doch vernünftige Wesen, aber auch nicht blos als solche (z. B. Geister), sondern zugleich als thierische; das Gute aber für jedes vernünftige Wesen überhaupt; ein Satz, der nur in der Folge seine vollständige Rechtfertigung und Erklärung bekommen |210.10| kann. Man kann sagen: daß unter allen diesen drei Arten des Wohlgefallens das des Geschmacks am Schönen einzig und allein ein uninteressirtes und =freies= Wohlgefallen sei; denn kein Interesse, weder das der Sinne, noch das der Vernunft, zwingt den Beifall ab. Daher könnte man von dem Wohlgefallen sagen: es beziehe sich in den drei genannten |210.15| Fällen auf =Neigung=, oder =Gunst=, oder =Achtung=. Denn GUNST ist das einzige freie Wohlgefallen. Ein Gegenstand der Neigung und einer, welcher durch ein Vernunftgesetz uns zum Begehren auferlegt wird, lassen uns keine Freiheit, uns selbst irgend woraus einen Gegenstand der Lust zu machen. Alles Interesse setzt Bedürfniß voraus, oder bringt eines |210.20| #16# hervor; und als Bestimmungsgrund des Beifalls läßt es das Urtheil über den Gegenstand nicht mehr frei sein. Was das Interesse der Neigung beim Angenehmen betrifft, so sagt jedermann: Hunger ist der beste Koch, und Leuten von gesundem Appetit schmeckt alles, was nur eßbar ist; mithin beweiset ein solches Wohlgefallen |210.25| keine Wahl nach Geschmack. Nur wenn das Bedürfniß befriedigt ist, kann man unterscheiden, wer unter Vielen Geschmack habe, oder nicht. Eben so giebt es Sitten (Conduite) ohne Tugend, Höflichkeit ohne Wohlwollen, Anständigkeit ohne Ehrbarkeit u. s. w. Denn wo das sittliche Gesetz spricht, da giebt es objectiv weiter keine freie Wahl in Ansehung dessen, was zu |210.30| thun sei; und Geschmack in seiner Aufführung (oder in Beurtheilung anderer ihrer) zeigen, ist etwas ganz anderes, als seine moralische Denkungsart äußern: denn diese enthält ein Gebot und bringt ein Bedürfniß hervor, da hingegen der sittliche Geschmack mit den Gegenständen des Wohlgefallens nur spielt, ohne sich an einen zu hängen. |210.35| =Aus dem ersten Momente gefolgerte Erklärung des Schönen.= =Geschmack= ist das Beurtheilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen oder Mißfallen =ohne alles Interesse=. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt =schön=. =Zweites Moment= |211.5| #17# des Geschmacksurtheils, nämlich seiner Quantität nach. § 6. Das Schöne ist das, was ohne Begriffe als Object eines ALLGEMEINEN Wohlgefallens vorgestellt wird. Diese Erklärung des Schönen kann aus der vorigen Erklärung desselben, |211.10| als eines Gegenstandes des Wohlgefallens ohne alles Interesse, gefolgert werden. Denn das, wovon jemand sich bewußt ist, daß das Wohlgefallen an demselben bei ihm selbst ohne alles Interesse sei, das kann derselbe nicht anders als so beurtheilen, daß es einen Grund des Wohlgefallens für jedermann enthalten müsse. Denn da es sich nicht auf irgend |211.15| eine Neigung des Subjects (noch auf irgend ein anderes überlegtes Interesse) gründet, sondern da der Urtheilende sich in Ansehung des Wohlgefallens, welches er dem Gegenstande widmet, völlig =frei= fühlt: so kann er keine Privatbedingungen als Gründe des Wohlgefallens auffinden, an die sich sein Subject allein hinge, und muß es daher als in demjenigen begründet |211.20| ansehen, was er auch bei jedem andern voraussetzen kann; folglich muß er glauben Grund zu haben, jedermann ein ähnliches Wohlgefallen zuzumuthen. Er wird daher vom Schönen so sprechen, als ob Schönheit #18# eine Beschaffenheit des Gegenstandes und das Urtheil logisch (durch Begriffe vom Objecte eine Erkenntniß desselben ausmachend) wäre; ob es |211.25| gleich nur ästhetisch ist und bloß eine Beziehung der Vorstellung des Gegenstandes auf das Subject enthält: darum weil es doch mit dem logischen die Ähnlichkeit hat, daß man die Gültigkeit desselben für jedermann daran voraussetzen kann. Aber aus Begriffen kann diese Allgemeinheit auch nicht entspringen. Denn von Begriffen giebt es keinen Übergang zum |211.30| Gefühle der Lust oder Unlust (ausgenommen in reinen praktischen Gesetzen, die aber ein Interesse bei sich führen, dergleichen mit dem reinen Geschmacksurtheile nicht verbunden ist). Folglich muß dem Geschmacksurtheile mit dem Bewußtsein der Absonderung in demselben von allem Interesse ein Anspruch auf Gültigkeit für jedermann ohne auf Objecte gestellte Allgemeinheit anhängen, d. i. es muß damit ein Anspruch auf subjective Allgemeinheit verbunden sein. |212.5| § 7. Vergleichung des Schönen mit dem Angenehmen und Guten durch obiges Merkmal. In Ansehung des =Angenehmen= bescheidet sich ein jeder: daß sein Urtheil, welches er auf ein Privatgefühl gründet, und wodurch er von |212.10| einem Gegenstande sagt, daß er ihm gefalle, sich auch bloß auf seine Person einschränke. Daher ist er es gern zufrieden, daß, wenn er sagt: der Canariensect #19# ist angenehm, ihm ein anderer den Ausdruck verbessere und ihn erinnere, er solle sagen: er ist =mir= angenehm; und so nicht allein im Geschmack der Zunge, des Gaumens und des Schlundes, sondern auch in dem, |212.15| was für Augen und Ohren jedem angenehm sein mag. Dem einen ist die violette Farbe sanft und lieblich, dem andern todt und erstorben. Einer liebt den Ton der Blasinstrumente, der andre den von den Saiteninstrumenten. Darüber in der Absicht zu streiten, um das Urtheil anderer, welches von dem unsrigen verschieden ist, gleich als ob es diesem logisch |212.20| entgegen gesetzt wäre, für unrichtig zu schelten, wäre Thorheit; in Ansehung des Angenehmen gilt also der Grundsatz: =ein jeder hat seinen eigenen Geschmack= (der Sinne). Mit dem Schönen ist es ganz anders bewandt. Es wäre (gerade umgekehrt) lächerlich, wenn jemand, der sich auf seinen Geschmack etwas einbildete, |212.25| sich damit zu rechtfertigen gedächte: dieser Gegenstand (das Gebäude, was wir sehen, das Kleid, was jener trägt, das Concert, was wir hören, das Gedicht, welches zur Beurtheilung aufgestellt ist) ist =für mich= schön. Denn er muß es nicht =schön= nennen, wenn es bloß ihm gefällt. Reiz und Annehmlichkeit mag für ihn vieles haben, darum bekümmert sich |212.30| niemand; wenn er aber etwas für schön ausgiebt, so muthet er andern eben dasselbe Wohlgefallen zu: er urtheilt nicht bloß für sich, sondern für #20# jedermann und spricht alsdann von der Schönheit, als wäre sie eine Eigenschaft der Dinge. Er sagt daher: die =Sache= ist schön, und rechnet nicht etwa darum auf Anderer Einstimmung in sein Urtheil des Wohlgefallens, |212.35| weil er sie mehrmals mit dem seinigen einstimmig befunden hat, sondern =fordert= es von ihnen. Er tadelt sie, wenn sie anders urtheilen, und spricht ihnen den Geschmack ab, von dem er doch verlangt, daß sie ihn haben sollen; und sofern kann man nicht sagen: ein jeder hat seinen besondern Geschmack. Dieses würde so viel heißen, als: es giebt gar keinen Geschmack, |213.5| d. i. kein ästhetisches Urtheil, welches auf jedermanns Beistimmung rechtmäßigen Anspruch machen könnte. Gleichwohl findet man auch in Ansehung des Angenehmen, daß in der Beurtheilung desselben sich Einhelligkeit unter Menschen antreffen lasse, in Absicht auf welche man doch einigen den Geschmack abspricht, andern |213.10| ihn zugesteht und zwar nicht in der Bedeutung als Organsinn, sondern als Beurtheilungsvermögen in Ansehung des Angenehmen überhaupt. So sagt man von jemanden, der seine Gäste mit Annehmlichkeiten (des Genusses durch alle Sinne) so zu unterhalten weiß, daß es ihnen insgesammt gefällt: er habe Geschmack. Aber hier wird die Allgemeinheit nur |213.15| comparativ genommen; und da giebt es nur =generale= (wie die empirischen alle sind), nicht =universale= Regeln, welche letzteren das Geschmacksurtheil über das Schöne sich unternimmt oder darauf Anspruch macht. Es #21# ist ein Urtheil in Beziehung auf die Geselligkeit, sofern sie auf empirischen Regeln beruht. In Ansehung des Guten machen die Urtheile zwar auch |213.20| mit Recht auf Gültigkeit für jedermann Anspruch; allein das Gute wird nur =durch einen Begriff= als Object eines allgemeinen Wohlgefallens vorgestellt, welches weder beim Angenehmen noch beim Schönen der Fall ist. § 8. |213.25| Die Allgemeinheit des Wohlgefallens wird in einem Geschmacksurtheile nur als subjectiv vorgestellt. Diese besondere Bestimmung der Allgemeinheit eines ästhetischen Urtheils, die sich in einem Geschmacksurtheile antreffen läßt, ist eine Merkwürdigkeit, zwar nicht für den Logiker, aber wohl für den Transscendental-Philosophen, |213.30| welche seine nicht geringe Bemühung auffordert, um den Ursprung derselben zu entdecken, dafür aber auch eine Eigenschaft unseres Erkenntnißvermögens aufdeckt, welche ohne diese Zergliederung unbekannt geblieben wäre. Zuerst muß man sich davon völlig überzeugen: daß man durch das |213.35| Geschmacksurtheil (über das Schöne) das Wohlgefallen an einem Gegenstande =jedermann= ansinne, ohne sich doch auf einem Begriffe zu gründen (denn da wäre es das Gute); und daß dieser Anspruch auf Allgemeingültigkeit #22# so wesentlich zu einem Urtheil gehöre, wodurch wir etwas für =schön= erklären, daß, ohne dieselbe dabei zu denken, es niemand in die Gedanken |214.5| kommen würde, diesen Ausdruck zu gebrauchen, sondern alles, was ohne Begriff gefällt, zum Angenehmen gezählt werden würde, in Ansehung dessen man jeglichem seinen Kopf für sich haben läßt, und keiner dem andern Einstimmung zu seinem Geschmacksurtheile zumuthet, welches doch im Geschmacksurtheile über Schönheit jederzeit geschieht. Ich kann den ersten |214.10| den Sinnen-Geschmack, den zweiten den Reflexions-Geschmack nennen: sofern der erstere bloß Privaturtheile, der zweite aber vorgebliche gemeingültige (publike), beiderseits aber ästhetische (nicht praktische) Urtheile über einen Gegenstand bloß in Ansehung des Verhältnisses seiner Vorstellung zum Gefühl der Lust und Unlust fällt. Nun ist es doch befremdlich, daß, |214.15| da von dem Sinnengeschmack nicht allein die Erfahrung zeigt, daß sein Urtheil (der Lust oder Unlust an irgend etwas) nicht allgemein gelte, sondern jedermann auch von selbst so bescheiden ist, diese Einstimmung andern nicht eben anzusinnen (ob sich gleich wirklich öfter eine sehr ausgebreitete Einhelligkeit auch in diesen Urtheilen vorfindet), der Reflexions-Geschmack, |214.20| der doch auch oft genug mit seinem Anspruche auf die allgemeine Gültigkeit seines Urtheils (über das Schöne) für jedermann abgewiesen wird, wie die Erfahrung lehrt, gleichwohl es möglich finden könne (welches er #23# auch wirklich thut) sich Urtheile vorzustellen, die diese Einstimmung allgemein fordern könnten, und sie in der That für jedes seiner Geschmacksurtheile |214.25| jedermann zumuthet, ohne daß die Urtheilenden wegen der Möglichkeit eines solchen Anspruchs in Streite sind, sondern sich nur in besondern Fällen wegen der richtigen Anwendung dieses Vermögens nicht einigen können. Hier ist nun allererst zu merken, daß eine Allgemeinheit, die nicht auf |214.30| Begriffen vom Objecte (wenn gleich nur empirischen) beruht, gar nicht logisch, sondern ästhetisch sei, d. i. keine objective Quantität des Urtheils, sondern nur eine subjective enthalte, für welche ich auch den Ausdruck =Gemeingültigkeit=, welcher die Gültigkeit nicht von der Beziehung einer Vorstellung auf das Erkenntnißvermögen, sondern auf das Gefühl der |214.35| Lust und Unlust für jedes Subject bezeichnet, gebrauche. (Man kann sich aber auch desselben Ausdrucks für die logische Quantität des Urtheils bedienen, wenn man nur dazusetzt =objective= Allgemeingültigkeit zum Unterschiede von der bloß subjectiven, welche allemal ästhetisch ist.) Nun ist ein =objectiv allgemeingültiges= Urtheil auch jederzeit subjectiv, d. i. wenn das Urtheil für alles, was unter einem gegebenen Begriffe enthalten ist, gilt, so gilt es auch für jedermann, der sich einen |215.5| Gegenstand durch diesen Begriff vorstellt. Aber von einer =subjectiven Allgemeingültigkeit=, d. i. der ästhetischen, die auf keinem Begriffe #24# beruht, läßt sich nicht auf die logische schließen: weil jene Art Urtheile gar nicht auf das Object geht. Eben darum aber muß auch die ästhetische Allgemeinheit, die einem Urtheile beigelegt wird, von besonderer Art sein, |215.10| weil sie das Prädicat der Schönheit nicht mit dem Begriffe des =Objects=, in seiner ganzen logischen Sphäre betrachtet, verknüpft und doch eben dasselbe über die ganze Sphäre =der Urtheilenden= ausdehnt. In Ansehung der logischen Quantität sind alle Geschmacksurtheile =einzelne= Urtheile. Denn weil ich den Gegenstand unmittelbar an mein |215.15| Gefühl der Lust und Unlust halten muß und doch nicht durch Begriffe, so können jene nicht die Quantität objectiv-gemeingültiger Urtheile haben; obgleich, wenn die einzelne Vorstellung des Objects des Geschmacksurtheils nach den Bedingungen, die das letztere bestimmen, durch Vergleichung in einen Begriff verwandelt wird, ein logisch allgemeines Urtheil daraus |215.20| werden kann: z. B. die Rose, die ich anblicke, erkläre ich durch ein Geschmacksurtheil für schön. Dagegen ist das Urtheil, welches durch Vergleichung vieler einzelnen entspringt: die Rosen überhaupt sind schön, nunmehr nicht bloß als ästhetisches, sondern als ein auf einem ästhetischen gegründetes logisches Urtheil ausgesagt. Nun ist das Urtheil: die Rose |215.25| ist (im Geruche) angenehm, zwar auch ein ästhetisches und einzelnes, aber kein Geschmacks-, sondern ein Sinnenurtheil. Es unterscheidet sich nämlich vom ersteren darin: daß das Geschmacksurtheil eine =ästhetische #25# Quantität= der Allgemeinheit, d. i. der Gültigkeit für jedermann, bei sich führt, welche im Urtheile über das Angenehme nicht angetroffen werden |215.30| kann. Nur allein die Urtheile über das Gute, ob sie gleich auch das Wohlgefallen an einem Gegenstande bestimmen, haben logische, nicht bloß ästhetische Allgemeinheit; denn sie gelten vom Object, als Erkenntnisse desselben, und darum für jedermann. Wenn man Objecte bloß nach Begriffen beurtheilt, so geht alle Vorstellung |215.35| der Schönheit verloren. Also kann es auch keine Regel geben, nach der jemand genöthigt werden sollte, etwas für schön anzuerkennen. Ob ein Kleid, ein Haus, eine Blume schön sei: dazu läßt man sich sein Urtheil durch keine Gründe oder Grundsätze aufschwatzen. Man will das Object seinen eignen Augen unterwerfen, gleich als ob sein Wohlgefallen von der Empfindung abhinge; und dennoch, wenn man den Gegenstand alsdann schön nennt, glaubt man eine allgemeine Stimme für sich zu haben und |216.5| macht Anspruch auf den Beitritt von jedermann, da hingegen jede Privatempfindung nur für den Betrachtenden allein und sein Wohlgefallen entscheiden würde. Hier ist nun zu sehen, daß in dem Urtheile des Geschmacks nichts postulirt wird, als eine solche =allgemeine Stimme= in Ansehung des Wohlgefallens |216.10| ohne Vermittlung der Begriffe; mithin die =Möglichkeit= eines #26# ästhetischen Urtheils, welches zugleich als für jedermann gültig betrachtet werden könne. Das Geschmacksurtheil selber =postulirt= nicht jedermanns Einstimmung (denn das kann nur ein logisch allgemeines, weil es Gründe anführen kann, thun); es =sinnt= nur jedermann diese Einstimmung an, |216.15| als einen Fall der Regel, in Ansehung dessen es die Bestätigung nicht von Begriffen, sondern von anderer Beitritt erwartet. Die allgemeine Stimme ist also nur eine Idee (worauf sie beruhe, wird hier noch nicht untersucht). Daß der, welcher ein Geschmacksurtheil zu fällen glaubt, in der That dieser Idee gemäß urtheile, kann ungewiß sein; aber daß er es doch darauf |216.20| beziehe, mithin daß es ein Geschmacksurtheil sein solle, kündigt er durch den Ausdruck der Schönheit an. Für sich selbst aber kann er durch das bloße Bewußtsein der Absonderung alles dessen, was zum Angenehmen und Guten gehört, von dem Wohlgefallen, was ihm noch übrig bleibt, davon gewiß werden; und das ist alles, wozu er sich die Beistimmung von jedermann |216.25| verspricht: ein Anspruch, wozu unter diesen Bedingungen er auch berechtigt sein würde, wenn er nur wider sie nicht öfter fehlte und darum ein irriges Geschmacksurtheil fällte. § 9. #27# Untersuchung der Frage: ob im Geschmacksurtheile das Gefühl |216.30| der Lust vor der Beurtheilung des Gegenstandes, oder diese vor jener vorhergehe. Die Auflösung dieser Aufgabe ist der Schlüssel zur Kritik des Geschmacks und daher aller Aufmerksamkeit würdig. Ginge die Lust an dem gegebenen Gegenstande vorher, und nur die |216.35| allgemeine Mittheilbarkeit derselben sollte im Geschmacksurtheile der Vorstellung des Gegenstandes zuerkannt werden, so würde ein solches Verfahren mit sich selbst im Widerspruche stehen. Denn dergleichen Lust würde keine andere, als die bloße Annehmlichkeit in der Sinnenempfindung sein und daher ihrer Natur nach nur Privatgültigkeit haben können, weil sie |217.5| von der Vorstellung, wodurch der Gegenstand =gegeben wird=, unmittelbar abhinge. Also ist es die allgemeine Mittheilungsfähigkeit des Gemüthszustandes in der gegebenen Vorstellung, welche als subjective Bedingung des Geschmacksurtheils demselben zum Grunde liegen und die Lust an dem |217.10| Gegenstande zur Folge haben muß. Es kann aber nichts allgemein mitgetheilt werden als Erkenntniß und Vorstellung, sofern sie zum Erkenntniß gehört. Denn sofern ist die letztere nur allein objectiv und hat nur dadurch einen allgemeinen Beziehungspunkt, womit die Vorstellungskraft Aller zusammenzustimmen #28# genöthigt wird. Soll nun der Bestimmungsgrund des |217.15| Urtheils über diese allgemeine Mittheilbarkeit der Vorstellung bloß subjectiv, nämlich ohne einen Begriff vom Gegenstande, gedacht werden, so kann er kein anderer als der Gemüthszustand sein, der im Verhältnisse der Vorstellungskräfte zu einander angetroffen wird, sofern sie eine gegebene Vorstellung auf =Erkenntniß überhaupt= beziehen. |217.20| Die Erkenntnißkräfte, die durch diese Vorstellung ins Spiel gesetzt werden, sind hiebei in einem freien Spiele, weil kein bestimmter Begriff sie auf eine besondere Erkenntnißregel einschränkt. Also muß der Gemüthszustand in dieser Vorstellung der eines Gefühls des freien Spiels der Vorstellungskräfte an einer gegebenen Vorstellung zu einem Erkenntnisse überhaupt |217.25| sein. Nun gehören zu einer Vorstellung, wodurch ein Gegenstand gegeben wird, damit überhaupt daraus Erkenntniß werde, =Einbildungskraft= für die Zusammensetzung des Mannigfaltigen der Anschauung und =Verstand= für die Einheit des Begriffs, der die Vorstellungen vereinigt. Dieser Zustand eines =freien Spiels= der Erkenntnißvermögen bei einer |217.30| Vorstellung, wodurch ein Gegenstand gegeben wird, muß sich allgemein mittheilen lassen: weil Erkenntniß als Bestimmung des Objects, womit gegebene Vorstellungen (in welchem Subjecte es auch sei) zusammen stimmen #29# sollen, die einzige Vorstellungsart ist, die für jedermann gilt. Die subjective allgemeine Mittheilbarkeit der Vorstellungsart in |217.35| einem Geschmacksurtheile, da sie, ohne einen bestimmten Begriff vorauszusetzen, Statt finden soll, kann nichts anders als der Gemüthszustand in dem freien Spiele der Einbildungskraft und des Verstandes (sofern sie unter einander, wie es zu einem =Erkenntnisse überhaupt= erforderlich ist, zusammen stimmen) sein, indem wir uns bewußt sind, daß dieses zum Erkenntniß überhaupt schickliche subjective Verhältniß eben so wohl für jedermann gelten und folglich allgemein mittheilbar sein müsse, als es eine jede |218.5| bestimmte Erkenntniß ist, die doch immer auf jenem Verhältniß als subjectiver Bedingung beruht. Diese bloß subjective (ästhetische) Beurtheilung des Gegenstandes, oder der Vorstellung, wodurch er gegeben wird, geht nun vor der Lust an demselben vorher und ist der Grund dieser Lust an der Harmonie der Erkenntnißvermögen; |218.10| auf jener Allgemeinheit aber der subjectiven Bedingungen der Beurtheilung der Gegenstände gründet sich allein diese allgemeine subjective Gültigkeit des Wohlgefallens, welches wir mit der Vorstellung des Gegenstandes, den wir schön nennen, verbinden. Daß, seinen Gemüthszustand, selbst auch nur in Ansehung der Erkenntnißvermögen, |218.15| mittheilen zu können, eine Lust bei sich führe, könnte man aus dem natürlichen Hange des Menschen zur Geselligkeit (empirisch #30# und psychologisch) leichtlich darthun. Das ist aber zu unserer Absicht nicht genug. Die Lust, die wir fühlen, muthen wir jedem andern im Geschmacksurtheile als nothwendig zu, gleich als ob es für eine Beschaffenheit des |218.20| Gegenstandes, die an ihm nach Begriffen bestimmt ist, anzusehen wäre, wenn wir etwas schön nennen; da doch Schönheit ohne Beziehung auf das Gefühl des Subjects für sich nichts ist. Die Erörterung dieser Frage aber müssen wir uns bis zur Beantwortung derjenigen: ob und wie ästhetische Urtheile _a priori_ möglich sind, vorbehalten. |218.25| Jetzt beschäftigen wir uns noch mit der mindern Frage: auf welche Art wir uns einer wechselseitigen subjectiven Übereinstimmung der Erkenntnißkräfte unter einander im Geschmacksurtheile bewußt werden, ob ästhetisch durch den bloßen innern Sinn und Empfindung, oder intellectuell durch das Bewußtsein unserer absichtlichen Thätigkeit, womit wir jene |218.30| ins Spiel setzen. Wäre die gegebene Vorstellung, welche das Geschmacksurtheil veranlaßt, ein Begriff, welcher Verstand und Einbildungskraft in der Beurtheilung des Gegenstandes zu einem Erkenntnisse des Objects vereinigte, so wäre das Bewußtsein dieses Verhältnisses intellectuell (wie im objectiven |218.35| Schematism der Urtheilskraft, wovon die Kritik handelt). Aber das Urtheil wäre auch alsdann nicht in Beziehung auf Lust und Unlust gefällt, mithin kein Geschmacksurtheil. Nun bestimmt aber das Geschmacksurtheil #31# unabhängig von Begriffen das Object in Ansehung des Wohlgefallens und des Prädicats der Schönheit. Also kann jene subjective Einheit des Verhältnisses sich nur durch Empfindung kenntlich machen. Die Belebung beider Vermögen (der Einbildungskraft und des Verstandes) zu unbestimmter, |219.5| aber doch vermittelst des Anlasses der gegebenen Vorstellung einhelliger Thätigkeit, derjenigen nämlich, die zu einem Erkenntniß überhaupt gehört, ist die Empfindung, deren allgemeine Mittheilbarkeit das Geschmacksurtheil postulirt. Ein objectives Verhältniß kann zwar nur gedacht, aber, so fern es seinen Bedingungen nach subjectiv ist, doch in der |219.10| Wirkung auf das Gemüth empfunden werden; und bei einem Verhältnisse, welches keinen Begriff zum Grunde legt (wie das der Vorstellungskräfte zu einem Erkenntnißvermögen überhaupt), ist auch kein anderes Bewußtsein desselben, als durch Empfindung der Wirkung, die im erleichterten Spiele beider durch wechselseitige Zusammenstimmung belebten Gemüthskräfte |219.15| (der Einbildungskraft und des Verstandes) besteht, möglich. Eine Vorstellung, die als einzeln und ohne Vergleichung mit andern dennoch eine Zusammenstimmung zu den Bedingungen der Allgemeinheit hat, welche das Geschäft des Verstandes überhaupt ausmacht, bringt die Erkenntnißvermögen in die proportionirte Stimmung, die wir zu allem Erkenntnisse |219.20| fordern und daher auch für jedermann, der durch Verstand und #32# Sinne in Verbindung zu urtheilen bestimmt ist (für jeden Menschen), gültig halten. =Aus dem zweiten Moment gefolgerte Erklärung des Schönen.= =Schön= ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt. |219.25| Drittes Moment der Geschmacksurtheile nach der =Relation= der Zwecke, welche in ihnen in Betrachtung gezogen wird. § 10. Von der Zweckmäßigkeit überhaupt. |219.30| Wenn man, was ein Zweck sei, nach seinen transscendentalen Bestimmungen (ohne etwas Empirisches, dergleichen das Gefühl der Lust ist, vorauszusetzen) erklären will: so ist Zweck der Gegenstand eines Begriffs, sofern dieser als die Ursache von jenem (der reale Grund seiner Möglichkeit) angesehen wird; und die Causalität eines =Begriffs= in Ansehung seines =Objects= ist die Zweckmäßigkeit (_forma finalis_). Wo also nicht etwa bloß die Erkenntniß von einem Gegenstande, sondern der Gegenstand selbst |220.5| (die Form oder Existenz desselben) als Wirkung nur als durch einen Begriff von der letztern möglich gedacht wird, da denkt man sich einen Zweck. Die Vorstellung der Wirkung ist hier der Bestimmungsgrund ihrer Ursache #33# und geht vor der letztern vorher. Das Bewußtsein der Causalität einer Vorstellung in Absicht auf den Zustand des Subjects, es in demselben |220.10| =zu erhalten=, kann hier im Allgemeinen das bezeichnen, was man Lust nennt; wogegen Unlust diejenige Vorstellung ist, die den Zustand der Vorstellungen zu ihrem eigenen Gegentheile zu bestimmen (sie abzuhalten oder wegzuschaffen) den Grund enthält. Das Begehrungsvermögen, sofern es nur durch Begriffe, d. i. der |220.15| Vorstellung eines Zwecks gemäß zu handeln, bestimmbar ist, würde der Wille sein. Zweckmäßig aber heißt ein Object, oder Gemüthszustand, oder eine Handlung auch, wenn gleich ihre Möglichkeit die Vorstellung eines Zwecks nicht nothwendig voraussetzt, bloß darum, weil ihre Möglichkeit von uns nur erklärt und begriffen werden kann, sofern wir eine Causalität |220.20| nach Zwecken, d. i. einen Willen, der sie nach der Vorstellung einer gewissen Regel so angeordnet hätte, zum Grunde derselben annehmen. Die Zweckmäßigkeit kann also ohne Zweck sein, sofern wir die Ursachen dieser Form nicht in einem Willen setzen, aber doch die Erklärung ihrer Möglichkeit nur, indem wir sie von einem Willen ableiten, uns begreiflich machen |220.25| können. Nun haben wir das, was wir beobachten, nicht immer nöthig durch Vernunft (seiner Möglichkeit nach) einzusehen. Also können wir eine Zweckmäßigkeit der Form nach, auch ohne daß wir ihr einen Zweck #34# (als die Materie des _nexus finalis_) zum Grunde legen, wenigstens beobachten und an Gegenständen, wiewohl nicht anders als durch Reflexion |220.30| bemerken. § 11. Das Geschmacksurtheil hat nichts als die FORM DER ZWECKMÄSSIGKEIT eines Gegenstandes (oder der Vorstellungsart desselben) zum Grunde. Aller Zweck, wenn er als Grund des Wohlgefallens angesehen wird, |221.5| führt immer ein Interesse, als Bestimmungsgrund des Urtheils über den Gegenstand der Lust, bei sich. Also kann dem Geschmacksurtheil kein subjectiver Zweck zum Grunde liegen. Aber auch keine Vorstellung eines objectiven Zwecks, d. i. der Möglichkeit des Gegenstandes selbst nach Principien der Zweckverbindung, mithin kein Begriff des Guten kann das Geschmacksurtheil |221.10| bestimmen: weil es ein ästhetisches und kein Erkenntnißurtheil ist, welches also keinen =Begriff= von der Beschaffenheit und innern oder äußern Möglichkeit des Gegenstandes durch diese oder jene Ursache, sondern bloß das Verhältniß der Vorstellungskräfte zu einander, sofern sie durch eine Vorstellung bestimmt werden, betrifft. |221.15| Nun ist dieses Verhältniß in der Bestimmung eines Gegenstandes, #35# als eines schönen, mit dem Gefühle einer Lust verbunden, die durch das Geschmacksurtheil zugleich als für jedermann gültig erklärt wird; folglich kann eben so wenig eine die Vorstellung begleitende Annehmlichkeit als die Vorstellung von der Vollkommenheit des Gegenstandes und der Begriff |221.20| des Guten den Bestimmungsgrund enthalten. Also kann nichts anders als die subjective Zweckmäßigkeit in der Vorstellung eines Gegenstandes ohne allen (weder objectiven noch subjectiven) Zweck, folglich die bloße Form der Zweckmäßigkeit in der Vorstellung, wodurch uns ein Gegenstand =gegeben= wird, sofern wir uns ihrer bewußt sind, das Wohlgefallen, |221.25| welches wir ohne Begriff als allgemein mittheilbar beurtheilen, mithin den Bestimmungsgrund des Geschmacksurtheils ausmachen. § 12. Das Geschmacksurtheil beruht auf Gründen _a priori_. Die Verknüpfung des Gefühls einer Lust oder Unlust als einer Wirkung |221.30| mit irgend einer Vorstellung (Empfindung oder Begriff) als ihrer Ursache _a priori_ auszumachen, ist schlechterdings unmöglich; denn das wäre ein Causalverhältniß, welches (unter Gegenständen der Erfahrung) nur jederzeit _a posteriori_ und vermittelst der Erfahrung selbst erkannt werden #36# kann. Zwar haben wir in der Kritik der praktischen Vernunft wirklich das Gefühl der Achtung (als eine besondere und eigenthümliche Modification dieses Gefühls, welches weder mit der Lust noch Unlust, die wir von empirischen Gegenständen bekommen, recht übereintreffen will) von allgemeinen |222.5| sittlichen Begriffen _a priori_ abgeleitet. Aber wir konnten dort auch die Gränzen der Erfahrung überschreiten und eine Causalität, die auf einer übersinnlichen Beschaffenheit des Subjects beruhte, nämlich die der Freiheit, herbei rufen. Allein selbst da leiteten wir eigentlich nicht dieses =Gefühl= von der Idee des Sittlichen als Ursache her, sondern bloß die Willensbestimmung |222.10| wurde davon abgeleitet. Der Gemüthszustand aber eines irgend wodurch bestimmten Willens ist an sich schon ein Gefühl der Lust und mit ihm identisch, folgt also nicht als Wirkung daraus: welches letztere nur angenommen werden müßte, wenn der Begriff des Sittlichen als eines Guts vor der Willensbestimmung durch das Gesetz vorherginge; da alsdann |222.15| die Lust, die mit dem Begriffe verbunden wäre, aus diesem als einer bloßen Erkenntniß vergeblich würde abgeleitet werden. Nun ist es auf ähnliche Weise mit der Lust im ästhetischen Urtheile bewandt: nur daß sie hier bloß contemplativ, und ohne ein Interesse am Object zu bewirken, im moralischen Urtheil hingegen praktisch ist. Das |222.20| Bewußtsein der bloß formalen Zweckmäßigkeit im Spiele der Erkenntnißkräfte #37# des Subjects bei einer Vorstellung, wodurch ein Gegenstand gegeben wird, ist die Lust selbst, weil es einen Bestimmungsgrund der Thätigkeit des Subjects in Ansehung der Belebung der Erkenntnißkräfte desselben, also eine innere Causalität (welche zweckmäßig ist) in Ansehung der Erkenntniß |222.25| überhaupt, aber ohne auf eine bestimmte Erkenntniß eingeschränkt zu sein, mithin eine bloße Form der subjectiven Zweckmäßigkeit einer Vorstellung, in einem ästhetischen Urtheile enthält. Diese Lust ist auch auf keinerlei Weise praktisch, weder wie die aus dem pathologischen Grunde der Annehmlichkeit, noch die aus dem intellectuellen des vorgestellten |222.30| Guten. Sie hat aber doch Causalität in sich, nämlich den Zustand der Vorstellung selbst und die Beschäftigung der Erkenntnißkräfte ohne weitere Absicht zu =erhalten=. Wir =weilen= bei der Betrachtung des Schönen, weil diese Betrachtung sich selbst stärkt und reproducirt: welches derjenigen Verweilung analogisch (aber doch mit ihr nicht einerlei) ist, da ein Reiz |222.35| in der Vorstellung des Gegenstandes die Aufmerksamkeit wiederholentlich erweckt, wobei das Gemüth passiv ist. § 13. Das reine Geschmacksurtheil ist von Reiz und Rührung unabhängig. Alles Interesse verdirbt das Geschmacksurtheil und nimmt ihm seine Unpartheilichkeit, vornehmlich wenn es nicht so wie das Interesse der Vernunft |223.5| #38# die Zweckmäßigkeit vor dem Gefühle der Lust voranschickt, sondern sie auf dieses gründet; welches letztere allemal im ästhetischen Urtheile über etwas, sofern es vergnügt oder schmerzt, geschieht. Daher Urtheile, die so afficirt sind, auf allgemeingültiges Wohlgefallen entweder gar keinen, oder so viel weniger Anspruch machen können, als sich von der gedachten Art |223.10| Empfindungen unter den Bestimmungsgründen des Geschmacks befinden. Der Geschmack ist jederzeit noch barbarisch, wo er die Beimischung der =Reize= und =Rührungen= zum Wohlgefallen bedarf, ja wohl gar diese zum Maßstabe seines Beifalls macht. Indessen werden Reize doch öfter nicht allein zur Schönheit (die doch |223.15| eigentlich bloß die Form betreffen sollte) als Beitrag zum ästhetischen allgemeinen Wohlgefallen gezählt, sondern sie werden wohl gar an sich selbst für Schönheiten, mithin die Materie des Wohlgefallens für die Form ausgegeben: ein Mißverstand, der sich so wie mancher andere, welcher doch noch immer etwas Wahres zum Grunde hat, durch sorgfältige Bestimmung |223.20| dieser Begriffe heben läßt. Ein Geschmacksurtheil, auf welches Reiz und Rührung keinen Einfluß haben (ob sie sich gleich mit dem Wohlgefallen am Schönen verbinden lassen), welches also bloß die Zweckmäßigkeit der Form zum Bestimmungsgrunde hat, ist ein =reines Geschmacksurtheil=. |223.25| § 14. #39# Erläuterung durch Beispiele. Ästhetische Urtheile können eben sowohl als theoretische (logische) in empirische und reine eingetheilt werden. Die erstern sind die, welche Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit, die zweiten die, welche Schönheit von |223.30| einem Gegenstande, oder von der Vorstellungsart desselben aussagen; jene sind Sinnenurtheile (materiale ästhetische Urtheile), diese (als formale) allein eigentliche Geschmacksurtheile. Ein Geschmacksurtheil ist also nur sofern rein, als kein bloß empirisches Wohlgefallen dem Bestimmungsgrunde desselben beigemischt wird. Dieses aber geschieht allemal, wenn Reiz oder Rührung einen Antheil an dem Urtheile haben, wodurch etwas für schön erklärt werden soll. Nun thun sich wieder manche Einwürfe hervor, die zuletzt den Reiz |224.5| nicht bloß zum nothwendigen Ingrediens der Schönheit, sondern wohl gar als für sich allein hinreichend, um schön genannt zu werden, vorspiegeln. Eine bloße Farbe, z. B. die grüne eines Rasenplatzes, ein bloßer Ton (zum Unterschiede vom Schalle und Geräusch), wie etwa der einer Violine, wird von den Meisten an sich für schön erklärt; obzwar beide |224.10| bloß die Materie der Vorstellungen, nämlich lediglich Empfindung, zum Grunde zu haben scheinen und darum nur angenehm genannt zu werden #40# verdienten. Allein man wird doch zugleich bemerken, daß die Empfindungen der Farbe sowohl als des Tons sich nur sofern für schön zu gelten berechtigt halten, als beide =rein= sind; welches eine Bestimmung ist, die |224.15| schon die Form betrifft, und auch das einzige, was sich von diesen Vorstellungen mit Gewißheit allgemein mittheilen läßt: weil die Qualität der Empfindungen selbst nicht in allen Subjecten als einstimmig und die Annehmlichkeit einer Farbe, vorzüglich vor der andern, oder des Tons eines musikalischen Instruments vor dem eines andern sich schwerlich bei |224.20| jedermann als auf gleiche Art beurtheilt annehmen läßt. Nimmt man mit =Eulern= an, daß die Farben gleichzeitig auf einander folgende Schläge (_pulsus_) des Äthers, so wie Töne der im Schalle erschütterten Luft sind, und, was das Vornehmste ist, das Gemüth nicht bloß durch den Sinn die Wirkung davon auf die Belebung des Organs, |224.25| sondern auch durch die Reflexion das regelmäßige Spiel der Eindrücke (mithin die Form in der Verbindung verschiedener Vorstellungen) wahrnehme (woran ich doch gar nicht zweifle): so würde Farbe und Ton nicht bloße Empfindungen, sondern schon formale Bestimmung der Einheit eines Mannigfaltigen derselben sein und alsdann auch für sich zu Schönheiten |224.30| gezählt werden können. Das Reine aber einer einfachen Empfindungsart bedeutet, daß die Gleichförmigkeit derselben durch keine fremdartige Empfindung gestört #41# und unterbrochen wird, und gehört bloß zur Form: weil man dabei von der Qualität jener Empfindungsart (ob und welche Farbe, oder ob und |224.35| welchen Ton sie vorstelle) abstrahiren kann. Daher werden alle einfache Farben, sofern sie rein sind, für schön gehalten; die gemischten haben diesen Vorzug nicht: eben darum weil, da sie nicht einfach sind, man keinen Maßstab der Beurtheilung hat, ob man sie rein oder unrein nennen solle. Was aber die dem Gegenstande seiner Form wegen beigelegte Schönheit, sofern sie, wie man meint, durch Reiz wohl gar könne erhöht werden, anlangt, so ist dies ein gemeiner und dem ächten, unbestochenen, gründlichen |225.5| Geschmacke sehr nachtheiliger Irrthum; ob sich zwar allerdings neben der Schönheit auch noch Reize hinzufügen lassen, um das Gemüth durch die Vorstellung des Gegenstandes außer dem trockenen Wohlgefallen noch zu interessiren und so dem Geschmacke und dessen Cultur zur Anpreisung zu dienen, vornehmlich wenn er noch roh und ungeübt ist. Aber |225.10| sie thun wirklich dem Geschmacksurtheile Abbruch, wenn sie die Aufmerksamkeit als Beurtheilungsgründe der Schönheit auf sich ziehen. Denn es ist so weit gefehlt, daß sie dazu beitrügen, daß sie vielmehr als Fremdlinge, nur sofern sie jene schöne Form nicht stören, wenn der Geschmack noch schwach und ungeübt ist, mit Nachsicht müssen aufgenommen werden. |225.15| In der Malerei, Bildhauerkunst, ja allen bildenden Künsten, in der #42# Baukunst, Gartenkunst, sofern sie schöne Künste sind, ist die =Zeichnung= das Wesentliche, in welcher nicht, was in der Empfindung vergnügt, sondern bloß was durch seine Form gefällt, den Grund aller Anlage für den Geschmack ausmacht. Die Farben, welche den Abriß illuminiren, gehören |225.20| zum Reiz; den Gegenstand an sich können sie zwar für die Empfindung belebt, aber nicht anschauungswürdig und schön machen: vielmehr werden sie durch das, was die schöne Form erfordert, mehrentheils gar sehr eingeschränkt und selbst da, wo der Reiz zugelassen wird, durch die erstere allein veredelt. |225.25| Alle Form der Gegenstände der Sinne (der äußern sowohl als mittelbar auch des innern) ist entweder =Gestalt=, oder =Spiel=; im letztern Falle entweder Spiel der Gestalten (im Raume die Mimik und der Tanz); oder bloßes Spiel der Empfindungen (in der Zeit). Der =Reiz= der Farben, oder angenehmer Töne des Instruments kann hinzukommen, aber die |225.30| =Zeichnung= in der ersten und die Composition in dem letzten machen den eigentlichen Gegenstand des reinen Geschmacksurtheils aus; und daß die Reinigkeit der Farben sowohl als der Töne, oder auch die Mannigfaltigkeit derselben und ihre Abstechung zur Schönheit beizutragen scheint, will nicht so viel sagen, daß sie darum, weil sie für sich angenehm sind, gleichsam |225.35| einen gleichartigen Zusatz zu dem Wohlgefallen an der Form abgeben, #43# sondern weil sie diese letztere nur genauer, bestimmter und vollständiger anschaulich machen und überdem durch ihren Reiz die Vorstellung beleben, indem sie die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand selbst erwecken und erhalten. Selbst was man =Zierathen= (Parerga) nennt, d. i. dasjenige, was nicht in die ganze Vorstellung des Gegenstandes als Bestandstück innerlich, |226.5| sondern nur äußerlich als Zuthat gehört und das Wohlgefallen des Geschmacks vergrößert, thut dieses doch auch nur durch seine Form: wie Einfassungen der Gemälde, oder Gewänder an Statuen, oder Säulengänge um Prachtgebäude. Besteht aber der Zierath nicht selbst in der schönen Form, ist er wie der goldene Rahmen bloß, um durch seinen Reiz |226.10| das Gemälde dem Beifall zu empfehlen, angebracht: so heißt er alsdann =Schmuck= und thut der ächten Schönheit Abbruch. =Rührung=, eine Empfindung, wo Annehmlichkeit nur vermittelst augenblicklicher Hemmung und darauf erfolgender stärkerer Ergießung der Lebenskraft gewirkt wird, gehört gar nicht zur Schönheit. Erhabenheit |226.15| (mit welcher das Gefühl der Rührung verbunden ist) aber erfordert einen andern Maßstab der Beurtheilung, als der Geschmack sich zum Grunde legt; und so hat ein reines Geschmacksurtheil weder Reiz noch Rührung, mit einem Worte keine Empfindung, als Materie des ästhetischen Urtheils, zum Bestimmungsgrunde. |226.20| § 15. #44# Das Geschmacksurtheil ist von dem Begriffe der Vollkommenheit gänzlich unabhängig. Die =objective= Zweckmäßigkeit kann nur vermittelst der Beziehung des Mannigfaltigen auf einen bestimmten Zweck, also nur durch einen |226.25| Begriff, erkannt werden. Hieraus allein schon erhellt: daß das Schöne, dessen Beurtheilung eine bloß formale Zweckmäßigkeit, d. i. eine Zweckmäßigkeit ohne Zweck, zum Grunde hat, von der Vorstellung des Guten ganz unabhängig sei, weil das letztere eine objective Zweckmäßigkeit, d. i. die Beziehung des Gegenstandes auf einen bestimmten Zweck, voraussetzt. |226.30| Die objective Zweckmäßigkeit ist entweder die äußere, d. i. die =Nützlichkeit=, oder die innere, d. i. die =Vollkommenheit= des Gegenstandes. Daß das Wohlgefallen an einem Gegenstande, weshalb wir ihn schön nennen, nicht auf der Vorstellung seiner Nützlichkeit beruhen könne, ist aus beiden vorigen Hauptstücken hinreichend zu ersehen: weil es alsdann nicht |226.35| ein unmittelbares Wohlgefallen an dem Gegenstande sein würde, welches letztere die wesentliche Bedingung des Urtheils über Schönheit ist. Aber eine objective innere Zweckmäßigkeit, d. i. Vollkommenheit, kommt dem Prädicate der Schönheit schon näher und ist daher auch von namhaften Philosophen, doch mit dem Beisatze, =wenn sie verworren gedacht |227.5| #45# wird=, für einerlei mit der Schönheit gehalten worden. Es ist von der größten Wichtigkeit, in einer Kritik des Geschmacks zu entscheiden, ob sich auch die Schönheit wirklich in den Begriff der Vollkommenheit auflösen lasse. Die objective Zweckmäßigkeit zu beurtheilen, bedürfen wir jederzeit |227.10| den Begriff eines Zwecks und (wenn jene Zweckmäßigkeit nicht eine äußere [Nützlichkeit], sondern eine innere sein soll) den Begriff eines innern Zwecks, der den Grund der innern Möglichkeit des Gegenstandes enthalte. So wie nun Zweck überhaupt dasjenige ist, dessen =Begriff= als der Grund der Möglichkeit des Gegenstandes selbst angesehen werden kann: so wird, |227.15| um sich eine objective Zweckmäßigkeit an einem Dinge vorzustellen, der Begriff von diesem, =was es für ein Ding sein solle=, voran gehen; und die Zusammenstimmung des Mannigfaltigen in demselben zu diesem Begriffe (welcher die Regel der Verbindung desselben an ihm giebt) ist die =qualitative Vollkommenheit= eines Dinges. Hiervon ist die |227.20| =quantitative=, als die Vollständigkeit eines jeden Dinges in seiner Art, gänzlich unterschieden und ein bloßer Größenbegriff (der Allheit), bei welchem, =was das Ding sein solle=, schon zum voraus als bestimmt gedacht und nur, ob =alles= dazu Erforderliche an ihm sei, gefragt wird. Das Formale in der Vorstellung eines Dinges, d. i. die Zusammenstimmung |227.25| des Mannigfaltigen zu Einem (unbestimmt was es sein solle), giebt #46# für sich ganz und gar keine objective Zweckmäßigkeit zu erkennen: weil, da von diesem Einen =als Zweck= (was das Ding sein solle) abstrahirt wird, nichts als die subjective Zweckmäßigkeit der Vorstellungen im Gemüthe des Anschauenden übrig bleibt, welche wohl eine gewisse Zweckmäßigkeit |227.30| des Vorstellungszustandes im Subject und in diesem eine Behaglichkeit desselben eine gegebene Form in die Einbildungskraft aufzufassen, aber keine Vollkommenheit irgend eines Objects, das hier durch keinen Begriff eines Zwecks gedacht wird, angiebt. Wie z. B., wenn ich im Walde einen Rasenplatz antreffe, um welchen die Bäume im Cirkel |227.35| stehen, und ich mir dabei nicht einen Zweck, nämlich daß er etwa zum ländlichen Tanze dienen solle, vorstelle, nicht der mindeste Begriff von Vollkommenheit durch die bloße Form gegeben wird. Eine formale =objective= Zweckmäßigkeit aber ohne Zweck, d. i. die bloße Form einer =Vollkommenheit= (ohne alle Materie und =Begriff= von dem, wozu zusammengestimmt wird, wenn es auch bloß die Idee einer Gesetzmäßigkeit überhaupt wäre), sich vorzustellen, ist ein wahrer Widerspruch. |228.5| Nun ist das Geschmacksurtheil ein ästhetisches Urtheil, d. i. ein solches, was auf subjectiven Gründen beruht, und dessen Bestimmungsgrund kein Begriff, mithin auch nicht der eines bestimmten Zwecks sein kann. Also wird durch die Schönheit, als eine formale subjective Zweckmäßigkeit, keinesweges eine Vollkommenheit des Gegenstandes als vorgeblich |228.10| #47# formale, gleichwohl aber doch objective Zweckmäßigkeit gedacht; und der Unterschied zwischen den Begriffen des Schönen und Guten, als ob beide nur der logischen Form nach unterschieden, der erste bloß ein verworrener, der zweite ein deutlicher Begriff der Vollkommenheit, sonst aber dem Inhalte und Ursprunge nach einerlei wären, ist nichtig: weil alsdann zwischen |228.15| ihnen kein =specifischer= Unterschied, sondern ein Geschmacksurtheil eben so wohl ein Erkenntnißurtheil wäre, als das Urtheil, wodurch etwas für gut erklärt wird; so wie etwa der gemeine Mann, wenn er sagt, daß der Betrug unrecht sei, sein Urtheil auf verworrene, der Philosoph auf deutliche, im Grunde aber beide auf einerlei Vernunft-Principien gründen. |228.20| Ich habe aber schon angeführt, daß ein ästhetisches Urtheil einzig in seiner Art sei und schlechterdings kein Erkenntniß (auch nicht ein verworrenes) vom Object gebe: welches letztere nur durch ein logisches Urtheil geschieht; da jenes hingegen die Vorstellung, wodurch ein Object gegeben wird, lediglich auf das Subject bezieht und keine Beschaffenheit des Gegenstandes, |228.25| sondern nur die zweckmäßige Form in der Bestimmung der Vorstellungskräfte, die sich mit jenem beschäftigen, zu bemerken giebt. Das Urtheil heißt auch eben darum ästhetisch, weil der Bestimmungsgrund desselben kein Begriff, sondern das Gefühl (des innern Sinnes) jener Einhelligkeit im Spiele der Gemüthskräfte ist, sofern sie nur empfunden |228.30| werden kann. Dagegen wenn man verworrene Begriffe und das objective #48# Urtheil, das sie zum Grunde hat, wollte ästhetisch nennen, man einen Verstand haben würde, der sinnlich urtheilt, oder einen Sinn, der durch Begriffe seine Objecte vorstellte, welches beides sich widerspricht. Das Vermögen der Begriffe, sie mögen verworren oder deutlich sein, ist der |228.35| Verstand; und obgleich zum Geschmacksurtheil, als ästhetischem Urtheile, auch (wie zu allen Urtheilen) Verstand gehört, so gehört er zu demselben doch nicht als Vermögen der Erkenntniß eines Gegenstandes, sondern als Vermögen der Bestimmung des Urtheils und seiner Vorstellung (ohne Begriff) nach dem Verhältniß derselben auf das Subject und dessen inneres Gefühl, und zwar sofern dieses Urtheil nach einer allgemeinen Regel möglich ist. |229.5| § 16. Das Geschmacksurtheil, wodurch ein Gegenstand unter der Bedingung eines bestimmten Begriffs für schön erklärt wird, ist nicht rein. Es giebt zweierlei Arten von Schönheit: freie Schönheit (_pulchritudo |229.10| vaga_), oder die bloß anhängende Schönheit (_pulchritudo adhaerens_). Die erstere setzt keinen Begriff von dem voraus, was der Gegenstand sein soll; die zweite setzt einen solchen und die Vollkommenheit des Gegenstandes nach demselben voraus. Die Arten der erstern heißen (für sich bestehende) Schönheiten dieses oder jenes Dinges; die andere wird, als einem Begriffe |229.15| #49# anhängend (bedingte Schönheit), Objecten, die unter dem Begriffe eines besondern Zwecks stehen, beigelegt. Blumen sind freie Naturschönheiten. Was eine Blume für ein Ding sein soll, weiß außer dem Botaniker schwerlich sonst jemand; und selbst dieser, der daran das Befruchtungsorgan der Pflanze erkennt, nimmt, wenn |229.20| er darüber durch Geschmack urtheilt, auf diesen Naturzweck keine Rücksicht. Es wird also keine Vollkommenheit von irgend einer Art, keine innere Zweckmäßigkeit, auf welche sich die Zusammensetzung des Mannigfaltigen beziehe, diesem Urtheile zum Grunde gelegt. Viele Vögel (der Papagei, der Colibrit, der Paradiesvogel), eine Menge Schalthiere des Meeres sind |229.25| für sich Schönheiten, die gar keinem nach Begriffen in Ansehung seines Zwecks bestimmten Gegenstande zukommen, sondern frei und für sich gefallen. So bedeuten die Zeichnungen _à la grecque_, das Laubwerk zu Einfassungen oder auf Papiertapeten u. s. w. für sich nichts: sie stellen nichts vor, kein Object unter einem bestimmten Begriffe, und sind freie Schönheiten. |229.30| Man kann auch das, was man in der Musik Phantasieen (ohne Thema) nennt, ja die ganze Musik ohne Text zu derselben Art zählen. In der Beurtheilung einer freien Schönheit (der bloßen Form nach) ist das Geschmacksurtheil rein. Es ist kein Begriff von irgend einem Zwecke, wozu das Mannigfaltige dem gegebenen Objecte dienen und was |229.35| dieses also vorstellen solle, vorausgesetzt, wodurch die Freiheit der Einbildungskraft, #50# die in Beobachtung der Gestalt gleichsam spielt, nur eingeschränkt werden würde. Allein die Schönheit eines Menschen (und unter dieser Art die eines Mannes oder Weibes oder Kindes), die Schönheit eines Pferdes, eines |230.5| Gebäudes (als Kirche, Palast, Arsenal oder Gartenhaus) setzt einen Begriff vom Zwecke voraus, welcher bestimmt, was das Ding sein soll, mithin einen Begriff seiner Vollkommenheit, und ist also bloß adhärirende Schönheit. So wie nun die Verbindung des Angenehmen (der Empfindung) mit der Schönheit, die eigentlich nur die Form betrifft, die Reinigkeit |230.10| des Geschmacksurtheils verhinderte: so thut die Verbindung des Guten (wozu nämlich das Mannigfaltige dem Dinge selbst nach seinem Zwecke gut ist) mit der Schönheit der Reinigkeit desselben Abbruch. Man würde vieles unmittelbar in der Anschauung Gefallende an einem Gebäude anbringen können, wenn es nur nicht eine Kirche sein sollte; |230.15| eine Gestalt mit allerlei Schnörkeln und leichten, doch regelmäßigen Zügen, wie die Neuseeländer mit ihrem Tettowiren thun, verschönern können, wenn es nur nicht ein Mensch wäre; und dieser könnte viel feinere Züge und einen gefälligeren, sanftern Umriß der Gesichtsbildung haben, wenn er nur nicht einen Mann, oder gar einen kriegerischen vorstellen sollte. |230.20| Nun ist das Wohlgefallen an dem Mannigfaltigen in einem Dinge #51# in Beziehung auf den innern Zweck, der seine Möglichkeit bestimmt, ein auf einem Begriffe gegründetes Wohlgefallen; das an der Schönheit aber ist ein solches, welches keinen Begriff voraussetzt, sondern mit der Vorstellung, wodurch der Gegenstand gegeben (nicht wodurch er gedacht) wird, |230.25| unmittelbar verbunden ist. Wenn nun das Geschmacksurtheil in Ansehung des letzteren vom Zwecke in dem ersteren, als Vernunfturtheile abhängig gemacht und dadurch eingeschränkt wird, so ist jenes nicht mehr ein freies und reines Geschmacksurtheil. Zwar gewinnt der Geschmack durch diese Verbindung des ästhetischen |230.30| Wohlgefallens mit dem intellectuellen darin, daß er fixirt wird und zwar nicht allgemein ist, ihm aber doch in Ansehung gewisser zweckmäßig bestimmten Objecte Regeln vorgeschrieben werden können. Diese sind aber alsdann auch keine Regeln des Geschmacks, sondern bloß der Vereinbarung des Geschmacks mit der Vernunft, d. i. des Schönen mit dem Guten, durch |230.35| welche jenes zum Instrument der Absicht in Ansehung des letztern brauchbar wird, um diejenige Gemüthsstimmung, die sich selbst erhält und von subjectiver allgemeiner Gültigkeit ist, derjenigen Denkungsart unterzulegen, die nur durch mühsamen Vorsatz erhalten werden kann, aber objectiv allgemein gültig ist. Eigentlich aber gewinnt weder die Vollkommenheit durch die Schönheit, noch die Schönheit durch die Vollkommenheit; #52# sondern weil es nicht vermieden werden kann, wenn wir die Vorstellung, |231.5| wodurch uns ein Gegenstand gegeben wird, mit dem Objecte (in Ansehung dessen, was es sein soll) durch einen Begriff vergleichen, sie zugleich mit der Empfindung im Subjecte zusammen zu halten, so gewinnt das =gesammte Vermögen= der Vorstellungskraft, wenn beide Gemüthszustände zusammen stimmen. |231.10| Ein Geschmacksurtheil würde in Ansehung eines Gegenstandes von bestimmtem innern Zwecke nur alsdann rein sein, wenn der Urtheilende entweder von diesem Zwecke keinen Begriff hätte, oder in seinem Urtheile davon abstrahirte. Aber alsdann würde dieser, ob er gleich ein richtiges Geschmacksurtheil fällte, indem er den Gegenstand als freie Schönheit beurtheilte, |231.15| dennoch von dem andern, welcher die Schönheit an ihm nur als anhängende Beschaffenheit betrachtet (auf den Zweck des Gegenstandes sieht), getadelt und eines falschen Geschmacks beschuldigt werden, obgleich beide in ihrer Art richtig urtheilen: der eine nach dem, was er vor den Sinnen, der andere nach dem, was er in Gedanken hat. Durch diese Unterscheidung |231.20| kann man manchen Zwist der Geschmacksrichter über Schönheit beilegen, indem man ihnen zeigt, daß der eine sich an die freie, der andere an die anhängende Schönheit halte, der erstere ein reines, der zweite ein angewandtes Geschmacksurtheil fälle. § 17. |231.25| #53# Vom Ideale der Schönheit. Es kann keine objective Geschmacksregel, welche durch Begriffe bestimmte, was schön sei, geben. Denn alles Urtheil aus dieser Quelle ist ästhetisch; d. i. das Gefühl des Subjects und kein Begriff eines Objects ist sein Bestimmungsgrund. Ein Princip des Geschmacks, welches das allgemeine |231.30| Kriterium des Schönen durch bestimmte Begriffe angäbe, zu suchen, ist eine fruchtlose Bemühung, weil, was gesucht wird, unmöglich und an sich selbst widersprechend ist. Die allgemeine Mittheilbarkeit der Empfindung (des Wohlgefallens oder Mißfallens) und zwar eine solche, die ohne Begriff Statt findet, die Einhelligkeit, so viel möglich, aller Zeiten und |231.35| Völker in Ansehung dieses Gefühls in der Vorstellung gewisser Gegenstände: ist das empirische, wiewohl schwache und kaum zur Vermuthung zureichende Kriterium der Abstammung eines so durch Beispiele bewährten Geschmacks von dem tief verborgenen, allen Menschen gemeinschaftlichen Grunde der Einhelligkeit in Beurtheilung der Formen, unter denen ihnen |232.5| Gegenstände gegeben werden. Daher sieht man einige Producte des Geschmacks als =exemplarisch= an: nicht als ob Geschmack könne erworben werden, indem er anderen nachahmt. Denn der Geschmack muß ein selbst eigenes Vermögen sein; wer aber ein Muster nachahmt, zeigt, sofern als er es trifft, zwar Geschicklichkeit, |232.10| #54# aber nur Geschmack, sofern er dieses Muster selbst beurtheilen kann.[7] Hieraus folgt aber, daß das höchste Muster, das Urbild des Geschmacks, eine bloße Idee sei, die jeder in sich selbst hervorbringen muß, und wonach er alles, was Object des Geschmacks, was Beispiel der Beurtheilung durch Geschmack sei, und selbst den Geschmack von jedermann beurtheilen |232.15| muß. =Idee= bedeutet eigentlich einen Vernunftbegriff und =Ideal= die Vorstellung eines einzelnen als einer Idee adäquaten Wesens. Daher kann jenes Urbild des Geschmacks, welches freilich auf der unbestimmten Idee der Vernunft von einem Maximum beruht, aber doch nicht durch Begriffe, sondern nur in einzelner Darstellung kann vorgestellt werden, besser |232.20| das Ideal des Schönen genannt werden, dergleichen wir, wenn wir gleich nicht im Besitze desselben sind, doch in uns hervorzubringen streben. Es wird aber bloß ein Ideal der Einbildungskraft sein, eben darum weil es nicht auf Begriffen, sondern auf der Darstellung beruht; das Vermögen #55# der Darstellung aber ist die Einbildungskraft. — Wie gelangen wir nun |232.25| zu einem solchen Ideale der Schönheit? _A priori_ oder empirisch? Imgleichen: welche Gattung des Schönen ist eines Ideals fähig? [7] Muster des Geschmacks in Ansehung der redenden Künste müssen in einer todten und gelehrten Sprache abgefaßt sein: das erste, um nicht die Veränderung erdulden zu müssen, welche die lebenden unvermeidlicher Weise trifft, daß edle Ausdrücke platt, gewöhnliche veraltet und neugeschaffene in einen nur kurz daurenden Umlauf |232.35| gebracht werden; das zweite, damit sie eine Grammatik habe, welche keinem muthwilligen Wechsel der Mode unterworfen sei, sondern ihre unveränderliche Regel hat. Zuerst ist wohl zu bemerken, daß die Schönheit, zu welcher ein Ideal gesucht werden soll, keine =vage=, sondern durch einen Begriff von objectiver Zweckmäßigkeit =fixirte= Schönheit sein, folglich keinem Objecte eines ganz |232.30| reinen, sondern dem eines zum Theil intellectuirten Geschmacksurtheils angehören müsse. D. i. in welcher Art von Gründen der Beurtheilung ein Ideal Statt finden soll, da muß irgend eine Idee der Vernunft nach bestimmten Begriffen zum Grunde liegen, die _a priori_ den Zweck bestimmt, worauf die innere Möglichkeit des Gegenstandes beruht. Ein Ideal schöner Blumen, eines schönen Ameublements, einer schönen Aussicht läßt sich nicht |233.5| denken. Aber auch von einer bestimmten Zwecken anhängenden Schönheit, z. B. einem schönen Wohnhause, einem schönen Baume, schönen Garten u. s. w., läßt sich kein Ideal vorstellen; vermuthlich weil die Zwecke durch ihren Begriff nicht genug bestimmt und fixirt sind, folglich die Zweckmäßigkeit beinahe so frei ist, als bei der =vagen= Schönheit. Nur das, was |233.10| den Zweck seiner Existenz in sich selbst hat, der =Mensch=, der sich durch Vernunft seine Zwecke selbst bestimmen, oder, wo er sie von der äußern Wahrnehmung hernehmen muß, doch mit wesentlichen und allgemeinen Zwecken zusammenhalten und die Zusammenstimmung mit jenen alsdann #56# auch ästhetisch beurtheilen kann: dieser =Mensch= ist also eines Ideals der |233.15| =Schönheit=, so wie die Menschheit in seiner Person, als Intelligenz, des Ideals der =Vollkommenheit= unter allen Gegenständen in der Welt allein fähig. Hiezu gehören aber zwei Stücke: =erstlich= die ästhetische =Normalidee=, welche eine einzelne Anschauung (der Einbildungskraft) ist, die das |233.20| Richtmaß seiner Beurtheilung, als eines zu einer besonderen Thierspecies gehörigen Dinges, vorstellt; =zweitens= die =Vernunftidee=, welche die Zwecke der Menschheit, sofern sie nicht sinnlich vorgestellt werden können, zum Princip der Beurtheilung seiner Gestalt macht, durch welche als ihre Wirkung in der Erscheinung sich jene offenbaren. Die Normalidee muß |233.25| ihre Elemente zur Gestalt eines Thiers von besonderer Gattung aus der Erfahrung nehmen; aber die größte Zweckmäßigkeit in der Construction der Gestalt, die zum allgemeinen Richtmaß der ästhetischen Beurtheilung jedes Einzelnen dieser Species tauglich wäre, das Bild, was gleichsam absichtlich der Technik der Natur zum Grunde gelegen hat, dem nur die |233.30| Gattung im Ganzen, aber kein Einzelnes abgesondert adäquat ist, liegt doch bloß in der Idee des Beurtheilenden, welche aber mit ihren Proportionen als ästhetische Idee in einem Musterbilde völlig _in concreto_ dargestellt werden kann. Um, wie dieses zugehe, einigermaßen begreiflich zu #57# machen (denn wer kann der Natur ihr Geheimniß gänzlich ablocken?), |233.35| wollen wir eine psychologische Erklärung versuchen. Es ist anzumerken: daß auf eine uns gänzlich unbegreifliche Art die Einbildungskraft nicht allein die Zeichen für Begriffe gelegentlich, selbst von langer Zeit her, zurückzurufen; sondern auch das Bild und die Gestalt des Gegenstandes aus einer unaussprechlichen Zahl von Gegenständen verschiedener Arten oder auch einer und derselben Art zu reproduciren; ja auch, wenn das Gemüth es auf Vergleichungen anlegt, allem Vermuthen |234.5| nach wirklich, wenn gleich nicht hinreichend zum Bewußtsein, ein Bild gleichsam auf das andere fallen zu lassen und durch die Congruenz der mehrern von derselben Art ein Mittleres herauszubekommen wisse, welches allen zum gemeinschaftlichen Maße dient. Jemand hat tausend erwachsene Mannspersonen gesehen. Will er nun über die vergleichungsweise zu |234.10| schätzende Normalgröße urtheilen, so läßt (meiner Meinung nach) die Einbildungskraft eine große Zahl der Bilder (vielleicht alle jene tausend) auf einander fallen; und wenn es mir erlaubt ist, hiebei die Analogie der optischen Darstellung anzuwenden, in dem Raum, wo die meisten sich vereinigen, und innerhalb dem Umrisse, wo der Platz mit der am stärksten |234.15| aufgetragenen Farbe illuminirt ist, da wird die =mittlere Größe= kenntlich, die sowohl der Höhe als Breite nach von den äußersten Gränzen der größten und kleinsten Staturen gleich weit entfernt ist; und dies ist die #58# Statur für einen schönen Mann. (Man könnte ebendasselbe mechanisch heraus bekommen, wenn man alle tausend mäße, ihre Höhen unter sich |234.20| und Breiten (und Dicken) für sich zusammen addirte und die Summe durch tausend dividirte. Allein die Einbildungskraft thut eben dieses durch einen dynamischen Effect, der aus der vielfältigen Auffassung solcher Gestalten auf das Organ des innern Sinnes entspringt.) Wenn nun auf ähnliche Art für diesen mittlern Mann der mittlere Kopf, für diesen die |234.25| mittlere Nase u. s. w. gesucht wird, so liegt diese Gestalt der Normalidee des schönen Mannes in dem Lande, wo diese Vergleichung angestellt wird, zum Grunde; daher ein Neger nothwendig unter diesen empirischen Bedingungen eine andere Normalidee der Schönheit der Gestalt haben muß, als ein Weißer, der Chinese eine andere, als der Europäer. Mit dem |234.30| =Muster= eines schönen Pferdes oder Hundes (von gewisser Race) würde es eben so gehen. — Diese =Normalidee= ist nicht aus von der Erfahrung hergenommenen Proportionen, =als bestimmten Regeln,= abgeleitet; sondern nach ihr werden allererst Regeln der Beurtheilung möglich. Sie ist das zwischen allen einzelnen, auf mancherlei Weise verschiedenen Anschauungen |234.35| der Individuen schwebende Bild für die ganze Gattung, welches die Natur zum Urbilde ihren Erzeugungen in derselben Species unterlegte, aber in keinem Einzelnen völlig erreicht zu haben scheint. Sie ist keinesweges #59# das ganze =Urbild= der =Schönheit= in dieser Gattung, sondern nur die Form, welche die unnachlaßliche Bedingung aller Schönheit ausmacht, mithin bloß die =Richtigkeit= in Darstellung der Gattung. Sie ist, wie man =Polyklets= berühmten =Doryphorus= nannte, die =Regel= (eben dazu |235.5| konnte auch =Myrons= Kuh in ihrer Gattung gebraucht werden). Sie kann eben darum auch nichts Specifisch-Charakteristisches enthalten; denn sonst wäre sie nicht =Normalidee= für die Gattung. Ihre Darstellung gefällt auch nicht durch Schönheit, sondern bloß weil sie keiner Bedingung, unter welcher allein ein Ding dieser Gattung schön sein kann, widerspricht. Die |235.10| Darstellung ist bloß schulgerecht.[8] [8] Man wird finden, daß ein vollkommen regelmäßiges Gesicht, welches der Maler ihm zum Modell zu sitzen bitten möchte, gemeiniglich nichts sagt: weil es nichts Charakteristisches enthält, also mehr die Idee der Gattung, als das Specifische einer Person ausdrückt. Das Charakteristische von dieser Art, was übertrieben ist, d. i. welches der Normalidee (der Zweckmäßigkeit der Gattung) selbst Abbruch thut, |235.30| heißt =Caricatur=. Auch zeigt die Erfahrung, daß jene ganz regelmäßigen Gesichter im Innern gemeiniglich auch nur einen mittelmäßigen Menschen verrathen; vermuthlich (wenn angenommen werden darf, daß die Natur im Äußeren die Proportionen des Inneren ausdrücke) deswegen: weil, wenn keine von den Gemüthsanlagen über diejenige Proportion hervorstechend ist, die erfordert wird, bloß einen fehlerfreien Menschen |235.35| auszumachen, nichts von dem, was man =Genie= nennt, erwartet werden darf, in welchem die Natur von ihren gewöhnlichen Verhältnissen der Gemüthskräfte zum Vortheil einer einzigen abzugehen scheint. Von der =Normalidee= des Schönen ist doch noch das =Ideal= desselben unterschieden, welches man lediglich an der =menschlichen Gestalt= aus schon angeführten Gründen erwarten darf. An dieser nun besteht das Ideal in dem Ausdrucke des =Sittlichen=, ohne welches der Gegenstand |235.15| #60# nicht allgemein und dazu positiv (nicht bloß negativ in einer schulgerechten Darstellung) gefallen würde. Der sichtbare Ausdruck sittlicher Ideen, die den Menschen innerlich beherrschen, kann zwar nur aus der Erfahrung genommen werden; aber ihre Verbindung mit allem dem, was unsere Vernunft mit dem Sittlich-Guten in der Idee der höchsten Zweckmäßigkeit |235.20| verknüpft, die Seelengüte, oder Reinigkeit, oder Stärke oder Ruhe u. s. w. in körperlicher Äußerung (als Wirkung des Innern) gleichsam sichtbar zu machen: dazu gehören reine Ideen der Vernunft und große Macht der Einbildungskraft in demjenigen vereinigt, welcher sie nur beurtheilen, vielmehr noch wer sie darstellen will. Die Richtigkeit eines solchen Ideals |235.25| der Schönheit beweiset sich darin: daß es keinem Sinnenreiz sich in das Wohlgefallen an seinem Objecte zu mischen erlaubt und dennoch ein großes Interesse daran nehmen läßt; welches dann beweiset, daß die Beurtheilung nach einem solchen Maßstabe niemals rein ästhetisch sein könne, und die Beurtheilung nach einem Ideale der Schönheit kein bloßes Urtheil des |236.5| #61# Geschmacks sei. =Aus diesem dritten Momente geschlossene Erklärung des Schönen.= =Schönheit= ist Form der =Zweckmäßigkeit= eines Gegenstandes, sofern sie =ohne Vorstellung eines Zwecks= an ihm wahrgenommen |236.10| wird.[9] [9] Man könnte wider diese Erklärung als Instanz anführen: daß es Dinge giebt, an denen man eine zweckmäßige Form sieht, ohne an ihnen einen Zweck zu erkennen; z. B. die öfter aus alten Grabhügeln gezogenen, mit einem Loche als zu einem Hefte |236.25| versehenen steinernen Geräthe, die, ob sie zwar in ihrer Gestalt eine Zweckmäßigkeit deutlich verrathen, für die man den Zweck nicht kennt, darum gleichwohl nicht für schön erklärt werden. Allein, daß man sie für ein Kunstwerk ansieht, ist schon genug, um gestehen zu müssen, daß man ihre Figur auf irgend eine Absicht und einen bestimmten Zweck bezieht. Daher auch gar kein unmittelbares Wohlgefallen an ihrer Anschauung. |236.30| Eine Blume hingegen, z. B. eine Tulpe, wird für schön gehalten, weil eine gewisse Zweckmäßigkeit, die so, wie wir sie beurtheilen, auf gar keinen Zweck bezogen wird, in ihrer Wahrnehmung angetroffen wird. =Viertes Moment= #62# des Geschmacksurtheils nach der Modalität des Wohlgefallens an dem Gegenstande. § 18. |236.15| Was die Modalität eines Geschmacksurtheils sei. Von einer jeden Vorstellung kann ich sagen: wenigstens es sei =möglich=, daß sie (als Erkenntniß) mit einer Lust verbunden sei. Von dem, was ich =angenehm= nenne, sage ich, daß es in mir =wirklich= Lust bewirke. Vom =Schönen= aber denkt man sich, daß es eine nothwendige Beziehung |236.20| auf das Wohlgefallen habe. Diese Nothwendigkeit nun ist von besonderer Art: nicht eine theoretische objective Nothwendigkeit, wo _a priori_ erkannt werden kann, daß jedermann dieses Wohlgefallen an dem von mir schön genannten Gegenstande =fühlen werde=; auch nicht eine praktische, wo durch Begriffe eines reinen Vernunftwillens, welcher freihandelnden Wesen zur Regel dient, dieses Wohlgefallen die nothwendige Folge eines objectiven Gesetzes ist und nichts anders bedeutet, als daß man schlechterdings |237.5| (ohne weitere Absicht) auf gewisse Art handeln solle. Sondern sie kann als Nothwendigkeit, die in einem ästhetischen Urtheile gedacht wird, nur =exemplarisch= genannt werden, d. i. eine Nothwendigkeit der Beistimmung =aller= zu einem Urtheil, was als Beispiel einer allgemeinen #63# Regel, die man nicht angeben kann, angesehen wird. Da ein ästhetisches |237.10| Urtheil kein objectives und Erkenntnißurtheil ist, so kann diese Nothwendigkeit nicht aus bestimmten Begriffen abgeleitet werden und ist also nicht apodiktisch. Viel weniger kann sie aus der Allgemeinheit der Erfahrung (von einer durchgängigen Einhelligkeit der Urtheile über die Schönheit eines gewissen Gegenstandes) geschlossen werden. Denn nicht allein daß |237.15| die Erfahrung hiezu schwerlich hinreichend viele Beläge schaffen würde, so läßt sich auf empirische Urtheile kein Begriff der Nothwendigkeit dieser Urtheile gründen. § 19. Die subjective Nothwendigkeit, die wir dem Geschmacksurtheile |237.20| beilegen, ist bedingt. Das Geschmacksurtheil sinnt jedermann Beistimmung an; und wer etwas für schön erklärt, will, daß jedermann dem vorliegenden Gegenstande Beifall geben und ihn gleichfalls für schön erklären =solle=. Das =Sollen= im ästhetischen Urtheile wird also selbst nach allen Datis, die zur |237.25| Beurtheilung erfordert werden, doch nur bedingt ausgesprochen. Man wirbt um jedes andern Beistimmung, weil man dazu einen Grund hat, der allen gemein ist; auf welche Beistimmung man auch rechnen könnte, wenn man nur immer sicher wäre, daß der Fall unter jenem Grunde als #64# Regel des Beifalls richtig subsumirt wäre. |237.30| § 20. Die Bedingung der Nothwendigkeit, die ein Geschmacksurtheil vorgiebt, ist die Idee eines Gemeinsinnes. Wenn Geschmacksurtheile (gleich den Erkenntnißurtheilen) ein bestimmtes objectives Princip hätten, so würde der, welcher sie nach dem |237.35| letztern fällt, auf unbedingte Nothwendigkeit seines Urtheils Anspruch machen. Wären sie ohne alles Princip, wie die des bloßen Sinnengeschmacks, so würde man sich gar keine Nothwendigkeit derselben in die Gedanken kommen lassen. Also müssen sie ein subjectives Princip haben, welches nur durch Gefühl und nicht durch Begriffe, doch aber allgemeingültig |238.5| bestimme, was gefalle oder mißfalle. Ein solches Princip aber könnte nur als ein =Gemeinsinn= angesehen werden, welcher vom gemeinen Verstande, den man bisweilen auch Gemeinsinn (_sensus communis_) nennt, wesentlich unterschieden ist: indem letzterer nicht nach Gefühl, sondern jederzeit nach Begriffen, wiewohl gemeiniglich nur als nach dunkel |238.10| vorgestellten Principien, urtheilt. Also nur unter der Voraussetzung, daß es einen Gemeinsinn gebe (wodurch wir aber keinen äußern Sinn, sondern die Wirkung aus dem freien Spiel unserer Erkenntnißkräfte verstehen), nur unter Voraussetzung, #65# sage ich, eines solchen Gemeinsinns kann das Geschmacksurtheil gefällt |238.15| werden. § 21. Ob man mit Grunde einen Gemeinsinn voraussetzen könne. Erkenntnisse und Urtheile müssen sich sammt der Überzeugung, die sie begleitet, allgemein mittheilen lassen; denn sonst käme ihnen keine Übereinstimmung |238.20| mit dem Object zu: sie wären insgesammt ein bloß subjectives Spiel der Vorstellungskräfte, gerade so wie es der Skepticism verlangt. Sollen sich aber Erkenntnisse mittheilen lassen, so muß sich auch der Gemüthszustand, d. i. die Stimmung der Erkenntnißkräfte zu einer Erkenntniß überhaupt, und zwar diejenige Proportion, welche sich für |238.25| eine Vorstellung (wodurch uns ein Gegenstand gegeben wird) gebührt, um daraus Erkenntniß zu machen, allgemein mittheilen lassen: weil ohne diese als subjective Bedingung des Erkennens das Erkenntniß als Wirkung nicht entspringen könnte. Dieses geschieht auch wirklich jederzeit, wenn ein gegebener Gegenstand vermittelst der Sinne die Einbildungskraft zur |238.30| Zusammensetzung des Mannigfaltigen, diese aber den Verstand zur Einheit desselben in Begriffen in Thätigkeit bringt. Aber diese Stimmung der Erkenntnißkräfte hat nach Verschiedenheit der Objecte, die gegeben werden, eine verschiedene Proportion. Gleichwohl aber muß es eine geben, #66# in welcher dieses innere Verhältniß zur Belebung (einer durch die andere) |238.35| die zuträglichste für beide Gemüthskräfte in Absicht auf Erkenntniß (gegebener Gegenstände) überhaupt ist; und diese Stimmung kann nicht anders als durch das Gefühl (nicht nach Begriffen) bestimmt werden. Da sich nun diese Stimmung selbst muß allgemein mittheilen lassen, mithin auch das Gefühl derselben (bei einer gegebenen Vorstellung); die allgemeine Mittheilbarkeit eines Gefühls aber einen Gemeinsinn voraussetzt: |239.5| so wird dieser mit Grunde angenommen werden können, und zwar ohne sich desfalls auf psychologische Beobachtungen zu fußen, sondern als die nothwendige Bedingung der allgemeinen Mittheilbarkeit unserer Erkenntniß, welche in jeder Logik und jedem Princip der Erkenntnisse, das nicht skeptisch ist, vorausgesetzt werden muß. |239.10| § 22. Die Nothwendigkeit der allgemeinen Beistimmung, die in einem Geschmacksurtheil gedacht wird, ist eine subjective Nothwendigkeit, die unter der Voraussetzung eines Gemeinsinns als objectiv vorgestellt wird. |239.15| In allen Urtheilen, wodurch wir etwas für schön erklären, verstatten wir keinem anderer Meinung zu sein; ohne gleichwohl unser Urtheil auf #67# Begriffe, sondern nur auf unser Gefühl zu gründen: welches wir also nicht als Privatgefühl, sondern als ein gemeinschaftliches zum Grunde legen. Nun kann dieser Gemeinsinn zu diesem Behuf nicht auf der Erfahrung |239.20| gegründet werden; denn er will zu Urtheilen berechtigen, die ein Sollen enthalten: er sagt nicht, daß jedermann mit unserm Urtheile übereinstimmen =werde=, sondern damit zusammenstimmen =solle=. Also ist der Gemeinsinn, von dessen Urtheil ich mein Geschmacksurtheil hier als ein Beispiel angebe und weswegen ich ihm =exemplarische= Gültigkeit beilege, |239.25| eine bloße idealische Norm, unter deren Voraussetzung man ein Urtheil, welches mit ihr zusammenstimmte, und das in demselben ausgedrückte Wohlgefallen an einem Object für jedermann mit Recht zur Regel machen könnte: weil das Princip, zwar nur subjectiv, dennoch aber, für subjectiv-allgemein (eine jedermann nothwendige Idee) angenommen, was |239.30| die Einhelligkeit verschiedener Urtheilenden betrifft, gleich einem objectiven allgemeine Beistimmung fordern könnte; wenn man nur sicher wäre, darunter richtig subsumirt zu haben. Diese unbestimmte Norm eines Gemeinsinns wird von uns wirklich vorausgesetzt: das beweiset unsere Anmaßung Geschmacksurtheile zu fällen. |239.35| Ob es in der That einen solchen Gemeinsinn als constitutives Princip der Möglichkeit der Erfahrung gebe, oder ein noch höheres Princip der Vernunft es uns nur zum regulativen Princip mache, allererst einen Gemeinsinn #68# zu höhern Zwecken in uns hervorzubringen; ob also Geschmack ein ursprüngliches und natürliches, oder nur die Idee von einem noch zu erwerbenden |240.5| und künstlichen Vermögen sei, so daß ein Geschmacksurtheil mit seiner Zumuthung einer allgemeinen Beistimmung in der That nur eine Vernunftforderung sei, eine solche Einhelligkeit der Sinnesart hervorzubringen, und das Sollen, d. i. die objective Nothwendigkeit des Zusammenfließens des Gefühls von jedermann mit jedes seinem besondern, |240.10| nur die Möglichkeit hierin einträchtig zu werden bedeute, und das Geschmacksurtheil nur von Anwendung dieses Princips ein Beispiel aufstelle: das wollen und können wir hier noch nicht untersuchen, sondern haben für jetzt nur das Geschmacksvermögen in seine Elemente aufzulösen und sie zuletzt in der Idee eines Gemeinsinns zu vereinigen. |240.15| Aus dem vierten Moment gefolgerte Erklärung vom Schönen. =Schön= ist, was ohne Begriff als Gegenstand eines =nothwendigen= Wohlgefallens erkannt wird. * * * * * Allgemeine Anmerkung zum ersten Abschnitte der Analytik. |240.20| Wenn man das Resultat aus den obigen Zergliederungen zieht, so findet sich, daß alles auf den Begriff des Geschmacks herauslaufe: daß er ein Beurtheilungsvermögen eines Gegenstandes in Beziehung auf die #69# =freie Gesetzmäßigkeit= der Einbildungskraft sei. Wenn nun im Geschmacksurtheile die Einbildungskraft in ihrer Freiheit betrachtet werden |240.25| muß, so wird sie erstlich nicht reproductiv, wie sie den Associationsgesetzen unterworfen ist, sondern als productiv und selbstthätig (als Urheberin willkürlicher Formen möglicher Anschauungen) angenommen; und ob sie zwar bei der Auffassung eines gegebenen Gegenstandes der Sinne an eine bestimmte Form dieses Objects gebunden ist und sofern kein freies Spiel |240.30| (wie im Dichten) hat, so läßt sich doch noch wohl begreifen: daß der Gegenstand ihr gerade eine solche Form an die Hand geben könne, die eine Zusammensetzung des Mannigfaltigen enthält, wie sie die Einbildungskraft, wenn sie sich selbst frei überlassen wäre, in Einstimmung mit der =Verstandesgesetzmäßigkeit= überhaupt entwerfen würde. Allein daß die =Einbildungskraft frei= und doch =von selbst gesetzmäßig= sei, d. i. daß sie eine Autonomie bei sich führe, ist ein Widerspruch. Der Verstand |241.5| allein giebt das Gesetz. Wenn aber die Einbildungskraft nach einem bestimmten Gesetze zu verfahren genöthigt wird, so wird ihr Product der Form nach durch Begriffe bestimmt, wie es sein soll; aber alsdann ist das Wohlgefallen, wie oben gezeigt, nicht das am Schönen, sondern am Guten (der Vollkommenheit, allenfalls bloß der formalen), und das Urtheil ist |241.10| kein Urtheil durch Geschmack. Es wird also eine Gesetzmäßigkeit ohne Gesetz und eine subjective Übereinstimmung der Einbildungskraft zum Verstande ohne eine objective, da die Vorstellung auf einen bestimmten Begriff von einem Gegenstande bezogen wird, mit der freien Gesetzmäßigkeit des Verstandes (welche auch Zweckmäßigkeit ohne Zweck genannt worden) |241.15| und mit der Eigenthümlichkeit eines Geschmacksurtheils allein zusammen bestehen können. Nun werden geometrisch-regelmäßige Gestalten, eine Cirkelfigur, ein #70# Quadrat, ein Würfel u. s. w., von Kritikern des Geschmacks gemeiniglich als die einfachsten und unzweifelhaftesten Beispiele der Schönheit angeführt; |241.20| und dennoch werden sie eben darum regelmäßig genannt, weil man sie nicht anders vorstellen kann als so, daß sie für bloße Darstellungen eines bestimmten Begriffs, der jener Gestalt die Regel vorschreibt (nach der sie allein möglich ist), angesehen werden. Eines von beiden muß also irrig sein: entweder jenes Urtheil der Kritiker, gedachten Gestalten Schönheit |241.25| beizulegen; oder das unsrige, welches Zweckmäßigkeit ohne Begriff zur Schönheit nöthig findet. Niemand wird leichtlich einen Menschen von Geschmack dazu nöthig finden, um an einer Cirkelgestalt mehr Wohlgefallen, als an einem kritzlichen Umrisse, an einem gleichseitigen und gleicheckigen Viereck mehr, als |241.30| an einem schiefen, ungleichseitigen, gleichsam verkrüppelten zu finden; denn dazu gehört nur gemeiner Verstand und gar kein Geschmack. Wo eine Absicht, z. B. die Größe eines Platzes zu beurtheilen, oder das Verhältniß der Theile zu einander und zum Ganzen in einer Eintheilung faßlich zu machen, wahrgenommen wird: da sind regelmäßige Gestalten und zwar |241.35| die von der einfachsten Art nöthig; und das Wohlgefallen ruht nicht unmittelbar auf dem Anblicke der Gestalt, sondern der Brauchbarkeit derselben zu allerlei möglicher Absicht. Ein Zimmer, dessen Wände schiefe Winkel machen, ein Gartenplatz von solcher Art, selbst alle Verletzung der Symmetrie sowohl in der Gestalt der Thiere (z. B. einäugig zu sein), als der Gebäude oder der Blumenstücke mißfällt, weil es zweckwidrig ist, nicht allein praktisch in Ansehung eines bestimmten Gebrauchs dieser Dinge, |242.5| sondern auch für die Beurtheilung in allerlei möglicher Absicht; welches der Fall im Geschmacksurtheile nicht ist, welches, wenn es rein ist, Wohlgefallen #71# oder Mißfallen ohne Rücksicht auf den Gebrauch oder einen Zweck mit der bloßen =Betrachtung= des Gegenstandes unmittelbar verbindet. Die Regelmäßigkeit, die zum Begriffe von einem Gegenstande führt, |242.10| ist zwar die unentbehrliche Bedingung (_conditio sine qua non_), den Gegenstand in eine einzige Vorstellung zu fassen und das Mannigfaltige in der Form desselben zu bestimmen. Diese Bestimmung ist ein Zweck in Ansehung der Erkenntniß; und in Beziehung auf diese ist sie auch jederzeit mit Wohlgefallen (welches die Bewirkung einer jeden auch bloß problematischen |242.15| Absicht begleitet) verbunden. Es ist aber alsdann bloß die Billigung der Auflösung, die einer Aufgabe Gnüge thut, und nicht eine freie und unbestimmt-zweckmäßige Unterhaltung der Gemüthskräfte mit dem, was wir schön nennen, und wobei der Verstand der Einbildungskraft und nicht diese jenem zu Diensten ist. |242.20| An einem Dinge, das nur durch eine Absicht möglich ist, einem Gebäude, selbst einem Thier muß die Regelmäßigkeit, die in der Symmetrie besteht, die Einheit der Anschauung ausdrücken, welche den Begriff des Zwecks begleitet, und gehört mit zum Erkenntnisse. Aber wo nur ein freies Spiel der Vorstellungskräfte (doch unter der Bedingung, daß der |242.25| Verstand dabei keinen Anstoß leide) unterhalten werden soll, in Lustgärten, Stubenverzierung, allerlei geschmackvollem Geräthe u. d. gl., wird die Regelmäßigkeit, die sich als Zwang ankündigt, so viel möglich vermieden; daher der englische Geschmack in Gärten, der Barockgeschmack an Möbeln die Freiheit der Einbildungskraft wohl eher bis zur Annäherung zum Grotesken |242.30| treibt und in dieser Absonderung von allem Zwange der Regel eben den Fall setzt, wo der Geschmack in Entwürfen der Einbildungskraft seine #72# größte Vollkommenheit zeigen kann. Alles Steif-Regelmäßige (was der mathematischen Regelmäßigkeit nahe kommt) hat das Geschmackwidrige an sich: daß es keine lange Unterhaltung |242.35| mit der Betrachtung desselben gewährt, sondern, sofern es nicht ausdrücklich das Erkenntniß, oder einen bestimmten praktischen Zweck zur Absicht hat, lange Weile macht. Dagegen ist das, womit Einbildungskraft ungesucht und zweckmäßig spielen kann, uns jederzeit neu, und man wird seines Anblicks nicht überdrüssig. =Marsden= in seiner Beschreibung von Sumatra macht die Anmerkung, daß die freien Schönheiten der Natur |243.5| den Zuschauer daselbst überall umgeben und daher wenig Anziehendes mehr für ihn haben: dagegen ein Pfeffergarten, wo die Stangen, an denen sich dieses Gewächs rankt, in Parallellinien Alleen zwischen sich bilden, wenn er ihn mitten in einem Walde antraf, für ihn viel Reiz hatte; und schließt daraus, daß wilde, dem Anscheine nach regellose Schönheit nur |243.10| dem zur Abwechselung gefalle, der sich an der regelmäßigen satt gesehen hat. Allein er durfte nur den Versuch machen, sich einen Tag bei seinem Pfeffergarten aufzuhalten, um inne zu werden, daß, wenn der Verstand durch die Regelmäßigkeit sich in die Stimmung zur Ordnung, die er allerwärts bedarf, versetzt hat, ihn der Gegenstand nicht länger unterhalte, |243.15| vielmehr der Einbildungskraft einen lästigen Zwang anthue: wogegen die dort an Mannigfaltigkeiten bis zur Üppigkeit verschwenderische Natur, die keinem Zwange künstlicher Regeln unterworfen ist, seinem Geschmacke für beständig Nahrung geben könne. — Selbst der Gesang der Vögel, den wir unter keine musikalische Regel bringen können, scheint mehr Freiheit |243.20| und darum mehr für den Geschmack zu enthalten, als selbst ein menschlicher Gesang, der nach allen Regeln der Tonkunst geführt wird: weil man #73# des letztern, wenn er oft und lange Zeit wiederholt wird, weit eher überdrüssig wird. Allein hier vertauschen wir vermuthlich unsere Theilnehmung an der Lustigkeit eines kleinen beliebten Thierchens mit der Schönheit |243.25| seines Gesanges, der, wenn er vom Menschen (wie dies mit dem Schlagen der Nachtigall bisweilen geschieht) ganz genau nachgeahmt wird, unserm Ohre ganz geschmacklos zu sein dünkt. Noch sind schöne Gegenstände von schönen Aussichten auf Gegenstände (die öfter der Entfernung wegen nicht mehr deutlich erkannt werden |243.30| können) zu unterscheiden. In den letztern scheint der Geschmack nicht sowohl an dem, was die Einbildungskraft in diesem Felde =auffaßt=, als vielmehr an dem, was sie hiebei zu =dichten= Anlaß bekommt, d. i. an den eigentlichen Phantasieen, womit sich das Gemüth unterhält, indessen daß es durch die Mannigfaltigkeit, auf die das Auge stößt, continuirlich erweckt |243.35| wird, zu haften; so wie etwa bei dem Anblick der veränderlichen Gestalten eines Kaminfeuers oder eines rieselnden Baches, welche beide keine Schönheiten sind, aber doch für die Einbildungskraft einen Reiz bei sich führen, weil sie ihr freies Spiel unterhalten. Zweites Buch #74# Analytik des Erhabenen. § 23. |244.5| Übergang von dem Beurtheilungsvermögen des Schönen zu dem des Erhabenen. Das Schöne kommt darin mit dem Erhabenen überein, daß beides für sich selbst gefällt. Ferner darin, daß beides kein Sinnes- noch ein logisch-bestimmendes, sondern ein Reflexionsurtheil voraussetzt: folglich |244.10| das Wohlgefallen nicht an einer Empfindung wie die des Angenehmen, noch an einem bestimmten Begriffe wie das Wohlgefallen am Guten hängt, gleichwohl aber doch auf Begriffe, obzwar unbestimmt welche, bezogen wird; mithin das Wohlgefallen an der bloßen Darstellung oder dem Vermögen derselben geknüpft ist, wodurch das Vermögen der Darstellung |244.15| oder die Einbildungskraft bei einer gegebenen Anschauung mit dem =Vermögen der Begriffe= des Verstandes oder der Vernunft, als Beförderung der letztern, in Einstimmung betrachtet wird. Daher sind auch beiderlei Urtheile =einzelne= und doch sich für allgemeingültig in Ansehung jedes Subjects ankündigende Urtheile, ob sie zwar bloß auf das Gefühl der Lust |244.20| und auf kein Erkenntniß des Gegenstandes Anspruch machen. Allein es sind auch namhafte Unterschiede zwischen beiden in die #75# Augen fallend. Das Schöne der Natur betrifft die Form des Gegenstandes, die in der Begränzung besteht; das Erhabene ist dagegen auch an einem formlosen Gegenstande zu finden, sofern =Unbegränztheit= an |244.25| ihm oder durch dessen Veranlassung vorgestellt und doch Totalität derselben hinzugedacht wird: so daß das Schöne für die Darstellung eines unbestimmten Verstandesbegriffs, das Erhabene aber eines dergleichen Vernunftbegriffs genommen zu werden scheint. Also ist das Wohlgefallen dort mit der Vorstellung der =Qualität=, hier aber der =Quantität= verbunden. |244.30| Auch ist das letztere der Art nach von dem ersteren Wohlgefallen gar sehr unterschieden: indem dieses (das Schöne) directe ein Gefühl der Beförderung des Lebens bei sich führt und daher mit Reizen und einer spielenden Einbildungskraft vereinbar ist; jenes aber (das Gefühl des Erhabenen) eine Lust ist, welche nur indirecte entspringt, nämlich so daß sie durch das Gefühl einer augenblicklichen Hemmung der Lebenskräfte und darauf sogleich folgenden desto stärkern Ergießung derselben erzeugt wird, mithin als Rührung kein Spiel, sondern Ernst in der Beschäftigung |245.5| der Einbildungskraft zu sein scheint. Daher es auch mit Reizen unvereinbar ist, und, indem das Gemüth von dem Gegenstande nicht bloß angezogen, sondern wechselsweise auch immer wieder abgestoßen wird, das Wohlgefallen am Erhabenen nicht sowohl positive Lust als vielmehr Bewunderung #76# oder Achtung enthält, d. i. negative Lust genannt zu werden |245.10| verdient. Der wichtigste und innere Unterschied aber des Erhabenen vom Schönen ist wohl dieser: daß, wenn wir wie billig hier zuvörderst nur das Erhabene an Naturobjecten in Betrachtung ziehen (das der Kunst wird nämlich immer auf die Bedingungen der Übereinstimmung mit der |245.15| Natur eingeschränkt), die Naturschönheit (die selbstständige) eine Zweckmäßigkeit in ihrer Form, wodurch der Gegenstand für unsere Urtheilskraft gleichsam vorherbestimmt zu sein scheint, bei sich führt und so an sich einen Gegenstand des Wohlgefallens ausmacht; hingegen das, was in uns, ohne zu vernünfteln, bloß in der Auffassung das Gefühl des Erhabenen |245.20| erregt, der Form nach zwar zweckwidrig für unsere Urtheilskraft, unangemessen unserm Darstellungsvermögen und gleichsam gewaltthätig für die Einbildungskraft erscheinen mag, aber dennoch nur um desto erhabener zu sein geurtheilt wird. Man sieht aber hieraus sofort, daß wir uns überhaupt unrichtig ausdrücken, |245.25| wenn wir irgend einen =Gegenstand der Natur= erhaben nennen, ob wir zwar ganz richtig sehr viele derselben schön nennen können; denn wie kann das mit einem Ausdrucke des Beifalls bezeichnet werden, was an sich als zweckwidrig aufgefaßt wird? Wir können nicht mehr sagen, als daß der Gegenstand zur Darstellung einer Erhabenheit tauglich sei, die |245.30| im Gemüthe angetroffen werden kann; denn das eigentliche Erhabene #77# kann in keiner sinnlichen Form enthalten sein, sondern trifft nur Ideen der Vernunft: welche, obgleich keine ihnen angemessene Darstellung möglich ist, eben durch diese Unangemessenheit, welche sich sinnlich darstellen läßt, rege gemacht und ins Gemüth gerufen werden. So kann der weite, |245.35| durch Stürme empörte Ocean nicht erhaben genannt werden. Sein Anblick ist gräßlich; und man muß das Gemüth schon mit mancherlei Ideen angefüllt haben, wenn es durch eine solche Anschauung zu einem Gefühl gestimmt werden soll, welches selbst erhaben ist, indem das Gemüth die Sinnlichkeit zu verlassen und sich mit Ideen, die höhere Zweckmäßigkeit enthalten, zu beschäftigen angereizt wird. Die selbstständige Naturschönheit entdeckt uns eine Technik der Natur, |246.5| welche sie als ein System nach Gesetzen, deren Princip wir in unserm ganzen Verstandesvermögen nicht antreffen, vorstellig macht, nämlich dem einer Zweckmäßigkeit respectiv auf den Gebrauch der Urtheilskraft in Ansehung der Erscheinungen, so daß diese nicht bloß als zur Natur in ihrem zwecklosen Mechanism, sondern auch als zur Analogie mit der Kunst gehörig |246.10| beurtheilt werden müssen. Sie erweitert also wirklich zwar nicht unsere Erkenntniß der Naturobjecte, aber doch unsern Begriff von der Natur, nämlich als bloßem Mechanism, zu dem Begriff von eben derselben als Kunst: welches zu tiefen Untersuchungen über die Möglichkeit einer solchen Form einladet. Aber in dem, was wir an ihr erhaben zu nennen |246.15| #78# pflegen, ist so gar nichts, was auf besondere objective Principien und diesen gemäße Formen der Natur führte, daß diese vielmehr in ihrem Chaos oder in ihrer wildesten, regellosesten Unordnung und Verwüstung, wenn sich nur Größe und Macht blicken läßt, die Ideen des Erhabenen am meisten erregt. Daraus sehen wir, daß der Begriff des Erhabenen der |246.20| Natur bei weitem nicht so wichtig und an Folgerungen reichhaltig sei, als der des Schönen in derselben; und daß er überhaupt nichts Zweckmäßiges in der Natur selbst, sondern nur in dem möglichen =Gebrauche= ihrer Anschauungen, um eine von der Natur ganz unabhängige Zweckmäßigkeit in uns selbst fühlbar zu machen, anzeige. Zum Schönen der Natur müssen |246.25| wir einen Grund außer uns suchen, zum Erhabenen aber bloß in uns und der Denkungsart, die in die Vorstellung der ersteren Erhabenheit hineinbringt; eine sehr nöthige vorläufige Bemerkung, welche die Ideen des Erhabenen von der einer Zweckmäßigkeit der =Natur= ganz abtrennt und aus der Theorie desselben einen bloßen Anhang zur ästhetischen Beurtheilung |246.30| der Zweckmäßigkeit der Natur macht, weil dadurch keine besondere Form in dieser vorgestellt, sondern nur ein zweckmäßiger Gebrauch, den die Einbildungskraft von ihrer Vorstellung macht, entwickelt wird. § 24. #79# Von der Eintheilung einer Untersuchung des Gefühls des Erhabenen. Was die Eintheilung der Momente der ästhetischen Beurtheilung der Gegenstände in Beziehung auf das Gefühl des Erhabenen betrifft, so wird |247.5| die Analytik nach demselben Princip fortlaufen können, wie in der Zergliederung der Geschmacksurtheile geschehen ist. Denn als Urtheil der ästhetischen reflectirenden Urtheilskraft muß das Wohlgefallen am Erhabenen eben sowohl als am Schönen der =Quantität= nach allgemeingültig, der =Qualität= nach ohne Interesse, der =Relation= nach subjective |247.10| Zweckmäßigkeit und der =Modalität= nach die letztere als nothwendig vorstellig machen. Hierin wird also die Methode von der im vorigen Abschnitte nicht abweichen: man müßte denn das für etwas rechnen, daß wir dort, wo das ästhetische Urtheil die Form des Objects betraf, von der Untersuchung der Qualität anfingen; hier aber bei der Formlosigkeit, welche |247.15| dem, was wir erhaben nennen, zukommen kann, von der Quantität, als dem ersten Moment des ästhetischen Urtheils über das Erhabene, anfangen werden: wozu aber der Grund aus dem vorhergehenden § zu ersehen ist. Aber eine Eintheilung hat die Analysis des Erhabenen nöthig, welche |247.20| die des Schönen nicht bedarf, nämlich die in das =Mathematisch-= und in das =Dynamisch-Erhabene=. Denn da das Gefühl des Erhabenen eine mit der Beurtheilung des #80# Gegenstandes verbundene =Bewegung= des Gemüths als seinen Charakter bei sich führt, anstatt daß der Geschmack am Schönen das Gemüth in |247.25| =ruhiger= Contemplation voraussetzt und erhält; diese Bewegung aber als subjectiv zweckmäßig beurtheilt werden soll (weil das Erhabene gefällt): so wird sie durch die Einbildungskraft entweder auf das =Erkenntniß-= oder auf das =Begehrungsvermögen= bezogen, in beiderlei Beziehung aber die Zweckmäßigkeit der gegebenen Vorstellung nur in Ansehung dieser |247.30| =Vermögen= (ohne Zweck oder Interesse) beurtheilt werden: da dann die erste als eine =mathematische=, die zweite als =dynamische= Stimmung der Einbildungskraft dem Objecte beigelegt und daher dieses auf gedachte zwiefache Art als erhaben vorgestellt wird. A. Vom Mathematisch-Erhabenen. § 25. Namenerklärung des Erhabenen. =Erhaben= nennen wir das, was =schlechthin groß= ist. Groß sein |248.5| aber und eine Größe sein, sind ganz verschiedene Begriffe (_magnitudo_ und _quantitas_). Imgleichen =schlechtweg= (_simpliciter_) =sagen=, daß etwas groß sei, ist auch ganz was anderes als sagen, daß es =schlechthin groß= #81# (_absolute, non comparative magnum_) sei. Das letztere ist das, =was über alle Vergleichung groß ist=. — Was will nun aber der Ausdruck, daß |248.10| etwas groß, oder klein, oder mittelmäßig sei, sagen? Ein reiner Verstandesbegriff ist es nicht, was dadurch bezeichnet wird; noch weniger eine Sinnenanschauung; und eben so wenig ein Vernunftbegriff, weil es gar kein Princip der Erkenntniß bei sich führt. Es muß also ein Begriff der Urtheilskraft sein, oder von einem solchen abstammen und eine subjective |248.15| Zweckmäßigkeit der Vorstellung in Beziehung auf die Urtheilskraft zum Grunde legen. Daß etwas eine Größe (_quantum_) sei, läßt sich aus dem Dinge selbst ohne alle Vergleichung mit andern erkennen: wenn nämlich Vielheit des Gleichartigen zusammen Eines ausmacht. =Wie groß= es aber sei, erfordert jederzeit etwas anderes, welches auch Größe ist, zu |248.20| seinem Maße. Weil es aber in der Beurtheilung der Größe nicht bloß auf die Vielheit (Zahl), sondern auch auf die Größe der Einheit (des Maßes) ankommt, und die Größe dieser letztern immer wiederum etwas Anderes als Maß bedarf, womit sie verglichen werden könne: so sehen wir, daß alle Größenbestimmung der Erscheinungen schlechterdings keinen |248.25| absoluten Begriff von einer Größe, sondern allemal nur einen Vergleichungsbegriff liefern könne. Wenn ich nun schlechtweg sage, daß etwas groß sei, so scheint es, daß ich gar keine Vergleichung im Sinne habe, wenigstens mit keinem #82# objectiven Maße, weil dadurch gar nicht bestimmt wird, wie groß der Gegenstand |248.30| sei. Ob aber gleich der Maßstab der Vergleichung bloß subjectiv ist, so macht das Urtheil nichts desto weniger auf allgemeine Beistimmung Anspruch; die Urtheile: der Mann ist schön, und: er ist groß, schränken sich nicht bloß auf das urtheilende Subject ein, sondern verlangen gleich theoretischen Urtheilen jedermanns Beistimmung. |248.35| Weil aber in einem Urtheile, wodurch etwas schlechtweg als groß bezeichnet wird, nicht bloß gesagt werden will, daß der Gegenstand eine Größe habe, sondern diese ihm zugleich vorzugsweise vor vielen andern gleicher Art beigelegt wird, ohne doch diesen Vorzug bestimmt anzugeben: so wird demselben allerdings ein Maßstab zum Grunde gelegt, den man |249.5| für jedermann als eben denselben annehmen zu können voraussetzt, der aber zu keiner logischen (mathematisch-bestimmten), sondern nur ästhetischen Beurtheilung der Größe brauchbar ist, weil er ein bloß subjectiv dem über Größe reflectirenden Urtheile zum Grunde liegender Maßstab ist. Er mag übrigens empirisch sein, wie etwa die mittlere Größe der |249.10| uns bekannten Menschen, Thiere von gewisser Art, Bäume, Häuser, Berge u. d. gl.; oder ein _a priori_ gegebener Maßstab, der durch die Mängel des beurtheilenden Subjects auf subjective Bedingungen der Darstellung in concreto eingeschränkt ist: als im Praktischen die Größe einer gewissen Tugend, oder der öffentlichen Freiheit und Gerechtigkeit in einem Lande; |249.15| #83# oder im Theoretischen die Größe der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer gemachten Observation oder Messung u. d. gl. Hier ist nun merkwürdig: daß, wenn wir gleich am Objecte gar kein Interesse haben, d. i. die Existenz desselben uns gleichgültig ist, doch die bloße Größe desselben, selbst wenn es als formlos betrachtet wird, ein |249.20| Wohlgefallen bei sich führen könne, das allgemein mittheilbar ist, mithin Bewußtsein einer subjectiven Zweckmäßigkeit im Gebrauche unsrer Erkenntnißvermögen enthält; aber nicht etwa ein Wohlgefallen am Objecte, wie beim Schönen (weil es formlos sein kann), wo die reflectirende Urtheilskraft sich in Beziehung auf das Erkenntniß überhaupt zweckmäßig gestimmt |249.25| findet, sondern an der Erweiterung der Einbildungskraft an sich selbst. Wenn wir (unter der obgenannten Einschränkung) von einem Gegenstande schlechtweg sagen, er sei groß: so ist dies kein mathematisch-bestimmendes, sondern ein bloßes Reflexionsurtheil über die Vorstellung |249.30| desselben, die für einen gewissen Gebrauch unserer Erkenntnißkräfte in der Größenschätzung subjectiv zweckmäßig ist; und wir verbinden alsdann mit der Vorstellung jederzeit eine Art von Achtung, so wie mit dem, was wir schlechtweg klein nennen, eine Verachtung. Übrigens geht die Beurtheilung der Dinge als groß oder klein auf alles, selbst auf alle Beschaffenheiten |249.35| derselben; daher wir selbst die Schönheit groß oder klein nennen: wovon der Grund darin zu suchen ist, daß, was wir nach Vorschrift der Urtheilskraft #84# in der Anschauung nur immer darstellen (mithin ästhetisch vorstellen) mögen, insgesammt Erscheinung, mithin auch ein Quantum ist. Wenn wir aber etwas nicht allein groß, sondern schlechthin, absolut, in aller Absicht (über alle Vergleichung) groß, d. i. erhaben, nennen, |250.5| so sieht man bald ein: daß wir für dasselbe keinen ihm angemessenen Maßstab außer ihm, sondern bloß in ihm zu suchen verstatten. Es ist eine Größe, die bloß sich selber gleich ist. Daß das Erhabene also nicht in den Dingen der Natur, sondern allein in unsern Ideen zu suchen sei, folgt hieraus; in welchen es aber liege, muß für die Deduction aufbehalten |250.10| werden. Die obige Erklärung kann auch so ausgedrückt werden: =Erhaben ist das, mit welchem in Vergleichung alles andere klein ist.= Hier sieht man leicht: daß nichts in der Natur gegeben werden könne, so groß als es auch von uns beurtheilt werde, was nicht, in einem andern Verhältnisse |250.15| betrachtet, bis zum Unendlich-Kleinen abgewürdigt werden könnte; und umgekehrt nichts so klein, was sich nicht in Vergleichung mit noch kleinern Maßstäben für unsere Einbildungskraft bis zu einer Weltgröße erweitern ließe. Die Teleskope haben uns die erstere, die Mikroskope die letztere Bemerkung zu machen reichlichen Stoff an die Hand gegeben. |250.20| Nichts also, was Gegenstand der Sinnen sein kann, ist, auf diesen #85# Fuß betrachtet, erhaben zu nennen. Aber eben darum, daß in unserer Einbildungskraft ein Bestreben zum Fortschritte ins Unendliche, in unserer Vernunft aber ein Anspruch auf absolute Totalität als auf eine reelle Idee liegt: ist selbst jene Unangemessenheit unseres Vermögens der |250.25| Größenschätzung der Dinge der Sinnenwelt für diese Idee die Erweckung des Gefühls eines übersinnlichen Vermögens in uns; und der Gebrauch, den die Urtheilskraft von gewissen Gegenständen zum Behuf des letzteren (Gefühls) natürlicher Weise macht, nicht aber der Gegenstand der Sinne ist schlechthin groß, gegen ihn aber jeder andere Gebrauch klein. Mithin |250.30| ist die Geistesstimmung durch eine gewisse die reflectirende Urtheilskraft beschäftigende Vorstellung, nicht aber das Object erhaben zu nennen. Wir können also zu den vorigen Formeln der Erklärung des Erhabenen noch diese hinzuthun: =Erhaben ist, was auch nur denken zu können ein Vermögen des Gemüths beweiset, das jeden Maßstab= |250.35| =der Sinne übertrifft.= § 26. Von der Größenschätzung der Naturdinge, die zur Idee des Erhabenen erforderlich ist. Die Größenschätzung durch Zahlbegriffe (oder deren Zeichen in der Algebra) ist mathematisch, die aber in der bloßen Anschauung (nach dem |251.5| Augenmaße) ist ästhetisch. Nun können wir zwar bestimmte Begriffe davon, #86# =wie groß= etwas sei, nur durch Zahlen (allenfalls Annäherungen durch ins Unendliche fortgehende Zahlreihen) bekommen, deren Einheit das Maß ist; und sofern ist alle logische Größenschätzung mathematisch. Allein da die Größe des Maßes doch als bekannt angenommen werden |251.10| muß, so würden, wenn diese nun wiederum nur durch Zahlen, deren Einheit ein anderes Maß sein müßte, mithin mathematisch geschätzt werden sollte, wir niemals ein erstes oder Grundmaß, mithin auch keinen bestimmten Begriff von einer gegebenen Größe haben können. Also muß die Schätzung der Größe des Grundmaßes bloß darin bestehen, daß man |251.15| sie in einer Anschauung unmittelbar fassen und durch Einbildungskraft zur Darstellung der Zahlbegriffe brauchen kann: d. i. alle Größenschätzung der Gegenstände der Natur ist zuletzt ästhetisch (d. i. subjectiv und nicht objectiv bestimmt). Nun giebt es zwar für die mathematische Größenschätzung kein Größtes |251.20| (denn die Macht der Zahlen geht ins Unendliche); aber für die ästhetische Größenschätzung giebt es allerdings ein Größtes; und von diesem sage ich: daß, wenn es als absolutes Maß, über das kein größeres subjectiv (dem beurtheilenden Subject) möglich sei, beurtheilt wird, es die Idee des Erhabenen bei sich führe und diejenige Rührung, welche keine |251.25| mathematische Schätzung der Größen durch Zahlen (es sei denn, so weit #87# jenes ästhetische Grundmaß dabei in der Einbildungskraft lebendig erhalten wird) bewirken kann, hervorbringe: weil die letztere immer nur die relative Größe durch Vergleichung mit andern gleicher Art, die erstere aber die Größe schlechthin, so weit das Gemüth sie in einer Anschauung |251.30| fassen kann, darstellt. Anschaulich ein Quantum in die Einbildungskraft aufzunehmen, um es zum Maße oder als Einheit zur Größenschätzung durch Zahlen brauchen zu können, dazu gehören zwei Handlungen dieses Vermögens: =Auffassung= (_apprehensio_) und =Zusammenfassung= (_comprehensio aesthetica_). |251.35| Mit der Auffassung hat es keine Noth: denn damit kann es ins Unendliche gehen; aber die Zusammenfassung wird immer schwerer, je weiter die Auffassung fortrückt, und gelangt bald zu ihrem Maximum, nämlich dem ästhetisch-größten Grundmaße der Größenschätzung. Denn wenn die Auffassung so weit gelangt ist, daß die zuerst aufgefaßten Theilvorstellungen der Sinnenanschauung in der Einbildungskraft schon zu erlöschen |252.5| anheben, indeß daß diese zu Auffassung mehrerer fortrückt: so verliert sie auf einer Seite eben so viel, als sie auf der andern gewinnt, und in der Zusammenfassung ist ein Größtes, über welches sie nicht hinauskommen kann. Daraus läßt sich erklären, was =Savary= in seinen Nachrichten von |252.10| Ägypten anmerkt: daß man den Pyramiden nicht sehr nahe kommen, eben so wenig als zu weit davon entfernt sein müsse, um die ganze Rührung #88# von ihrer Größe zu bekommen. Denn ist das letztere, so sind die Theile, die aufgefaßt werden, (die Steine derselben übereinander) nur dunkel vorgestellt, und ihre Vorstellung thut keine Wirkung auf das ästhetische |252.15| Urtheil des Subjects. Ist aber das erstere, so bedarf das Auge einige Zeit, um die Auffassung von der Grundfläche bis zur Spitze zu vollenden; in dieser aber erlöschen immer zum Theil die ersteren, ehe die Einbildungskraft die letzteren aufgenommen hat, und die Zusammenfassung ist nie vollständig. — Eben dasselbe kann auch hinreichen, die Bestürzung oder |252.20| Art von Verlegenheit, die, wie man erzählt, den Zuschauer in der St. Peterskirche in Rom beim ersten Eintritt anwandelt, zu erklären. Denn es ist hier ein Gefühl der Unangemessenheit seiner Einbildungskraft für die Idee eines Ganzen, um sie darzustellen, worin die Einbildungskraft ihr Maximum erreicht und bei der Bestrebung es zu erweitern in sich selbst |252.25| zurück sinkt, dadurch aber in ein rührendes Wohlgefallen versetzt wird. Ich will jetzt noch nichts von dem Grunde dieses Wohlgefallens anführen, welches mit einer Vorstellung, wovon man es am wenigsten erwarten sollte, die nämlich uns die Unangemessenheit, folglich auch subjective Unzweckmäßigkeit der Vorstellung für die Urtheilskraft in der Größenschätzung |252.30| merken läßt, verbunden ist; sondern bemerke nur, daß, wenn das ästhetische Urtheil =rein= (=mit keinem teleologischen= als Vernunfturtheile #89# =vermischt=) und daran ein der Kritik der =ästhetischen= Urtheilskraft völlig anpassendes Beispiel gegeben werden soll, man nicht das Erhabene an Kunstproducten (z. B. Gebäuden, Säulen u. s. w.), wo ein |252.35| menschlicher Zweck die Form sowohl als die Größe bestimmt, noch an Naturdingen, =deren Begriff schon einen bestimmten Zweck bei sich führt= (z. B. Thieren von bekannter Naturbestimmung), sondern an der rohen Natur (und an dieser sogar nur, sofern sie für sich keinen Reiz, oder Rührung aus wirklicher Gefahr bei sich führt), bloß sofern sie Größe enthält, aufzeigen müsse. Denn in dieser Art der Vorstellung enthält die Natur nichts, was ungeheuer (noch was prächtig oder gräßlich) wäre; die |253.5| Größe, die aufgefaßt wird, mag so weit angewachsen sein, als man will, wenn sie nur durch Einbildungskraft in ein Ganzes zusammengefaßt werden kann. =Ungeheuer= ist ein Gegenstand, wenn er durch seine Größe den Zweck, der den Begriff desselben ausmacht, vernichtet. =Kolossalisch= aber wird die bloße Darstellung eines Begriffs genannt, der für alle |253.10| Darstellung beinahe zu groß ist (an das relativ Ungeheure gränzt): weil der Zweck der Darstellung eines Begriffs dadurch, daß die Anschauung des Gegenstandes für unser Auffassungsvermögen beinahe zu groß ist, erschwert wird. — Ein reines Urtheil über das Erhabene aber muß gar keinen Zweck des Objects zum Bestimmungsgrunde haben, wenn es ästhetisch |253.15| #90# und nicht mit irgend einem Verstandes- oder Vernunfturtheile vermengt sein soll. * * * * * Weil alles, was der bloß reflectirenden Urtheilskraft ohne Interesse gefallen soll, in seiner Vorstellung subjective und als solche allgemein-gültige Zweckmäßigkeit bei sich führen muß, gleichwohl aber hier keine Zweckmäßigkeit |253.20| der =Form= des Gegenstandes (wie beim Schönen) der Beurtheilung zum Grunde liegt, so fragt sich: welches ist diese subjective Zweckmäßigkeit? und wodurch wird sie als Norm vorgeschrieben, um in der bloßen Größenschätzung und zwar der, welche gar bis zur Unangemessenheit unseres Vermögens der Einbildungskraft in Darstellung des |253.25| Begriffs von einer Größe getrieben worden, einen Grund zum allgemeingültigen Wohlgefallen abzugeben? Die Einbildungskraft schreitet in der Zusammensetzung, die zur Größenvorstellung erforderlich ist, von selbst, ohne daß ihr etwas hinderlich wäre, ins Unendliche fort; der Verstand aber leitet sie durch Zahlbegriffe, |253.30| wozu jene das Schema hergeben muß: und in diesem Verfahren, als zur logischen Größenschätzung gehörig, ist zwar etwas objectiv Zweckmäßiges nach dem Begriffe von einem Zwecke (dergleichen jede Ausmessung ist), aber nichts für die ästhetische Urtheilskraft Zweckmäßiges und Gefallendes. Es ist auch in dieser absichtlichen Zweckmäßigkeit nichts, was |253.35| #91# die Größe des Maßes, mithin der =Zusammenfassung= des Vielen in eine Anschauung bis zur Gränze des Vermögens der Einbildungskraft und so weit, wie diese in Darstellungen nur immer reichen mag, zu treiben nöthigte. Denn in der Verstandesschätzung der Größen (der Arithmetik) kommt man eben so weit, ob man die Zusammenfassung der Einheiten |254.5| bis zur Zahl 10 (in der Dekadik), oder nur bis 4 (in der Tetraktik) treibt; die weitere Größenerzeugung aber im Zusammensetzen, oder, wenn das Quantum in der Anschauung gegeben ist, im Auffassen bloß progressiv (nicht comprehensiv) nach einem angenommenen Progressionsprincip verrichtet. Der Verstand wird in dieser mathematischen Größenschätzung #10# eben so gut bedient und befriedigt, ob die Einbildungskraft zur Einheit eine Größe, die man in einem Blick fassen kann, z. B. einen Fuß oder Ruthe, oder ob sie eine deutsche Meile, oder gar einen Erddurchmesser, deren Auffassung zwar, aber nicht die Zusammenfassung in eine Anschauung der Einbildungskraft (nicht durch die _comprehensio aesthetica_, |254.15| obzwar gar wohl durch _comprehensio logica_ in einen Zahlbegriff) möglich ist, wähle. In beiden Fällen geht die logische Größenschätzung ungehindert ins Unendliche. Nun aber hört das Gemüth in sich auf die Stimme der Vernunft, welche zu allen gegebenen Größen, selbst denen, die zwar niemals ganz |254.20| aufgefaßt werden können, gleichwohl aber (in der sinnlichen Vorstellung) #92# als ganz gegeben beurtheilt werden, Totalität fordert, mithin Zusammenfassung in =eine= Anschauung und für alle jene Glieder einer fortschreitend-wachsenden Zahlreihe =Darstellung= verlangt und selbst das Unendliche (Raum und verflossene Zeit) von dieser Forderung nicht ausnimmt, vielmehr |254.25| es unvermeidlich macht, sich dasselbe (in dem Urtheile der gemeinen Vernunft) als =ganz= (seiner Totalität nach) =gegeben= zu denken. Das Unendliche aber ist schlechthin (nicht bloß comparativ) groß. Mit diesem verglichen, ist alles andere (von derselben Art Größen) klein. Aber, was das Vornehmste ist, es als =ein Ganzes= auch nur denken zu |254.30| können, zeigt ein Vermögen des Gemüths an, welches allen Maßstab der Sinne übertrifft. Denn dazu würde eine Zusammenfassung erfordert werden, welche einen Maßstab als Einheit lieferte, der zum Unendlichen ein bestimmtes, in Zahlen angebliches Verhältniß hätte: welches unmöglich ist. Das gegebene Unendliche aber dennoch ohne Widerspruch =auch |254.35| nur denken zu können=, dazu wird ein Vermögen, das selbst übersinnlich ist, im menschlichen Gemüthe erfordert. Denn nur durch dieses und dessen Idee eines Noumenons, welches selbst keine Anschauung verstattet, aber doch der Weltanschauung, als bloßer Erscheinung, zum Substrat untergelegt wird, wird das Unendliche der Sinnenwelt in der reinen intellectuellen Größenschätzung =unter= einem Begriffe =ganz= zusammengefaßt, #93# obzwar es in der mathematischen =durch Zahlenbegriffe= nie ganz gedacht |255.5| werden kann. Selbst ein Vermögen, sich das Unendliche der übersinnlichen Anschauung als (in seinem intelligibelen Substrat) gegeben denken zu können, übertrifft allen Maßstab der Sinnlichkeit und ist über alle Vergleichung selbst mit dem Vermögen der mathematischen Schätzung groß; freilich wohl nicht in theoretischer Absicht zum Behuf des Erkenntnißvermögens, |255.10| aber doch als Erweiterung des Gemüths, welches die Schranken der Sinnlichkeit in anderer (der praktischen) Absicht zu überschreiten sich vermögend fühlt. Erhaben ist also die Natur in derjenigen ihrer Erscheinungen, deren Anschauung die Idee ihrer Unendlichkeit bei sich führt. Dieses letztere |255.15| kann nun nicht anders geschehen, als durch die Unangemessenheit selbst der größten Bestrebung unserer Einbildungskraft in der Größenschätzung eines Gegenstandes. Nun ist aber für die mathematische Größenschätzung die Einbildungskraft jedem Gegenstande gewachsen, um für dieselbe ein hinlängliches Maß zu geben, weil die Zahlbegriffe des Verstandes durch |255.20| Progression jedes Maß einer jeden gegebenen Größe angemessen machen können. Also muß es die =ästhetische= Größenschätzung sein, in welcher die Bestrebung zur Zusammenfassung, die das Vermögen der Einbildungskraft überschreitet, die progressive Auffassung in ein Ganzes der Anschauung zu begreifen, gefühlt und dabei zugleich die Unangemessenheit dieses |255.25| #94# im Fortschreiten unbegränzten Vermögens wahrgenommen wird, ein mit dem mindesten Aufwande des Verstandes zur Größenschätzung taugliches Grundmaß zu fassen und zur Größenschätzung zu gebrauchen. Nun ist das eigentliche unveränderliche Grundmaß der Natur das absolute Ganze derselben, welches bei ihr als Erscheinung zusammengefaßte Unendlichkeit |255.30| ist. Da aber dieses Grundmaß ein sich selbst widersprechender Begriff ist (wegen der Unmöglichkeit der absoluten Totalität eines Progressus ohne Ende): so muß diejenige Größe eines Naturobjects, an welcher die Einbildungskraft ihr ganzes Vermögen der Zusammenfassung fruchtlos verwendet, den Begriff der Natur auf ein übersinnliches Substrat (welches |255.35| ihr und zugleich unserm Vermögen zu denken zum Grunde liegt) führen, welches über allen Maßstab der Sinne groß ist und daher nicht sowohl den Gegenstand, als vielmehr die Gemüthsstimmung in Schätzung desselben als =erhaben= beurtheilen läßt. Also, gleichwie die ästhetische Urtheilskraft in Beurtheilung des Schönen die Einbildungskraft in ihrem freien Spiele auf den =Verstand= bezieht, um mit dessen =Begriffen= überhaupt (ohne Bestimmung derselben) zusammenzustimmen: |256.5| so bezieht sie dasselbe Vermögen in Beurtheilung eines Dinges als erhabenen auf die =Vernunft=, um zu deren =Ideen= (unbestimmt welchen) subjectiv übereinzustimmen, d. i. eine Gemüthsstimmung hervorzubringen, welche derjenigen gemäß und mit ihr verträglich ist, die #95# der Einfluß bestimmter Ideen (praktischer) auf das Gefühl bewirken |256.10| würde. Man sieht hieraus auch, daß die wahre Erhabenheit nur im Gemüthe des Urtheilenden, nicht in dem Naturobjecte, dessen Beurtheilung diese Stimmung desselben veranlaßt, müsse gesucht werden. Wer wollte auch ungestalte Gebirgsmassen, in wilder Unordnung über einander gethürmt, |256.15| mit ihren Eispyramiden, oder die düstere tobende See u. s. w. erhaben nennen? Aber das Gemüth fühlt sich in seiner eigenen Beurtheilung gehoben, wenn es, indem es sich in der Betrachtung derselben ohne Rücksicht auf ihre Form der Einbildungskraft und einer, obschon ganz ohne bestimmten Zweck damit in Verbindung gesetzten, jene bloß |256.20| erweiternden Vernunft überläßt, die ganze Macht der Einbildungskraft dennoch ihren Ideen unangemessen findet. Beispiele vom Mathematisch-Erhabenen der Natur in der bloßen Anschauung liefern uns alle die Fälle, wo uns nicht sowohl ein größerer Zahlbegriff, als vielmehr große Einheit als Maß (zu Verkürzung der |256.25| Zahlreihen) für die Einbildungskraft gegeben wird. Ein Baum, den wir nach Mannshöhe schätzen, giebt allenfalls einen Maßstab für einen Berg; und wenn dieser etwa eine Meile hoch wäre, kann er zur Einheit für die Zahl, welche den Erddurchmesser ausdrückt, dienen, um den letzteren anschaulich zu machen, der Erddurchmesser für das uns bekannte Planetensystem, |256.30| #96# dieses für das der Milchstraße; und die unermeßliche Menge solcher Milchstraßensysteme unter dem Namen der Nebelsterne, welche vermuthlich wiederum ein dergleichen System unter sich ausmachen, lassen uns hier keine Gränzen erwarten. Nun liegt das Erhabene bei der ästhetischen Beurtheilung eines so unermeßlichen Ganzen nicht sowohl in der |256.35| Größe der Zahl, als darin, daß wir im Fortschritte immer auf desto größere Einheiten gelangen; wozu die systematische Abtheilung des Weltgebäudes beiträgt, die uns alles Große in der Natur immer wiederum als klein, eigentlich aber unsere Einbildungskraft in ihrer ganzen Gränzlosigkeit und mit ihr die Natur als gegen die Ideen der Vernunft, wenn sie eine ihnen angemessene Darstellung verschaffen soll, verschwindend vorstellt. |257.5| § 27. Von der Qualität des Wohlgefallens in der Beurtheilung des Erhabenen. Das Gefühl der Unangemessenheit unseres Vermögens zur Erreichung einer Idee, =die für uns Gesetz ist=, ist ACHTUNG. Nun ist die |257.10| Idee der Zusammenfassung einer jeden Erscheinung, die uns gegeben werden mag, in die Anschauung eines Ganzen eine solche, welche uns durch ein Gesetz der Vernunft auferlegt ist, die kein anderes bestimmtes, für jedermann gültiges und unveränderliches Maß erkennt, als das Absolut-Ganze. #97# Unsere Einbildungskraft aber beweiset selbst in ihrer größten Anstrengung |257.15| in Ansehung der von ihr verlangten Zusammenfassung eines gegebenen Gegenstandes in ein Ganzes der Anschauung (mithin zur Darstellung der Idee der Vernunft) ihre Schranken und Unangemessenheit, doch aber zugleich ihre Bestimmung zur Bewirkung der Angemessenheit mit derselben als einem Gesetze. Also ist das Gefühl des Erhabenen in |257.20| der Natur Achtung für unsere eigene Bestimmung, die wir einem Objecte der Natur durch eine gewisse Subreption (Verwechselung einer Achtung für das Object statt der für die Idee der Menschheit in unserm Subjecte) beweisen, welches uns die Überlegenheit der Vernunftbestimmung unserer Erkenntnißvermögen über das größte Vermögen der Sinnlichkeit gleichsam |257.25| anschaulich macht. Das Gefühl des Erhabenen ist also ein Gefühl der Unlust aus der Unangemessenheit der Einbildungskraft in der ästhetischen Größenschätzung zu der Schätzung durch die Vernunft und eine dabei zugleich erweckte Lust aus der Übereinstimmung eben dieses Urtheils der Unangemessenheit des |257.30| größten sinnlichen Vermögens mit Vernunftideen, sofern die Bestrebung zu denselben doch für uns Gesetz ist. Es ist nämlich für uns Gesetz (der Vernunft) und gehört zu unserer Bestimmung, alles, was die Natur als Gegenstand der Sinne für uns Großes enthält, in Vergleichung mit Ideen der Vernunft für klein zu schätzen; und was das Gefühl dieser übersinnlichen |257.35| #98# Bestimmung in uns rege macht, stimmt zu jenem Gesetze zusammen. Nun ist die größte Bestrebung der Einbildungskraft in Darstellung der Einheit für die Größenschätzung eine Beziehung auf etwas =Absolut-Großes=, folglich auch eine Beziehung auf das Gesetz der Vernunft, dieses allein zum obersten Maße der Größen anzunehmen. Also ist die innere Wahrnehmung der Unangemessenheit alles sinnlichen Maßstabes zur Größenschätzung |258.5| der Vernunft eine Übereinstimmung mit Gesetzen derselben und eine Unlust, welche das Gefühl unserer übersinnlichen Bestimmung in uns rege macht, nach welcher es zweckmäßig ist, mithin Lust ist, jeden Maßstab der Sinnlichkeit den Ideen der Vernunft unangemessen zu finden. Das Gemüth fühlt sich in der Vorstellung des Erhabenen in der |258.10| Natur =bewegt=: da es in dem ästhetischen Urtheile über das Schöne derselben in =ruhiger= Contemplation ist. Diese Bewegung kann (vornehmlich in ihrem Anfange) mit einer Erschütterung verglichen werden, d. i. mit einem schnellwechselnden Abstoßen und Anziehen eben desselben Objects. Das Überschwengliche für die Einbildungskraft (bis zu welchem sie |258.15| in der Auffassung der Anschauung getrieben wird) ist gleichsam ein Abgrund, worin sie sich selbst zu verlieren fürchtet; aber doch auch für die Idee der Vernunft vom Übersinnlichen nicht überschwenglich, sondern gesetzmäßig, eine solche Bestrebung der Einbildungskraft hervorzubringen: #99# mithin in eben dem Maße wiederum anziehend, als es für die bloße |258.20| Sinnlichkeit abstoßend war. Das Urtheil selber bleibt aber hiebei immer nur ästhetisch, weil es, ohne einen bestimmten Begriff vom Objecte zum Grunde zu haben, bloß das subjective Spiel der Gemüthskräfte (Einbildungskraft und Vernunft) selbst durch ihren Contrast als harmonisch vorstellt. Denn so wie Einbildungskraft und =Verstand= in der Beurtheilung |258.25| des Schönen durch ihre Einhelligkeit, so bringen Einbildungskraft und =Vernunft= hier durch ihren Widerstreit subjective Zweckmäßigkeit der Gemüthskräfte hervor: nämlich ein Gefühl, daß wir reine, selbstständige Vernunft haben, oder ein Vermögen der Größenschätzung, dessen Vorzüglichkeit durch nichts anschaulich gemacht werden kann, als durch die Unzulänglichkeit |258.30| desjenigen Vermögens, welches in Darstellung der Größen (sinnlicher Gegenstände) selbst unbegränzt ist. Messung eines Raums (als Auffassung) ist zugleich Beschreibung desselben, mithin objective Bewegung in der Einbildung und ein Progressus; die Zusammenfassung der Vielheit in die Einheit, nicht des Gedankens, |258.35| sondern der Anschauung, mithin des Successiv-Aufgefaßten in einen Augenblick, ist dagegen ein Regressus, der die Zeitbedingung im Progressus der Einbildungskraft wieder aufhebt und das =Zugleichsein= anschaulich macht. Sie ist also (da die Zeitfolge eine Bedingung des innern Sinnes und einer Anschauung ist) eine subjective Bewegung der #100# Einbildungskraft, wodurch sie dem innern Sinne Gewalt anthut, die desto merklicher sein muß, je größer das Quantum ist, welches die Einbildungskraft |259.5| in eine Anschauung zusammenfaßt. Die Bestrebung also, ein Maß für Größen in eine einzelne Anschauung aufzunehmen, welches aufzufassen merkliche Zeit erfordert, ist eine Vorstellungsart, welche, subjectiv betrachtet, zweckwidrig, objectiv aber zur Größenschätzung erforderlich, mithin zweckmäßig ist: wobei aber doch eben dieselbe Gewalt, die dem Subjecte |259.10| durch die Einbildungskraft widerfährt, =für die ganze Bestimmung= des Gemüths als zweckmäßig beurtheilt wird. Die =Qualität= des Gefühls des Erhabenen ist: daß sie ein Gefühl der Unlust über das ästhetische Beurtheilungsvermögen an einem Gegenstande ist, die darin doch zugleich als zweckmäßig vorgestellt wird; welches |259.15| dadurch möglich ist, daß das eigne Unvermögen das Bewußtsein eines unbeschränkten Vermögens desselben Subjects entdeckt, und das Gemüth das letztere nur durch das erstere ästhetisch beurtheilen kann. In der logischen Größenschätzung ward die Unmöglichkeit, durch den Progressus der Messung der Dinge der Sinnenwelt in Zeit und Raum |259.20| jemals zur absoluten Totalität zu gelangen, für objectiv, d. i. eine Unmöglichkeit, das Unendliche als gegeben zu =denken=, und nicht als bloß #101# subjectiv, d. i. als Unvermögen es zu =fassen=, erkannt: weil da auf den Grad der Zusammenfassung in eine Anschauung als Maß gar nicht gesehen wird, sondern alles auf einen Zahlbegriff ankommt. Allein in einer |259.25| ästhetischen Größenschätzung muß der Zahlbegriff wegfallen oder verändert werden, und die Comprehension der Einbildungskraft zur Einheit des Maßes (mithin mit Vermeidung der Begriffe von einem Gesetze der successiven Erzeugung der Größenbegriffe) ist allein für sie zweckmäßig. — Wenn nun eine Größe beinahe das Äußerste unseres Vermögens der |259.30| Zusammenfassung in eine Anschauung erreicht, und die Einbildungskraft doch durch Zahlgrößen (für die wir uns unseres Vermögens als unbegränzt bewußt sind) zur ästhetischen Zusammenfassung in eine größere Einheit aufgefordert wird, so fühlen wir uns im Gemüth als ästhetisch in Gränzen eingeschlossen; aber die Unlust wird doch in Hinsicht auf die |259.35| nothwendige Erweiterung der Einbildungskraft zur Angemessenheit mit dem, was in unserm Vermögen der Vernunft unbegränzt ist, nämlich der Idee des absoluten Ganzen, mithin die Unzweckmäßigkeit des Vermögens der Einbildungskraft doch für Vernunftideen und deren Erweckung als zweckmäßig vorgestellt. Eben dadurch wird aber das ästhetische Urtheil selbst subjectiv-zweckmäßig für die Vernunft, als Quell der Ideen, d. i. einer solchen intellectuellen Zusammenfassung, für die alle ästhetische klein |260.5| ist; und der Gegenstand wird als erhaben mit einer Lust aufgenommen, #102# die nur vermittelst einer Unlust möglich ist. B. Vom Dynamisch-Erhabenen der Natur. § 28. |260.10| Von der Natur als einer Macht. =Macht= ist ein Vermögen, welches großen Hindernissen überlegen ist. Eben dieselbe heißt eine =Gewalt=, wenn sie auch dem Widerstande dessen, was selbst Macht besitzt, überlegen ist. Die Natur, im ästhetischen Urtheile als Macht, die über uns keine Gewalt hat, betrachtet, ist =dynamisch-erhaben=. |260.15| Wenn von uns die Natur dynamisch als erhaben beurtheilt werden soll, so muß sie als Furcht erregend vorgestellt werden (obgleich nicht umgekehrt jeder Furcht erregende Gegenstand in unserm ästhetischen Urtheile erhaben gefunden wird). Denn in der ästhetischen Beurtheilung (ohne |260.20| Begriff) kann die Überlegenheit über Hindernisse nur nach der Größe des Widerstandes beurtheilt werden. Nun ist aber das, dem wir zu widerstehen bestrebt sind, ein Übel und, wenn wir unser Vermögen demselben nicht gewachsen finden, ein Gegenstand der Furcht. Also kann für die ästhetische Urtheilskraft die Natur nur sofern als Macht, mithin dynamisch-erhaben |260.25| gelten, sofern sie als Gegenstand der Furcht betrachtet wird. #103# Man kann aber einen Gegenstand als =furchtbar= betrachten, ohne sich =vor= ihm zu fürchten, wenn wir ihn nämlich so beurtheilen, daß wir uns bloß den Fall =denken=, da wir ihm etwa Widerstand thun wollten, und daß alsdann aller Widerstand bei weitem vergeblich sein würde. So |260.30| fürchtet der Tugendhafte Gott, ohne sich vor ihm zu fürchten, weil er ihm und seinen Geboten widerstehen zu wollen sich als keinen von =ihm= besorglichen Fall denkt. Aber auf jeden solchen Fall, den er als an sich nicht unmöglich denkt, erkennt er ihn als furchtbar. Wer sich fürchtet, kann über das Erhabene der Natur gar nicht urtheilen, so wenig als der, welcher durch Neigung und Appetit eingenommen ist, über das Schöne. Jener flieht den Anblick eines Gegenstandes, |261.5| der ihm Scheu einjagt; und es ist unmöglich, an einem Schrecken, der ernstlich gemeint wäre, Wohlgefallen zu finden. Daher ist die Annehmlichkeit aus dem Aufhören einer Beschwerde das =Frohsein=. Dieses aber, wegen der Befreiung von einer Gefahr, ist ein Frohsein mit dem Vorsatze, sich derselben nie mehr auszusetzen; ja man mag an jene Empfindung |261.10| nicht einmal gerne zurückdenken, weit gefehlt, daß man die Gelegenheit dazu selbst aufsuchen sollte. Kühne, überhangende, gleichsam drohende Felsen, am Himmel sich #104# aufthürmende Donnerwolken, mit Blitzen und Krachen einherziehend, Vulcane in ihrer ganzen zerstörenden Gewalt, Orkane mit ihrer zurückgelassenen |261.15| Verwüstung, der gränzenlose Ocean, in Empörung gesetzt, ein hoher Wasserfall eines mächtigen Flusses u. d. gl. machen unser Vermögen zu widerstehen in Vergleichung mit ihrer Macht zur unbedeutenden Kleinigkeit. Aber ihr Anblick wird nur um desto anziehender, je furchtbarer er ist, wenn wir uns nur in Sicherheit befinden; und wir nennen |261.20| diese Gegenstände gern erhaben, weil sie die Seelenstärke über ihr gewöhnliches Mittelmaß erhöhen und ein Vermögen zu widerstehen von ganz anderer Art in uns entdecken lassen, welches uns Muth macht, uns mit der scheinbaren Allgewalt der Natur messen zu können. Denn so wie wir zwar an der Unermeßlichkeit der Natur und der |261.25| Unzulänglichkeit unseres Vermögens einen der ästhetischen Größenschätzung ihres =Gebiets= proportionirten Maßstab zu nehmen unsere eigene Einschränkung, gleichwohl aber doch auch an unserm Vernunftvermögen zugleich einen andern, nicht-sinnlichen Maßstab, welcher jene Unendlichkeit selbst als Einheit unter sich hat, gegen den alles in der Natur klein ist, |261.30| mithin in unserm Gemüthe eine Überlegenheit über die Natur selbst in ihrer Unermeßlichkeit fanden: so giebt auch die Unwiderstehlichkeit ihrer Macht uns, als Naturwesen betrachtet, zwar unsere physische Ohnmacht zu #105# erkennen, aber entdeckt zugleich ein Vermögen, uns als von ihr unabhängig zu beurtheilen, und eine Überlegenheit über die Natur, worauf sich |261.35| eine Selbsterhaltung von ganz andrer Art gründet, als diejenige ist, die von der Natur außer uns angefochten und in Gefahr gebracht werden kann, wobei die Menschheit in unserer Person unerniedrigt bleibt, obgleich der Mensch jener Gewalt unterliegen müßte. Auf solche Weise wird die Natur in unserm ästhetischen Urtheile nicht, sofern sie furchterregend ist, als erhaben beurtheilt, sondern weil sie unsere Kraft (die nicht Natur ist) in uns aufruft, um das, wofür wir besorgt sind, (Güter, Gesundheit und |262.5| Leben) als klein und daher ihre Macht (der wir in Ansehung dieser Stücke allerdings unterworfen sind) für uns und unsere Persönlichkeit demungeachtet doch für keine solche Gewalt anzusehen, unter die wir uns zu beugen hätten, wenn es auf unsre höchste Grundsätze und deren Behauptung oder Verlassung ankäme. Also heißt die Natur hier erhaben, bloß weil sie |262.10| die Einbildungskraft zu Darstellung derjenigen Fälle erhebt, in welchen das Gemüth die eigene Erhabenheit seiner Bestimmung selbst über die Natur sich fühlbar machen kann. Diese Selbstschätzung verliert dadurch nichts, daß wir uns sicher sehen müssen, um dieses begeisternde Wohlgefallen zu empfinden; mithin, weil |262.15| es mit der Gefahr nicht Ernst ist, es auch (wie es scheinen möchte) mit der Erhabenheit unseres Geistesvermögens eben so wenig Ernst sein möchte. #106# Denn das Wohlgefallen betrifft hier nur die sich in solchem Falle entdeckende =Bestimmung= unseres Vermögens, so wie die Anlage zu demselben in unserer Natur ist; indessen daß die Entwickelung und Übung |262.20| desselben uns überlassen und obliegend bleibt. Und hierin ist Wahrheit, so sehr sich auch der Mensch, wenn er seine Reflexion bis dahin erstreckt, seiner gegenwärtigen wirklichen Ohnmacht bewußt sein mag. Dieses Princip scheint zwar zu weit hergeholt und vernünftelt, mithin für ein ästhetisches Urtheil überschwenglich zu sein: allein die Beobachtung |262.25| des Menschen beweiset das Gegentheil, und daß es den gemeinsten Beurtheilungen zum Grunde liegen kann, ob man sich gleich desselben nicht immer bewußt ist. Denn was ist das, was selbst dem Wilden ein Gegenstand der größten Bewunderung ist? Ein Mensch, der nicht erschrickt, der sich nicht fürchtet, also der Gefahr nicht weicht, zugleich aber |262.30| mit völliger Überlegung rüstig zu Werke geht. Auch im allergesittetsten Zustande bleibt diese vorzügliche Hochachtung für den Krieger; nur daß man noch dazu verlangt, daß er zugleich alle Tugenden des Friedens, Sanftmuth, Mitleid und selbst geziemende Sorgfalt für seine eigne Person, beweise: eben darum weil daran die Unbezwinglichkeit seines Gemüths |262.35| durch Gefahr erkannt wird. Daher mag man noch so viel in der Vergleichung des Staatsmanns mit dem Feldherrn über die Vorzüglichkeit der #107# Achtung, die einer vor dem andern verdient, streiten; das ästhetische Urtheil entscheidet für den letztern. Selbst der Krieg, wenn er mit Ordnung und Heiligachtung der bürgerlichen Rechte geführt wird, hat etwas Erhabenes an sich und macht zugleich die Denkungsart des Volks, welches ihn auf diese Art führt, nur um desto erhabener, je mehreren Gefahren |263.5| es ausgesetzt war und sich muthig darunter hat behaupten können: da hingegen ein langer Frieden den bloßen Handelsgeist, mit ihm aber den niedrigen Eigennutz, Feigheit und Weichlichkeit herrschend zu machen und die Denkungsart des Volks zu erniedrigen pflegt. Wider diese Auflösung des Begriffs des Erhabenen, sofern dieses der |263.10| Macht beigelegt wird, scheint zu streiten: daß wir Gott im Ungewitter, im Sturm, im Erdbeben u. d. gl. als im Zorn, zugleich aber auch in seiner Erhabenheit sich darstellend vorstellig zu machen pflegen, wobei doch die Einbildung einer Überlegenheit unseres Gemüths über die Wirkungen und, wie es scheint, gar über die Absichten einer solchen Macht Thorheit |263.15| und Frevel zugleich sein würde. Hier scheint kein Gefühl der Erhabenheit unserer eigenen Natur, sondern vielmehr Unterwerfung, Niedergeschlagenheit und Gefühl der gänzlichen Ohnmacht die Gemüthsstimmung zu sein, die sich für die Erscheinung eines solchen Gegenstandes schickt und auch gewöhnlichermaßen mit der Idee desselben bei dergleichen Naturbegebenheit |263.20| verbunden zu sein pflegt. In der Religion überhaupt scheint Niederwerfen, #108# Anbetung mit niederhängendem Haupte, mit zerknirschten, angstvollen Geberden und Stimmen das einzig schickliche Benehmen in Gegenwart der Gottheit zu sein, welches daher auch die meisten Völker angenommen haben und noch beobachten. Allein diese Gemüthsstimmung ist auch bei |263.25| weitem nicht mit der Idee der =Erhabenheit= einer Religion und ihres Gegenstandes an sich und nothwendig verbunden. Der Mensch, der sich wirklich fürchtet, weil er dazu in sich Ursache findet, indem er sich bewußt ist, mit seiner verwerflichen Gesinnung wider eine Macht zu verstoßen, deren Wille unwiderstehlich und zugleich gerecht ist, befindet sich gar nicht |263.30| in der Gemüthsfassung, um die göttliche Größe zu bewundern, wozu eine Stimmung zur ruhigen Contemplation und ganz freies Urtheil erforderlich ist. Nur alsdann, wenn er sich seiner aufrichtigen gottgefälligen Gesinnung bewußt ist, dienen jene Wirkungen der Macht, in ihm die Idee der Erhabenheit dieses Wesens zu erwecken, sofern er eine dessen Willen |263.35| gemäße Erhabenheit der Gesinnung bei sich selbst erkennt und dadurch über die Furcht vor solchen Wirkungen der Natur, die er nicht als Ausbrüche seines Zorns ansieht, erhoben wird. Selbst die Demuth als unnachsichtliche Beurtheilung seiner Mängel, die sonst beim Bewußtsein guter Gesinnungen leicht mit der Gebrechlichkeit der menschlichen Natur bemäntelt werden könnten, ist eine erhabene Gemüthsstimmung, sich willkürlich #109# dem Schmerze der Selbstverweise zu unterwerfen, um die Ursache dazu |264.5| nach und nach zu vertilgen. Auf solche Weise allein unterscheidet sich innerlich Religion von Superstition, welche letztere nicht Ehrfurcht für das Erhabene, sondern Furcht und Angst vor dem übermächtigen Wesen, dessen Willen der erschreckte Mensch sich unterworfen sieht, ohne ihn doch hochzuschätzen, im Gemüthe gründet: woraus denn freilich nichts als Gunstbewerbung |264.10| und Einschmeichelung statt einer Religion des guten Lebenswandels entspringen kann. Also ist die Erhabenheit in keinem Dinge der Natur, sondern nur in unserm Gemüthe enthalten, sofern wir der Natur in uns und dadurch auch der Natur (sofern sie auf uns einfließt) außer uns überlegen zu sein uns |264.15| bewußt werden können. Alles, was dieses Gefühl in uns erregt, wozu die Macht der Natur gehört, welche unsere Kräfte auffordert, heißt alsdann (obzwar uneigentlich) erhaben; und nur unter der Voraussetzung dieser Idee in uns und in Beziehung auf sie sind wir fähig, zur Idee der Erhabenheit desjenigen Wesens zu gelangen, welches nicht bloß durch seine |264.20| Macht, die es in der Natur beweiset, innige Achtung in uns wirkt, sondern noch mehr durch das Vermögen, welches in uns gelegt ist, jene ohne Furcht zu beurtheilen und unsere Bestimmung als über dieselbe erhaben zu denken. § 29. |264.25| #110# Von der Modalität des Urtheils über das Erhabene der Natur. Es giebt unzählige Dinge der schönen Natur, worüber wir Einstimmigkeit des Urtheils mit dem unsrigen jedermann geradezu ansinnen und auch, ohne sonderlich zu fehlen, erwarten können; aber mit unserm Urtheile |264.30| über das Erhabene in der Natur können wir uns nicht so leicht Eingang bei andern versprechen. Denn es scheint eine bei weitem größere Cultur nicht bloß der ästhetischen Urtheilskraft, sondern auch der Erkenntnißvermögen, die ihr zum Grunde liegen, erforderlich zu sein, um über diese Vorzüglichkeit der Naturgegenstände ein Urtheil fällen zu können. |264.35| Die Stimmung des Gemüths zum Gefühl des Erhabenen erfordert eine Empfänglichkeit desselben für Ideen; denn eben in der Unangemessenheit der Natur zu den letztern, mithin nur unter der Voraussetzung derselben und der Anspannung der Einbildungskraft, die Natur als ein Schema für die letztern zu behandeln, besteht das Abschreckende für die |265.5| Sinnlichkeit, welches doch zugleich anziehend ist: weil es eine Gewalt ist, welche die Vernunft auf jene ausübt, nur um sie ihrem eigentlichen Gebiete (dem praktischen) angemessen zu erweitern und sie auf das Unendliche hinaussehen zu lassen, welches für jene ein Abgrund ist. In der That wird ohne Entwickelung sittlicher Ideen das, was wir, durch Cultur |265.10| #111# vorbereitet, erhaben nennen, dem rohen Menschen bloß abschreckend vorkommen. Er wird an den Beweisthümern der Gewalt der Natur in ihrer Zerstörung und dem großen Maßstabe ihrer Macht, wogegen die seinige in Nichts verschwindet, lauter Mühseligkeit, Gefahr und Noth sehen, die den Menschen umgeben würden, der dahin gebannt wäre. So nannte der |265.15| gute, übrigens verständige savoyische Bauer (wie Hr. v. Saussure erzählt) alle Liebhaber der Eisgebirge ohne Bedenken Narren. Wer weiß auch, ob er so ganz Unrecht gehabt hätte, wenn jener Beobachter die Gefahren, denen er sich hier aussetzte, bloß, wie die meisten Reisende pflegen, aus Liebhaberei, oder um dereinst pathetische Beschreibungen davon geben zu |265.20| können, übernommen hätte? So aber war seine Absicht Belehrung der Menschen; und die seelenerhebende Empfindung hatte und gab der vortreffliche Mann den Lesern seiner Reisen in ihrem Kauf oben ein. Darum aber, weil das Urtheil über das Erhabene der Natur Cultur bedarf (mehr als das über das Schöne), ist es doch dadurch nicht eben von |265.25| der Cultur zuerst erzeugt und etwa bloß conventionsmäßig in der Gesellschaft eingeführt; sondern es hat seine Grundlage in der menschlichen Natur und zwar demjenigen, was man mit dem gesunden Verstande zugleich jedermann ansinnen und von ihm fordern kann, nämlich in der Anlage #112# zum Gefühl für (praktische) Ideen, d. i. zu dem moralischen. |265.30| Hierauf gründet sich nun die Nothwendigkeit der Beistimmung des Urtheils anderer vom Erhabenen zu dem unsrigen, welche wir in diesem zugleich mit einschließen. Denn so wie wir dem, der in der Beurtheilung eines Gegenstandes der Natur, welchen wir schön finden, gleichgültig ist, Mangel des =Geschmacks= vorwerfen: so sagen wir von dem, der bei dem, |265.35| was wir erhaben zu sein urtheilen, unbewegt bleibt, er habe kein =Gefühl=. Beides aber fordern wir von jedem Menschen und setzen es auch, wenn er einige Cultur hat, an ihm voraus: nur mit dem Unterschiede, daß wir das erstere, weil die Urtheilskraft darin die Einbildung bloß auf den Verstand als Vermögen der Begriffe bezieht, geradezu von jedermann, das zweite aber, weil sie darin die Einbildungskraft auf Vernunft als Vermögen der Ideen bezieht, nur unter einer subjectiven Voraussetzung (die |266.5| wir aber jedermann ansinnen zu dürfen uns berechtigt glauben) fordern, nämlich der des moralischen Gefühls im Menschen, und hiemit auch diesem ästhetischen Urtheile Nothwendigkeit beilegen. In dieser Modalität der ästhetischen Urtheile, nämlich der angemaßten Nothwendigkeit derselben, liegt ein Hauptmoment für die Kritik der |266.10| Urtheilskraft. Denn die macht eben an ihnen ein Princip a priori kenntlich und erhebt sie aus der empirischen Psychologie, in welcher sie sonst unter #113# den Gefühlen des Vergnügens und Schmerzens (nur mit dem nichtssagenden Beiwort eines =feinern= Gefühls) begraben bleiben würden, um sie und vermittelst ihrer die Urtheilskraft in die Classe derer zu stellen, |266.15| welche Principien _a priori_ zum Grunde haben, als solche aber sie in die Transscendentalphilosophie hinüberzuziehen. Allgemeine Anmerkung zur Exposition der ästhetischen reflectirenden Urtheile. In Beziehung auf das Gefühl der Lust ist ein Gegenstand entweder |266.20| zum =Angenehmen=, oder =Schönen=, oder =Erhabenen=, oder =Guten= (schlechthin) zu zählen (_iucundum_, _pulchrum_, _sublime_, _honestum_). Das =Angenehme= ist als Triebfeder der Begierden durchgängig von einerlei Art, woher es auch kommen und wie specifisch-verschieden auch die Vorstellung (des Sinnes und der Empfindung, objectiv betrachtet) sein |266.25| mag. Daher kommt es bei der Beurtheilung des Einflusses desselben auf das Gemüth nur auf die Menge der Reize (zugleich und nach einander) und gleichsam nur auf die Masse der angenehmen Empfindung an; und diese läßt sich also durch nichts als die =Quantität= verständlich machen. Es cultivirt auch nicht, sondern gehört zum bloßen Genusse. — Das |266.30| =Schöne= erfordert dagegen die Vorstellung einer gewissen =Qualität= des Objects, die sich auch verständlich machen und auf Begriffe bringen läßt (wiewohl es im ästhetischen Urtheile darauf nicht gebracht wird); und cultivirt, indem es zugleich auf Zweckmäßigkeit im Gefühle der Lust Acht zu haben lehrt. — Das =Erhabene= besteht bloß in der =Relation=, worin |266.35| #114# das Sinnliche in der Vorstellung der Natur für einen möglichen übersinnlichen Gebrauch desselben als tauglich beurtheilt wird. — Das =Schlechthin-Gute=, subjectiv nach dem Gefühle, welches es einflößt, beurtheilt, (das Object des moralischen Gefühls) als die Bestimmbarkeit der Kräfte des Subjects durch die Vorstellung eines =schlechthin-nöthigenden= |267.5| Gesetzes, unterscheidet sich vornehmlich durch die =Modalität= einer auf Begriffen _a priori_ beruhenden Nothwendigkeit, die nicht bloß =Anspruch=, sondern auch =Gebot= des Beifalls für jedermann in sich enthält, und gehört an sich zwar nicht für die ästhetische, sondern die reine intellectuelle Urtheilskraft; wird auch nicht in einem bloß reflectirenden, sondern bestimmenden |267.10| Urtheile, nicht der Natur, sondern der Freiheit beigelegt. Aber die =Bestimmbarkeit des Subjects= durch diese Idee und zwar eines Subjects, welches in sich an der Sinnlichkeit =Hindernisse=, zugleich aber Überlegenheit über dieselbe durch die Überwindung derselben als =Modification seines Zustandes= empfinden kann, d. i. das moralische |267.15| Gefühl, ist doch mit der ästhetischen Urtheilskraft und deren =formalen Bedingungen= sofern verwandt, daß es dazu dienen kann, die Gesetzmäßigkeit der Handlung aus Pflicht zugleich als ästhetisch, d. i. als erhaben, oder auch als schön vorstellig zu machen, ohne an seiner Reinigkeit einzubüßen: welches nicht Statt findet, wenn man es mit dem Gefühl des |267.20| Angenehmen in natürliche Verbindung setzen wollte. Wenn man das Resultat aus der bisherigen Exposition beiderlei Arten ästhetischer Urtheile zieht, so würden sich daraus folgende kurze Erklärungen ergeben: =Schön= ist das, was in der bloßen Beurtheilung (also nicht vermittelst |267.25| der Empfindung des Sinnes nach einem Begriffe des Verstandes) gefällt. #115# Hieraus folgt von selbst, daß es ohne alles Interesse gefallen müsse. =Erhaben= ist das, was durch seinen Widerstand gegen das Interesse der Sinne unmittelbar gefällt. Beide als Erklärungen ästhetischer allgemeingültiger Beurtheilung |267.30| beziehen sich auf subjective Gründe, nämlich einerseits der Sinnlichkeit, so wie sie zu Gunsten des contemplativen Verstandes, andererseits wie sie wider dieselbe, dagegen für die Zwecke der praktischen Vernunft und doch beide in demselben Subjecte vereinigt, in Beziehung auf das moralische Gefühl zweckmäßig sind. Das Schöne bereitet uns vor, etwas, selbst die |267.35| Natur ohne Interesse zu lieben; das Erhabene, es selbst wider unser (sinnliches) Interesse hochzuschätzen. Man kann das Erhabene so beschreiben: es ist ein Gegenstand (der Natur), =dessen Vorstellung das Gemüth bestimmt, sich die Unerreichbarkeit der Natur als Darstellung von Ideen zu denken=. Buchstäblich genommen und logisch betrachtet, können Ideen nicht dargestellt werden. Aber wenn wir unser empirisches Vorstellungsvermögen |268.5| (mathematisch, oder dynamisch) für die Anschauung der Natur erweitern: so tritt unausbleiblich die Vernunft hinzu, als Vermögen der Independenz der absoluten Totalität, und bringt die, obzwar vergebliche, Bestrebung des Gemüths hervor, die Vorstellung der Sinne dieser angemessen zu machen. Diese Bestrebung und das Gefühl der Unerreichbarkeit |268.10| der Idee durch die Einbildungskraft ist selbst eine Darstellung der subjectiven Zweckmäßigkeit unseres Gemüths im Gebrauche der Einbildungskraft für dessen übersinnliche Bestimmung und nöthigt uns, subjectiv die Natur selbst in ihrer Totalität, als Darstellung von etwas Übersinnlichem, #116# zu =denken=, ohne diese Darstellung =objectiv= zu Stande bringen zu können. |268.15| Denn das werden wir bald inne, daß der Natur im Raume und der Zeit das Unbedingte, mithin auch die absolute Größe ganz abgehe, die doch von der gemeinsten Vernunft verlangt wird. Eben dadurch werden wir auch erinnert, daß wir es nur mit einer Natur als Erscheinung zu thun haben, und diese selbst noch als bloße Darstellung einer Natur an |268.20| sich (welche die Vernunft in der Idee hat) müsse angesehen werden. Diese Idee des Übersinnlichen aber, die wir zwar nicht weiter bestimmen, mithin die Natur als Darstellung derselben nicht =erkennen=, sondern nur =denken= können, wird in uns durch einen Gegenstand erweckt, dessen ästhetische Beurtheilung die Einbildungskraft bis zu ihrer Gränze, es sei der Erweiterung |268.25| (mathematisch), oder ihrer Macht über das Gemüth (dynamisch), anspannt, indem sie sich auf dem Gefühle einer Bestimmung desselben gründet, welche das Gebiet der ersteren gänzlich überschreitet (dem moralischen Gefühl), in Ansehung dessen die Vorstellung des Gegenstandes als subjectiv-zweckmäßig beurtheilt wird. |268.30| In der That läßt sich ein Gefühl für das Erhabene der Natur nicht wohl denken, ohne eine Stimmung des Gemüths, die der zum moralischen ähnlich ist, damit zu verbinden; und obgleich die unmittelbare Lust am Schönen der Natur gleichfalls eine gewisse =Liberalität= der Denkungsart, d. i. Unabhängigkeit des Wohlgefallens vom bloßen Sinnengenusse, |268.35| voraussetzt und cultivirt, so wird dadurch noch mehr die Freiheit im =Spiele=, als unter einem gesetzlichen =Geschäfte= vorgestellt: welches die ächte Beschaffenheit der Sittlichkeit des Menschen ist, wo die Vernunft der Sinnlichkeit Gewalt anthun muß, nur daß im ästhetischen Urtheile über #117# das Erhabene diese Gewalt durch die Einbildungskraft selbst, als durch ein Werkzeug der Vernunft, ausgeübt vorgestellt wird. Das Wohlgefallen am Erhabenen der Natur ist daher auch nur =negativ= |269.5| (statt dessen das am Schönen =positiv= ist), nämlich ein Gefühl der Beraubung der Freiheit der Einbildungskraft durch sie selbst, indem sie nach einem andern Gesetze, als dem des empirischen Gebrauchs zweckmäßig bestimmt wird. Dadurch bekommt sie eine Erweiterung und Macht, welche größer ist als die, welche sie aufopfert, deren Grund aber ihr selbst |269.10| verborgen ist, statt dessen sie die Aufopferung oder die Beraubung und zugleich die Ursache =fühlt=, der sie unterworfen wird. Die =Verwunderung=, die an Schreck gränzt, das Grausen und der heilige Schauer, welcher den Zuschauer bei dem Anblicke himmelansteigender Gebirgsmassen, tiefer Schlünde und darin tobender Gewässer, tiefbeschatteter, zum schwermüthigen |269.15| Nachdenken einladender Einöden u. s. w. ergreift, ist bei der Sicherheit, worin er sich weiß, nicht wirkliche Furcht, sondern nur ein Versuch, uns mit der Einbildungskraft darauf einzulassen, um die Macht ebendesselben Vermögens zu fühlen, die dadurch erregte Bewegung des Gemüths mit dem Ruhestande desselben zu verbinden und so der Natur |269.20| in uns selbst, mithin auch der außer uns, sofern sie auf das Gefühl unseres Wohlbefindens Einfluß haben kann, überlegen zu sein. Denn die Einbildungskraft nach dem Associationsgesetze macht unseren Zustand der Zufriedenheit physisch abhängig; aber eben dieselbe nach Principien des Schematisms der Urtheilskraft (folglich sofern der Freiheit untergeordnet) |269.25| ist Werkzeug der Vernunft und ihrer Ideen, als solches aber eine Macht, unsere Unabhängigkeit gegen die Natureinflüsse zu behaupten, das, was nach der ersteren groß ist, als klein abzuwürdigen und so das #118# Schlechthin-Große nur in seiner (des Subjects) eigenen Bestimmung zu setzen. Diese Reflexion der ästhetischen Urtheilskraft, sich zur Angemessenheit |269.30| mit der Vernunft (doch ohne einen bestimmten Begriff derselben) zu erheben, stellt den Gegenstand selbst durch die objective Unangemessenheit der Einbildungskraft in ihrer größten Erweiterung für die Vernunft (als Vermögen der Ideen) doch als subjectiv-zweckmäßig vor. Man muß hier überhaupt darauf Acht haben, was oben schon erinnert |269.35| worden ist, daß in der transscendentalen Ästhetik der Urtheilskraft lediglich von reinen ästhetischen Urtheilen die Rede sein müsse, folglich die Beispiele nicht von solchen schönen oder erhabenen Gegenständen der Natur hergenommen werden dürfen, die den Begriff von einem Zwecke voraussetzen; denn alsdann würde es entweder teleologische, oder sich auf bloßen Empfindungen eines Gegenstandes (Vergnügen oder Schmerz) |270.5| gründende, mithin im ersteren Falle nicht ästhetische, im zweiten nicht bloße formale Zweckmäßigkeit sein. Wenn man also den Anblick des bestirnten Himmels =erhaben= nennt, so muß man der Beurtheilung desselben nicht Begriffe von Welten, von vernünftigen Wesen bewohnt, und nun die hellen Punkte, womit wir den Raum über uns erfüllt sehen, als |270.10| ihre Sonnen in sehr zweckmäßig für sie gestellten Kreisen bewegt, zum Grunde legen, sondern bloß, wie man ihn sieht, als ein weites Gewölbe, was alles befaßt; und bloß unter dieser Vorstellung müssen wir die Erhabenheit setzen, die ein reines ästhetisches Urtheil diesem Gegenstande beilegt. Eben so den Anblick des Oceans nicht so, wie wir, mit allerlei |270.15| Kenntnissen (die aber nicht in der unmittelbaren Anschauung enthalten sind) bereichert, ihn =denken=; etwa als ein weites Reich von Wassergeschöpfen, als den großen Wasserschatz für die Ausdünstungen, welche die #119# Luft mit Wolken zum Behuf der Länder beschwängern, oder auch als ein Element, das zwar Welttheile von einander trennt, gleichwohl aber die |270.20| größte Gemeinschaft unter ihnen möglich macht: denn das giebt lauter teleologische Urtheile; sondern man muß den Ocean bloß, wie die Dichter es thun, nach dem, was der Augenschein zeigt, etwa, wenn er in Ruhe betrachtet wird, als einen klaren Wasserspiegel, der bloß vom Himmel begränzt ist, aber, ist er unruhig, wie einen alles zu verschlingen drohenden |270.25| Abgrund, dennoch erhaben finden können. Eben das ist von dem Erhabenen und Schönen in der Menschengestalt zu sagen, wo wir nicht auf Begriffe der Zwecke, =wozu= alle seine Gliedmaßen da sind, als Bestimmungsgründe des Urtheils zurücksehen und die Zusammenstimmung mit ihnen auf unser (alsdann nicht mehr reines) ästhetisches Urtheil nicht |270.30| =einfließen= lassen müssen, obgleich, daß sie jenen nicht widerstreiten, freilich eine nothwendige Bedingung auch des ästhetischen Wohlgefallens ist. Die ästhetische Zweckmäßigkeit ist die Gesetzmäßigkeit der Urtheilskraft in ihrer =Freiheit=. Das Wohlgefallen an dem Gegenstande hängt von der Beziehung ab, in welcher wir die Einbildungskraft setzen wollen: nur daß |270.35| sie für sich selbst das Gemüth in freier Beschäftigung unterhalte. Wenn dagegen etwas anderes, es sei Sinnenempfindung oder Verstandesbegriff, das Urtheil bestimmt: so ist es zwar gesetzmäßig, aber nicht das Urtheil einer =freien= Urtheilskraft. Wenn man also von intellectueller Schönheit oder Erhabenheit spricht, so sind =erstlich= diese Ausdrücke nicht ganz richtig, weil es ästhetische Vorstellungsarten sind, die, wenn wir bloße reine Intelligenzen wären (oder |271.5| uns auch in Gedanken in diese Qualität versetzen), in uns gar nicht anzutreffen sein würden; =zweitens=, obgleich beide als Gegenstände eines #120# intellectuellen (moralischen) Wohlgefallens zwar sofern mit dem ästhetischen vereinbar sind, als sie auf keinem Interesse =beruhen=: so sind sie doch darin wiederum mit diesem schwer zu vereinigen, weil sie ein Interesse |271.10| =bewirken= sollen, welches, wenn die Darstellung zum Wohlgefallen in der ästhetischen Beurtheilung zusammenstimmen soll, in dieser niemals anders als durch ein Sinneninteresse, welches man damit in der Darstellung verbindet, geschehen würde, wodurch aber der intellectuellen Zweckmäßigkeit Abbruch geschieht, und sie verunreinigt wird. |271.15| Der Gegenstand eines reinen und unbedingten intellectuellen Wohlgefallens ist das moralische Gesetz in seiner Macht, die es in uns über alle und jede =vor ihm vorhergehende= Triebfedern des Gemüths ausübt; und da diese Macht sich eigentlich nur durch Aufopferungen ästhetisch-kenntlich macht (welches eine Beraubung, obgleich zum Behuf der innern |271.20| Freiheit, ist, dagegen eine unergründliche Tiefe dieses übersinnlichen Vermögens mit ihren ins Unabsehliche sich erstreckenden Folgen in uns aufdeckt): so ist das Wohlgefallen von der ästhetischen Seite (in Beziehung auf Sinnlichkeit) negativ, d. i. wider dieses Interesse, von der intellectuellen aber betrachtet, positiv und mit einem Interesse verbunden. Hieraus |271.25| folgt: daß das intellectuelle, an sich selbst zweckmäßige (das Moralisch-)Gute, ästhetisch beurtheilt, nicht sowohl schön, als vielmehr erhaben vorgestellt werden müsse, so daß es mehr das Gefühl der Achtung (welches den Reiz verschmäht), als der Liebe und vertraulichen Zuneigung erwecke; weil die menschliche Natur nicht so von selbst, sondern nur durch Gewalt, |271.30| welche die Vernunft der Sinnlichkeit anthut, zu jenem Guten zusammenstimmt. Umgekehrt wird auch das, was wir in der Natur außer uns, oder auch in uns (z. B. gewisse Affecten) erhaben nennen, nur als eine #121# Macht des Gemüths, sich über =gewisse= Hindernisse der Sinnlichkeit durch moralische Grundsätze zu schwingen, vorgestellt und dadurch interessant |271.35| werden. Ich will bei dem letztern etwas verweilen. Die Idee des Guten mit Affect heißt der =Enthusiasm=. Dieser Gemüthszustand scheint erhaben zu sein, dermaßen daß man gemeiniglich vorgiebt: ohne ihn könne nichts Großes ausgerichtet werden. Nun ist aber jeder Affect[10] blind, entweder in der Wahl seines Zwecks, oder wenn dieser auch durch Vernunft gegeben worden, in der Ausführung desselben; denn er ist diejenige Bewegung des |272.5| Gemüths, welche es unvermögend macht, freie Überlegung der Grundsätze anzustellen, um sich darnach zu bestimmen. Also kann er auf keinerlei Weise ein Wohlgefallen der Vernunft verdienen. Ästhetisch gleichwohl ist der Enthusiasm erhaben, weil er eine Anspannung der Kräfte durch Ideen ist, welche dem Gemüthe einen Schwung geben, der weit mächtiger und |272.10| dauerhafter wirkt, als der Antrieb durch Sinnenvorstellungen. Aber (welches befremdlich scheint) selbst =Affectlosigkeit= (_Apatheia, Phlegma in significatu bono_) eines seinen unwandelbaren Grundsätzen nachdrücklich #122# nachgehenden Gemüths ist und zwar auf weit vorzüglichere Art erhaben, weil sie zugleich das Wohlgefallen der reinen Vernunft auf ihrer Seite |272.15| hat. Eine dergleichen Gemüthsart heißt allein edel: welcher Ausdruck nachher auch auf Sachen, z. B. Gebäude, ein Kleid, Schreibart, körperlichen Anstand u. d. gl., angewandt wird, wenn diese nicht sowohl =Verwunderung= (Affect in der Vorstellung der Neuigkeit, welche die Erwartung übersteigt), als =Bewunderung= (eine Verwunderung, die beim |272.20| Verlust der Neuigkeit nicht aufhört) erregt, welches geschieht, wenn Ideen in ihrer Darstellung unabsichtlich und ohne Kunst zum ästhetischen Wohlgefallen zusammenstimmen. [10] =Affecten= sind von =Leidenschaften= specifisch unterschieden. Jene beziehen |272.30| sich bloß auf das Gefühl; diese gehören dem Begehrungsvermögen an und sind Neigungen, welche alle Bestimmbarkeit der Willkür durch Grundsätze erschweren oder unmöglich machen. Jene sind stürmisch und unvorsätzlich, diese anhaltend und überlegt: so ist der Unwille als Zorn ein Affect; aber als Haß (Rachgier) eine Leidenschaft. Die letztere kann niemals und in keinem Verhältniß erhaben |272.35| genannt werden: weil im Affect die Freiheit des Gemüths zwar =gehemmt=, in der Leidenschaft aber aufgehoben wird. Ein jeder Affect von der WACKERN ART (der nämlich das Bewußtsein unserer Kräfte jeden Widerstand zu überwinden (_animi strenui_) rege |272.25| macht) ist =ästhetisch erhaben=, z. B. der Zorn, sogar die Verzweiflung (nämlich die =entrüstete=, nicht aber die =verzagte=). Der Affect von der SCHMELZENDEN Art aber (welcher die Bestrebung zu widerstehen selbst zum Gegenstande der Unlust (_animum languidum_) macht) hat nichts =Edeles= an sich, kann aber zum Schönen der Sinnesart gezählt werden. Daher sind die =Rührungen=, welche bis zum Affect stark werden können, auch sehr verschieden. Man hat =muthige=, man hat =zärtliche= Rührungen. Die letztern, wenn sie bis zum Affect steigen, taugen gar nichts; der Hang dazu heißt die =Empfindelei=. Ein theilnehmender Schmerz, der sich nicht |273.5| will trösten lassen, oder auf den wir uns, wenn er erdichtete Übel betrifft, bis zur Täuschung durch die Phantasie, als ob es wirkliche wären, vorsätzlich einlassen, beweiset und macht eine weiche, aber zugleich schwache Seele, die eine schöne Seite zeigt und zwar phantastisch, aber nicht einmal enthusiastisch genannt werden kann. Romane, weinerliche Schauspiele, |273.10| #123# schale Sittenvorschriften, die mit (obzwar fälschlich) sogenannten edlen Gesinnungen tändeln, in der That aber das Herz welk und für die strenge Vorschrift der Pflicht unempfindlich, aller Achtung für die Würde der Menschheit in unserer Person und das Recht der Menschen (welches ganz etwas anderes als ihre Glückseligkeit ist) und überhaupt aller festen |273.15| Grundsätze unfähig machen; selbst ein Religionsvortrag, welcher kriechende, niedrige Gunstbewerbung und Einschmeichelung empfiehlt, die alles Vertrauen auf eigenes Vermögen zum Widerstande gegen das Böse in uns aufgiebt, statt der rüstigen Entschlossenheit, die Kräfte, die uns bei aller unserer Gebrechlichkeit doch noch übrig bleiben, zu Überwindung der Neigungen |273.20| zu versuchen; die falsche Demuth, welche in der Selbstverachtung, in der winselnden erheuchelten Reue und einer bloß leidenden Gemüthsfassung die Art setzt, wie man allein dem höchsten Wesen gefällig werden könne: vertragen sich nicht einmal mit dem, was zur Schönheit, weit weniger aber noch mit dem, was zur Erhabenheit der Gemüthsart gezählt |273.25| werden könnte. Aber auch stürmische Gemüthsbewegungen, sie mögen nun unter dem Namen der Erbauung mit Ideen der Religion, oder als bloß zur Cultur gehörig mit Ideen, die ein gesellschaftliches Interesse enthalten, verbunden werden, können, so sehr sie auch die Einbildungskraft spannen, keinesweges |273.30| auf die Ehre einer =erhabenen= Darstellung Anspruch machen, wenn sie nicht eine Gemüthsstimmung zurücklassen, die, wenn gleich nur indirect, auf das Bewußtsein seiner Stärke und Entschlossenheit zu dem, was reine intellectuelle Zweckmäßigkeit bei sich führt (dem Übersinnlichen), Einfluß hat. Denn sonst gehören alle diese Rührungen nur zur =Motion=, welche |273.35| man der Gesundheit wegen gerne hat. Die angenehme Mattigkeit, welche #124# auf eine solche Rüttelung durch das Spiel der Affecten folgt, ist ein Genuß des Wohlbefindens aus dem hergestellten Gleichgewichte der mancherlei Lebenskräfte in uns: welcher am Ende auf dasselbe hinausläuft, als derjenige, den die Wollüstlinge des Orients so behaglich finden, wenn sie ihren Körper gleichsam durchkneten und alle ihre Muskeln und Gelenke sanft drücken und biegen lassen; nur daß dort das bewegende Princip größtentheils |274.5| in uns, hier hingegen gänzlich außer uns ist. Da glaubt sich nun mancher durch eine Predigt erbaut, in dem doch nichts aufgebauet (kein System guter Maximen) ist; oder durch ein Trauerspiel gebessert, der bloß über glücklich vertriebne Langeweile froh ist. Also muß das Erhabene jederzeit Beziehung auf die =Denkungsart= haben, d. i. auf Maximen, |274.10| dem Intellectuellen und den Vernunftideen über die Sinnlichkeit Obermacht zu verschaffen. Man darf nicht besorgen, daß das Gefühl des Erhabenen durch eine dergleichen abgezogene Darstellungsart, die in Ansehung des Sinnlichen gänzlich negativ wird, verlieren werde; denn die Einbildungskraft, ob sie |274.15| zwar über das Sinnliche hinaus nichts findet, woran sie sich halten kann, fühlt sich doch auch eben durch diese Wegschaffung der Schranken derselben unbegränzt: und jene Absonderung ist also eine Darstellung des Unendlichen, welche zwar eben darum niemals anders als bloß negative Darstellung sein kann, die aber doch die Seele erweitert. Vielleicht giebt es |274.20| keine erhabenere Stelle im Gesetzbuche der Juden, als das Gebot: Du sollst dir kein Bildniß machen, noch irgend ein Gleichniß, weder dessen, was im Himmel, noch auf der Erden, noch unter der Erden ist u. s. w. Dieses Gebot allein kann den Enthusiasm erklären, den das jüdische Volk in seiner gesitteten Epoche für seine Religion fühlte, wenn es sich mit andern |274.25| Völkern verglich, oder denjenigen Stolz, den der Mohammedanism #125# einflößt. Eben dasselbe gilt auch von der Vorstellung des moralischen Gesetzes und der Anlage zur Moralität in uns. Es ist eine ganz irrige Besorgniß, daß, wenn man sie alles dessen beraubt, was sie den Sinnen empfehlen kann, sie alsdann keine andere als kalte, leblose Billigung und |274.30| keine bewegende Kraft oder Rührung bei sich führen würde. Es ist gerade umgekehrt; denn da, wo nun die Sinne nichts mehr vor sich sehen, und die unverkennliche und unauslöschliche Idee der Sittlichkeit dennoch übrig bleibt, würde es eher nöthig sein, den Schwung einer unbegränzten Einbildungskraft zu mäßigen, um ihn nicht bis zum Enthusiasm steigen |274.35| zu lassen, als aus Furcht vor Kraftlosigkeit dieser Ideen für sie in Bildern und kindischem Apparat Hülfe zu suchen. Daher haben auch die Regierungen gerne erlaubt, die Religion mit dem letztern Zubehör reichlich versorgen zu lassen, und so dem Unterthan die Mühe, zugleich aber auch das Vermögen zu benehmen gesucht, seine Seelenkräfte über die Schranken auszudehnen, die man ihm willkürlich setzen und wodurch man ihn, als bloß passiv, leichter behandeln kann. |275.5| Diese reine, seelenerhebende, bloß negative Darstellung der Sittlichkeit bringt dagegen keine Gefahr der =Schwärmerei=, welche =ein Wahn ist, über alle Gränze der Sinnlichkeit hinaus etwas= SEHEN, d. i. nach Grundsätzen träumen (mit Vernunft rasen), zu =wollen=; eben darum weil die Darstellung bei jener bloß negativ ist. Denn =die Unerforschlichkeit |275.10| der Idee der Freiheit= schneidet aller positiven Darstellung gänzlich den Weg ab: das moralische Gesetz aber ist an sich selbst in uns hinreichend und ursprünglich bestimmend, so daß es nicht einmal erlaubt, uns nach einem Bestimmungsgrunde außer demselben umzusehen. Wenn #126# der Enthusiasm mit dem =Wahnsinn=, so ist die Schwärmerei mit dem |275.15| =Wahnwitz= zu vergleichen, wovon der letztere sich unter allen am wenigsten mit dem Erhabenen verträgt, weil er grüblerisch lächerlich ist. Im Enthusiasm als Affect ist die Einbildungskraft zügellos; in der Schwärmerei als eingewurzelter brütender Leidenschaft regellos. Der erstere ist vorübergehender Zufall, der den gesundesten Verstand bisweilen wohl betrifft; |275.20| der zweite eine Krankheit, die ihn zerrüttet. =Einfalt= (kunstlose Zweckmäßigkeit) ist gleichsam der Stil der Natur im Erhabenen und so auch der Sittlichkeit, welche eine zweite (übersinnliche) Natur ist, wovon wir nur die Gesetze kennen, ohne das übersinnliche Vermögen in uns selbst, was den Grund dieser Gesetzgebung enthält, |275.25| durch Anschauen erreichen zu können. Noch ist anzumerken, daß, obgleich das Wohlgefallen am Schönen eben sowohl, als das am Erhabenen nicht allein durch allgemeine =Mittheilbarkeit= unter den andern ästhetischen Beurtheilungen kenntlich unterschieden ist, sondern auch durch diese Eigenschaft in Beziehung auf Gesellschaft |275.30| (in der es sich mittheilen läßt) ein Interesse bekommt, gleichwohl doch auch die =Absonderung von aller Gesellschaft= als etwas Erhabenes angesehen werde, wenn sie auf Ideen beruht, welche über alles sinnliche Interesse hinweg sehen. Sich selbst genug sein, mithin Gesellschaft nicht bedürfen, ohne doch ungesellig zu sein, d. i. sie zu fliehen, ist etwas |275.35| dem Erhabenen sich Näherndes, so wie jede Überhebung von Bedürfnissen. Dagegen ist Menschen zu fliehen, aus =Misanthropie=, weil man sie anfeindet, oder aus =Anthropophobie= (Menschenscheu), weil man sie als seine Feinde fürchtet, theils häßlich, theils verächtlich. Gleichwohl giebt es eine (sehr uneigentlich sogenannte) Misanthrophie, wozu die Anlage sich #127# mit dem Alter in vieler wohldenkenden Menschen Gemüth einzufinden pflegt, welche zwar, was das =Wohlwollen= betrifft, philanthropisch genug |276.5| ist, aber vom =Wohlgefallen= an Menschen durch eine lange traurige Erfahrung weit abgebracht ist: wovon der Hang zur Eingezogenheit, der phantastische Wunsch auf einem entlegenen Landsitze, oder auch (bei jungen Personen) die erträumte Glückseligkeit auf einem der übrigen Welt unbekannten Eilande mit einer kleinen Familie seine Lebenszeit zubringen |276.10| zu können, welche die Romanschreiber oder Dichter der Robinsonaden so gut zu nutzen wissen, Zeugniß giebt. Falschheit, Undankbarkeit, Ungerechtigkeit, das Kindische in den von uns selbst für wichtig und groß gehaltenen Zwecken, in deren Verfolgung sich Menschen selbst unter einander alle erdenkliche Übel anthun, stehen mit der Idee dessen, was sie sein könnten, |276.15| wenn sie wollten, so im Widerspruch und sind dem lebhaften Wunsche, sie besser zu sehen, so sehr entgegen: daß, um sie nicht zu hassen, da man sie nicht lieben kann, die Verzichtthuung auf alle gesellschaftliche Freuden nur ein kleines Opfer zu sein scheint. Diese Traurigkeit, nicht über die Übel, welche das Schicksal über andere Menschen verhängt (wovon die |276.20| Sympathie Ursache ist), sondern die sie sich selbst anthun (welche auf der Antipathie in Grundsätzen beruht), ist, weil sie auf Ideen beruht, erhaben, indessen daß die erstere ebenfalls nur für schön gelten kann. — Der eben so geistreiche als gründliche =Saussure= sagt in der Beschreibung seiner Alpenreisen von =Bonhomme=, einem der savoyischen Gebirge: »Es herrscht |276.25| daselbst eine gewisse =abgeschmackte Traurigkeit=.« Er kannte daher doch auch eine =interessante= Traurigkeit, welche der Anblick einer Einöde einflößt, in die sich Menschen wohl versetzen möchten, um von der Welt nichts #128# weiter zu hören, noch zu erfahren, die denn doch nicht so ganz unwirthbar sein muß, daß sie nur einen höchst mühseligen Aufenthalt für Menschen |276.30| darböte. — Ich mache diese Anmerkung nur in der Absicht, um zu erinnern, daß auch Betrübniß (nicht niedergeschlagene Traurigkeit) zu den =rüstigen= Affecten gezählt werden könne, wenn sie in moralischen Ideen ihren Grund hat; wenn sie aber auf Sympathie gegründet und als solche auch liebenswürdig ist, sie bloß zu den =schmelzenden= Affecten gehöre: |276.35| um dadurch auf die Gemüthsstimmung, die nur im ersteren Falle =erhaben= ist, aufmerksam zu machen. * * * * * Man kann mit der jetzt durchgeführten transscendentalen Exposition der ästhetischen Urtheile nun auch die physiologische, wie sie ein =Burke= und viele scharfsinnige Männer unter uns bearbeitet haben, vergleichen, um zu sehen, wohin eine bloß empirische Exposition des Erhabenen und Schönen führe. =Burke=[11], der in dieser Art der Behandlung als der vornehmste |277.5| Verfasser genannt zu werden verdient, bringt auf diesem Wege (S. 223 seines Werks) heraus: »daß das Gefühl des Erhabenen sich auf dem Triebe zur Selbsterhaltung und auf =Furcht=, d. i. einem Schmerze, gründe, der, weil er nicht bis zur wirklichen Zerrüttung der körperlichen Theile geht, Bewegungen hervorbringt, die, da sie die feineren oder gröberen |277.10| Gefäße von gefährlichen und beschwerlichen Verstopfungen reinigen, im Stande sind, angenehme Empfindungen zu erregen, zwar nicht Lust, sondern eine Art von wohlgefälligem Schauer, eine gewisse Ruhe, die mit #129# Schrecken vermischt ist.« Das Schöne, welches er auf Liebe gründet (wovon er doch die Begierde abgesondert wissen will), führt er (S. 251–52) |277.15| »auf die Nachlassung, Losspannung und Erschlaffung der Fibern des Körpers, mithin eine Erweichung, Auflösung, Ermattung, ein Hinsinken, Hinsterben, Wegschmelzen vor Vergnügen hinaus«. Und nun bestätigt er diese Erklärungsart nicht allein durch Fälle, in denen die Einbildungskraft in Verbindung mit dem Verstande, sondern sogar mit Sinnesempfindung |277.20| in uns das Gefühl des Schönen sowohl als des Erhabenen erregen könne. — Als psychologische Bemerkungen sind diese Zergliederungen der Phänomene unseres Gemüths überaus schön und geben reichen Stoff zu den beliebtesten Nachforschungen der empirischen Anthropologie. Es ist auch nicht zu läugnen, daß alle Vorstellungen in uns, sie mögen objectiv |277.25| bloß sinnlich, oder ganz intellectuell sein, doch subjectiv mit Vergnügen oder Schmerz, so unmerklich beides auch sein mag, verbunden werden können (weil sie insgesammt das Gefühl des Lebens afficiren, und keine derselben, sofern als sie Modification des Subjects ist, indifferent sein kann); sogar daß, wie Epikur behauptete, immer =Vergnügen= und |277.30| =Schmerz= zuletzt doch körperlich sei, es mag nun von der Einbildung, oder gar von Verstandesvorstellungen anfangen: weil das Leben ohne das Gefühl des körperlichen Organs bloß Bewußtsein seiner Existenz, aber kein Gefühl des Wohl- oder Übelbefindens, d. i. der Beförderung oder Hemmung der Lebenskräfte, sei; weil das Gemüth für sich allein ganz Leben (das Lebensprincip selbst) ist, und Hindernisse oder Beförderungen außer demselben und doch im Menschen selbst, mithin in der Verbindung |278.5| mit seinem Körper gesucht werden müssen. [11] Nach der deutschen Übersetzung seiner Schrift: Philosophische Untersuchungen über den Ursprung unserer Begriffe vom Schönen und Erhabenen. Riga, bei Hartknoch 1773. |277.35| Setzt man aber das Wohlgefallen am Gegenstande ganz und gar #130# darin, daß dieser durch Reiz oder durch Rührung vergnügt: so muß man auch keinem =andern= zumuthen, zu dem ästhetischen Urtheile, was =wir= fällen, beizustimmen; denn darüber befragt ein jeder mit Recht nur seinen |278.10| Privatsinn. Alsdann aber hört auch alle Censur des Geschmacks gänzlich auf; man müßte denn das Beispiel, welches andere durch die zufällige Übereinstimmung ihrer Urtheile geben, zum =Gebot= des Beifalls für uns machen, wider welches Princip wir uns doch vermuthlich sträuben und auf das natürliche Recht berufen würden, das Urtheil, welches auf dem unmittelbaren |278.15| Gefühle des eigenen Wohlbefindens beruht, seinem eigenen Sinne und nicht anderer ihrem zu unterwerfen. Wenn also das Geschmacksurtheil nicht für =egoistisch=, sondern seiner innern Natur nach, d. i. um sein selbst, nicht um der Beispiele willen, die andere von ihrem Geschmack geben, nothwendig als =pluralistisch= gelten |278.20| muß, wenn man es als ein solches würdigt, welches zugleich verlangen darf, daß jedermann ihm beipflichten soll: so muß ihm irgend ein (es sei objectives oder subjectives) Princip _a priori_ zum Grunde liegen, zu welchem man durch Aufspähung empirischer Gesetze der Gemüthsveränderungen niemals gelangen kann: weil diese nur zu erkennen geben, wie geurtheilt |278.25| wird, nicht aber gebieten, wie geurtheilt werden soll, und zwar gar so, daß das Gebot =unbedingt= ist; dergleichen die Geschmacksurtheile voraussetzen, indem sie das Wohlgefallen mit einer Vorstellung =unmittelbar= verknüpft wissen wollen. Also mag die empirische Exposition der ästhetischen Urtheile immer den Anfang machen, um den Stoff zu einer höhern |278.30| Untersuchung herbeizuschaffen; eine transscendentale Erörterung dieses Vermögens ist doch möglich und zur Kritik des Geschmacks wesentlich gehörig. #131# Denn ohne daß derselbe Principien _a priori_ habe, könnte er unmöglich die Urtheile anderer richten und über sie auch nur mit einigem Scheine des Rechts Billigungs- oder Verwerfungsaussprüche fällen. |278.35| Das übrige zur Analytik der ästhetischen Urtheilskraft Gehörige enthält zuvörderst die Deduction der reinen ästhetischen Urtheile. § 30. Die Deduction der ästhetischen Urtheile über die Gegenstände der Natur darf nicht auf das, was wir in dieser erhaben nennen, sondern nur auf das Schöne gerichtet |279.5| werden. Der Anspruch eines ästhetischen Urtheils auf allgemeine Gültigkeit für jedes Subject bedarf als ein Urtheil, welches sich auf irgend ein Princip _a priori_ fußen muß, einer Deduction (d. i. Legitimation seiner Anmaßung), welche über die Exposition desselben noch hinzukommen muß, wenn es |279.10| nämlich ein Wohlgefallen oder Mißfallen an der =Form des Objects= betrifft. Dergleichen sind die Geschmacksurtheile über das Schöne der Natur. Denn die Zweckmäßigkeit hat alsdann doch im Objecte und seiner Gestalt ihren Grund, wenn sie gleich nicht die Beziehung desselben auf andere Gegenstände nach Begriffen (zum Erkenntnißurtheile) anzeigt; |279.15| sondern bloß die Auffassung dieser Form, sofern sie dem =Vermögen= sowohl #132# der Begriffe, als dem der Darstellung derselben (welches mit dem der Auffassung eines und dasselbe ist) im Gemüth sich gemäß zeigt, überhaupt betrifft. Man kann daher auch in Ansehung des Schönen der Natur mancherlei Fragen aufwerfen, welche die Ursache dieser Zweckmäßigkeit |279.20| ihrer Formen betreffen: z. B. wie man erklären wolle, warum die Natur so verschwenderisch allerwärts Schönheit verbreitet habe, selbst im Grunde des Oceans, wo nur selten das menschliche Auge (für welches jene doch allein zweckmäßig ist) hingelangt, u. d. gl. m. Allein das Erhabene der Natur — wenn wir darüber ein reines |279.25| ästhetisches Urtheil fällen, welches nicht mit Begriffen von Vollkommenheit als objectiver Zweckmäßigkeit vermengt ist; in welchem Falle es ein teleologisches Urtheil sein würde — kann ganz als formlos oder ungestalt, dennoch aber als Gegenstand eines reinen Wohlgefallens betrachtet werden und subjective Zweckmäßigkeit der gegebenen Vorstellung zeigen; und da |279.30| fragt es sich nun: ob zu dem ästhetischen Urtheile dieser Art auch außer der Exposition dessen, was in ihm gedacht wird, noch eine Deduction seines Anspruchs auf irgend ein (subjectives) Princip _a priori_ verlangt werden könne. Hierauf dient zur Antwort: daß das Erhabene der Natur nur uneigentlich so genannt werde und eigentlich bloß der Denkungsart, oder vielmehr der Grundlage zu derselben in der menschlichen Natur beigelegt werden müsse. Dieser sich bewußt zu werden, giebt die Auffassung eines #133# sonst formlosen und unzweckmäßigen Gegenstandes bloß die Veranlassung, |280.5| welcher auf solche Weise subjectiv-zweckmäßig =gebraucht=, aber nicht als ein solcher =für sich= und seiner Form wegen beurtheilt wird (gleichsam _species finalis accepta, non data_). Daher war unsere Exposition der Urtheile über das Erhabene der Natur zugleich ihre Deduction. Denn wenn wir die Reflexion der Urtheilskraft in denselben zerlegten, so fanden |280.10| wir in ihnen ein zweckmäßiges Verhältniß der Erkenntnißvermögen, welches dem Vermögen der Zwecke (dem Willen) _a priori_ zum Grunde gelegt werden muß und daher selbst _a priori_ zweckmäßig ist: welches denn sofort die Deduction, d. i. die Rechtfertigung des Anspruchs eines dergleichen Urtheils auf allgemein-nothwendige Gültigkeit, enthält. |280.15| Wir werden also nur die Deduction der Geschmacksurtheile, d. i. der Urtheile über die Schönheit der Naturdinge, zu suchen haben und so der Aufgabe für die gesammte ästhetische Urtheilskraft im Ganzen ein Genüge thun. § 31. |280.20| Von der Methode der Deduction der Geschmacksurtheile. Die Obliegenheit einer Deduction, d. i. der Gewährleistung der Rechtmäßigkeit, einer Art Urtheile tritt nur ein, wenn das Urtheil Anspruch auf #134# Nothwendigkeit macht; welches der Fall auch alsdann ist, wenn es subjective Allgemeinheit, d. i. jedermanns Beistimmung, fordert: indeß es |280.25| doch kein Erkenntnißurtheil, sondern nur der Lust oder Unlust an einem gegebenen Gegenstande, d. i. Anmaßung einer durchgängig für jedermann geltenden subjectiven Zweckmäßigkeit, ist, die sich auf keine Begriffe von der Sache gründen soll, weil es Geschmacksurtheil ist. Da wir im letztern Falle kein Erkenntnißurtheil, weder ein theoretisches, |280.30| welches den Begriff einer =Natur= überhaupt durch den Verstand, noch ein (reines) praktisches, welches die Idee der =Freiheit= als _a priori_ durch die Vernunft gegeben zum Grunde legt, vor uns haben; und also weder ein Urtheil, welches vorstellt, was eine Sache ist, noch daß ich, um sie hervorzubringen, etwas verrichten soll, nach seiner Gültigkeit _a priori_ |280.35| zu rechtfertigen haben: so wird bloß die =allgemeine Gültigkeit= eines =einzelnen= Urtheils, welches die subjective Zweckmäßigkeit einer empirischen Vorstellung der Form eines Gegenstandes ausdrückt, für die Urtheilskraft überhaupt darzuthun sein, um zu erklären, wie es möglich sei, daß etwas bloß in der Beurtheilung (ohne Sinnenempfindung oder Begriff) gefallen könne, und, so wie die Beurtheilung eines Gegenstandes zum |281.5| Behuf einer =Erkenntniß= überhaupt allgemeine Regeln hat, auch das #135# Wohlgefallen eines Jeden für jeden andern als Regel dürfe angekündigt werden. Wenn nun diese Allgemeingültigkeit sich nicht auf Stimmensammlung und Herumfragen bei andern wegen ihrer Art zu empfinden gründen, |281.10| sondern gleichsam auf einer Autonomie des über das Gefühl der Lust (an der gegebenen Vorstellung) urtheilenden Subjects, d. i. auf seinem eigenen Geschmacke, beruhen, gleichwohl aber doch auch nicht von Begriffen abgeleitet werden soll: so hat ein solches Urtheil — wie das Geschmacksurtheil in der That ist — eine zwiefache und zwar logische |281.15| Eigenthümlichkeit: nämlich =erstlich= die Allgemeingültigkeit a priori und doch nicht eine logische Allgemeinheit nach Begriffen, sondern die Allgemeinheit eines einzelnen Urtheils; =zweitens= eine Nothwendigkeit (die jederzeit auf Gründen _a priori_ beruhen muß), die aber doch von keinen Beweisgründen _a priori_ abhängt, durch deren Vorstellung der Beifall, |281.20| den das Geschmacksurtheil jedermann ansinnt, erzwungen werden könnte. Die Auflösung dieser logischen Eigenthümlichkeiten, worin sich ein Geschmacksurtheil von allen Erkenntnißurtheilen unterscheidet, wenn wir hier anfänglich von allem Inhalte desselben, nämlich dem Gefühle der Lust, abstrahiren und bloß die ästhetische Form mit der Form der objectiven |281.25| Urtheile, wie sie die Logik vorschreibt, vergleichen, wird allein zur Deduction dieses sonderbaren Vermögens hinreichend sein. Wir wollen also diese charakteristischen Eigenschaften des Geschmacks zuvor, durch Beispiele #136# erläutert, vorstellig machen. § 32. |281.30| Erste Eigenthümlichkeit des Geschmacksurtheils. Das Geschmacksurtheil bestimmt seinen Gegenstand in Ansehung des Wohlgefallens (als Schönheit) mit einem Anspruche auf =jedermanns= Beistimmung, als ob es objectiv wäre. Sagen: diese Blume ist schön, heißt eben so viel, als ihren eigenen |281.35| Anspruch auf jedermanns Wohlgefallen ihr nur nachsagen. Durch die Annehmlichkeit ihres Geruchs hat sie gar keine Ansprüche. Den einen ergötzt dieser Geruch, dem andern benimmt er den Kopf. Was sollte man nun anders daraus vermuthen, als daß die Schönheit für eine Eigenschaft der Blume selbst gehalten werden müsse, die sich nicht nach der Verschiedenheit |282.5| der Köpfe und so vieler Sinne richtet, sondern wornach sich diese richten müssen, wenn sie darüber urtheilen wollen? Und doch verhält es sich nicht so. Denn darin besteht eben das Geschmacksurtheil, daß es eine Sache nur nach derjenigen Beschaffenheit schön nennt, in welcher sie sich nach unserer Art sie aufzunehmen richtet. |282.10| Überdies wird von jedem Urtheil, welches den Geschmack des Subjects beweisen soll, verlangt: daß das Subject für sich, ohne nöthig zu #137# haben, durch Erfahrung unter den Urtheilen anderer herumzutappen und sich von ihrem Wohlgefallen oder Mißfallen an demselben Gegenstande vorher zu belehren, urtheilen, mithin sein Urtheil nicht als Nachahmung, |282.15| weil ein Ding etwa wirklich allgemein gefällt, sondern _a priori_ aussprechen solle. Man sollte aber denken, daß ein Urtheil _a priori_ einen Begriff vom Object enthalten müsse, zu dessen Erkenntniß es das Princip enthält; das Geschmacksurtheil aber gründet sich gar nicht auf Begriffe und ist überall nicht Erkenntniß, sondern nur ein ästhetisches Urtheil. |282.20| Daher läßt sich ein junger Dichter von der Überredung, daß sein Gedicht schön sei, nicht durch das Urtheil des Publicums, noch seiner Freunde abbringen; und wenn er ihnen Gehör giebt, so geschieht es nicht darum, weil er es nun anders beurtheilt, sondern weil er, wenn gleich (wenigstens in Absicht seiner) das ganze Publicum einen falschen Geschmack |282.25| hätte, sich doch (selbst wider sein Urtheil) dem gemeinen Wahne zu bequemen, in seiner Begierde nach Beifall Ursache findet. Nur späterhin, wenn seine Urtheilskraft durch Ausübung mehr geschärft worden, geht er freiwillig von seinem vorigen Urtheile ab; so wie er es auch mit seinen Urtheilen hält, die ganz auf der Vernunft beruhen. Der Geschmack macht |282.30| bloß auf Autonomie Anspruch. Fremde Urtheile sich zum Bestimmungsgrunde des seinigen zu machen, wäre Heteronomie. Daß man die Werke der Alten mit Recht zu Mustern anpreiset und #138# die Verfasser derselben classisch nennt gleich einem gewissen Adel unter den Schriftstellern, der dem Volke durch seinen Vorgang Gesetze giebt: scheint |282.35| Quellen des Geschmacks _a posteriori_ anzuzeigen und die Autonomie desselben in jedem Subjecte zu widerlegen. Allein man könnte eben so gut sagen, daß die alten Mathematiker, die bis jetzt für nicht wohl zu entbehrende Muster der höchsten Gründlichkeit und Eleganz der synthetischen Methode gehalten werden, auch eine nachahmende Vernunft auf unserer Seite bewiesen und ein Unvermögen derselben, aus sich selbst strenge Beweise mit der größten Intuition durch Construction der Begriffe hervorzubringen. |283.5| Es giebt gar keinen Gebrauch unserer Kräfte, so frei er auch sein mag, und selbst der Vernunft (die alle ihre Urtheile aus der gemeinschaftlichen Quelle _a priori_ schöpfen muß), welcher, wenn jedes Subject immer gänzlich von der rohen Anlage seines Naturells anfangen sollte, nicht in fehlerhafte Versuche gerathen würde, wenn nicht andere mit den |283.10| ihrigen ihm vorgegangen wären, nicht um die Nachfolgenden zu bloßen Nachahmern zu machen, sondern durch ihr Verfahren andere auf die Spur zu bringen, um die Principien in sich selbst zu suchen und so ihren eigenen, oft besseren Gang zu nehmen. Selbst in der Religion, wo gewiß ein jeder die Regel seines Verhaltens aus sich selbst hernehmen muß, weil er dafür |283.15| auch selbst verantwortlich bleibt und die Schuld seiner Vergehungen nicht #139# auf andre als Lehrer oder Vorgänger schieben kann, wird doch nie durch allgemeine Vorschriften, die man entweder von Priestern oder Philosophen bekommen, oder auch aus sich selbst genommen haben mag, so viel ausgerichtet werden, als durch ein Beispiel der Tugend oder Heiligkeit, welches, |283.20| in der Geschichte aufgestellt, die Autonomie der Tugend aus der eigenen und ursprünglichen Idee der Sittlichkeit (_a priori_) nicht entbehrlich macht, oder diese in einen Mechanism der Nachahmung verwandelt. =Nachfolge=, die sich auf einen Vorgang bezieht, nicht Nachahmung ist der rechte Ausdruck für allen Einfluß, welchen Producte eines exemplarischen Urhebers |283.25| auf Andere haben können; welches nur so viel bedeutet als: aus denselben Quellen schöpfen, woraus jener selbst schöpfte, und seinem Vorgänger nur die Art, sich dabei zu benehmen, ablernen. Aber unter allen Vermögen und Talenten ist der Geschmack gerade dasjenige, welches, weil sein Urtheil nicht durch Begriffe und Vorschriften bestimmbar ist, am meisten |283.30| der Beispiele dessen, was sich im Fortgange der Cultur am längsten in Beifall erhalten hat, bedürftig ist, um nicht bald wieder ungeschlacht zu werden und in die Rohigkeit der ersten Versuche zurückzufallen. § 33. #140# Zweite Eigenthümlichkeit des Geschmacksurtheils. Das Geschmacksurtheil ist gar nicht durch Beweisgründe bestimmbar, gleich als ob es bloß =subjectiv= wäre. Wenn jemand ein Gebäude, eine Aussicht, ein Gedicht nicht schön |284.5| findet, so läßt er sich =erstlich= den Beifall nicht durch hundert Stimmen, die es alle hoch preisen, innerlich aufdringen. Er mag sich zwar stellen, als ob es ihm auch gefalle, um nicht für geschmacklos angesehen zu werden; er kann sogar zu zweifeln anfangen, ob er seinen Geschmack durch Kenntniß einer genugsamen Menge von Gegenständen einer gewissen Art |284.10| auch genug gebildet habe (wie einer, der in der Entfernung etwas für einen Wald zu erkennen glaubt, was alle andere für eine Stadt ansehen, an dem Urtheile seines eigenen Gesichts zweifelt). Das sieht er aber doch klar ein: daß der Beifall anderer gar keinen für die Beurtheilung der Schönheit gültigen Beweis abgebe; daß andere allenfalls für ihn sehen |284.15| und beobachten mögen, und was viele auf einerlei Art gesehen haben, als ein hinreichender Beweisgrund für ihn, der es anders gesehen zu haben glaubt, zum theoretischen, mithin logischen, niemals aber das, was andern gefallen hat, zum Grunde eines ästhetischen Urtheils dienen könne. Das uns ungünstige Urtheil anderer kann uns zwar mit Recht in Ansehung |284.20| #141# des unsrigen bedenklich machen, niemals aber von der Unrichtigkeit desselben überzeugen. Also giebt es keinen empirischen =Beweisgrund=, das Geschmacksurtheil jemanden abzunöthigen. =Zweitens= kann noch weniger ein Beweis _a priori_ nach bestimmten Regeln das Urtheil über Schönheit bestimmen. Wenn mir jemand sein |284.25| Gedicht vorliest, oder mich in ein Schauspiel führt, welches am Ende meinem Geschmacke nicht behagen will, so mag er den =Batteux= oder =Lessing=, oder noch ältere und berühmtere Kritiker des Geschmacks und alle von ihnen aufgestellte Regeln zum Beweise anführen, daß sein Gedicht schön sei; auch mögen gewisse Stellen, die mir eben mißfallen, mit |284.30| Regeln der Schönheit (so wie sie dort gegeben und allgemein anerkannt sind) gar wohl zusammenstimmen: ich stopfe mir die Ohren zu, mag keine Gründe und kein Vernünfteln hören und werde eher annehmen, daß jene Regeln der Kritiker falsch seien, oder wenigstens hier nicht der Fall ihrer Anwendung sei, als daß ich mein Urtheil durch Beweisgründe _a priori_ |284.35| sollte bestimmen lassen, da es ein Urtheil des Geschmacks und nicht des Verstandes oder der Vernunft sein soll. Es scheint, daß dieses eine der Hauptursachen sei, weswegen man dieses ästhetische Beurtheilungsvermögen gerade mit dem Namen des Geschmacks belegt hat. Denn es mag mir jemand alle Ingredienzien |285.5| #142# eines Gerichts herzählen und von jedem bemerken, daß jedes derselben mir sonst angenehm sei, auch obenein die Gesundheit dieses Essens mit Recht rühmen; so bin ich gegen alle diese Gründe taub, versuche das Gericht an =meiner= Zunge und meinem Gaumen: und darnach (nicht nach allgemeinen Principien) fälle ich mein Urtheil. |285.10| In der That wird das Geschmacksurtheil durchaus immer als ein einzelnes Urtheil vom Object gefällt. Der Verstand kann durch die Vergleichung des Objects im Punkte des Wohlgefälligen mit dem Urtheile anderer ein allgemeines Urtheil machen: z. B. alle Tulpen sind schön; aber das ist alsdann kein Geschmacks-, sondern ein logisches Urtheil, welches |285.15| die Beziehung eines Objects auf den Geschmack zum Prädicate der Dinge von einer gewissen Art überhaupt macht; dasjenige aber, wodurch ich eine einzelne gegebene Tulpe schön, d. i. mein Wohlgefallen an derselben allgemeingültig, finde, ist allein das Geschmacksurtheil. Dessen Eigenthümlichkeit besteht aber darin: daß, ob es gleich bloß subjective |285.20| Gültigkeit hat, es dennoch =alle= Subjecte so in Anspruch nimmt, als es nur immer geschehen könnte, wenn es ein objectives Urtheil wäre, das auf Erkenntnißgründen beruht und durch einen Beweis könnte erzwungen werden. § 34. |285.25| #143# Es ist kein objectives Princip des Geschmacks möglich. Unter einem Princip des Geschmacks würde man einen Grundsatz verstehen, unter dessen Bedingung man den Begriff eines Gegenstandes subsumiren und alsdann durch einen Schluß herausbringen könnte, daß er schön sei. Das ist aber schlechterdings unmöglich. Denn ich muß unmittelbar |285.30| an der Vorstellung desselben die Lust empfinden, und sie kann mir durch keine Beweisgründe angeschwatzt werden. Obgleich also Kritiker, wie =Hume= sagt, scheinbarer vernünfteln können als Köche, so haben sie doch mit diesen einerlei Schicksal. Den Bestimmungsgrund ihres Urtheils können sie nicht von der Kraft der Beweisgründe, sondern nur von der |285.35| Reflexion des Subjects über seinen eigenen Zustand (der Lust oder Unlust) mit Abweisung aller Vorschriften und Regeln erwarten. Worüber aber Kritiker dennoch vernünfteln können und sollen, so daß es zur Berichtigung und Erweiterung unserer Geschmacksurtheile gereiche: das ist nicht, den Bestimmungsgrund dieser Art ästhetischer Urtheile in |286.5| einer allgemeinen brauchbaren Formel darzulegen, welches unmöglich ist; sondern über die Erkenntnißvermögen und deren Geschäfte in diesen Urtheilen Nachforschung zu thun und die wechselseitige subjective Zweckmäßigkeit, #144# von welcher oben gezeigt ist, daß ihre Form in einer gegebenen Vorstellung die Schönheit des Gegenstandes derselben sei, in Beispielen aus |286.10| einander zu setzen. Also ist die Kritik des Geschmacks selbst nur subjectiv in Ansehung der Vorstellung, wodurch uns ein Object gegeben wird: nämlich sie ist die Kunst oder Wissenschaft, das wechselseitige Verhältniß des Verstandes und der Einbildungskraft zu einander in der gegebenen Vorstellung (ohne Beziehung auf vorhergehende Empfindung oder Begriff), |286.15| mithin die Einhelligkeit oder Mißhelligkeit derselben unter Regeln zu bringen und sie in Ansehung ihrer Bedingungen zu bestimmen. Sie ist =Kunst=, wenn sie dieses nur an Beispielen zeigt; sie ist =Wissenschaft=, wenn sie die Möglichkeit einer solchen Beurtheilung von der Natur dieser Vermögen, als Erkenntnißvermögen überhaupt, ableitet. Mit der letzteren |286.20| als transscendentalen Kritik haben wir es hier überall allein zu thun. Sie soll das subjective Princip des Geschmacks, als ein Princip _a priori_ der Urtheilskraft, entwickeln und rechtfertigen. Die Kritik als Kunst sucht bloß die physiologischen (hier psychologischen), mithin empirischen Regeln, nach denen der Geschmack wirklich verfährt, (ohne über ihre Möglichkeit |286.25| nachzudenken) auf die Beurtheilung seiner Gegenstände anzuwenden und kritisirt die Producte der schönen Kunst; so wie =jene= das Vermögen selbst, sie zu beurtheilen. § 35. #145# Das Princip des Geschmacks ist das subjective Princip der |286.30| Urtheilskraft überhaupt. Das Geschmacksurtheil unterscheidet sich darin von dem logischen: daß das letztere eine Vorstellung unter Begriffe vom Object, das erstere aber gar nicht unter einen Begriff subsumirt, weil sonst der nothwendige allgemeine Beifall durch Beweise würde erzwungen werden können. Gleichwohl |286.35| aber ist es darin dem letztern ähnlich, daß es eine Allgemeinheit und Nothwendigkeit, aber nicht nach Begriffen vom Object, folglich eine bloß subjective vorgiebt. Weil nun die Begriffe in einem Urtheile den Inhalt desselben (das zum Erkenntniß des Objects Gehörige) ausmachen, das Geschmacksurtheil aber nicht durch Begriffe bestimmbar ist, so gründet es sich nur auf der subjectiven formalen Bedingung eines Urtheils überhaupt. |287.5| Die subjective Bedingung aller Urtheile ist das Vermögen zu urtheilen selbst, oder die Urtheilskraft. Diese, in Ansehung einer Vorstellung, wodurch ein Gegenstand gegeben wird, gebraucht, erfordert zweier Vorstellungskräfte Zusammenstimmung: nämlich der Einbildungskraft (für die Anschauung und die Zusammensetzung des Mannigfaltigen derselben) und |287.10| des Verstandes (für den Begriff der Vorstellung der Einheit dieser Zusammensetzung). Weil nun dem Urtheile hier kein Begriff vom Objecte zum Grunde liegt, so kann es nur in der Subsumtion der Einbildungskraft #146# selbst (bei einer Vorstellung, wodurch ein Gegenstand gegeben wird) unter die Bedingung, daß der Verstand überhaupt von der Anschauung |287.15| zu Begriffen gelangt, bestehen. D. i. weil eben darin, daß die Einbildungskraft ohne Begriff schematisirt, die Freiheit derselben besteht: so muß das Geschmacksurtheil auf einer bloßen Empfindung der sich wechselseitig belebenden Einbildungskraft in ihrer =Freiheit= und des Verstandes mit seiner =Gesetzmäßigkeit=, also auf einem Gefühle beruhen, das den Gegenstand |287.20| nach der Zweckmäßigkeit der Vorstellung (wodurch ein Gegenstand gegeben wird) auf die Beförderung der Erkenntnißvermögen in ihrem freien Spiele beurtheilen läßt; und der Geschmack als subjective Urtheilskraft enthält ein Princip der Subsumtion, aber nicht der Anschauungen unter =Begriffe=, sondern des =Vermögens= der Anschauungen oder |287.25| Darstellungen (d. i. der Einbildungskraft) unter das Vermögen der Begriffe (d. i. den Verstand), sofern das erstere =in seiner Freiheit= zum letzteren =in seiner Gesetzmäßigkeit= zusammenstimmt. Um diesen Rechtsgrund nun durch eine Deduction der Geschmacksurtheile ausfindig zu machen, können nur die formalen Eigenthümlichkeiten |287.30| dieser Art Urtheile, mithin sofern an ihnen bloß die logische Form betrachtet wird, uns zum Leitfaden dienen. § 36. #147# Von der Aufgabe einer Deduction der Geschmacksurtheile. Mit der Wahrnehmung eines Gegenstandes kann unmittelbar der |287.35| Begriff von einem Objecte überhaupt, von welchem jene die empirischen Prädicate enthält, zu einem Erkenntnißurtheile verbunden und dadurch ein Erfahrungsurtheil erzeugt werden. Diesem liegen nun Begriffe _a priori_ von der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen der Anschauung, um es als Bestimmung eines Objects zu denken, zum Grunde; und diese Begriffe (die Kategorieen) erfordern eine Deduction, die auch in der Kritik |288.5| der r. V. gegeben worden, wodurch denn auch die Auflösung der Aufgabe zu Stande kommen konnte: Wie sind synthetische Erkenntnißurtheile _a priori_ möglich? Diese Aufgabe betraf also die Principien a priori des reinen Verstandes und seiner theoretischen Urtheile. Mit einer Wahrnehmung kann aber auch unmittelbar ein Gefühl |288.10| der Lust (oder Unlust) und ein Wohlgefallen verbunden werden, welches die Vorstellung des Objects begleitet und derselben statt Prädicats dient, und so ein ästhetisches Urtheil, welches kein Erkenntnißurtheil ist, entspringen. Einem solchen, wenn es nicht bloßes Empfindungs-, sondern ein formales Reflexions-Urtheil ist, welches dieses Wohlgefallen jedermann |288.15| als nothwendig ansinnt, muß etwas als Princip _a priori_ zum Grunde #148# liegen, welches allenfalls ein bloß subjectives sein mag (wenn ein objectives zu solcher Art Urtheile unmöglich sein sollte), aber auch als ein solches einer Deduction bedarf, damit begriffen werde, wie ein ästhetisches Urtheil auf Nothwendigkeit Anspruch machen könne. Hierauf gründet sich nun die |288.20| Aufgabe, mit der wir uns jetzt beschäftigen: Wie sind Geschmacksurtheile möglich? Welche Aufgabe also die Principien _a priori_ der reinen Urtheilskraft in =ästhetischen= Urtheilen betrifft, d. i. in solchen, wo sie nicht (wie in den theoretischen) unter objectiven Verstandesbegriffen bloß zu subsumiren hat und unter einem Gesetze steht, sondern wo sie sich selbst subjectiv |288.25| Gegenstand sowohl als Gesetz ist. Diese Aufgabe kann auch so vorgestellt werden: Wie ist ein Urtheil möglich, das bloß aus dem =eigenen= Gefühl der Lust an einem Gegenstande unabhängig von dessen Begriffe diese Lust, als der Vorstellung desselben Objects =in jedem andern Subjecte= anhängig, _a priori_, d. i. |288.30| ohne fremde Beistimmung abwarten zu dürfen, beurtheilte? Daß Geschmacksurtheile synthetische sind, ist leicht einzusehen, weil sie über den Begriff und selbst die Anschauung des Objects hinausgehen und etwas, das gar nicht einmal Erkenntniß ist, nämlich Gefühl der Lust (oder Unlust), zu jener als Prädicat hinzuthun. Daß sie aber, obgleich |288.35| das Prädicat (der mit der Vorstellung verbundenen =eigenen= Lust) empirisch #149# ist, gleichwohl, was die geforderte Beistimmung =von jedermann= betrifft, Urtheile _a priori_ sind, oder dafür gehalten werden wollen, ist gleichfalls schon in den Ausdrücken ihres Anspruchs enthalten; und so gehört diese Aufgabe der Kritik der Urtheilskraft unter das allgemeine Problem der Transscendentalphilosophie: Wie sind synthetische Urtheile _a priori_ möglich? |289.5| § 37. Was wird eigentlich in einem Geschmacksurtheile von einem Gegenstande _a priori_ behauptet? Daß die Vorstellung von einem Gegenstande unmittelbar mit einer Lust verbunden sei, kann nur innerlich wahrgenommen werden und würde, |289.10| wenn man nichts weiter als dieses anzeigen wollte, ein bloß empirisches Urtheil geben. Denn _a priori_ kann ich mit keiner Vorstellung ein bestimmtes Gefühl (der Lust oder Unlust) verbinden, außer wo ein den Willen bestimmendes Princip _a priori_ in der Vernunft zum Grunde liegt; da denn die Lust (im moralischen Gefühl) die Folge davon ist, eben darum |289.15| aber mit der Lust im Geschmacke gar nicht verglichen werden kann, weil sie einen bestimmten Begriff von einem Gesetze erfordert: da hingegen jene unmittelbar mit der bloßen Beurtheilung vor allem Begriffe verbunden sein soll. Daher sind auch alle Geschmacksurtheile einzelne Urtheile, #150# weil sie ihr Prädicat des Wohlgefallens nicht mit einem Begriffe, |289.20| sondern mit einer gegebenen einzelnen empirischen Vorstellung verbinden. Also ist es nicht die Lust, sondern die =Allgemeingültigkeit dieser Lust=, die mit der bloßen Beurtheilung eines Gegenstandes im Gemüthe als verbunden wahrgenommen wird, welche _a priori_ als allgemeine Regel für die Urtheilskraft, für jedermann gültig, in einem Geschmacksurtheile |289.25| vorgestellt wird. Es ist ein empirisches Urtheil: daß ich einen Gegenstand mit Lust wahrnehme und beurtheile. Es ist aber ein Urtheil _a priori_: daß ich ihn schön finde, d. i. jenes Wohlgefallen jedermann als nothwendig ansinnen darf. § 38. |289.30| Deduction der Geschmacksurtheile. Wenn eingeräumt wird, daß in einem reinen Geschmacksurtheile das Wohlgefallen an dem Gegenstande mit der bloßen Beurtheilung seiner Form verbunden sei: so ist es nichts anders, als die subjective Zweckmäßigkeit derselben für die Urtheilskraft, welche wir mit der Vorstellung des Gegenstandes im Gemüthe verbunden empfinden. Da nun die Urtheilskraft in Ansehung der formalen Regeln der Beurtheilung, ohne alle Materie (weder Sinnenempfindung noch Begriff), nur auf die subjectiven #151# Bedingungen des Gebrauchs der Urtheilskraft überhaupt (die weder auf |290.5| die besondere Sinnesart, noch einen besondern Verstandesbegriff eingeschränkt ist) gerichtet sein kann; folglich auf dasjenige Subjective, welches man in allen Menschen (als zum möglichen Erkenntnisse überhaupt erforderlich) voraussetzen kann: so muß die Übereinstimmung einer Vorstellung mit diesen Bedingungen der Urtheilskraft als für jedermann |290.10| gültig _a priori_ angenommen werden können. D. i. die Lust oder subjective Zweckmäßigkeit der Vorstellung für das Verhältniß der Erkenntnißvermögen in der Beurtheilung eines sinnlichen Gegenstandes überhaupt wird jedermann mit Recht angesonnen werden können[12]. [12] Um berechtigt zu sein, auf allgemeine Beistimmung zu einem bloß auf subjectiven |290.25| Gründen beruhenden Urtheile der ästhetischen Urtheilskraft Anspruch zu machen, ist genug, daß man einräume: 1) Bei allen Menschen seien die subjectiven Bedingungen dieses Vermögens, was das Verhältniß der darin in Thätigkeit gesetzten Erkenntnißkräfte zu einem Erkenntniß überhaupt betrifft, einerlei; welches wahr sein muß, weil sich sonst Menschen ihre Vorstellungen und selbst das Erkenntniß nicht mittheilen |290.30| könnten. 2) Das Urtheil habe bloß auf dieses Verhältniß (mithin die =formale Bedingung= der Urtheilskraft) Rücksicht genommen und sei rein, d. i. weder mit Begriffen vom Object noch Empfindungen als Bestimmungsgründen, vermengt. Wenn in Ansehung dieses letztern auch gefehlt worden, so betrifft das nur die unrichtige Anwendung der Befugniß, die ein Gesetz uns giebt, auf einen besondern Fall, wodurch die Befugniß überhaupt nicht aufgehoben wird. |290.35| =Anmerkung.= |290.15| #152# Diese Deduction ist darum so leicht, weil sie keine objective Realität eines Begriffs zu rechtfertigen nöthig hat; denn Schönheit ist kein Begriff vom Object, und das Geschmacksurtheil ist kein Erkenntnißurtheil. Es behauptet nur: daß wir berechtigt sind, dieselben subjectiven Bedingungen der Urtheilskraft allgemein bei jedem Menschen vorauszusetzen, die wir |290.20| in uns antreffen; und nur noch, daß wir unter diese Bedingungen das gegebene Object richtig subsumirt haben. Obgleich nun dies letztere unvermeidliche, der logischen Urtheilskraft nicht anhängende Schwierigkeiten hat (weil man in dieser unter Begriffe, in der ästhetischen aber unter ein bloß empfindbares Verhältniß der an der vorgestellten Form des Objects wechselseitig unter einander stimmenden Einbildungskraft und des Verstandes subsumirt, wo die Subsumtion leicht trügen kann): so wird dadurch doch der Rechtmäßigkeit des Anspruchs der Urtheilskraft, auf allgemeine Beistimmung zu rechnen, nichts benommen, welcher nur darauf |291.5| hinausläuft, die Richtigkeit des Princips aus subjectiven Gründen für jedermann gültig zu urtheilen. Denn was die Schwierigkeit und den Zweifel wegen der Richtigkeit der Subsumtion unter jenes Princip betrifft, so macht sie die Rechtmäßigkeit des Anspruchs auf diese Gültigkeit eines ästhetischen Urtheils überhaupt, mithin das Princip selber so wenig |291.10| zweifelhaft, als die eben sowohl (obgleich nicht so oft und leicht) fehlerhafte Subsumtion der logischen Urtheilskraft unter ihr Princip das letztere, welches objectiv ist, zweifelhaft machen kann. Würde aber die Frage sein: Wie ist es möglich, die Natur als einen Inbegriff von Gegenständen des Geschmacks _a priori_ anzunehmen? so hat diese Aufgabe Beziehung auf die |291.15| Teleologie, weil es als ein Zweck der Natur angesehen werden müßte, der #153# ihrem Begriffe wesentlich anhinge, für unsere Urtheilskraft zweckmäßige Formen aufzustellen. Aber die Richtigkeit dieser Annahme ist noch sehr zu bezweifeln, indeß die Wirklichkeit der Naturschönheiten der Erfahrung offen liegt. |291.20| § 39. Von der Mittheilbarkeit einer Empfindung. Wenn Empfindung als das Reale der Wahrnehmung auf Erkenntniß bezogen wird, so heißt sie Sinnesempfindung; und das Specifische ihrer Qualität läßt sich nur als durchgängig auf gleiche Art mittheilbar |291.25| vorstellen, wenn man annimmt, daß jedermann einen gleichen Sinn mit dem unsrigen habe: dieses läßt sich aber von einer Sinnesempfindung schlechterdings nicht voraussetzen. So kann dem, welchem der Sinn des Geruchs fehlt, diese Art der Empfindung nicht mitgetheilt werden; und selbst wenn er ihm nicht mangelt, kann man doch nicht sicher sein, ob er |291.30| gerade die nämliche Empfindung von einer Blume habe, die wir davon haben. Noch mehr unterschieden müssen wir uns aber die Menschen in Ansehung der =Annehmlichkeit= oder =Unannehmlichkeit= bei der Empfindung eben desselben Gegenstandes der Sinne vorstellen; und es ist schlechterdings nicht zu verlangen, daß die Lust an dergleichen Gegenständen |291.35| von jedermann zugestanden werde. Man kann die Lust von dieser Art, weil sie durch den Sinn in das Gemüth kommt und wir dabei also passiv sind, die Lust des =Genusses= nennen. Das Wohlgefallen an einer Handlung um ihrer moralischen Beschaffenheit #154# willen ist dagegen keine Lust des Genusses, sondern der Selbstthätigkeit und deren Gemäßheit mit der Idee seiner Bestimmung. Dieses |292.5| Gefühl, welches das sittliche heißt, erfordert aber Begriffe und stellt keine freie, sondern gesetzliche Zweckmäßigkeit dar, läßt sich also auch nicht anders als vermittelst der Vernunft und, soll die Lust bei jedermann gleichartig sein, durch sehr bestimmte praktische Vernunftbegriffe allgemein mittheilen. Die Lust am Erhabenen der Natur, als Lust der vernünftelnden |292.10| Contemplation, macht zwar auch auf allgemeine Theilnehmung Anspruch, setzt aber doch schon ein anderes Gefühl, nämlich das seiner übersinnlichen Bestimmung, voraus: welches, so dunkel es auch sein mag, eine moralische Grundlage hat. Daß aber andere Menschen darauf Rücksicht nehmen und in der Betrachtung der rauhen Größe der Natur ein Wohlgefallen finden |292.15| werden (welches wahrhaftig dem Anblicke derselben, der eher abschreckend ist, nicht zugeschrieben werden kann), bin ich nicht schlechthin vorauszusetzen berechtigt. Dem ungeachtet kann ich doch in Betracht dessen, daß auf jene moralischen Anlagen bei jeder schicklichen Veranlassung Rücksicht genommen werden sollte, auch jenes Wohlgefallen jedermann ansinnen, |292.20| aber nur vermittelst des moralischen Gesetzes, welches seinerseits wiederum auf Begriffen der Vernunft gegründet ist. Dagegen ist die Lust am Schönen weder eine Lust des Genusses, noch #155# einer gesetzlichen Thätigkeit, auch nicht der vernünftelnden Contemplation nach Ideen, sondern der bloßen Reflexion. Ohne irgend einen Zweck oder |292.25| Grundsatz zur Richtschnur zu haben, begleitet diese Lust die gemeine Auffassung eines Gegenstandes durch die Einbildungskraft, als Vermögen der Anschauung, in Beziehung auf den Verstand, als Vermögen der Begriffe, vermittelst eines Verfahrens der Urtheilskraft, welches sie auch zum Behuf der gemeinsten Erfahrung ausüben muß: nur daß sie es hier, um einen |292.30| empirischen objectiven Begriff, dort aber (in der ästhetischen Beurtheilung) bloß, um die Angemessenheit der Vorstellung zur harmonischen (subjectiv-zweckmäßigen) Beschäftigung beider Erkenntnißvermögen in ihrer Freiheit wahrzunehmen, d. i. den Vorstellungszustand mit Lust zu empfinden, zu thun genöthigt ist. Diese Lust muß nothwendig bei jedermann auf den |292.35| nämlichen Bedingungen beruhen, weil sie subjective Bedingungen der Möglichkeit einer Erkenntniß überhaupt sind, und die Proportion dieser Erkenntnißvermögen, welche zum Geschmack erfordert wird, auch zum gemeinen und gesunden Verstande erforderlich ist, den man bei jedermann voraussetzen darf. Eben darum darf auch der mit Geschmack Urtheilende (wenn er nur in diesem Bewußtsein nicht irrt und nicht die Materie für die Form, Reiz für Schönheit nimmt) die subjective Zweckmäßigkeit, d. i. |293.5| #156# sein Wohlgefallen am Objecte, jedem andern ansinnen und sein Gefühl als allgemein mittheilbar und zwar ohne Vermittlung der Begriffe annehmen. § 40. Vom Geschmacke als einer Art von _sensus communis_. |293.10| Man giebt oft der Urtheilskraft, wenn nicht sowohl ihre Reflexion als vielmehr bloß das Resultat derselben bemerklich ist, den Namen eines Sinnes und redet von einem Wahrheitssinne, von einem Sinne für Anständigkeit, Gerechtigkeit u. s. w.; ob man zwar weiß, wenigstens billig wissen sollte, daß es nicht ein Sinn ist, in welchem diese Begriffe ihren |293.15| Sitz haben können, noch weniger, daß dieser zu einem Ausspruche allgemeiner Regeln die mindeste Fähigkeit habe: sondern daß uns von Wahrheit, Schicklichkeit, Schönheit oder Gerechtigkeit nie eine Vorstellung dieser Art in Gedanken kommen könnte, wenn wir uns nicht über die Sinne zu höhern Erkenntnißvermögen erheben könnten. =Der gemeine Menschenverstand=, |293.20| den man als bloß gesunden (noch nicht cultivirten) Verstand für das Geringste ansieht, dessen man nur immer sich von dem, welcher auf den Namen eines Menschen Anspruch macht, gewärtigen kann, hat daher auch die kränkende Ehre, mit dem Namen des Gemeinsinnes (_sensus communis_) belegt zu werden; und zwar so, daß man unter dem Worte |293.25| =gemein= (nicht bloß in unserer Sprache, die hierin wirklich eine Zweideutigkeit #157# enthält, sondern auch in mancher andern) so viel als das _vulgare_, was man allenthalben antrifft, versteht, welches zu besitzen schlechterdings kein Verdienst oder Vorzug ist. Unter dem _sensus +communis+_ aber muß man die Idee eines =gemeinschaftlichen= |293.30| Sinnes, d. i. eines Beurtheilungsvermögens verstehen, welches in seiner Reflexion auf die Vorstellungsart jedes andern in Gedanken (_a priori_) Rücksicht nimmt, um =gleichsam= an die gesammte Menschenvernunft sein Urtheil zu halten und dadurch der Illusion zu entgehen, die aus subjectiven Privatbedingungen, welche leicht für objectiv gehalten |293.35| werden könnten, auf das Urtheil nachtheiligen Einfluß haben würde. Dieses geschieht nun dadurch, daß man sein Urtheil an anderer nicht sowohl wirkliche als vielmehr bloß mögliche Urtheile hält und sich in die Stelle jedes andern versetzt, indem man bloß von den Beschränkungen, die unserer eigenen Beurtheilung zufälliger Weise anhängen, abstrahirt: welches wiederum dadurch bewirkt wird, daß man das, was in dem Vorstellungszustande |294.5| Materie, d. i. Empfindung ist, so viel möglich wegläßt und lediglich auf die formalen Eigenthümlichkeiten seiner Vorstellung oder seines Vorstellungszustandes Acht hat. Nun scheint diese Operation der Reflexion vielleicht allzu künstlich zu sein, um sie dem Vermögen, welches wir den =gemeinen= Sinn nennen, beizulegen; allein sie sieht auch nur so |294.10| #158# aus, wenn man sie in abstracten Formeln ausdrückt; an sich ist nichts natürlicher, als von Reiz und Rührung zu abstrahiren, wenn man ein Urtheil sucht, welches zur allgemeinen Regel dienen soll. Folgende Maximen des gemeinen Menschenverstandes gehören zwar nicht hieher, als Theile der Geschmackskritik, können aber doch zur Erläuterung |294.15| ihrer Grundsätze dienen. Es sind folgende: 1. Selbstdenken; 2. An der Stelle jedes andern denken; 3. Jederzeit mit sich selbst einstimmig denken. Die erste ist die Maxime der =vorurtheilfreien=, die zweite der =erweiterten=, die dritte der =consequenten= Denkungsart. Die erste ist die Maxime einer niemals =passiven= Vernunft. Der Hang |294.20| zur letztern, mithin zur Heteronomie der Vernunft heißt das =Vorurtheil=; und das größte unter allen ist, sich die Natur Regeln, welche der Verstand ihr durch sein eigenes wesentliches Gesetz zum Grunde legt, als nicht unterworfen vorzustellen: d. i. der =Aberglaube=. Befreiung vom Aberglauben heißt =Aufklärung=[13]: weil, obschon diese Benennung auch der Befreiung |294.25| von Vorurtheilen überhaupt zukommt, jener doch vorzugsweise (_in sensu #159# eminenti_) ein Vorurtheil genannt zu werden verdient, indem die Blindheit, worin der Aberglaube versetzt, ja sie wohl gar als Obliegenheit fordert, das Bedürfniß von andern geleitet zu werden, mithin den Zustand einer passiven Vernunft vorzüglich kenntlich macht. Was die zweite Maxime der Denkungsart betrifft, so sind wir sonst wohl gewohnt, denjenigen eingeschränkt (=bornirt=, das Gegentheil von =erweitert=) zu nennen, dessen Talente zu keinem großen Gebrauche (vornehmlich dem intensiven) zulangen. |295.5| Allein hier ist nicht die Rede vom Vermögen des Erkenntnisses, sondern von der =Denkungsart=, einen zweckmäßigen Gebrauch davon zu machen: welche, so klein auch der Umfang und der Grad sei, wohin die Naturgabe des Menschen reicht, dennoch einen Mann von =erweiterter Denkungsart= anzeigt, wenn er sich über die subjectiven Privatbedingungen des Urtheils, |295.10| wozwischen so viele andere wie eingeklammert sind, wegsetzt und aus einem =allgemeinen Standpunkte= (den er dadurch nur bestimmen kann, daß er sich in den Standpunkt anderer versetzt) über sein eigenes Urtheil reflectirt. Die dritte Maxime, nämlich die der =consequenten= #160# Denkungsart, ist am schwersten zu erreichen und kann auch nur durch die |295.15| Verbindung beider ersten und nach einer zur Fertigkeit gewordenen öfteren Befolgung derselben erreicht werden. Man kann sagen: die erste dieser Maximen ist die Maxime des Verstandes, die zweite der Urtheilskraft, die dritte der Vernunft. — [13] Man sieht bald, daß Aufklärung zwar in Thesi leicht, in Hypothesi aber eine schwere und langsam auszuführende Sache sei: weil mit seiner Vernunft nicht |294.30| passiv, sondern jederzeit sich selbst gesetzgebend zu sein zwar etwas ganz Leichtes für den Menschen ist, der nur seinem wesentlichen Zwecke angemessen sein will und das, was über seinen Verstand ist, nicht zu wissen verlangt; aber da die Bestrebung zum letzteren kaum zu verhüten ist, und es an andern, welche diese Wißbegierde befriedigen zu können mit vieler Zuversicht versprechen, nie fehlen wird: so muß das bloß Negative |294.35| (welches die eigentliche Aufklärung ausmacht) in der Denkungsart (zumal der öffentlichen) zu erhalten oder herzustellen sehr schwer sein. Ich nehme den durch diese Episode verlassenen Faden wieder auf und |295.20| sage: daß der Geschmack mit mehrerem Rechte _sensus communis_ genannt werden könne, als der gesunde Verstand; und daß die ästhetische Urtheilskraft eher als die intellectuelle den Namen eines gemeinschaftlichen Sinnes[14] führen könne, wenn man ja das Wort Sinn von einer Wirkung der bloßen Reflexion auf das Gemüth brauchen will: denn da versteht |295.25| man unter Sinn das Gefühl der Lust. Man könnte sogar den Geschmack durch das Beurtheilungsvermögen desjenigen, was unser Gefühl an einer gegebenen Vorstellung ohne Vermittelung eines Begriffs =allgemein mittheilbar= macht, definiren. [14] Man könnte den Geschmack durch _sensus communis aestheticus_, den gemeinen |295.35| Menschenverstand durch _sensus communis logicus_ bezeichnen. Die Geschicklichkeit der Menschen sich ihre Gedanken mitzutheilen erfordert |295.30| auch ein Verhältniß der Einbildungskraft und des Verstandes, um den Begriffen Anschauungen und diesen wiederum Begriffe zuzugesellen, #161# die in ein Erkenntniß zusammenfließen; aber alsdann ist die Zusammenstimmung beider Gemüthskräfte =gesetzlich= unter dem Zwange bestimmter Begriffe. Nur da, wo Einbildungskraft in ihrer Freiheit den Verstand erweckt, und dieser ohne Begriffe die Einbildungskraft in ein regelmäßiges Spiel versetzt: da theilt sich die Vorstellung, nicht als Gedanke, sondern als inneres Gefühl eines zweckmäßigen Zustandes des Gemüths, mit. Der Geschmack ist also das Vermögen, die Mittheilbarkeit der Gefühle, |296.5| welche mit gegebener Vorstellung (ohne Vermittelung eines Begriffs) verbunden sind, _a priori_ zu beurtheilen. Wenn man annehmen dürfte, daß die bloße allgemeine Mittheilbarkeit seines Gefühls an sich schon ein Interesse für uns bei sich führen müsse (welches man aber aus der Beschaffenheit einer bloß reflectirenden |296.10| Urtheilskraft zu schließen nicht berechtigt ist): so würde man sich erklären können, woher das Gefühl im Geschmacksurtheile gleichsam als Pflicht jedermann zugemuthet werde. § 41. Vom empirischen Interesse am Schönen. |296.15| Daß das Geschmacksurtheil, wodurch etwas für schön erklärt wird, kein Interesse =zum Bestimmungsgrunde= haben müsse, ist oben hinreichend dargethan worden. Aber daraus folgt nicht, daß, nachdem es als #162# reines ästhetisches Urtheil gegeben worden, kein Interesse damit verbunden werden könne. Diese Verbindung wird aber immer nur indirect sein |296.20| können, d. i. der Geschmack muß allererst mit etwas anderem verbunden vorgestellt werden, um mit dem Wohlgefallen der bloßen Reflexion über einen Gegenstand noch eine =Lust an der Existenz= desselben (als worin alles Interesse besteht) verknüpfen zu können. Denn es gilt hier im ästhetischen Urtheile, was im Erkenntnißurtheile (von Dingen überhaupt) |296.25| gesagt wird: _a posse ad esse non valet consequentia_. Dieses Andere kann nun etwas Empirisches sein, nämlich eine Neigung, die der menschlichen Natur eigen ist; oder etwas Intellectuelles als Eigenschaft des Willens, _a priori_ durch Vernunft bestimmt werden zu können: welche beide ein Wohlgefallen am Dasein eines Objects enthalten und so den |296.30| Grund zu einem Interesse an demjenigen legen können, was schon für sich und ohne Rücksicht auf irgend ein Interesse gefallen hat. Empirisch interessirt das Schöne nur in der =Gesellschaft=; und wenn man den Trieb zur Gesellschaft als dem Menschen natürlich, die Tauglichkeit aber und den Hang dazu, d. i. die =Geselligkeit=, zur Erforderniß |296.35| des Menschen als für die Gesellschaft bestimmten Geschöpfs, also als zur =Humanität= gehörige Eigenschaft, einräumt: so kann es nicht fehlen, daß man nicht auch den Geschmack als ein Beurtheilungsvermögen #163# alles dessen, wodurch man sogar sein =Gefühl= jedem andern mittheilen kann, mithin als Beförderungsmittel dessen, was eines jeden natürliche |297.5| Neigung verlangt, ansehen sollte. Für sich allein würde ein verlassener Mensch auf einer wüsten Insel weder seine Hütte, noch sich selbst ausputzen, oder Blumen aufsuchen, noch weniger sie pflanzen, um sich damit auszuschmücken; sondern nur in Gesellschaft kommt es ihm ein, nicht bloß Mensch, sondern auch nach seiner |297.10| Art ein feiner Mensch zu sein (der Anfang der Civilisirung): denn als einen solchen beurtheilt man denjenigen, welcher seine Lust andern mitzutheilen geneigt und geschickt ist, und den ein Object nicht befriedigt, wenn er das Wohlgefallen an demselben nicht in Gemeinschaft mit andern fühlen kann. Auch erwartet und fordert ein jeder die Rücksicht auf allgemeine |297.15| Mittheilung von jedermann, gleichsam als aus einem ursprünglichen Vertrage, der durch die Menschheit selbst dictirt ist; und so werden freilich anfangs nur Reize, z. B. Farben, um sich zu bemalen (Rocou bei den Caraiben und Zinnober bei den Irokesen), oder Blumen, Muschelschalen, schönfarbige Vogelfedern, mit der Zeit aber auch schöne Formen |297.20| (als an Canots, Kleidern u. s. w.), die gar kein Vergnügen, d. i. Wohlgefallen des Genusses, bei sich führen, in der Gesellschaft wichtig und mit großem Interesse verbunden: bis endlich die auf den höchsten Punkt gekommene #164# Civilisirung daraus beinahe das Hauptwerk der verfeinerten Neigung macht, und Empfindungen nur so viel werth gehalten werden, |297.25| als sie sich allgemein mittheilen lassen; wo denn, wenn gleich die Lust, die jeder an einem solchen Gegenstande hat, nur unbeträchtlich und für sich ohne merkliches Interesse ist, doch die Idee von ihrer allgemeinen Mittheilbarkeit ihren Werth beinahe unendlich vergrößert. Dieses indirect dem Schönen durch Neigung zur Gesellschaft angehängte, |297.30| mithin empirische Interesse ist aber für uns hier von keiner Wichtigkeit, die wir nur darauf zu sehen haben, was auf das Geschmacksurtheil _a priori_, wenn gleich nur indirect, Beziehung haben mag. Denn wenn auch in dieser Form sich ein damit verbundenes Interesse entdecken sollte, so würde Geschmack einen Übergang unseres Beurtheilungsvermögens |297.35| von dem Sinnengenuß zum Sittengefühl entdecken; und nicht allein, daß man dadurch den Geschmack zweckmäßig zu beschäftigen besser geleitet werden würde, es würde auch ein Mittelglied der Kette der menschlichen Vermögen _a priori_, von denen alle Gesetzgebung abhängen muß, als ein solches dargestellt werden. So viel kann man von dem empirischen Interesse an Gegenständen des Geschmacks und am Geschmack selbst wohl sagen, daß es, da dieser der Neigung fröhnt, obgleich sie noch so verfeinert sein |298.5| mag, sich doch auch mit allen Neigungen und Leidenschaften, die in der Gesellschaft ihre größte Mannigfaltigkeit und höchste Stufe erreichen, gern #165# zusammenschmelzen läßt, und das Interesse am Schönen, wenn es darauf gegründet ist, einen nur sehr zweideutigen Übergang vom Angenehmen zum Guten abgeben könne. Ob aber dieser nicht etwa doch durch den Geschmack, |298.10| wenn er in seiner Reinigkeit genommen wird, befördert werden könne, haben wir zu untersuchen Ursache. § 42. Vom intellectuellen Interesse am Schönen. Es geschah in gutmüthiger Absicht, daß diejenigen, welche alle Beschäftigungen |298.15| der Menschen, wozu diese die innere Naturanlage antreibt, gerne auf den letzten Zweck der Menschheit, nämlich das Moralisch-Gute, richten wollten, es für ein Zeichen eines guten moralischen Charakters hielten, am Schönen überhaupt ein Interesse zu nehmen. Ihnen ist aber nicht ohne Grund von andern widersprochen worden, die sich auf die Erfahrung |298.20| berufen, daß Virtuosen des Geschmacks, nicht allein öfter, sondern wohl gar gewöhnlich eitel, eigensinnig und verderblichen Leidenschaften ergeben, vielleicht noch weniger wie andere auf den Vorzug der Anhänglichkeit an sittliche Grundsätze Anspruch machen könnten; und so scheint es, daß das Gefühl für das Schöne nicht allein (wie es auch wirklich |298.25| ist) vom moralischen Gefühl specifisch unterschieden, sondern auch das Interesse, welches man damit verbinden kann, mit dem moralischen #166# schwer, keinesweges aber durch innere Affinität vereinbar sei. Ich räume nun zwar gerne ein, daß das Interesse am =Schönen der Kunst= (wozu ich auch den künstlichen Gebrauch der Naturschönheiten zum |298.30| Putze, mithin zur Eitelkeit rechne) gar keinen Beweis einer dem Moralisch-Guten anhänglichen, oder auch nur dazu geneigten Denkungsart abgebe. Dagegen aber behaupte ich, daß ein =unmittelbares Interesse= an der Schönheit der =Natur= zu nehmen (nicht bloß Geschmack haben, um sie zu beurtheilen) jederzeit ein Kennzeichen einer guten Seele sei; und daß, |298.35| wenn dieses Interesse habituell ist, es wenigstens eine dem moralischen Gefühl günstige Gemüthsstimmung anzeige, wenn es sich mit der =Beschauung der Natur= gerne verbindet. Man muß sich aber wohl erinnern, daß ich hier eigentlich die schönen =Formen= der Natur meine, die =Reize= dagegen, welche sie so reichlich auch mit jenen zu verbinden pflegt, |299.5| noch zur Seite setze, weil das Interesse daran zwar auch unmittelbar, aber doch empirisch ist. Der, welcher einsam (und ohne Absicht, seine Bemerkungen andern mittheilen zu wollen) die schöne Gestalt einer wilden Blume, eines Vogels, eines Insects u. s. w. betrachtet, um sie zu bewundern, zu lieben und sie |299.10| nicht gerne in der Natur überhaupt vermissen zu wollen, ob ihm gleich dadurch einiger Schaden geschähe, viel weniger ein Nutzen daraus für ihn hervorleuchtete, nimmt ein unmittelbares und zwar intellectuelles Interesse #167# an der Schönheit der Natur. D. i. nicht allein ihr Product der Form nach, sondern auch das Dasein desselben gefällt ihm, ohne daß ein |299.15| Sinnenreiz daran Antheil hätte, oder er auch irgend einen Zweck damit verbände. Es ist aber hiebei merkwürdig, daß, wenn man diesen Liebhaber des Schönen insgeheim hintergangen und künstliche Blumen (die man den natürlichen ganz ähnlich verfertigen kann) in die Erde gesteckt, oder |299.20| künstlich geschnitzte Vögel auf Zweige von Bäumen gesetzt hätte, und er darauf den Betrug entdeckte, das unmittelbare Interesse, was er vorher daran nahm, alsbald verschwinden, vielleicht aber ein anderes, nämlich das Interesse der Eitelkeit, sein Zimmer für fremde Augen damit auszuschmücken, an dessen Stelle sich einfinden würde. Daß die Natur jene |299.25| Schönheit hervorgebracht hat: dieser Gedanke muß die Anschauung und Reflexion begleiten; und auf diesem gründet sich allein das unmittelbare Interesse, was man daran nimmt. Sonst bleibt entweder ein bloßes Geschmacksurtheil ohne alles Interesse, oder nur ein mit einem mittelbaren, nämlich auf die Gesellschaft bezogenen, verbundenes übrig: welches letztere |299.30| keine sichere Anzeige auf moralisch-gute Denkungsart abgiebt. Dieser Vorzug der Naturschönheit vor der Kunstschönheit, wenn jene gleich durch diese der Form nach sogar übertroffen würde, dennoch allein #168# ein unmittelbares Interesse zu erwecken, stimmt mit der geläuterten und gründlichen Denkungsart aller Menschen überein, die ihr sittliches Gefühl |299.35| cultivirt haben. Wenn ein Mann, der Geschmack genug hat, um über Producte der schönen Kunst mit der größten Richtigkeit und Feinheit zu urtheilen, das Zimmer gern verläßt, in welchem jene die Eitelkeit und allenfalls gesellschaftliche Freuden unterhaltenden Schönheiten anzutreffen sind, und sich zum Schönen der Natur wendet, um hier gleichsam Wollust für seinen Geist in einem Gedankengange zu finden, den er sich nie völlig entwickeln kann: so werden wir diese seine Wahl selber mit Hochachtung |300.5| betrachten und in ihm eine schöne Seele voraussetzen, auf die kein Kunstkenner und Liebhaber um des Interesse willen, das er an seinen Gegenständen nimmt, Anspruch machen kann. — Was ist nun der Unterschied der so verschiedenen Schätzung zweierlei Objecte, die im Urtheile des bloßen Geschmacks einander kaum den Vorzug streitig machen würden? |300.10| Wir haben ein Vermögen der bloß ästhetischen Urtheilskraft, ohne Begriffe über Formen zu urtheilen und an der bloßen Beurtheilung derselben ein Wohlgefallen zu finden, welches wir zugleich jedermann zur Regel machen, ohne daß dieses Urtheil sich auf einem Interesse gründet, noch ein solches hervorbringt. — Andererseits haben wir auch ein Vermögen |300.15| einer intellectuellen Urtheilskraft, für bloße Formen praktischer Maximen (sofern sie sich zur allgemeinen Gesetzgebung von selbst qualificiren) #169# ein Wohlgefallen _a priori_ zu bestimmen, welches wir jedermann zum Gesetze machen, ohne daß unser Urtheil sich auf irgend einem Interesse gründet, =aber doch ein solches hervorbringt=. Die Lust oder Unlust |300.20| im ersteren Urtheile heißt die des Geschmacks, die zweite des moralischen Gefühls. Da es aber die Vernunft auch interessirt, daß die Ideen (für die sie im moralischen Gefühle ein unmittelbares Interesse bewirkt) auch objective Realität haben, d. i. daß die Natur wenigstens eine Spur zeige, oder |300.25| einen Wink gebe, sie enthalte in sich irgend einen Grund, eine gesetzmäßige Übereinstimmung ihrer Producte zu unserm von allem Interesse unabhängigen Wohlgefallen (welches wir _a priori_ für jedermann als Gesetz erkennen, ohne dieses auf Beweisen gründen zu können) anzunehmen: so muß die Vernunft an jeder Äußerung der Natur von einer dieser ähnlichen |300.30| Übereinstimmung ein Interesse nehmen; folglich kann das Gemüth über die Schönheit der =Natur= nicht nachdenken, ohne sich dabei zugleich interessirt zu finden. Dieses Interesse aber ist der Verwandtschaft nach moralisch; und der, welcher es am Schönen der Natur nimmt, kann es nur sofern an demselben nehmen, als er vorher schon sein Interesse am |300.35| Sittlich-Guten wohlgegründet hat. Wen also die Schönheit der Natur unmittelbar interessirt, bei dem hat man Ursache, wenigstens eine Anlage #170# zu guter moralischen Gesinnung zu vermuthen. Man wird sagen: diese Deutung ästhetischer Urtheile auf Verwandtschaft mit dem moralischen Gefühl sehe gar zu studirt aus, um sie für die wahre Auslegung der Chiffreschrift zu halten, wodurch die Natur in ihren |301.5| schönen Formen figürlich zu uns spricht. Allein erstlich ist dieses unmittelbare Interesse am Schönen der Natur wirklich nicht gemein, sondern nur denen eigen, deren Denkungsart entweder zum Guten schon ausgebildet, oder dieser Ausbildung vorzüglich empfänglich ist; und dann führt die Analogie zwischen dem reinen Geschmacksurtheile, welches, ohne von |301.10| irgend einem Interesse abzuhängen, ein Wohlgefallen fühlen läßt und es zugleich _a priori_ als der Menschheit überhaupt anständig vorstellt, und dem moralischen Urtheile, welches eben dasselbe aus Begriffen thut, auch ohne deutliches, subtiles und vorsätzliches Nachdenken auf ein gleichmäßiges unmittelbares Interesse an dem Gegenstande des ersteren, so wie an |301.15| dem des letzteren: nur daß jenes ein freies, dieses ein auf objective Gesetze gegründetes Interesse ist. Dazu kommt noch die Bewunderung der Natur, die sich an ihren schönen Producten als Kunst, nicht bloß durch Zufall, sondern gleichsam absichtlich, nach gesetzmäßiger Anordnung und als Zweckmäßigkeit ohne Zweck, zeigt: welchen letzteren, da wir ihn äußerlich |301.20| nirgend antreffen, wir natürlicher Weise in uns selbst und zwar in demjenigen, #171# was den letzten Zweck unseres Daseins ausmacht, nämlich der moralischen Bestimmung, suchen (von welcher Nachfrage nach dem Grunde der Möglichkeit einer solchen Naturzweckmäßigkeit aber allererst in der Teleologie die Rede sein wird). |301.25| Daß das Wohlgefallen an der schönen Kunst im reinen Geschmacksurtheile nicht eben so mit einem unmittelbaren Interesse verbunden ist, als das an der schönen Natur, ist auch leicht zu erklären. Denn jene ist entweder eine solche Nachahmung von dieser, die bis zur Täuschung geht: und alsdann thut sie die Wirkung als (dafür gehaltene) Naturschönheit; |301.30| oder sie ist eine absichtlich auf unser Wohlgefallen sichtbarlich gerichtete Kunst: alsdann aber würde das Wohlgefallen an diesem Producte zwar unmittelbar durch Geschmack Statt finden, aber kein anderes als mittelbares Interesse an der zum Grunde liegenden Ursache erwecken, nämlich einer Kunst, welche nur durch ihren Zweck, niemals an sich selbst interessiren |301.35| kann. Man wird vielleicht sagen, daß dieses auch der Fall sei, wenn ein Object der Natur durch seine Schönheit nur in sofern interessirt, als ihr eine moralische Idee beigesellt wird; aber nicht dieses, sondern die Beschaffenheit derselben an sich selbst, daß sie sich zu einer solchen Beigesellung qualificirt, die ihr also innerlich zukommt, interessirt unmittelbar. Die Reize in der schönen Natur, welche so häufig mit der schönen |302.5| Form gleichsam zusammenschmelzend angetroffen werden, sind entweder #172# zu den Modificationen des Lichts (in der Farbengebung) oder des Schalles (in Tönen) gehörig. Denn diese sind die einzigen Empfindungen, welche nicht bloß Sinnengefühl, sondern auch Reflexion über die Form dieser Modificationen der Sinne verstatten und so gleichsam eine Sprache, die |302.10| die Natur zu uns führt, und die einen höhern Sinn zu haben scheint, in sich enthalten. So scheint die weiße Farbe der Lilie das Gemüth zu Ideen der Unschuld und nach der Ordnung der sieben Farben von der rothen an bis zur violetten 1) zur Idee der Erhabenheit, 2) der Kühnheit, 3) der Freimüthigkeit, 4) der Freundlichkeit, 5) der Bescheidenheit, 6) der Standhaftigkeit |302.15| und 7) der Zärtlichkeit zu stimmen. Der Gesang der Vögel verkündigt Fröhlichkeit und Zufriedenheit mit seiner Existenz. Wenigstens so deuten wir die Natur aus, es mag dergleichen ihre Absicht sein oder nicht. Aber dieses Interesse, welches wir hier an Schönheit nehmen, bedarf durchaus, daß es Schönheit der Natur sei; und es verschwindet |302.20| ganz, sobald man bemerkt, man sei getäuscht, und es sei nur Kunst: so gar, daß auch der Geschmack alsdann nichts Schönes, oder das Gesicht etwas Reizendes mehr daran finden kann. Was wird von Dichtern höher gepriesen, als der bezaubernd schöne Schlag der Nachtigall in einsamen Gebüschen an einem stillen Sommerabende bei dem sanften Lichte des |302.25| Mondes? Indessen hat man Beispiele, daß, wo kein solcher Sänger angetroffen #173# wird, irgend ein lustiger Wirth seine zum Genuß der Landluft bei ihm eingekehrten Gäste dadurch zu ihrer größten Zufriedenheit hintergangen hatte, daß er einen muthwilligen Burschen, welcher diesen Schlag (mit Schilf oder Rohr im Munde) ganz der Natur ähnlich nachzumachen |302.30| wußte, in einem Gebüsche verbarg. Sobald man aber inne wird, daß es Betrug sei, so wird niemand es lange aushalten, diesem vorher für so reizend gehaltenen Gesange zuzuhören; und so ist es mit jedem anderen Singvogel beschaffen. Es muß Natur sein, oder von uns dafür gehalten werden, damit wir an dem Schönen als einem solchen ein unmittelbares |302.35| =Interesse= nehmen können; noch mehr aber, wenn wir gar andern zumuthen dürfen, daß sie es daran nehmen sollen: welches in der That geschieht, indem wir die Denkungsart derer für grob und unedel halten, die kein =Gefühl= für die schöne Natur haben (denn so nennen wir die Empfänglichkeit eines Interesse an ihrer Betrachtung) und sich bei der Mahlzeit oder der Bouteille am Genusse bloßer Sinnesempfindungen halten. § 43. |303.5| Von der Kunst überhaupt. 1) =Kunst= wird von der =Natur=, wie Thun (_facere_) vom Handeln oder Wirken überhaupt (_agere_) und das Product, oder die Folge der erstern, als =Werk= (_opus_) von der letztern als Wirkung (_effectus_) #174# unterschieden. |303.10| Von Rechtswegen sollte man nur die Hervorbringung durch Freiheit, d. i. durch eine Willkür, die ihren Handlungen Vernunft zum Grunde legt, Kunst nennen. Denn ob man gleich das Product der Bienen (die regelmäßig gebaueten Wachsscheiben) ein Kunstwerk zu nennen beliebt, so geschieht dieses doch nur wegen der Analogie mit der letzteren; sobald man |303.15| sich nämlich besinnt, daß sie ihre Arbeit auf keine eigene Vernunftüberlegung gründen, so sagt man alsbald, es ist ein Product ihrer Natur (des Instincts), und als Kunst wird es nur ihrem Schöpfer zugeschrieben. Wenn man bei Durchsuchung eines Moorbruches, wie es bisweilen geschehen ist, ein Stück behauenes Holz antrifft, so sagt man nicht, es ist |303.20| ein Product der Natur, sondern der Kunst; die hervorbringende Ursache desselben hat sich einen Zweck gedacht, dem dieses seine Form zu danken hat. Sonst sieht man wohl auch an allem eine Kunst, was so beschaffen ist, daß eine Vorstellung desselben in seiner Ursache vor seiner Wirklichkeit vorhergegangen sein muß (wie selbst bei Bienen), ohne daß doch die Wirkung |303.25| von ihr eben =gedacht= sein dürfe; wenn man aber etwas schlechthin ein Kunstwerk nennt, um es von einer Naturwirkung zu unterscheiden, so versteht man allemal darunter ein Werk der Menschen. 2) =Kunst= als Geschicklichkeit des Menschen wird auch von der #175# =Wissenschaft= unterschieden (=Können= vom =Wissen=), als praktisches |303.30| vom theoretischen Vermögen, als Technik von der Theorie (wie die Feldmeßkunst von der Geometrie). Und da wird auch das, was man =kann=, sobald man nur =weiß=, was gethan werden soll, und also nur die begehrte Wirkung genugsam kennt, nicht eben Kunst genannt. Nur das, was man, wenn man es auch auf das vollständigste kennt, dennoch darum zu machen |303.35| noch nicht sofort die Geschicklichkeit hat, gehört in so weit zur Kunst. =Camper= beschreibt sehr genau, wie der beste Schuh beschaffen sein müßte, aber er konnte gewiß keinen machen[15]. [15] In meinen Gegenden sagt der gemeine Mann, wenn man ihm etwa eine solche Aufgabe vorlegt, wie Columbus mit seinem Ei: =das ist keine Kunst, es ist nur eine Wissenschaft=. D. i. wenn man es weiß, so =kann= man es; und eben dieses sagt er von allen vorgeblichen Künsten des Taschenspielers. Die des Seiltänzers dagegen wird er gar nicht in Abrede sein, Kunst zu nennen. |304.35| 3) Wird auch =Kunst= vom =Handwerke= unterschieden; die erste heißt =freie=, die andere kann auch =Lohnkunst= heißen. Man sieht die erste so |304.5| an, als ob sie nur als Spiel, d. i. Beschäftigung, die für sich selbst angenehm ist, zweckmäßig ausfallen (gelingen) könne; die zweite so, daß sie als Arbeit, d. i. Beschäftigung, die für sich selbst unangenehm (beschwerlich) und nur durch ihre Wirkung (z. B. den Lohn) anlockend ist, mithin zwangsmäßig #176# auferlegt werden kann. Ob in der Rangliste der Zünfte Uhrmacher |304.10| für Künstler, dagegen Schmiede für Handwerker gelten sollen: das bedarf eines andern Gesichtspunkts der Beurtheilung, als derjenige ist, den wir hier nehmen; nämlich die Proportion der Talente, die dem einen oder anderen dieser Geschäfte zum Grunde liegen müssen. Ob auch unter den sogenannten sieben freien Künsten nicht einige, die den Wissenschaften beizuzählen, |304.15| manche auch, die mit Handwerken zu vergleichen sind, aufgeführt worden sein möchten: davon will ich hier nicht reden. Daß aber in allen freien Künsten dennoch etwas Zwangsmäßiges, oder, wie man es nennt, ein =Mechanismus= erforderlich sei, ohne welchen der =Geist=, der in der Kunst =frei= sein muß und allein das Werk belebt, gar keinen Körper haben |304.20| und gänzlich verdunsten würde: ist nicht unrathsam zu erinnern (z. B. in der Dichtkunst die Sprachrichtigkeit und der Sprachreichthum, imgleichen die Prosodie und das Sylbenmaß), da manche neuere Erzieher eine freie Kunst am besten zu befördern glauben, wenn sie allen Zwang von ihr wegnehmen und sie aus Arbeit in bloßes Spiel verwandeln. |304.25| § 44. Von der schönen Kunst. Es giebt weder eine Wissenschaft des Schönen, sondern nur Kritik, noch schöne Wissenschaft, sondern nur schöne Kunst. Denn was die erstere #177# betrifft, so würde in ihr wissenschaftlich, d. i. durch Beweisgründe, ausgemacht |304.30| werden sollen, ob etwas für schön zu halten sei oder nicht; das Urtheil über Schönheit würde also, wenn es zur Wissenschaft gehörte, kein Geschmacksurtheil sein. Was das zweite anlangt, so ist eine Wissenschaft, die als solche schön sein soll, ein Unding. Denn wenn man in ihr als Wissenschaft nach Gründen und Beweisen fragte, so würde man durch geschmackvolle |305.5| Aussprüche (Bonmots) abgefertigt. — Was den gewöhnlichen Ausdruck =schöne Wissenschaften= veranlaßt hat, ist ohne Zweifel nichts anders, als daß man ganz richtig bemerkt hat, es werde zur schönen Kunst in ihrer ganzen Vollkommenheit viel Wissenschaft, als z. B. Kenntniß alter Sprachen, Belesenheit der Autoren, die für Classiker gelten, Geschichte, |305.10| Kenntniß der Alterthümer u. s. w., erfordert, und deshalb diese historischen Wissenschaften, weil sie zur schönen Kunst die nothwendige Vorbereitung und Grundlage ausmachen, zum Theil auch weil darunter selbst die Kenntniß der Producte der schönen Kunst (Beredsamkeit und Dichtkunst) begriffen worden, durch eine Wortverwechselung selbst schöne Wissenschaften |305.15| genannt hat. Wenn die Kunst, dem =Erkenntnisse= eines möglichen Gegenstandes angemessen, bloß ihn wirklich zu machen die dazu erforderlichen Handlungen verrichtet, so ist sie =mechanische=; hat sie aber das Gefühl der Lust zur unmittelbaren Absicht, so heißt sie =ästhetische= Kunst. Diese ist entweder |305.20| #178# =angenehme= oder =schöne= Kunst. Das erste ist sie, wenn der Zweck derselben ist, daß die Lust die Vorstellungen als bloße =Empfindungen=, das zweite, daß sie dieselben als =Erkenntnißarten= begleite. Angenehme Künste sind die, welche bloß zum Genusse abgezweckt werden; dergleichen alle die Reize sind, welche die Gesellschaft an einer |305.25| Tafel vergnügen können: als unterhaltend zu erzählen, die Gesellschaft in freimüthige und lebhafte Gesprächigkeit zu versetzen, durch Scherz und Lachen sie zu einem gewissen Tone der Lustigkeit zu stimmen, wo, wie man sagt, manches ins Gelag hinein geschwatzt werden kann, und niemand über das, was er spricht, verantwortlich sein will, weil es nur auf die augenblickliche |305.30| Unterhaltung, nicht auf einen bleibenden Stoff zum Nachdenken oder Nachsagen angelegt ist. (Hiezu gehört denn auch die Art, wie der Tisch zum Genusse ausgerüstet ist, oder wohl gar bei großen Gelagen die Tafelmusik: ein wunderliches Ding, welches nur als ein angenehmes Geräusch die Stimmung der Gemüther zur Fröhlichkeit unterhalten soll und, |305.35| ohne daß jemand auf die Composition derselben die mindeste Aufmerksamkeit verwendet, die freie Gesprächigkeit eines Nachbars mit dem andern begünstigt.) Dazu gehören ferner alle Spiele, die weiter kein Interesse bei sich führen, als die Zeit unvermerkt verlaufen zu machen. Schöne Kunst dagegen ist eine Vorstellungsart, die für sich selbst #179# zweckmäßig ist und, obgleich ohne Zweck, dennoch die Cultur der Gemüthskräfte zur geselligen Mittheilung befördert. |306.5| Die allgemeine Mittheilbarkeit einer Lust führt es schon in ihrem Begriffe mit sich, daß diese nicht eine Lust des Genusses aus bloßer Empfindung, sondern der Reflexion sein müsse; und so ist ästhetische Kunst als schöne Kunst eine solche, die die reflectirende Urtheilskraft und nicht die Sinnenempfindung zum Richtmaße hat. |306.10| § 45. Schöne Kunst ist eine Kunst, sofern sie zugleich Natur zu sein scheint. An einem Producte der schönen Kunst muß man sich bewußt werden, daß es Kunst sei und nicht Natur; aber doch muß die Zweckmäßigkeit in |306.15| der Form desselben von allem Zwange willkürlicher Regeln so frei scheinen, als ob es ein Product der bloßen Natur sei. Auf diesem Gefühle der Freiheit im Spiele unserer Erkenntnißvermögen, welches doch zugleich zweckmäßig sein muß, beruht diejenige Lust, welche allein allgemein mittheilbar ist, ohne sich doch auf Begriffe zu gründen. Die Natur war schön, wenn |306.20| sie zugleich als Kunst aussah; und die Kunst kann nur schön genannt werden, wenn wir uns bewußt sind, sie sei Kunst, und sie uns doch als Natur aussieht. Denn wir können allgemein sagen, es mag die Natur- oder die Kunstschönheit #180# betreffen: =schön ist das, was in der bloßen Beurtheilung= |306.25| (nicht in der Sinnenempfindung, noch durch einen Begriff) =gefällt=. Nun hat Kunst jederzeit eine bestimmte Absicht etwas hervorzubringen. Wenn dieses aber bloße Empfindung (etwas bloß Subjectives) wäre, die mit Lust begleitet sein sollte, so würde dies Product in der Beurtheilung nur vermittelst des Sinnengefühls gefallen. Wäre die Absicht auf die |306.30| Hervorbringung eines bestimmten Objects gerichtet, so würde, wenn sie durch die Kunst erreicht wird, das Object nur durch Begriffe gefallen. In beiden Fällen aber würde die Kunst nicht =in der bloßen Beurtheilung=, d. i. nicht als schöne, sondern mechanische Kunst, gefallen. Also muß die Zweckmäßigkeit im Producte der schönen Kunst, ob sie |306.35| zwar absichtlich ist, doch nicht absichtlich scheinen; d. i. schöne Kunst muß als Natur =anzusehen= sein, ob man sich ihrer zwar als Kunst bewußt ist. Als Natur aber erscheint ein Product der Kunst dadurch, daß zwar alle =Pünktlichkeit= in der Übereinkunft mit Regeln, nach denen allein das Product das werden kann, was es sein soll, angetroffen wird; aber ohne |307.5| =Peinlichkeit=, ohne daß die Schulform durchblickt, d. i. ohne eine Spur zu zeigen, daß die Regel dem Künstler vor Augen geschwebt und seinen Gemüthskräften Fesseln angelegt habe. § 46. #181# Schöne Kunst ist Kunst des Genies. |307.10| =Genie= ist das Talent (Naturgabe), welches der Kunst die Regel giebt. Da das Talent als angebornes productives Vermögen des Künstlers selbst zur Natur gehört, so könnte man sich auch so ausdrücken: =Genie= ist die angeborne Gemüthsanlage (_ingenium_), =durch welche= die Natur der Kunst die Regel giebt. |307.15| Was es auch mit dieser Definition für eine Bewandtniß habe, und ob sie bloß willkürlich, oder dem Begriffe, welchen man mit dem Worte =Genie= zu verbinden gewohnt ist, angemessen sei, oder nicht (welches in dem folgenden § erörtert werden soll): so kann man doch schon zum Voraus beweisen, daß nach der hier angenommenen Bedeutung des Worts schöne |307.20| Künste nothwendig als Künste des =Genies= betrachtet werden müssen. Denn eine jede Kunst setzt Regeln voraus, durch deren Grundlegung allererst ein Product, wenn es künstlich heißen soll, als möglich vorgestellt wird. Der Begriff der schönen Kunst aber verstattet nicht, daß das Urtheil über die Schönheit ihres Products von irgend einer Regel abgeleitet |307.25| werde, die einen =Begriff= zum Bestimmungsgrunde habe, mithin einen Begriff von der Art, wie es möglich sei, zum Grunde lege. Also kann die schöne Kunst sich selbst nicht die Regel ausdenken, nach der sie ihr Product #182# zu Stande bringen soll. Da nun gleichwohl ohne vorhergehende Regel ein Product niemals Kunst heißen kann, so muß die Natur im Subjecte |307.30| (und durch die Stimmung der Vermögen desselben) der Kunst die Regel geben, d. i. die schöne Kunst ist nur als Product des Genies möglich. Man sieht hieraus, daß Genie 1) ein =Talent= sei, dasjenige, wozu sich keine bestimmte Regel geben läßt, hervorzubringen: nicht Geschicklichkeitsanlage zu dem, was nach irgend einer Regel gelernt werden kann; |307.35| folglich daß =Originalität= seine erste Eigenschaft sein müsse. 2) Daß, da es auch originalen Unsinn geben kann, seine Producte zugleich Muster, d. i. =exemplarisch=, sein müssen; mithin, selbst nicht durch Nachahmung entsprungen, anderen doch dazu, d. i. zum Richtmaße oder Regel der Beurtheilung, dienen müssen. 3) Daß es, wie es sein Product zu Stande |308.5| bringe, selbst nicht beschreiben, oder wissenschaftlich anzeigen könne, sondern daß es als =Natur= die Regel gebe; und daher der Urheber eines Products, welches er seinem Genie verdankt, selbst nicht weiß, wie sich in ihm die Ideen dazu herbei finden, auch es nicht in seiner Gewalt hat, dergleichen nach Belieben oder planmäßig auszudenken und anderen in solchen Vorschriften |308.10| mitzutheilen, die sie in Stand setzen, gleichmäßige Producte hervorzubringen. (Daher denn auch vermuthlich das Wort Genie von _genius_, dem eigenthümlichen, einem Menschen bei der Geburt mitgegebenen, #183# schützenden und leitenden Geist, von dessen Eingebung jene originale Ideen herrührten, abgeleitet ist.) 4) Daß die Natur durch das Genie nicht der |308.15| Wissenschaft, sondern der Kunst die Regel vorschreibe und auch dieses nur, in sofern diese letztere schöne Kunst sein soll. § 47. Erläuterung und Bestätigung obiger Erklärung vom Genie. Darin ist jedermann einig, daß Genie dem =Nachahmungsgeiste= |308.20| gänzlich entgegen zu setzen sei. Da nun Lernen nichts als Nachahmen ist, so kann die größte Fähigkeit, Gelehrigkeit (Capacität) als Gelehrigkeit, doch nicht für Genie gelten. Wenn man aber auch selbst denkt oder dichtet und nicht bloß, was andere gedacht haben, auffaßt, ja sogar für Kunst und Wissenschaft manches erfindet: so ist doch dieses auch noch nicht der |308.25| rechte Grund, um einen solchen (oftmals großen) =Kopf= (im Gegensatze mit dem, welcher, weil er niemals etwas mehr als bloß lernen und nachahmen kann, ein =Pinsel= heißt) ein =Genie= zu nennen: weil eben das auch hätte =können= gelernt werden, also doch auf dem natürlichen Wege des Forschens und Nachdenkens nach Regeln liegt und von dem, was durch |308.30| Fleiß vermittelst der Nachahmung erworben werden kann, nicht specifisch unterschieden ist. So kann man alles, was =Newton= in seinem unsterblichen Werke der Principien der Naturphilosophie, so ein großer Kopf auch #184# erforderlich war, dergleichen zu erfinden, vorgetragen hat, gar wohl lernen; aber man kann nicht geistreich dichten lernen, so ausführlich auch |308.35| alle Vorschriften für die Dichtkunst und so vortrefflich auch die Muster derselben sein mögen. Die Ursache ist, daß Newton alle seine Schritte, die er von den ersten Elementen der Geometrie an bis zu seinen großen und tiefen Erfindungen zu thun hatte, nicht allein sich selbst, sondern jedem andern ganz anschaulich und zur Nachfolge bestimmt vormachen |309.5| könnte; kein =Homer= aber oder =Wieland= anzeigen kann, wie sich seine phantasiereichen und doch zugleich gedankenvollen Ideen in seinem Kopfe hervor und zusammen finden, darum weil er es selbst nicht weiß und es also auch keinen andern lehren kann. Im Wissenschaftlichen also ist der größte Erfinder vom mühseligsten Nachahmer und Lehrlinge nur dem |309.10| Grade nach, dagegen von dem, welchen die Natur für die schöne Kunst begabt hat, specifisch unterschieden. Indeß liegt hierin keine Herabsetzung jener großen Männer, denen das menschliche Geschlecht so viel zu verdanken hat, gegen die Günstlinge der Natur in Ansehung ihres Talents für die schöne Kunst. Eben darin, daß jener Talent zur immer fortschreitenden |309.15| größeren Vollkommenheit der Erkenntnisse und alles Nutzens, der davon abhängig ist, imgleichen zur Belehrung anderer in eben denselben Kenntnissen gemacht ist, besteht ein großer Vorzug derselben vor denen, welche die Ehre verdienen, Genies zu heißen: weil für diese die Kunst irgendwo #185# still steht, indem ihr eine Gränze gesetzt ist, über die sie nicht weiter |309.20| gehen kann, die vermuthlich auch schon seit lange her erreicht ist und nicht mehr erweitert werden kann; und überdem eine solche Geschicklichkeit sich auch nicht mittheilen läßt, sondern jedem unmittelbar von der Hand der Natur ertheilt sein will, mit ihm also stirbt, bis die Natur einmal einen andern wiederum eben so begabt, der nichts weiter als eines Beispiels |309.25| bedarf, um das Talent, dessen er sich bewußt ist, auf ähnliche Art wirken zu lassen. Da die Naturgabe der Kunst (als schönen Kunst) die Regel geben muß, welcherlei Art ist denn diese Regel? Sie kann in keiner Formel abgefaßt zur Vorschrift dienen; denn sonst würde das Urtheil über das |309.30| Schöne nach Begriffen bestimmbar sein: sondern die Regel muß von der That, d. i. vom Product, abstrahirt werden, an welchem andere ihr eigenes Talent prüfen mögen, um sich jenes zum Muster nicht der =Nachmachung=, sondern der =Nachahmung= dienen zu lassen. Wie dieses möglich sei, ist schwer zu erklären. Die Ideen des Künstlers erregen ähnliche Ideen seines |309.35| Lehrlings, wenn ihn die Natur mit einer ähnlichen Proportion der Gemüthskräfte versehen hat. Die Muster der schönen Kunst sind daher die einzigen Leitungsmittel, diese auf die Nachkommenschaft zu bringen: welches durch bloße Beschreibungen nicht geschehen könnte (vornehmlich nicht im Fache der redenden Künste); und auch in diesen können nur die #186# in alten, todten und jetzt nur als gelehrte aufbehaltenen Sprachen classisch werden. |310.5| Obzwar mechanische und schöne Kunst, die erste als bloße Kunst des Fleißes und der Erlernung, die zweite als die des Genies, sehr von einander unterschieden sind: so giebt es doch keine schöne Kunst, in welcher nicht etwas Mechanisches, welches nach Regeln gefaßt und befolgt werden kann, und also etwas =Schulgerechtes= die wesentliche Bedingung der |310.10| Kunst ausmachte. Denn etwas muß dabei als Zweck gedacht werden, sonst kann man ihr Product gar keiner Kunst zuschreiben; es wäre ein bloßes Product des Zufalls. Um aber einen Zweck ins Werk zu richten, dazu werden bestimmte Regeln erfordert, von denen man sich nicht frei sprechen darf. Da nun die Originalität des Talents ein (aber nicht das |310.15| einzige) wesentliches Stück vom Charakter des Genies ausmacht: so glauben seichte Köpfe, daß sie nicht besser zeigen können, sie wären aufblühende Genies, als wenn sie sich vom Schulzwange aller Regeln lossagen, und glauben, man paradire besser auf einem kollerichten Pferde, als auf einem Schulpferde. Das Genie kann nur reichen =Stoff= zu Producten der schönen |310.20| Kunst hergeben; die Verarbeitung desselben und die =Form= erfordert ein durch die Schule gebildetes Talent, um einen Gebrauch davon zu machen, der vor der Urtheilskraft bestehen kann. Wenn aber jemand sogar in Sachen der sorgfältigsten Vernunftuntersuchung wie ein Genie spricht #187# und entscheidet, so ist es vollends lächerlich; man weiß nicht recht, ob man |310.25| mehr über den Gaukler, der um sich so viel Dunst verbreitet, wobei man nichts deutlich beurtheilen, aber desto mehr sich einbilden kann, oder mehr über das Publicum lachen soll, welches sich treuherzig einbildet, daß sein Unvermögen, das Meisterstück der Einsicht deutlich erkennen und fassen zu können, daher komme, weil ihm neue Wahrheiten in ganzen Massen |310.30| zugeworfen werden, wogegen ihm das Detail (durch abgemessene Erklärungen und schulgerechte Prüfung der Grundsätze) nur Stümperwerk zu sein scheint. § 48. Vom Verhältnisse des Genies zum Geschmack. Zur =Beurtheilung= schöner Gegenstände als solcher wird =Geschmack=, zur schönen Kunst selbst aber, d. i. der =Hervorbringung= solcher Gegenstände, wird =Genie= erfordert. |311.5| Wenn man das Genie als Talent zur schönen Kunst betrachtet (welches die eigenthümliche Bedeutung des Worts mit sich bringt) und es in dieser Absicht in die Vermögen zergliedern will, die ein solches Talent auszumachen zusammen kommen müssen: so ist nöthig, zuvor den Unterschied zwischen der Naturschönheit, deren Beurtheilung nur Geschmack, |311.10| und der Kunstschönheit, deren Möglichkeit (worauf in der Beurtheilung #188# eines dergleichen Gegenstandes auch Rücksicht genommen werden muß) Genie erfordert, genau zu bestimmen. Eine Naturschönheit ist ein =schönes Ding=; die Kunstschönheit ist eine =schöne Vorstellung= von einem Dinge. |311.15| Um eine Naturschönheit als eine solche zu beurtheilen, brauche ich nicht vorher einen Begriff davon zu haben, was der Gegenstand für ein Ding sein solle; d. i. ich habe nicht nöthig, die materiale Zweckmäßigkeit (den Zweck) zu kennen, sondern die bloße Form ohne Kenntniß des Zwecks gefällt in der Beurtheilung für sich selbst. Wenn aber der Gegenstand |311.20| für ein Product der Kunst gegeben ist und als solches für schön erklärt werden soll: so muß, weil Kunst immer einen Zweck in der Ursache (und deren Causalität) voraussetzt, zuerst ein Begriff von dem zum Grunde gelegt werden, was das Ding sein soll; und da die Zusammenstimmung des Mannigfaltigen in einem Dinge zu einer innern Bestimmung desselben |311.25| als Zweck die Vollkommenheit des Dinges ist, so wird in der Beurtheilung der Kunstschönheit zugleich die Vollkommenheit des Dinges in Anschlag gebracht werden müssen, wornach in der Beurtheilung einer Naturschönheit (als einer solchen) gar nicht die Frage ist. — Zwar wird in der Beurtheilung vornehmlich der belebten Gegenstände der Natur, z. B. |311.30| des Menschen oder eines Pferdes, auch die objective Zweckmäßigkeit gemeiniglich mit in Betracht gezogen, um über die Schönheit derselben zu #189# urtheilen; alsdann ist aber auch das Urtheil nicht mehr rein-ästhetisch, d. i. bloßes Geschmacksurtheil. Die Natur wird nicht mehr beurtheilt, wie sie als Kunst erscheint, sondern sofern sie wirklich (obzwar übermenschliche) |311.35| Kunst =ist=; und das teleologische Urtheil dient dem ästhetischen zur Grundlage und Bedingung, worauf dieses Rücksicht nehmen muß. In einem solchen Falle denkt man auch, wenn z. B. gesagt wird: das ist ein schönes Weib, in der That nichts anders als: die Natur stellt in ihrer Gestalt die Zwecke im weiblichen Baue schön vor; denn man muß noch über die bloße Form auf einen Begriff hinaussehen, damit der Gegenstand |312.5| auf solche Art durch ein logisch-bedingtes ästhetisches Urtheil gedacht werde. Die schöne Kunst zeigt darin eben ihre Vorzüglichkeit, daß sie Dinge, die in der Natur häßlich oder mißfällig sein würden, schön beschreibt. Die Furien, Krankheiten, Verwüstungen des Krieges u. d. gl. können als |312.10| Schädlichkeiten sehr schön beschrieben, ja sogar im Gemälde vorgestellt werden; nur eine Art Häßlichkeit kann nicht der Natur gemäß vorgestellt werden, ohne alles ästhetische Wohlgefallen, mithin die Kunstschönheit zu Grunde zu richten: nämlich diejenige, welche =Ekel= erweckt. Denn weil in dieser sonderbaren, auf lauter Einbildung beruhenden Empfindung der |312.15| Gegenstand gleichsam, als ob er sich zum Genusse aufdränge, wider den #190# wir doch mit Gewalt streben, vorgestellt wird: so wird die künstliche Vorstellung des Gegenstandes von der Natur dieses Gegenstandes selbst in unserer Empfindung nicht mehr unterschieden, und jene kann alsdann unmöglich für schön gehalten werden. Auch hat die Bildhauerkunst, weil |312.20| an ihren Producten die Kunst mit der Natur beinahe verwechselt wird, die unmittelbare Vorstellung häßlicher Gegenstände von ihren Bildungen ausgeschlossen und dafür z. B. den Tod (in einem schönen Genius), den Kriegsmuth (am Mars) durch eine Allegorie oder Attribute, die sich gefällig ausnehmen, mithin nur indirect vermittelst einer Auslegung |312.25| der Vernunft und nicht für bloß ästhetische Urtheilskraft vorzustellen erlaubt. So viel von der schönen Vorstellung eines Gegenstandes, die eigentlich nur die Form der Darstellung eines Begriffs ist, durch welche dieser allgemein mitgetheilt wird. — Diese Form aber dem Producte der schönen |312.30| Kunst zu geben, dazu wird bloß Geschmack erfordert, an welchem der Künstler, nachdem er ihn durch mancherlei Beispiele der Kunst oder der Natur geübt und berichtigt hat, sein Werk hält und nach manchen oft mühsamen Versuchen denselben zu befriedigen diejenige Form findet, die ihm Genüge thut: daher diese nicht gleichsam eine Sache der Eingebung, |312.35| oder eines freien Schwunges der Gemüthskräfte, sondern einer langsamen und gar peinlichen Nachbesserung ist, um sie dem Gedanken angemessen #191# und doch der Freiheit im Spiele derselben nicht nachtheilig werden zu lassen. Geschmack ist aber bloß ein Beurtheilungs-, nicht ein productives Vermögen; und was ihm gemäß ist, ist darum eben nicht ein Werk der schönen Kunst: es kann ein zur nützlichen und mechanischen Kunst, oder |313.5| gar zur Wissenschaft gehöriges Product nach bestimmten Regeln sein, die gelernt werden können und genau befolgt werden müssen. Die gefällige Form aber, die man ihm giebt, ist nur das Vehikel der Mittheilung und eine Manier gleichsam des Vortrages, in Ansehung dessen man noch in gewissem Maße frei bleibt, wenn er doch übrigens an einen bestimmten |313.10| Zweck gebunden ist. So verlangt man, daß das Tischgeräth, oder auch eine moralische Abhandlung, sogar eine Predigt diese Form der schönen Kunst, ohne doch =gesucht= zu scheinen, an sich haben müsse; man wird sie aber darum nicht Werke der schönen Kunst nennen. Zu der letzteren aber wird ein Gedicht, eine Musik, eine Bildergallerie u. d. gl. gezählt; und da |313.15| kann man an einem seinsollenden Werke der schönen Kunst oftmals Genie ohne Geschmack, an einem andern Geschmack ohne Genie wahrnehmen. § 49. #192# Von den Vermögen des Gemüths, welche das Genie ausmachen. |313.20| Man sagt von gewissen Producten, von welchen man erwartet, daß sie sich, zum Theil wenigstens, als schöne Kunst zeigen sollten: sie sind ohne =Geist=; ob man gleich an ihnen, was den Geschmack betrifft, nichts zu tadeln findet. Ein Gedicht kann recht nett und elegant sein, aber es ist ohne Geist. Eine Geschichte ist genau und ordentlich, aber ohne Geist. Eine |313.25| feierliche Rede ist gründlich und zugleich zierlich, aber ohne Geist. Manche Conversation ist nicht ohne Unterhaltung, aber doch ohne Geist; selbst von einem Frauenzimmer sagt man wohl: sie ist hübsch, gesprächig und artig, aber ohne Geist. Was ist denn das, was man hier unter Geist versteht? =Geist= in ästhetischer Bedeutung heißt das belebende Princip im Gemüthe. |313.30| Dasjenige aber, wodurch dieses Princip die Seele belebt, der Stoff, den es dazu anwendet, ist das, was die Gemüthskräfte zweckmäßig in Schwung versetzt, d. i. in ein solches Spiel, welches sich von selbst erhält und selbst die Kräfte dazu stärkt. Nun behaupte ich, dieses Princip sei nichts anders, als das Vermögen |313.35| der Darstellung =ästhetischer Ideen=; unter einer ästhetischen Idee aber verstehe ich diejenige Vorstellung der Einbildungskraft, die viel zu denken veranlaßt, ohne daß ihr doch irgend ein bestimmter Gedanke, #193# d. i. =Begriff=, adäquat sein kann, die folglich keine Sprache völlig erreicht und verständlich machen kann. — Man sieht leicht, daß sie das |314.5| Gegenstück (Pendant) von einer =Vernunftidee= sei, welche umgekehrt ein Begriff ist, dem keine =Anschauung= (Vorstellung der Einbildungskraft) adäquat sein kann. Die Einbildungskraft (als productives Erkenntnißvermögen) ist nämlich sehr mächtig in Schaffung gleichsam einer andern Natur aus dem |314.10| Stoffe, den ihr die wirkliche giebt. Wir unterhalten uns mit ihr, wo uns die Erfahrung zu alltäglich vorkommt; bilden diese auch wohl um: zwar noch immer nach analogischen Gesetzen, aber doch auch nach Principien, die höher hinauf in der Vernunft liegen (und die uns eben sowohl natürlich sind als die, nach welchen der Verstand die empirische Natur auffaßt); |314.15| wobei wir unsere Freiheit vom Gesetze der Association (welches dem empirischen Gebrauche jenes Vermögens anhängt) fühlen, nach welchem uns von der Natur zwar Stoff geliehen, dieser aber von uns zu etwas ganz anderem, nämlich dem, was die Natur übertrifft, verarbeitet werden kann. Man kann dergleichen Vorstellungen der Einbildungskraft =Ideen= |314.20| nennen: eines Theils darum, weil sie zu etwas über die Erfahrungsgränze hinaus Liegendem wenigstens streben und so einer Darstellung der Vernunftbegriffe (der intellectuellen Ideen) nahe zu kommen suchen, welches #194# ihnen den Anschein einer objectiven Realität giebt; andrerseits und zwar hauptsächlich, weil ihnen als innern Anschauungen kein Begriff völlig |314.25| adäquat sein kann. Der Dichter wagt es, Vernunftideen von unsichtbaren Wesen, das Reich der Seligen, das Höllenreich, die Ewigkeit, die Schöpfung u. d. gl., zu versinnlichen; oder auch das, was zwar Beispiele in der Erfahrung findet, z. B. den Tod, den Neid und alle Laster, imgleichen die Liebe, den Ruhm u. d. gl., über die Schranken der Erfahrung hinaus |314.30| vermittelst einer Einbildungskraft, die dem Vernunft-Vorspiele in Erreichung eines Größten nacheifert, in einer Vollständigkeit sinnlich zu machen, für die sich in der Natur kein Beispiel findet; und es ist eigentlich die Dichtkunst, in welcher sich das Vermögen ästhetischer Ideen in seinem ganzen Maße zeigen kann. Dieses Vermögen aber, für sich allein |314.35| betrachtet, ist eigentlich nur ein Talent (der Einbildungskraft). Wenn nun einem Begriffe eine Vorstellung der Einbildungskraft untergelegt wird, die zu seiner Darstellung gehört, aber für sich allein so viel zu denken veranlaßt, als sich niemals in einem bestimmten Begriff zusammenfassen läßt, mithin den Begriff selbst auf unbegränzte Art ästhetisch erweitert: so ist die Einbildungskraft hiebei schöpferisch und bringt das Vermögen intellectueller Ideen (die Vernunft) in Bewegung, |315.5| mehr nämlich bei Veranlassung einer Vorstellung zu denken (was zwar zu dem Begriffe des Gegenstandes gehört), als in ihr aufgefaßt und deutlich #195# gemacht werden kann. Man nennt diejenigen Formen, welche nicht die Darstellung eines gegebenen Begriffs selber ausmachen, sondern nur als Nebenvorstellungen |315.10| der Einbildungskraft die damit verknüpften Folgen und die Verwandtschaft desselben mit andern ausdrücken, =Attribute= (ästhetische) eines Gegenstandes, dessen Begriff als Vernunftidee nicht adäquat dargestellt werden kann. So ist der Adler Jupiters mit dem Blitze in den Klauen ein Attribut des mächtigen Himmelskönigs und der Pfau der prächtigen |315.15| Himmelskönigin. Sie stellen nicht wie die =logischen Attribute= das, was in unsern Begriffen von der Erhabenheit und Majestät der Schöpfung liegt, sondern etwas anderes vor, was der Einbildungskraft Anlaß giebt, sich über eine Menge von verwandten Vorstellungen zu verbreiten, die mehr denken lassen, als man in einem durch Worte bestimmten Begriff |315.20| ausdrücken kann; und geben eine =ästhetische Idee=, die jener Vernunftidee statt logischer Darstellung dient, eigentlich aber um das Gemüth zu beleben, indem sie ihm die Aussicht in ein unabsehliches Feld verwandter Vorstellungen eröffnet. Die schöne Kunst aber thut dieses nicht allein in der Malerei oder Bildhauerkunst (wo der Namen der Attribute gewöhnlich |315.25| gebraucht wird); sondern die Dichtkunst und Beredsamkeit nehmen den Geist, der ihre Werke belebt, auch lediglich von den ästhetischen Attributen der Gegenstände her, welche den logischen zu Seite gehen und der Einbildungskraft #196# einen Schwung geben, mehr dabei, obzwar auf unentwickelte Art, zu denken, als sich in einem Begriffe, mithin in einem bestimmten |315.30| Sprachausdrucke zusammenfassen läßt. — Ich muß mich der Kürze wegen nur auf wenige Beispiele einschränken. Wenn der große König sich in einem seiner Gedichte so ausdrückt: »Laßt uns aus dem Leben ohne Murren weichen und ohne etwas zu bedauern, indem wir die Welt noch alsdann mit Wohlthaten überhäuft zurücklassen. |315.35| So verbreitet die Sonne, nachdem sie ihren Tageslauf vollendet hat, noch ein mildes Licht am Himmel; und die letzten Strahlen, die sie in die Lüfte schickt, sind ihre letzten Seufzer für das Wohl der Welt«: so belebt er seine Vernunftidee von weltbürgerlicher Gesinnung noch am Ende des Lebens durch ein Attribut, welches die Einbildungskraft (in der Erinnerung an alle Annehmlichkeiten eines vollbrachten schönen Sommertages, die uns ein heiterer Abend ins Gemüth ruft) |316.5| jener Vorstellung beigesellt, und welches eine Menge von Empfindungen und Nebenvorstellungen rege macht, für die sich kein Ausdruck findet. Andererseits kann sogar ein intellectueller Begriff umgekehrt zum Attribut einer Vorstellung der Sinne dienen und so diese letztere durch die Idee des Übersinnlichen beleben; aber nur indem das Ästhetische, was dem Bewußtsein |316.10| des letztern subjectiv anhänglich ist, hiezu gebraucht wird. So #197# sagt z. B. ein gewisser Dichter in der Beschreibung eines schönen Morgens: »Die Sonne quoll hervor, wie Ruh aus Tugend quillt.« Das Bewußtsein der Tugend, wenn man sich auch nur in Gedanken in die Stelle eines Tugendhaften versetzt, verbreitet im Gemüthe eine Menge erhabener |316.15| und beruhigender Gefühle und eine gränzenlose Aussicht in eine frohe Zukunft, die kein Ausdruck, welcher einem bestimmten Begriffe angemessen ist, völlig erreicht.[16] [16] Vielleicht ist nie etwas Erhabneres gesagt, oder ein Gedanke erhabener ausgedrückt worden, als in jener Aufschrift über dem Tempel der =Isis= (der Mutter =Natur=): »Ich bin alles, was da ist, was da war, und was da sein wird, und meinen Schleier hat kein Sterblicher aufgedeckt.« =Segner= benutzte diese Idee durch eine sinnreiche seiner Naturlehre vorgesetzte Vignette, um seinen Lehrling, den er in |316.35| diesen Tempel zu führen bereit war, vorher mit dem heiligen Schauer zu erfüllen, der das Gemüth zu feierlicher Aufmerksamkeit stimmen soll. Mit einem Worte, die ästhetische Idee ist eine einem gegebenen Begriffe beigesellte Vorstellung der Einbildungskraft, welche mit einer solchen |316.20| Mannigfaltigkeit der Theilvorstellungen in dem freien Gebrauche derselben verbunden ist, daß für sie kein Ausdruck, der einen bestimmten Begriff bezeichnet, gefunden werden kann, die also zu einem Begriffe viel Unnennbares hinzu denken läßt, dessen Gefühl die Erkenntnißvermögen belebt und mit der Sprache, als bloßem Buchstaben, Geist verbindet. |316.25| Die Gemüthskräfte also, deren Vereinigung (in gewissem Verhältnisse) #198# das =Genie= ausmacht, sind Einbildungskraft und Verstand. Nur, da im Gebrauch der Einbildungskraft zum Erkenntnisse die Einbildungskraft unter dem Zwange des Verstandes und der Beschränkung unterworfen ist, dem Begriffe desselben angemessen zu sein; in ästhetischer Absicht |316.30| aber die Einbildungskraft frei ist, um noch über jene Einstimmung zum Begriffe, doch ungesucht reichhaltigen unentwickelten Stoff für den Verstand, worauf dieser in seinem Begriffe nicht Rücksicht nahm, zu liefern, welchen dieser aber nicht sowohl objectiv zum Erkenntnisse, als subjectiv zur Belebung der Erkenntnißkräfte, indirect also doch auch zu Erkenntnissen |317.5| anwendet: so besteht das Genie eigentlich in dem glücklichen Verhältnisse, welches keine Wissenschaft lehren und kein Fleiß erlernen kann, zu einem gegebenen Begriffe Ideen aufzufinden und andrerseits zu diesen den =Ausdruck= zu treffen, durch den die dadurch bewirkte subjective Gemüthsstimmung, als Begleitung eines Begriffs, anderen mitgetheilt |317.10| werden kann. Das letztere Talent ist eigentlich dasjenige, was man Geist nennt; denn das Unnennbare in dem Gemüthszustande bei einer gewissen Vorstellung auszudrücken und allgemein mittheilbar zu machen, der Ausdruck mag nun in Sprache, oder Malerei, oder Plastik bestehen: das erfordert ein Vermögen, das schnell vorübergehende Spiel der Einbildungskraft |317.15| aufzufassen und in einen Begriff (der eben darum original ist und #199# zugleich eine neue Regel eröffnet, die aus keinen vorhergehenden Principien oder Beispielen hat gefolgert werden können) zu vereinigen, der sich ohne Zwang der Regeln mittheilen läßt. * * * * * Wenn wir nach diesen Zergliederungen auf die oben gegebene Erklärung |317.20| dessen, was man =Genie= nennt, zurücksehen, so finden wir: =erstlich=, daß es ein Talent zur Kunst sei, nicht zur Wissenschaft, in welcher deutlich gekannte Regeln vorangehen und das Verfahren in derselben bestimmen müssen; =zweitens=, daß es als Kunsttalent einen bestimmten Begriff von dem Producte als Zweck, mithin Verstand, aber auch eine |317.25| (wenn gleich unbestimmte) Vorstellung von dem Stoff, d. i. der Anschauung, zur Darstellung dieses Begriffs, mithin ein Verhältniß der Einbildungskraft zum Verstande voraussetze; daß es sich =drittens= nicht sowohl in der Ausführung des vorgesetzten Zwecks in Darstellung eines bestimmten =Begriffs=, als vielmehr im Vortrage, oder dem Ausdrucke =ästhetischer |317.30| Ideen=, welche zu jener Absicht reichen Stoff enthalten, zeige, mithin die Einbildungskraft in ihrer Freiheit von aller Anleitung der Regeln dennoch als zweckmäßig zur Darstellung des gegebenen Begriffs vorstellig mache; daß endlich =viertens= die ungesuchte, unabsichtliche subjective Zweckmäßigkeit in der freien Übereinstimmung der Einbildungskraft zur Gesetzlichkeit #200# des Verstandes eine solche Proportion und Stimmung dieser Vermögen voraussetze, als keine Befolgung von Regeln, es sei der Wissenschaft oder mechanischen Nachahmung, bewirken, sondern bloß die Natur des Subjects hervorbringen kann. |318.5| Nach diesen Voraussetzungen ist Genie: die musterhafte Originalität der Naturgabe eines Subjects im =freien= Gebrauche seiner Erkenntnißvermögen. Auf solche Weise ist das Product eines Genies (nach demjenigen, was in demselben dem Genie, nicht der möglichen Erlernung oder der Schule zuzuschreiben ist) ein Beispiel nicht der Nachahmung (denn da |318.10| würde das, was daran Genie ist und den Geist des Werks ausmacht, verloren gehen), sondern der Nachfolge für ein anderes Genie, welches dadurch zum Gefühl seiner eigenen Originalität aufgeweckt wird, Zwangsfreiheit von Regeln so in der Kunst auszuüben, daß diese dadurch selbst eine neue Regel bekommt, wodurch das Talent sich als musterhaft zeigt. |318.15| Weil aber das Genie ein Günstling der Natur ist, dergleichen man nur als seltene Erscheinung anzusehen hat: so bringt sein Beispiel für andere gute Köpfe eine Schule hervor, d. i. eine methodische Unterweisung nach Regeln, soweit man sie aus jenen Geistesproducten und ihrer Eigenthümlichkeit hat ziehen können; und für diese ist die schöne Kunst sofern Nachahmung, |318.20| der die Natur durch ein Genie die Regel gab. Aber diese Nachahmung wird =Nachäffung=, wenn der Schüler alles #201# =nachmacht= bis auf das, was das Genie als Mißgestalt nur hat zulassen müssen, weil es sich, ohne die Idee zu schwächen, nicht wohl wegschaffen ließ. Dieser Muth ist an einem Genie allein Verdienst; und eine gewisse |318.25| =Kühnheit= im Ausdrucke und überhaupt manche Abweichung von der gemeinen Regel steht demselben wohl an, ist aber keinesweges nachahmungswürdig, sondern bleibt immer an sich ein Fehler, den man wegzuschaffen suchen muß, für welchen aber das Genie gleichsam privilegirt ist, da das Unnachahmliche seines Geistesschwunges durch ängstliche Behutsamkeit |318.30| leiden würde. Das =Manieriren= ist eine andere Art von Nachäffung, nämlich der bloßen =Eigenthümlichkeit= (Originalität) überhaupt, um sich ja von Nachahmern so weit als möglich zu entfernen, ohne doch das Talent zu besitzen, dabei zugleich =musterhaft= zu sein. — Zwar giebt es zweierlei Art (_modus_) überhaupt der Zusammenstellung seiner Gedanken |318.35| des Vortrages, deren die eine =Manier= (_modus aestheticus_), die andere =Methode= (_modus logicus_) heißt, die sich darin von einander unterscheiden: daß die erstere kein anderes Richtmaß hat, als das =Gefühl= der Einheit in der Darstellung, die andere aber hierin bestimmte =Principien= befolgt; für die schöne Kunst gilt also nur die erstere. Allein =manierirt= heißt ein Kunstproduct nur alsdann, wenn der Vortrag seiner Idee in demselben auf die Sonderbarkeit =angelegt= und nicht der Idee angemessen |319.5| #202# gemacht wird. Das Prangende (Preciöse), das Geschrobene und Affectirte, um sich nur vom Gemeinen (aber ohne Geist) zu unterscheiden, sind dem Benehmen desjenigen ähnlich, von dem man sagt, daß er sich sprechen höre, oder welcher steht und geht, als ob er auf einer Bühne wäre, um angegafft zu werden, welches jederzeit einen Stümper verräth. |319.10| § 50. Von der Verbindung des Geschmacks mit Genie in Producten der schönen Kunst. Wenn die Frage ist, woran in Sachen der schönen Kunst mehr gelegen sei, ob daran, daß sich an ihnen Genie, oder ob daß sich Geschmack |319.15| zeige, so ist das eben so viel, als wenn gefragt würde, ob es darin mehr auf Einbildung, als auf Urtheilskraft ankomme. Da nun eine Kunst in Ansehung des ersteren eher eine =geistreiche=, in Ansehung des zweiten aber allein eine =schöne= Kunst genannt zu werden verdient: so ist das letztere wenigstens als unumgängliche Bedingung (_conditio sine qua non_) |319.20| das Vornehmste, worauf man in Beurtheilung der Kunst als schöne Kunst zu sehen hat. Reich und original an Ideen zu sein, bedarf es nicht so nothwendig zum Behuf der Schönheit, aber wohl der Angemessenheit jener Einbildungskraft in ihrer Freiheit zu der Gesetzmäßigkeit des Verstandes. Denn aller Reichthum der ersteren bringt in ihrer gesetzlosen Freiheit |319.25| #203# nichts als Unsinn hervor; die Urtheilskraft ist hingegen das Vermögen, sie dem Verstande anzupassen. Der Geschmack ist =so= wie die Urtheilskraft überhaupt die Disciplin (oder Zucht) des Genies, beschneidet diesem sehr die Flügel und macht es gesittet oder geschliffen; zugleich aber giebt er diesem eine Leitung, worüber |319.30| und bis wie weit es sich verbreiten soll, um zweckmäßig zu bleiben; und indem er Klarheit und Ordnung in die Gedankenfülle hineinbringt, macht er die Ideen haltbar, eines daurenden, zugleich auch allgemeinen Beifalls, der Nachfolge anderer und einer immer fortschreitenden Cultur fähig. Wenn also im Widerstreite beiderlei Eigenschaften an einem Producte |319.35| etwas aufgeopfert werden soll, so müßte es eher auf der Seite des Genies geschehen: und die Urtheilskraft, welche in Sachen der schönen Kunst aus eigenen Principien den Ausspruch thut, wird eher der Freiheit und dem Reichthum der Einbildungskraft, als dem Verstande Abbruch zu thun erlauben. |320.5| Zur schönen Kunst würden also =Einbildungskraft=, =Verstand=, =Geist= und =Geschmack= erforderlich sein[17]. [17] Die drei ersteren Vermögen bekommen durch das vierte allererst ihre =Vereinigung=. =Hume= giebt in seiner Geschichte den Engländern zu verstehen, daß, obzwar sie in ihren Werken keinem Volke in der Welt in Ansehung der Beweisthümer |320.30| der drei ersteren Eigenschaften, =abgesondert= betrachtet, etwas nachgäben, sie doch in der, welche sie vereinigt, ihren Nachbaren, den Franzosen, nachstehen müßten. § 51. #204# Von der Eintheilung der schönen Künste. Man kann überhaupt Schönheit (sie mag Natur- oder Kunstschönheit |320.10| sein) den =Ausdruck= ästhetischer Ideen nennen: nur daß in der schönen Kunst diese Idee durch einen Begriff vom Object veranlaßt werden muß, in der schönen Natur aber die bloße Reflexion über eine gegebene Anschauung ohne Begriff von dem, was der Gegenstand sein soll, zur Erweckung und Mittheilung der Idee, von welcher jenes Object als der |320.15| =Ausdruck= betrachtet wird, hinreichend ist. Wenn wir also die schönen Künste eintheilen wollen, so können wir, wenigstens zum Versuche, kein bequemeres Princip dazu wählen, als die Analogie der Kunst mit der Art des Ausdrucks, dessen sich Menschen im Sprechen bedienen, um sich so vollkommen, als möglich ist, einander, d. i. |320.20| nicht bloß ihren Begriffen, sondern auch Empfindungen nach, mitzutheilen[18]. — Dieser besteht in dem =Worte=, der =Geberdung= und dem =Tone= (Articulation, Gesticulation und Modulation). Nur die Verbindung dieser #205# drei Arten des Ausdrucks macht die vollständige Mittheilung des Sprechenden aus. Denn Gedanke, Anschauung und Empfindung werden dadurch |320.25| zugleich und vereinigt auf den andern übergetragen. [18] Der Leser wird diesen Entwurf zu einer möglichen Eintheilung der schönen Künste nicht als beabsichtigte Theorie beurtheilen. Es ist nur einer von den mancherlei Versuchen, die man noch anstellen kann und soll. |320.35| Es giebt also nur dreierlei Arten schöner Künste: die =redende=, die =bildende= und die Kunst =des Spiels der Empfindungen= (als äußerer Sinneneindrücke). Man könnte diese Eintheilung auch dichotomisch einrichten, so daß die schöne Kunst in die des Ausdrucks der Gedanken, oder der Anschauungen und diese wiederum bloß nach ihrer Form, oder ihrer Materie (der Empfindung) eingetheilt würde. Allein sie würde alsdann |321.5| zu abstract und nicht so angemessen den gemeinen Begriffen aussehen. 1) Die REDENDEN Künste sind =Beredsamkeit= und =Dichtkunst=. =Beredsamkeit= ist die Kunst, ein Geschäft des Verstandes als ein freies Spiel der Einbildungskraft zu betreiben; =Dichtkunst=, ein freies Spiel der Einbildungskraft als ein Geschäft des Verstandes auszuführen. |321.10| Der =Redner= also kündigt ein Geschäft an und führt es so aus, als ob es bloß ein =Spiel= mit Ideen sei, um die Zuhörer zu unterhalten. Der =Dichter= kündigt bloß ein unterhaltendes =Spiel= mit Ideen an, und es kommt doch so viel für den Verstand heraus, als ob er bloß dessen Geschäft zu treiben die Absicht gehabt hätte. Die Verbindung und Harmonie beider |321.15| #206# Erkenntnißvermögen, der Sinnlichkeit und des Verstandes, die einander zwar nicht entbehren können, aber doch auch ohne Zwang und wechselseitigen Abbruch sich nicht wohl vereinigen lassen, muß unabsichtlich zu sein und sich von selbst so zu fügen scheinen; sonst ist es nicht =schöne= Kunst. Daher alles Gesuchte und Peinliche darin vermieden werden muß; |321.20| denn schöne Kunst muß in doppelter Bedeutung freie Kunst sein: sowohl daß sie nicht als Lohngeschäft eine Arbeit sei, deren Größe sich nach einem bestimmten Maßstabe beurtheilen, erzwingen oder bezahlen läßt; als auch, daß das Gemüth sich zwar beschäftigt, aber dabei doch, ohne auf einen andern Zweck hinauszusehen, (unabhängig vom Lohne) befriedigt und erweckt |321.25| fühlt. Der Redner giebt also zwar etwas, was er nicht verspricht, nämlich ein unterhaltendes Spiel der Einbildungskraft; aber er bricht auch dem etwas ab, was er verspricht, und was doch sein angekündigtes Geschäft ist, nämlich den Verstand zweckmäßig zu beschäftigen. Der Dichter dagegen |321.30| verspricht wenig und kündigt ein bloßes Spiel mit Ideen an, leistet aber etwas, was eines Geschäftes würdig ist, nämlich dem Verstande spielend Nahrung zu verschaffen und seinen Begriffen durch Einbildungskraft Leben zu geben: mithin jener im Grunde weniger, dieser mehr, als er verspricht. |321.35| 2) Die BILDENDEN Künste oder die des Ausdrucks für Ideen in #207# der =Sinnenanschauung= (nicht durch Vorstellungen der bloßen Einbildungskraft, die durch Worte aufgeregt werden) sind entweder die der =Sinnenwahrheit= oder des =Sinnenscheins=. Die erste heißt die =Plastik=, die zweite die =Malerei=. Beide machen Gestalten im Raume zum Ausdrucke für Ideen: jene macht Gestalten für zwei Sinne kennbar, dem Gesichte und Gefühl (obzwar dem letzteren nicht in Absicht auf Schönheit), |322.5| diese nur für den erstern. Die ästhetische Idee (Archetypon, Urbild) liegt zu beiden in der Einbildungskraft zum Grunde: die Gestalt aber, welche den Ausdruck derselben ausmacht (Ektypon, Nachbild), wird entweder in ihrer körperlichen Ausdehnung (wie der Gegenstand selbst existirt) oder nach der Art, wie diese sich im Auge malt (nach ihrer Apparenz |322.10| in einer Fläche), gegeben; oder, was auch das erstere ist, entweder die Beziehung auf einen wirklichen Zweck, oder nur der Anschein desselben der Reflexion zur Bedingung gemacht. Zur =Plastik=, als der ersten Art schöner bildender Künste, gehört die =Bildhauerkunst= und =Baukunst=. Die =erste= ist diejenige, welche Begriffe |322.15| von Dingen, so wie sie =in der Natur existiren könnten=, körperlich darstellt (doch als schöne Kunst mit Rücksicht auf ästhetische Zweckmäßigkeit); die =zweite= ist die Kunst, Begriffe von Dingen, die =nur durch Kunst= möglich sind, und deren Form nicht die Natur, sondern #208# einen willkürlichen Zweck zum Bestimmungsgrunde hat, zu dieser Absicht, |322.20| doch auch zugleich ästhetisch zweckmäßig darzustellen. Bei der letzteren ist ein gewisser =Gebrauch= des künstlichen Gegenstandes die Hauptsache, worauf als Bedingung die ästhetischen Ideen eingeschränkt werden. Bei der ersteren ist der bloße =Ausdruck= ästhetischer Ideen die Hauptabsicht. So sind Bildsäulen von Menschen, Göttern, Thieren u. d. gl. von der erstern |322.25| Art; aber Tempel, oder Prachtgebäude zum Behuf öffentlicher Versammlungen, oder auch Wohnungen, Ehrenbogen, Säulen, Cenotaphien u. d. gl., zum Ehrengedächtniß errichtet, zur Baukunst gehörig. Ja alle Hausgeräthe (die Arbeit des Tischlers u. d. gl. Dinge zum Gebrauche) können dazu gezählt werden: weil die Angemessenheit des Products zu einem gewissen |322.30| Gebrauche das Wesentliche eines =Bauwerks= ausmacht; dagegen ein bloßes =Bildwerk=, das lediglich zum Anschauen gemacht ist und für sich selbst gefallen soll, als körperliche Darstellung bloße Nachahmung der Natur ist, doch mit Rücksicht auf ästhetische Ideen: wobei denn die =Sinnenwahrheit= nicht so weit gehen darf, daß es aufhöre als Kunst und |322.35| Product der Willkür zu erscheinen. Die =Malerkunst=, als die zweite Art bildender Künste, welche den =Sinnenschein= künstlich mit Ideen verbunden darstellt, würde ich in die der schönen =Schilderung= der =Natur= und in die der schönen =Zusammenstellung= ihrer =Producte= eintheilen. Die erste wäre die =eigentliche #209# Malerei=, die zweite die =Lustgärtnerei=. Denn die erste giebt nur den Schein der körperlichen Ausdehnung; die zweite zwar diese nach |323.5| der Wahrheit, aber nur den Schein von Benutzung und Gebrauch zu anderen Zwecken, als bloß für das Spiel der Einbildung in Beschauung ihrer Formen[19]. Die letztere ist nichts anders, als die Schmückung des Bodens mit derselben Mannigfaltigkeit (Gräsern, Blumen, Sträuchen und Bäumen, selbst Gewässern, Hügeln und Thälern), womit ihn die Natur |323.10| dem Anschauen darstellt, nur anders und angemessen gewissen Ideen zusammengestellt. Die schöne Zusammenstellung aber körperlicher Dinge ist #210# auch nur für das Auge gegeben, wie die Malerei; der Sinn des Gefühls kann keine anschauliche Vorstellung von einer solchen Form verschaffen. Zu der Malerei im weiten Sinne würde ich noch die Verzierung der Zimmer |323.15| durch Tapeten, Aufsätze und alles schöne Amöblement, welches bloß zur =Ansicht= dient, zählen; imgleichen die Kunst der Kleidung nach Geschmack (Ringe, Dosen u. s. w.). Denn ein Parterre von allerlei Blumen, ein Zimmer mit allerlei Zierathen (selbst den Putz der Damen darunter begriffen) machen an einem Prachtfeste eine Art von Gemälde aus, welches, |323.20| so wie die eigentlich sogenannten (die nicht etwa Geschichte, oder Naturkenntniß zu =lehren= die Absicht haben) bloß zum Ansehen da ist, um die Einbildungskraft im freien Spiele mit Ideen zu unterhalten und ohne bestimmten Zweck die ästhetische Urtheilskraft zu beschäftigen. Das Machwerk an allem diesem Schmucke mag immer mechanisch sehr unterschieden |323.25| sein und ganz verschiedene Künstler erfordern; das Geschmacksurtheil ist doch über das, was in dieser Kunst schön ist, sofern auf einerlei Art bestimmt: nämlich nur die Formen (ohne Rücksicht auf einen Zweck) so, wie sie sich dem Auge darbieten, einzeln oder in ihrer Zusammensetzung nach der Wirkung, die sie auf die Einbildungskraft thun, zu |324.5| beurtheilen. — Wie aber bildende Kunst zur Geberdung in einer Sprache (der Analogie nach) gezählt werden könne, wird dadurch gerechtfertigt, #211# daß der Geist des Künstlers durch diese Gestalten von dem, was und wie er gedacht hat, einen körperlichen Ausdruck giebt und die Sache selbst gleichsam mimisch sprechen macht: ein sehr gewöhnliches Spiel unserer |324.10| Phantasie, welche leblosen Dingen ihrer Form gemäß einen Geist unterlegt, der aus ihnen spricht. [19] Daß die Lustgärtnerei als eine Art von Malerkunst betrachtet werden könne, ob sie zwar ihre Formen körperlich darstellt, scheint befremdlich; da sie aber ihre Formen wirklich aus der Natur nimmt (die Bäume, Gesträuche, Gräser und Blumen aus Wald und Feld, wenigstens uranfänglich) und sofern nicht etwa wie die Plastik Kunst ist, auch keinen Begriff von dem Gegenstande und seinem Zwecke |323.30| (wie etwa die Baukunst) zur Bedingung ihrer Zusammenstellung hat, sondern bloß das freie Spiel der Einbildungskraft in der Beschauung: so kommt sie mit der bloß ästhetischen Malerei, die kein bestimmtes Thema hat (Luft, Land und Wasser durch Licht und Schatten unterhaltend zusammen stellt), sofern überein. — Überhaupt wird der Leser dieses nur als einen Versuch von der Verbindung der schönen |323.35| Künste unter einem Princip, welches diesmal das des Ausdrucks ästhetischer Ideen (nach der Analogie einer Sprache) sein soll, beurtheilen und nicht als für entschieden gehaltene Ableitung derselben ansehen. 3) Die Kunst des SCHÖNEN SPIELS DER EMPFINDUNGEN (die von außen erzeugt werden und das sich gleichwohl doch muß allgemein mittheilen lassen) kann nichts anders als die Proportion der verschiedenen |324.15| Grade der Stimmung (Spannung) des Sinns, dem die Empfindung angehört, d. i. den Ton desselben, betreffen; und in dieser weitläuftigen Bedeutung des Worts kann sie in das künstliche Spiel der Empfindungen des Gehörs und der des Gesichts, mithin in =Musik= und =Farbenkunst= eingetheilt werden. — Es ist merkwürdig: daß diese zwei Sinne außer |324.20| der Empfänglichkeit für Eindrücke, so viel davon erforderlich ist, um von äußern Gegenständen vermittelst ihrer Begriffe zu bekommen, noch einer besondern damit verbundenen Empfindung fähig sind, von welcher man nicht recht ausmachen kann, ob sie den Sinn, oder die Reflexion zum Grunde habe; und daß diese Affectibilität doch bisweilen mangeln kann, |324.25| obgleich der Sinn übrigens, was seinen Gebrauch zum Erkenntniß der Objecte betrifft, gar nicht mangelhaft, sondern wohl gar vorzüglich fein #212# ist. Das heißt, man kann nicht mit Gewißheit sagen: ob eine Farbe oder ein Ton (Klang) bloß angenehme Empfindungen, oder an sich schon ein schönes Spiel von Empfindungen sei und als ein solches ein Wohlgefallen |324.30| an der Form in der ästhetischen Beurtheilung bei sich führe. Wenn man die Schnelligkeit der Licht- oder, in der zweiten Art, der Luftbebungen, die alles unser Vermögen, die Proportion der Zeiteintheilung durch dieselben unmittelbar bei der Wahrnehmung zu beurtheilen, wahrscheinlicherweise bei weitem übertrifft, bedenkt: so sollte man glauben, nur die =Wirkung= |324.35| dieser Zitterungen auf die elastischen Theile unsers Körpers werde empfunden, die =Zeiteintheilung= durch dieselben aber nicht bemerkt und in Beurtheilung gezogen, mithin mit Farben und Tönen nur Annehmlichkeit, nicht Schönheit ihrer Composition verbunden. Bedenkt man aber dagegen =erstlich= das Mathematische, welches sich über die Proportion dieser Schwingungen in der Musik und ihre Beurtheilung sagen läßt, und beurtheilt die Farbenabstechung, wie billig, nach der Analogie mit der |325.5| letztern; zieht man =zweitens= die, obzwar seltenen Beispiele von Menschen, die mit dem besten Gesichte von der Welt nicht haben Farben und mit dem schärfsten Gehöre nicht Töne unterscheiden können, zu Rath, imgleichen für die, welche dieses können, die Wahrnehmung einer veränderten Qualität (nicht bloß des Grades der Empfindung) bei den verschiedenen Anspannungen |325.10| auf der Farben- oder Tonleiter, imgleichen daß die Zahl derselben #213# für =begreifliche= Unterschiede bestimmt ist: so möchte man sich genöthigt sehen, die Empfindungen von beiden nicht als bloßen Sinneneindruck, sondern als die Wirkung einer Beurtheilung der Form im Spiele vieler Empfindungen anzusehen. Der Unterschied, den die eine oder die |325.15| andere Meinung in der Beurtheilung des Grundes der Musik giebt, würde aber nur die Definition dahin verändern, daß man sie entweder, wie wir gethan haben, für das =schöne= Spiel der Empfindungen (durch das Gehör), oder =angenehmer= Empfindungen erklärte. Nur nach der erstern Erklärungsart wird Musik gänzlich als =schöne=, nach der zweiten aber als |325.20| =angenehme= Kunst (wenigstens zum Theil) vorgestellt werden. § 52. Von der Verbindung der schönen Künste in einem und demselben Producte. Die Beredsamkeit kann mit einer malerischen Darstellung ihrer Subjecte |325.25| sowohl als Gegenstände in einem =Schauspiele=, die Poesie mit Musik im =Gesange=, dieser aber zugleich mit malerischer (theatralischer) Darstellung in einer =Oper=, das Spiel der Empfindungen in einer Musik mit dem Spiele der Gestalten im =Tanz= u. s. w. verbunden werden. Auch kann die Darstellung des Erhabenen, sofern sie zur schönen Kunst gehört, |325.30| in einem =gereimten Trauerspiele=, einem =Lehrgedichte=, einem =Oratorium= #214# sich mit der Schönheit vereinigen; und in diesen Verbindungen ist die schöne Kunst noch künstlicher: ob aber auch schöner (da sich so mannigfaltige verschiedene Arten des Wohlgefallens einander durchkreuzen), kann in einigen dieser Fälle bezweifelt werden. Doch in aller schönen |325.35| Kunst besteht das Wesentliche in der Form, welche für die Beobachtung und Beurtheilung zweckmäßig ist, wo die Lust zugleich Cultur ist und den Geist zu Ideen stimmt, mithin ihn mehrerer solcher Lust und Unterhaltung empfänglich macht; nicht in der Materie der Empfindung (dem Reize oder der Rührung), wo es bloß auf Genuß angelegt ist, welcher |326.5| nichts in der Idee zurückläßt, den Geist stumpf, den Gegenstand nach und nach anekelnd und das Gemüth durch das Bewußtsein seiner im Urtheile der Vernunft zweckwidrigen Stimmung mit sich selbst unzufrieden und launisch macht. Wenn die schönen Künste nicht nahe oder fern mit moralischen Ideen |326.10| in Verbindung gebracht werden, die allein ein selbstständiges Wohlgefallen bei sich führen, so ist das letzere ihr endliches Schicksal. Sie dienen alsdann nur zur Zerstreuung, deren man immer desto mehr bedürftig wird, als man sich ihrer bedient, um die Unzufriedenheit des Gemüths mit sich selbst dadurch zu vertreiben, daß man sich immer noch unnützlicher und |326.15| mit sich selbst unzufriedener macht. Überhaupt sind die Schönheiten der Natur zu der ersteren Absicht am zuträglichsten, wenn man früh dazu #215# gewöhnt wird, sie zu beobachten, zu beurtheilen und zu bewundern. § 53. Vergleichung des ästhetischen Werths der schönen Künste |326.20| untereinander. Unter allen behauptet die =Dichtkunst= (die fast gänzlich dem Genie ihren Ursprung verdankt und am wenigsten durch Vorschrift, oder durch Beispiele geleitet sein will) den obersten Rang. Sie erweitert das Gemüth dadurch, daß sie die Einbildungskraft in Freiheit setzt und innerhalb |326.25| den Schranken eines gegebenen Begriffs unter der unbegränzten Mannigfaltigkeit möglicher damit zusammenstimmender Formen diejenige darbietet, welche die Darstellung desselben mit einer Gedankenfülle verknüpft, der kein Sprachausdruck völlig adäquat ist, und sich also ästhetisch zu Ideen erhebt. Sie stärkt das Gemüth, indem sie es sein |326.30| freies, selbstthätiges und von der Naturbestimmung unabhängiges Vermögen fühlen läßt, die Natur als Erscheinung nach Ansichten zu betrachten und zu beurtheilen, die sie nicht von selbst weder für den Sinn noch den Verstand in der Erfahrung darbietet, und sie also zum Behuf und gleichsam zum Schema des Übersinnlichen zu gebrauchen. Sie spielt mit |326.35| dem Schein, den sie nach Belieben bewirkt, ohne doch dadurch zu betrügen; denn sie erklärt ihre Beschäftigung selbst für bloßes Spiel, welches gleichwohl #216# vom Verstande und zu dessen Geschäfte zweckmäßig gebraucht werden kann. — Die Beredsamkeit, sofern darunter die Kunst zu überreden, d. i. durch den schönen Schein zu hintergehen (als _ars oratoria_), und nicht |327.5| bloße Wohlredenheit (Eloquenz und Stil) verstanden wird, ist eine Dialektik, die von der Dichtkunst nur so viel entlehnt, als nöthig ist, die Gemüther vor der Beurtheilung für den Redner zu dessen Vortheil zu gewinnen und dieser die Freiheit zu benehmen; kann also weder für die Gerichtsschranken, noch für die Kanzeln angerathen werden. Denn wenn |327.10| es um bürgerliche Gesetze, um das Recht einzelner Personen, oder um dauerhafte Belehrung und Bestimmung der Gemüther zur richtigen Kenntniß und gewissenhaften Beobachtung ihrer Pflicht zu thun ist: so ist es unter der Würde eines so wichtigen Geschäftes, auch nur eine Spur von Üppigkeit des Witzes und der Einbildungskraft, noch mehr aber von |327.15| der Kunst zu überreden und zu irgend jemandes Vortheil einzunehmen blicken zu lassen. Denn wenn sie gleich bisweilen zu an sich rechtmäßigen und lobenswürdigen Absichten angewandt werden kann, so wird sie doch dadurch verwerflich, daß auf diese Art die Maximen und Gesinnungen subjectiv verderbt werden, wenn gleich die That objectiv gesetzmäßig ist: |327.20| indem es nicht genug ist, das, was Recht ist, zu thun, sondern es auch aus dem Grunde allein, weil es Recht ist, auszuüben. Auch hat der bloße deutliche Begriff dieser Arten von menschlicher Angelegenheit, mit einer [P:217] lebhaften Darstellung in Beispielen verbunden und ohne Verstoß wider die Regeln des Wohllauts der Sprache, oder der Wohlanständigkeit des |327.25| Ausdrucks für Ideen der Vernunft (die zusammen die Wohlredenheit ausmachen), schon an sich hinreichenden Einfluß auf menschliche Gemüther, als daß es nöthig wäre noch die Maschinen der Überredung hiebei anzulegen; welche, da sie eben sowohl auch zur Beschönigung oder Verdeckung des Lasters und Irrthums gebraucht werden können, den geheimen Verdacht wegen |327.30| einer künstlichen Überlistung nicht ganz vertilgen können. In der Dichtkunst geht alles ehrlich und aufrichtig zu. Sie erklärt sich, ein bloßes unterhaltendes Spiel mit der Einbildungskraft und zwar der Form nach einstimmig mit Verstandesgesetzen treiben zu wollen; und verlangt nicht den Verstand durch sinnliche Darstellung zu überschleichen und zu verstricken.[20] |327.35| [20] Ich muß gestehen: daß ein schönes Gedicht mir immer ein reines Vergnügen gemacht hat, anstatt daß die Lesung der besten Rede eines römischen Volks- oder jetzigen Parlaments- oder Kanzelredners jederzeit mit dem unangenehmen Gefühl der Mißbilligung einer hinterlistigen Kunst vermengt war, welche die Menschen als |328.25| Maschinen in wichtigen Dingen zu einem Urtheile zu bewegen versteht, das im ruhigen Nachdenken alles Gewicht bei ihnen verlieren muß. Beredtheit und Wohlredenheit (zusammen Rhetorik) gehören zur schönen Kunst; aber Rednerkunst (_ars oratoria_) ist, als Kunst sich der Schwächen der Menschen zu seinen Absichten zu bedienen (diese mögen immer so gut gemeint, oder auch wirklich gut sein, als sie |328.30| wollen), gar keiner =Achtung= würdig. Auch erhob sie sich nur sowohl in Athen als in Rom zur höchsten Stufe zu einer Zeit, da der Staat seinem Verderben zueilte und wahre patriotische Denkungsart erloschen war. Wer bei klarer Einsicht in Sachen die Sprache nach deren Reichthum und Reinigkeit in seiner Gewalt hat und bei einer fruchtbaren, zur Darstellung seiner Ideen tüchtigen Einbildungskraft |328.35| lebhaften Herzensantheil am wahren Guten nimmt, ist der _vir bonus dicendi peritus_, der Redner ohne Kunst, aber voll Nachdruck, wie ihn =Cicero= haben will, ohne doch diesem Ideal selbst immer treu geblieben zu sein. Nach der Dichtkunst würde ich, =wenn es um Reiz und Bewegung #218# des Gemüths zu thun ist=, diejenige, welche ihr unter den redenden am nächsten kommt und sich damit auch sehr natürlich vereinigen läßt, nämlich die =Tonkunst=, setzen. Denn ob sie zwar durch lauter Empfindungen ohne Begriffe spricht, mithin nicht wie die Poesie etwas zum Nachdenken |328.5| übrig bleiben läßt, so bewegt sie doch das Gemüth mannigfaltiger und, obgleich bloß vorübergehend, doch inniglicher; ist aber freilich mehr Genuß als Cultur (das Gedankenspiel, was nebenbei dadurch erregt wird, ist bloß die Wirkung einer gleichsam mechanischen Association); und hat, durch Vernunft beurtheilt, weniger Werth, als jede andere der schönen |328.10| Künste. Daher verlangt sie wie jeder Genuß öftern Wechsel und hält die mehrmalige Wiederholung nicht aus, ohne Überdruß zu erzeugen. Der Reiz derselben, der sich so allgemein mittheilen läßt, scheint darauf #219# zu beruhen: daß jeder Ausdruck der Sprache im Zusammenhange einen Ton hat, der dem Sinne desselben angemessen ist; daß dieser Ton mehr |328.15| oder weniger einen Affect des Sprechenden bezeichnet und gegenseitig auch im Hörenden hervorbringt, der denn in diesem umgekehrt auch die Idee erregt, die in der Sprache mit solchem Tone ausgedrückt wird; und daß, so wie die Modulation gleichsam eine allgemeine jedem Menschen verständliche Sprache der Empfindungen ist, die Tonkunst diese für sich |328.20| allein in ihrem ganzen Nachdrucke, nämlich als Sprache der Affecten, ausübt und so nach dem Gesetze der Association die damit natürlicher Weise verbundenen ästhetischen Ideen allgemein mittheilt; daß aber, weil jene ästhetischen Ideen keine Begriffe und bestimmte Gedanken sind, die Form der Zusammensetzung dieser Empfindungen (Harmonie und Melodie) nur statt der Form einer Sprache dazu dient, vermittelst einer proportionirten Stimmung derselben (welche, weil sie bei Tönen auf dem Verhältniß der Zahl der Luftbebungen in derselben Zeit, sofern die Töne zugleich oder |329.5| auch nach einander verbunden werden, beruht, mathematisch unter gewisse Regeln gebracht werden kann) die ästhetische Idee eines zusammenhängenden Ganzen einer unnennbaren Gedankenfülle einem gewissen Thema gemäß, welches den in dem Stücke herrschenden Affect ausmacht, auszudrücken. An dieser mathematischen Form, obgleich nicht durch bestimmte |329.10| #220# Begriffe vorgestellt, hängt allein das Wohlgefallen, welches die bloße Reflexion über eine solche Menge einander begleitender oder folgender Empfindungen mit diesem Spiele derselben als für jedermann gültige Bedingung seiner Schönheit verknüpft; und sie ist es allein, nach welcher der Geschmack sich ein Recht über das Urtheil von jedermann zum voraus |329.15| auszusprechen anmaßen darf. Aber an dem Reize und der Gemüthsbewegung, welche die Musik hervorbringt, hat die Mathematik sicherlich nicht den mindesten Antheil; sondern sie ist nur die unumgängliche Bedingung (_conditio sine qua non_) derjenigen Proportion der Eindrücke in ihrer Verbindung sowohl als |329.20| ihrem Wechsel, wodurch es möglich wird sie zusammen zu fassen und zu verhindern, daß diese einander nicht zerstören, sondern zu einer continuirlichen Bewegung und Belebung des Gemüths durch damit consonirende Affecten und hiemit zu einem behaglichen Selbstgenusse zusammenstimmen. Wenn man dagegen den Werth der schönen Künste nach der Cultur |329.25| schätzt, die sie dem Gemüth verschaffen, und die Erweiterung der Vermögen, welche in der Urtheilskraft zum Erkenntnisse zusammen kommen müssen, zum Maßstabe nimmt: so hat Musik unter den schönen Künsten sofern den untersten (so wie unter denen, die zugleich nach ihrer Annehmlichkeit geschätzt werden, vielleicht den obersten) Platz, weil sie bloß mit |329.30| Empfindungen spielt. Die bildenden Künste gehen ihr also in diesem #221# Betracht weit vor; denn indem sie die Einbildungskraft in ein freies und doch zugleich dem Verstande angemessenes Spiel versetzen, so treiben sie zugleich ein Geschäft, indem sie ein Product zu Stande bringen, welches den Verstandesbegriffen zu einem dauerhaften und für sie selbst sich empfehlenden |329.35| Vehikel dient, die Vereinigung derselben mit der Sinnlichkeit und so gleichsam die Urbanität der obern Erkenntnißkräfte zu befördern. Beiderlei Art Künste nehmen einen ganz verschiedenen Gang: die erstere von Empfindungen zu unbestimmten Ideen; die zweite Art aber von bestimmten Ideen zu Empfindungen. Die letztern sind von =bleibendem=, die erstern nur von =transitorischem= Eindrucke. Die Einbildungskraft kann jene zurückrufen und sich damit angenehm unterhalten; diese aber |330.5| erlöschen entweder gänzlich, oder wenn sie unwillkürlich von der Einbildungskraft wiederholt werden, sind sie uns eher lästig als angenehm. Außerdem hängt der Musik ein gewisser Mangel der Urbanität an, daß sie vornehmlich nach Beschaffenheit ihrer Instrumente ihren Einfluß weiter, als man ihn verlangt, (auf die Nachbarschaft) ausbreitet und so |330.10| sich gleichsam aufdringt, mithin der Freiheit andrer außer der musikalischen Gesellschaft Abbruch thut; welches die Künste, die zu den Augen reden, nicht thun, indem man seine Augen nur wegwenden darf, wenn man ihren Eindruck nicht einlassen will. Es ist hiemit fast so, wie mit #222# der Ergötzung durch einen sich weit ausbreitenden Geruch bewandt. Der, |330.15| welcher sein parfümirtes Schnupftuch aus der Tasche zieht, tractirt alle um und neben sich wider ihren Willen und nöthigt sie, wenn sie athmen wollen, zugleich zu genießen; daher es auch aus der Mode gekommen ist.[21] — Unter den bildenden Künsten würde ich der =Malerei= den Vorzug geben: theils weil sie als Zeichnungskunst allen übrigen bildenden zum |330.20| Grunde liegt; theils weil sie weit mehr in die Region der Ideen eindringen und auch das Feld der Anschauung diesen gemäß mehr erweitern kann, als es den übrigen verstattet ist. [21] Diejenigen, welche zu den häuslichen Andachtsübungen auch das Singen geistlicher Lieder empfohlen haben, bedachten nicht, daß sie dem Publicum durch eine solche =lärmende= (eben dadurch gemeiniglich pharisäische) Andacht eine große Beschwerde auflegen, indem sie die Nachbarschaft entweder mit zu singen oder ihr Gedankengeschäft niederzulegen nöthigen. |330.35| § 54. Anmerkung. |330.25| Zwischen dem, =was bloß in der Beurtheilung gefällt=, und dem, was =vergnügt= (in der Empfindung gefällt), ist, wie wir oft gezeigt haben, ein wesentlicher Unterschied. Das letztere ist etwas, welches man nicht so, wie das erstere jedermann ansinnen kann. Vergnügen (die Ursache desselben mag immerhin auch in Ideen liegen) scheint jederzeit in |330.30| einem Gefühl der Beförderung des gesammten Lebens des Menschen, mithin auch des körperlichen Wohlbefindens, d. i. der Gesundheit, zu bestehen; #223# so daß =Epikur=, der alles Vergnügen im Grunde für körperliche Empfindung ausgab, sofern vielleicht nicht Unrecht haben mag und sich nur selbst mißverstand, wenn er das intellectuelle und selbst praktische Wohlgefallen |331.5| zu den Vergnügen zählte. Wenn man den letztern Unterschied vor Augen hat, so kann man sich erklären, wie ein Vergnügen dem, der es empfindet, selbst mißfallen könne (wie die Freude eines dürftigen, aber wohldenkenden Menschen über die Erbschaft von seinem ihn liebenden, aber kargen Vater), oder wie ein tiefer Schmerz dem, der ihn leidet, doch gefallen |331.10| könne (die Traurigkeit einer Wittwe über ihres verdienstvollen Mannes Tod), oder wie ein Vergnügen obenein noch gefallen könne (wie das an Wissenschaften, die wir treiben), oder ein Schmerz (z. B. Haß, Neid und Rachgierde) uns noch dazu mißfallen könne. Das Wohlgefallen oder Mißfallen beruht hier auf der Vernunft und ist mit der =Billigung= oder |331.15| =Mißbilligung= einerlei; Vergnügen und Schmerz aber können nur auf dem Gefühl oder der Aussicht auf ein (aus welchem Grunde es auch sei) mögliches =Wohl-= oder =Übelbefinden= beruhen. Alles wechselnde freie Spiel der Empfindungen (die keine Absicht zum Grunde haben) vergnügt, weil es das Gefühl der Gesundheit befördert: |331.20| wir mögen nun in der Vernunftbeurtheilung an seinem Gegenstande und selbst an diesem Vergnügen ein Wohlgefallen haben oder nicht; und dieses Vergnügen kann bis zum Affect steigen, obgleich wir an dem Gegenstande selbst kein Interesse, wenigstens kein solches nehmen, was dem Grad des letztern proportionirt wäre. Wir können sie ins =Glücksspiel=, =Tonspiel= |331.25| und =Gedankenspiel= eintheilen. Das =erste= fordert ein =Interesse=, es sei der Eitelkeit oder des Eigennutzes, welches aber bei weitem nicht so groß ist, als das Interesse an der Art, wie wir es uns zu verschaffen suchen; #224# das =zweite= bloß den Wechsel der =Empfindungen=, deren jede ihre Beziehung auf Affect, aber ohne den Grad eines Affects hat und ästhetische |331.30| Ideen rege macht; das =dritte= entspringt bloß aus dem Wechsel der Vorstellungen in der Urtheilskraft, wodurch zwar kein Gedanke, der irgend ein Interesse bei sich führte, erzeugt, das Gemüth aber doch belebt wird. Wie vergnügend die Spiele sein müssen, ohne daß man nöthig hätte interessirte Absicht dabei zum Grunde zu legen, zeigen alle unsere Abendgesellschaften; |331.35| denn ohne Spiel kann sich beinahe keine unterhalten. Aber die Affecten der Hoffnung, der Furcht, der Freude, des Zorns, des Hohns spielen dabei, indem sie jeden Augenblick ihre Rolle wechseln, und sind so lebhaft, daß dadurch als eine innere Motion das ganze Lebensgeschäft im Körper befördert zu sein scheint, wie eine dadurch erzeugte Munterkeit des Gemüths es beweist, obgleich weder etwas gewonnen noch gelernt worden. Aber da das Glücksspiel kein schönes Spiel ist, so wollen wir es hier bei |332.5| Seite setzen. Hingegen Musik und Stoff zum Lachen sind zweierlei Arten des Spiels mit ästhetischen Ideen, oder auch Verstandesvorstellungen, wodurch am Ende nichts gedacht wird, und die bloß durch ihren Wechsel und dennoch lebhaft vergnügen können; wodurch sie ziemlich klar zu erkennen geben, daß die Belebung in beiden bloß körperlich sei, ob sie gleich von |332.10| Ideen des Gemüths erregt wird, und daß das Gefühl der Gesundheit durch eine jenem Spiele correspondirende Bewegung der Eingeweide das ganze, für so fein und geistvoll gepriesene Vergnügen einer aufgeweckten Gesellschaft ausmacht. Nicht die Beurtheilung der Harmonie in Tönen oder Witzeinfällen, die mit ihrer Schönheit nur zum nothwendigen Vehikel |332.15| dient, sondern das beförderte Lebensgeschäft im Körper, der Affect, der die #225# Eingeweide und das Zwerchfell bewegt, mit einem Worte das Gefühl der Gesundheit (welche sich ohne solche Veranlassung sonst nicht fühlen läßt), machen das Vergnügen aus, welches man daran findet, daß man dem Körper auch durch die Seele beikommen und diese zum Arzt von jenem |332.20| brauchen kann. In der Musik geht dieses Spiel von der Empfindung des Körpers zu ästhetischen Ideen (der Objecte für Affecten), von diesen alsdann wieder zurück, aber mit vereinigter Kraft auf den Körper. Im Scherze (der eben sowohl wie jene eher zur angenehmen, als schönen Kunst gezählt zu werden |332.25| verdient) hebt das Spiel von Gedanken an, die insgesammt, sofern sie sich sinnlich ausdrücken wollen, auch den Körper beschäftigen; und indem der Verstand in dieser Darstellung, worin er das Erwartete nicht findet, plötzlich nachläßt, so fühlt man die Wirkung dieser Nachlassung im Körper durch die Schwingung der Organen, welche die Herstellung ihres Gleichgewichts |332.30| befördert und auf die Gesundheit einen wohlthätigen Einfluß hat. Es muß in allem, was ein lebhaftes, erschütterndes Lachen erregen soll, etwas Widersinniges sein (woran also der Verstand an sich kein Wohlgefallen finden kann). =Das Lachen ist ein Affect aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts.= |332.35| Eben diese Verwandlung, die für den Verstand gewiß nicht erfreulich ist, erfreuet doch indirekt auf einen Augenblick sehr lebhaft. Also muß die Ursache in dem Einflusse der Vorstellung auf den Körper und dessen Wechselwirkung auf das Gemüth bestehen; und zwar nicht, sofern die Vorstellung objectiv ein Gegenstand des Vergnügens ist (denn wie kann eine getäuschte Erwartung vergnügen?), sondern lediglich dadurch, daß sie als #226# bloßes Spiel der Vorstellungen ein Gleichgewicht der Lebenskräfte im |333.5| Körper hervorbringt. Wenn jemand erzählt: daß ein Indianer, der an der Tafel eines Engländers in Surate eine Bouteille mit Ale öffnen und alles dies Bier, in Schaum verwandelt, herausdringen sah, mit vielen Ausrufungen seine große Verwunderung anzeigte und auf die Frage des Engländers: Was |333.10| ist denn hier sich so sehr zu verwundern? antwortete: Ich wundere mich auch nicht darüber, daß es herausgeht, sondern wie ihrs habt herein kriegen können, so lachen wir, und es macht uns eine herzliche Lust: nicht weil wir uns etwa klüger finden als diesen Unwissenden, oder sonst über etwas, was uns der Verstand hierin Wohlgefälliges bemerken ließe; sondern unsre |333.15| Erwartung war gespannt und verschwindet plötzlich in Nichts. Oder wenn der Erbe eines reichen Verwandten diesem sein Leichenbegängniß recht feierlich veranstalten will, aber klagt, daß es ihm hiemit nicht recht gelingen wolle; denn (sagt er): je mehr ich meinen Trauerleuten Geld gebe, betrübt auszusehen, desto lustiger sehen sie aus, so lachen wir laut, und der Grund |333.20| liegt darin, daß eine Erwartung sich plötzlich in Nichts verwandelt. Man muß wohl bemerken: daß sie sich nicht in das positive Gegentheil eines erwarteten Gegenstandes — denn das ist immer Etwas und kann oft betrüben, — sondern in Nichts verwandeln müsse. Denn wenn jemand uns mit der Erzählung einer Geschichte große Erwartung erregt, und wir beim |333.25| Schlusse die Unwahrheit derselben sofort einsehen, so macht es uns Mißfallen; wie z. B. die von Leuten, welche vor großem Gram in einer Nacht graue Haare bekommen haben sollen. Dagegen wenn auf eine dergleichen Erzählung zur Erwiderung ein anderer Schalk sehr umständlich den Gram eines Kaufmanns erzählt, der, aus Indien mit allem seinem Vermögen |333.30| #227# in Waaren nach Europa zurückkehrend, in einem schweren Sturm alles über Bord zu werfen genöthigt wurde und sich dermaßen grämte, daß ihm darüber in derselben Nacht die =Perrüke= grau ward: so lachen wir, und es macht uns Vergnügen, weil wir unsern eignen Mißgriff nach einem für uns übrigens gleichgültigen Gegenstande, oder vielmehr unsere |333.35| verfolgte Idee wie einen Ball noch eine Zeit lang hin- und herschlagen, indem wir bloß gemeint sind ihn zu greifen und fest zu halten. Es ist hier nicht die Abfertigung eines Lügners oder Dummkopfs, welche das Vergnügen erweckt: denn auch für sich würde die letztere mit angenommenem Ernst erzählte Geschichte eine Gesellschaft in ein helles Lachen versetzen; und jenes wäre gewöhnlichermaßen auch der Aufmerksamkeit nicht werth. |334.5|. Merkwürdig ist: daß in allen solchen Fällen der Spaß immer etwas in sich enthalten muß, welches auf einen Augenblick täuschen kann; daher wenn der Schein in Nichts verschwindet, das Gemüth wieder zurücksieht, um es mit ihm noch einmal zu versuchen, und so durch schnell hinter einander folgende Anspannung und Abspannung hin- und zurückgeschnellt |334.10| und in Schwankung gesetzt wird: die, weil der Absprung von dem, was gleichsam die Saite anzog, plötzlich (nicht durch ein allmähliges Nachlassen) geschah, eine Gemüthsbewegung und mit ihr harmonirende inwendige körperliche Bewegung verursachen muß, die unwillkürlich fortdauert und Ermüdung, dabei aber auch Aufheiterung (die Wirkungen einer zur Gesundheit |334.15| gereichenden Motion) hervorbringt. Denn wenn man annimmt, daß mit allen unsern Gedanken zugleich irgend eine Bewegung in den Organen des Körpers harmonisch verbunden sei: so wird man so ziemlich begreifen, wie jener plötzlichen Versetzung des Gemüths bald in einen, bald in den andern Standpunkt, um seinen Gegenstand |334.20| #228# zu betrachten, eine wechselseitige Anspannung und Loslassung der elastischen Theile unserer Eingeweide, die sich dem Zwerchfell mittheilt, correspondiren könne (gleich derjenigen, welche kitzliche Leute fühlen): wobei die Lunge die Luft mit schnell einander folgenden Absätzen ausstößt und so eine der Gesundheit zuträgliche Bewegung bewirkt, welche allein |334.25| und nicht das, was im Gemüthe vorgeht, die eigentliche Ursache des Vergnügens an einem Gedanken ist, der im Grunde nichts vorstellt. — Voltaire sagte, der Himmel habe uns zum Gegengewicht gegen die vielen Mühseligkeiten des Lebens zwei Dinge gegeben: die =Hoffnung= und den =Schlaf=. Er hätte noch das =Lachen= dazu rechnen können; wenn die Mittel |334.30| es bei Vernünftigen zu erregen nur so leicht bei der Hand wären, und der Witz oder die Originalität der Laune, die dazu erforderlich sind, nicht ebenso selten wären, als häufig das Talent ist, =kopfbrechend= wie mystische Grübler, =halsbrechend= wie Genies, oder =herzbrechend= wie empfindsame Romanschreiber (auch wohl dergleichen Moralisten) zu dichten. |334.35| Man kann also, wie mich dünkt, dem Epikur wohl einräumen: daß alles Vergnügen, wenn es gleich durch Begriffe veranlaßt wird, welche ästhetische Ideen erwecken, =animalische=, d. i. körperliche, Empfindung sei; ohne dadurch dem =geistigen= Gefühl der Achtung für moralische Ideen, welches kein Vergnügen ist, sondern eine Selbstschätzung (der Menschheit in uns), die uns über das Bedürfniß desselben erhebt, ja selbst nicht einmal dem minder edlen des =Geschmacks= im mindesten Abbruch zu thun. |335.5| Etwas aus beiden Zusammengesetztes findet sich in der =Naivität=, die der Ausbruch der der Menschheit ursprünglich natürlichen Aufrichtigkeit wider die zur andern Natur gewordene Verstellungskunst ist. Man #229# lacht über die Einfalt, die es noch nicht versteht sich zu verstellen; und erfreut sich doch auch über die Einfalt der Natur, die jener Kunst hier einen |335.10| Querstrich spielt. Man erwartete die alltägliche Sitte der gekünstelten und auf den schönen Schein vorsichtig angelegten Äußerung; und siehe! es ist die unverdorbne, schuldlose Natur, die man anzutreffen gar nicht gewärtig und die der, welcher sie blicken ließ, zu entblößen auch nicht gemeint war. Daß der schöne, aber falsche Schein, der gewöhnlich in unserm Urtheile |335.15| sehr viel bedeutet, hier plötzlich in Nichts verwandelt, daß gleichsam der Schalk in uns selbst bloßgestellt wird, bringt die Bewegung des Gemüths nach zwei entgegengesetzten Richtungen nach einander hervor, die zugleich den Körper heilsam schüttelt. Daß aber etwas, was unendlich besser als alle angenommene Sitte ist, die Lauterkeit der Denkungsart (wenigstens |335.20| die Anlage dazu), doch nicht ganz in der menschlichen Natur erloschen ist, mischt Ernst und Hochschätzung in dieses Spiel der Urtheilskraft. Weil es aber nur eine auf kurze Zeit sich hervorthuende Erscheinung ist, und die Decke der Verstellungskunst bald wieder vorgezogen wird: so mengt sich zugleich ein Bedauren darunter, welches eine Rührung der Zärtlichkeit |335.25| ist, die sich als Spiel mit einem solchen gutherzigen Lachen sehr wohl verbinden läßt und auch wirklich damit gewöhnlich verbindet, zugleich auch demjenigen, der den Stoff dazu hergiebt, die Verlegenheit darüber, daß er noch nicht nach Menschenweise gewitzigt ist, zu vergüten pflegt. — Eine Kunst, =naiv= zu sein, ist daher ein Widerspruch; allein die Naivität in |335.30| einer erdichteten Person vorzustellen, ist wohl möglich und schöne, obzwar auch seltene Kunst. Mit der Naivität muß offenherzige Einfalt, welche die Natur nur darum nicht verkünstelt, weil sie sich darauf nicht versteht, #230# was Kunst des Umganges sei, nicht verwechselt werden. Zu dem, was aufmunternd, mit dem Vergnügen aus dem Lachen |335.35| nahe verwandt und zur Originalität des Geistes, aber eben nicht zum Talent der schönen Kunst gehörig ist, kann auch die =launichte= Manier gezählt werden. =Laune= im guten Verstande bedeutet nämlich das Talent, sich willkürlich in eine gewisse Gemüthsdisposition versetzen zu können, in der alle Dinge ganz anders als gewöhnlich (sogar umgekehrt) und doch gewissen Vernunftprincipien in einer solchen Gemüthsstimmung gemäß beurtheilt werden. Wer solchen Veränderungen unwillkürlich unterworfen |336.5| ist, ist =launisch=; wer sie aber willkürlich und zweckmäßig (zum Behuf einer lebhaften Darstellung vermittelst eines Lachen erregenden Contrastes) anzunehmen vermag, der und sein Vortrag heißt =launicht=. Diese Manier gehört indeß mehr zur angenehmen als schönen Kunst, weil der Gegenstand der letztern immer einige Würde an sich zeigen muß und daher einen |336.10| gewissen Ernst in der Darstellung, so wie der Geschmack in der Beurtheilung erfordert. Der Kritik der ästhetischen Urtheilskraft #231# Zweiter Abschnitt. Die Dialektik der ästhetischen Urtheilskraft. § 55. Eine Urtheilskraft, die dialektisch sein soll, muß zuvörderst vernünftelnd |337.5| sein; d. i. die Urtheile derselben müssen auf Allgemeinheit und zwar a priori Anspruch machen[22]: denn in solcher Urtheile Entgegensetzung besteht die Dialektik. Daher ist die Unvereinbarkeit ästhetischer Sinnesurtheile (über das Angenehme und Unangenehme) nicht dialektisch. Auch der Widerstreit der Geschmacksurtheile, sofern sich ein jeder bloß auf seinen |337.10| eignen Geschmack beruft, macht keine Dialektik des Geschmacks aus: weil #232# niemand sein Urtheil zur allgemeinen Regel zu machen gedenkt. Es bleibt also kein Begriff von einer Dialektik übrig, welche den Geschmack angehen könnte, als der einer Dialektik der =Kritik= des Geschmacks (nicht des Geschmacks selbst) in Ansehung ihrer =Principien=: da nämlich über den |337.15| Grund der Möglichkeit der Geschmacksurtheile überhaupt einander widerstreitende Begriffe natürlicher und unvermeidlicher Weise auftreten. Transscendentale Kritik des Geschmacks wird also nur sofern einen Theil enthalten, der den Namen einer Dialektik der ästhetischen Urtheilskraft führen kann, wenn sich eine Antinomie der Principien dieses Vermögens findet, |337.20| welche die Gesetzmäßigkeit desselben, mithin auch seine innere Möglichkeit zweifelhaft macht. [22] Ein vernünftelndes Urtheil (_iudicium ratiocinans_) kann ein jedes heißen, das sich als allgemein ankündigt; denn sofern kann es zum Obersatze in einem Vernunftschlusse dienen. Ein Vernunfturtheil (_iudicium ratiocinatum_) kann dagegen nur ein |337.25| solches genannt werden, welches als der Schlußsatz von einem Vernunftschlusse, folglich als _a priori_ gegründet gedacht wird. § 56. Vorstellung der Antinomie des Geschmacks. Der erste Gemeinort des Geschmacks ist in dem Satze, womit sich jeder Geschmacklose gegen Tadel zu verwahren denkt, enthalten: =ein jeder hat seinen eignen Geschmack=. Das heißt so viel als: der Bestimmungsgrund |338.5| dieses Urtheils ist bloß subjectiv (Vergnügen oder Schmerz); und das Urtheil hat kein Recht auf die nothwendige Beistimmung anderer. Der zweite Gemeinort desselben, der auch von denen sogar gebraucht wird, die dem Geschmacksurtheile das Recht einräumen, für jedermann #233# gültig auszusprechen, ist: =über den Geschmack läßt sich nicht disputiren=. |338.10| Das heißt so viel als: der Bestimmungsgrund eines Geschmacksurtheils mag zwar auch objectiv sein, aber er läßt sich nicht auf bestimmte Begriffe bringen; mithin kann über das Urtheil selbst durch Beweise nichts =entschieden= werden, obgleich darüber gar wohl und mit Recht =gestritten= werden kann. Denn =Streiten= und =Disputiren= sind zwar |338.15| darin einerlei, daß sie durch wechselseitigen Widerstand der Urtheile Einhelligkeit derselben hervorzubringen suchen, darin aber verschieden, daß das letztere dieses nach bestimmten Begriffen als Beweisgründen zu bewirken hofft, mithin =objective Begriffe= als Gründe des Urtheils annimmt. Wo dieses aber als unthunlich betrachtet wird, da wird das Disputiren |338.20| eben sowohl als unthunlich beurtheilt. Man sieht leicht, daß zwischen diesen zwei Gemeinörtern ein Satz fehlt, der zwar nicht sprichwörtlich im Umlaufe, aber doch in jedermanns Sinne enthalten ist, nämlich: =über den Geschmack läßt sich streiten= (obgleich nicht disputiren). Dieser Satz aber enthält das Gegentheil des |338.25| obersten Satzes. Denn worüber es erlaubt sein soll zu streiten, da muß Hoffnung sein unter einander überein zu kommen; mithin muß man auf Gründe des Urtheils, die nicht bloß Privatgültigkeit haben und also nicht bloß subjectiv sind, rechnen können; welchem gleichwohl jener Grundsatz: =ein jeder hat seinen eignen Geschmack=, gerade entgegen ist. |338.30| Es zeigt sich also in Ansehung des Princips des Geschmacks folgende #234# Antinomie: 1) =Thesis.= Das Geschmacksurtheil gründet sich nicht auf Begriffen; denn sonst ließe sich darüber disputiren (durch Beweise entscheiden). 2) =Antithesis.= Das Geschmacksurtheil gründet sich auf Begriffen; |338.35| denn sonst ließe sich ungeachtet der Verschiedenheit desselben darüber auch nicht einmal streiten (auf die nothwendige Einstimmung anderer mit diesem Urtheile Anspruch machen). § 57. Auflösung der Antinomie des Geschmacks. Es ist keine Möglichkeit, den Widerstreit jener jedem Geschmacksurtheile |339.5| untergelegten Principien (welche nichts anders sind, als die oben in der Analytik vorgestellten zwei Eigenthümlichkeiten des Geschmacksurtheils) zu heben, als daß man zeigt: der Begriff, worauf man das Object in dieser Art Urtheile bezieht, werde in beiden Maximen der ästhetischen Urtheilskraft nicht in einerlei Sinn genommen; dieser zwiefache Sinn oder |339.10| Gesichtspunkt der Beurtheilung sei unserer transscendentalen Urtheilskraft nothwendig; aber auch der Schein in der Vermengung des einen mit dem andern, als natürliche Illusion, unvermeidlich. Auf irgend einen Begriff muß sich das Geschmacksurtheil beziehen; denn sonst könnte es schlechterdings nicht auf nothwendige Gültigkeit für |339.15| #235# jedermann Anspruch machen. Aber =aus= einem Begriffe darf es darum eben nicht erweislich sein, weil ein Begriff entweder bestimmbar, oder auch an sich unbestimmt und zugleich unbestimmbar sein kann. Von der erstern Art ist der Verstandesbegriff, der durch Prädicate der sinnlichen Anschauung, die ihm correspondiren kann, bestimmbar ist; von der zweiten |339.20| aber der transscendentale Vernunftbegriff von dem Übersinnlichen, was aller jener Anschauung zum Grunde liegt, der also weiter nicht theoretisch bestimmt werden kann. Nun geht das Geschmacksurtheil auf Gegenstände der Sinne, aber nicht um einen =Begriff= derselben für den Verstand zu bestimmen; denn |339.25| es ist kein Erkenntnißurtheil. Es ist daher, als auf das Gefühl der Lust bezogene anschauliche einzelne Vorstellung, nur ein Privaturtheil: und sofern würde es seiner Gültigkeit nach auf das urtheilende Individuum allein beschränkt sein: der Gegenstand ist =für mich= ein Gegenstand des Wohlgefallens, für andre mag es sich anders verhalten; — ein jeder hat |339.30| seinen Geschmack. Gleichwohl ist ohne Zweifel im Geschmacksurtheile eine erweiterte Beziehung der Vorstellung des Objects (zugleich auch des Subjects) enthalten, worauf wir eine Ausdehnung dieser Art Urtheile als nothwendig für jedermann gründen: welcher daher nothwendig irgend ein Begriff zum |339.35| Grunde liegen muß; aber ein Begriff, der sich gar nicht durch Anschauung #236# bestimmen, durch den sich nichts erkennen, mithin auch =kein Beweis= für das Geschmacksurtheil =führen läßt=. Ein dergleichen Begriff aber ist der bloße reine Vernunftbegriff von dem Übersinnlichen, was dem Gegenstande (und auch dem urtheilenden Subjecte) als Sinnenobjecte, mithin |340.5| als Erscheinung zum Grunde liegt. Denn nähme man eine solche Rücksicht nicht an, so wäre der Anspruch des Geschmacksurtheils auf allgemeine Gültigkeit nicht zu retten; wäre der Begriff, worauf es sich gründet, ein nur bloß verworrener Verstandesbegriff etwa von Vollkommenheit, dem man correspondirend die sinnliche Anschauung des Schönen beigeben |340.10| könnte: so würde es wenigstens an sich möglich sein, das Geschmacksurtheil auf Beweise zu gründen, welches der Thesis widerspricht. Nun fällt aber aller Widerspruch weg, wenn ich sage: das Geschmacksurtheil gründet sich auf einem Begriffe (eines Grundes überhaupt von der subjectiven Zweckmäßigkeit der Natur für die Urtheilskraft), aus dem |340.15| aber nichts in Ansehung des Objects erkannt und bewiesen werden kann, weil er an sich unbestimmbar und zum Erkenntniß untauglich ist; es bekommt aber durch eben denselben doch zugleich Gültigkeit für jedermann (bei jedem zwar als einzelnes, die Anschauung unmittelbar begleitendes Urtheil): weil der Bestimmungsgrund desselben vielleicht im Begriffe von |340.20| demjenigen liegt, was als das übersinnliche Substrat der Menschheit angesehen #237# werden kann. Es kommt bei der Auflösung einer Antinomie nur auf die Möglichkeit an, daß zwei einander dem Scheine nach widerstreitende Sätze einander in der That nicht widersprechen, sondern neben einander bestehen |340.25| können, wenn gleich die Erklärung der Möglichkeit ihres Begriffs unser Erkenntnißvermögen übersteigt. Daß dieser Schein auch natürlich und der menschlichen Vernunft unvermeidlich sei, imgleichen warum er es sei und bleibe, ob er gleich nach der Auflösung des Scheinwiderspruchs nicht betrügt, kann hieraus auch begreiflich gemacht werden. |340.30| Wir nehmen nämlich den Begriff, worauf die Allgemeingültigkeit eines Urtheils sich gründen muß, in beiden widerstreitenden Urtheilen in einerlei Bedeutung und sagen doch von ihm zwei entgegengesetzte Prädicate aus. In der Thesis sollte es daher heißen: Das Geschmacksurtheil gründet sich nicht auf =bestimmten= Begriffen; in der Antithesis aber: |340.35| Das Geschmacksurtheil gründet sich doch auf einem, obzwar =unbestimmten=, Begriffe (nämlich vom übersinnlichen Substrat der Erscheinungen); und alsdann wäre zwischen ihnen kein Widerstreit. Mehr, als diesen Widerstreit in den Ansprüchen und Gegenansprüchen des Geschmacks zu heben, können wir nicht leisten. Ein bestimmtes objectives Princip des Geschmacks, wornach die Urtheile desselben geleitet, |341.5| #238# geprüft und bewiesen werden könnten, zu geben, ist schlechterdings unmöglich; denn es wäre alsdann kein Geschmacksurtheil. Das subjective Princip, nämlich die unbestimmte Idee des Übersinnlichen in uns, kann nur als der einzige Schlüssel der Enträthselung dieses uns selbst seinen Quellen nach verborgenen Vermögens angezeigt, aber durch nichts weiter begreiflich |341.10| gemacht werden. Der hier aufgestellten und ausgeglichenen Antinomie liegt der richtige Begriff des Geschmacks, nämlich als einer bloß reflectirenden ästhetischen Urtheilskraft, zum Grunde; und da wurden beide dem Scheine nach widerstreitende Grundsätze mit einander vereinigt, indem =beide wahr |341.15| sein können=, welches auch genug ist. Würde dagegen zum Bestimmungsgrunde des Geschmacks (wegen der Einzelnheit der Vorstellung, die dem Geschmacksurtheil zum Grunde liegt), wie von Einigen geschieht, die =Annehmlichkeit=, oder, wie Andere (wegen der Allgemeingültigkeit desselben) wollen, das Princip der =Vollkommenheit= angenommen und die Definition |341.20| des Geschmacks darnach eingerichtet: so entspringt daraus eine Antinomie, die schlechterdings nicht auszugleichen ist, als so, daß man zeigt, daß =beide= einander (aber nicht bloß contradictorisch) entgegenstehende =Sätze falsch sind=: welches dann beweiset, daß der Begriff, worauf ein jeder gegründet ist, sich selbst widerspreche. Man sieht also, daß |341.25| #239# die Hebung der Antinomie der ästhetischen Urtheilskraft einen ähnlichen Gang nehme mit dem, welchen die Kritik in Auflösung der Antinomieen der reinen theoretischen Vernunft befolgte; und daß eben so hier und auch in der Kritik der praktischen Vernunft die Antinomieen wider Willen nöthigen, über das Sinnliche hinaus zu sehen und im Übersinnlichen den |341.30| Vereinigungspunkt aller unserer Vermögen _a priori_ zu suchen: weil kein anderer Ausweg übrig bleibt, die Vernunft mit sich selbst einstimmig zu machen. =Anmerkung I.= Da wir in der Transscendental-Philosophie so oft Veranlassung finden, |341.35| Ideen von Verstandesbegriffen zu unterscheiden, so kann es von Nutzen sein, ihrem Unterschiede angemessene Kunstausdrücke einzuführen. Ich glaube, man werde nichts dawider haben, wenn ich einige in Vorschlag bringe. — Ideen in der allgemeinsten Bedeutung sind nach einem gewissen (subjectiven oder objectiven) Princip auf einen Gegenstand bezogene Vorstellungen, sofern sie doch nie eine Erkenntniß desselben werden |342.5| können. Sie sind entweder nach einem bloß subjectiven Princip der Übereinstimmung der Erkenntnißvermögen unter einander (der Einbildungskraft und des Verstandes) auf eine Anschauung bezogen: und heißen alsdann =ästhetische=; oder nach einem objectiven Princip auf einen Begriff bezogen, können aber doch nie eine Erkenntniß des Gegenstandes abgeben: |342.10| und heißen Vernunftideen; in welchem Falle der Begriff ein =transscendenter= Begriff ist, welcher vom Verstandesbegriffe, dem jederzeit eine #240# adäquat correspondirende Erfahrung untergelegt werden kann, und der darum =immanent= heißt, unterschieden ist. Eine =ästhetische Idee= kann keine Erkenntniß werden, weil sie eine |342.15| =Anschauung= (der Einbildungskraft) ist, der niemals ein Begriff adäquat gefunden werden kann. Eine =Vernunftidee= kann nie Erkenntniß werden, weil sie einen =Begriff= (vom Übersinnlichen) enthält, dem niemals eine Anschauung angemessen gegeben werden kann. Nun glaube ich, man könne die ästhetische Idee eine =inexponible= |342.20| Vorstellung der Einbildungskraft, die Vernunftidee aber einen =indemonstrabeln= Begriff der Vernunft nennen. Von beiden wird vorausgesetzt, daß sie nicht etwa gar grundlos, sondern (nach der obigen Erklärung einer Idee überhaupt) gewissen Principien der Erkenntnißvermögen, wozu sie gehören (jene den subjectiven, diese objectiven Principien), gemäß erzeugt |342.25| seien. =Verstandesbegriffe= müssen als solche jederzeit demonstrabel sein (wenn unter demonstriren wie in der Anatomie bloß das =Darstellen= verstanden wird); d. i. der ihnen correspondirende Gegenstand muß jederzeit in der Anschauung (reinen oder empirischen) gegeben werden können: |342.30| denn dadurch allein können sie Erkenntnisse werden. Der Begriff der =Größe= kann in der Raumesanschauung _a priori_, z. B. einer geraden Linie u. s. w., gegeben werden; der Begriff der =Ursache= an der Undurchdringlichkeit, dem Stoße der Körper u. s. w. Mithin können beide durch eine empirische Anschauung belegt, d. i. der Gedanke davon an einem Beispiele |342.35| gewiesen (demonstrirt, aufgezeigt) werden; und dieses muß geschehen können: widrigenfalls man nicht gewiß ist, ob der Gedanke nicht leer, d. i. ohne alles Object sei. Man bedient sich in der Logik der Ausdrücke des Demonstrabeln oder #241# Indemonstrabeln gemeiniglich nur in Ansehung der =Sätze=: da die ersteren besser durch die Benennung der nur mittelbar, die zweiten der =unmittelbar-gewissen= |343.5| Sätze könnten bezeichnet werden; denn die reine Philosophie hat auch Sätze von beiden Arten, wenn darunter beweisfähige und beweisunfähige wahre Sätze verstanden werden. Allein aus Gründen _a priori_ kann sie als Philosophie zwar beweisen, aber nicht demonstriren; wenn man nicht ganz und gar von der Wortbedeutung abgehen will, nach |343.10| welcher demonstriren (_ostendere_, _exhibere_) so viel heißt, als (es sei im Beweisen oder auch bloß im Definiren) seinen Begriff zugleich in der Anschauung darstellen: welche, wenn sie Anschauung =a priori= ist, das Construiren desselben heißt, wenn sie aber auch empirisch ist, gleichwohl die Vorzeigung des Objects bleibt, durch welche dem Begriffe die objective |343.15| Realität gesichert wird. So sagt man von einem Anatomiker: er demonstrire das menschliche Auge, wenn er den Begriff, den er vorher discursiv vorgetragen hat, vermittelst der Zergliederung dieses Organs anschaulich macht. Diesem zufolge ist der Vernunftbegriff vom übersinnlichen Substrat |343.20| aller Erscheinungen überhaupt, oder auch von dem, was unserer Willkür in Beziehung auf moralische Gesetze zum Grunde gelegt werden muß, nämlich von der transscendentalen Freiheit, schon der Species nach ein indemonstrabler Begriff und Vernunftidee, Tugend aber ist dies dem Grade nach: weil dem ersteren an sich gar nichts der Qualität nach in der |343.25| Erfahrung Correspondirendes gegeben werden kann, in der zweiten aber kein Erfahrungsproduct jener Causalität den Grad erreicht, den die Vernunftidee zur Regel vorschreibt. So wie an einer Vernunftidee die =Einbildungskraft= mit ihren #242# Anschauungen den gegebenen Begriff nicht erreicht: so erreicht bei einer |343.30| ästhetischen Idee der =Verstand= durch seine Begriffe nie die ganze innere Anschauung der Einbildungskraft, welche sie mit einer gegebenen Vorstellung verbindet. Da nun eine Vorstellung der Einbildungskraft auf Begriffe bringen so viel heißt, als sie =exponiren=: so kann die ästhetische Idee eine =inexponible= Vorstellung derselben (in ihrem freien Spiele) |343.35| genannt werden. Ich werde von dieser Art Ideen in der Folge noch einiges auszuführen Gelegenheit haben; jetzt bemerke ich nur: daß beide Arten von Ideen, die Vernunftideen sowohl als die ästhetischen, ihre Principien haben müssen; und zwar beide in der Vernunft, jene in den objectiven, diese in den subjectiven Principien ihres Gebrauchs. Man kann diesem zufolge GENIE auch durch das Vermögen =ästhetischer Ideen= erklären: wodurch zugleich der Grund angezeigt wird, warum |344.5| in Producten des Genies die Natur (des Subjects), nicht ein überlegter Zweck der Kunst (der Hervorbringung des Schönen) die Regel giebt. Denn da das Schöne nicht nach Begriffen beurtheilt werden muß, sondern nach der zweckmäßigen Stimmung der Einbildungskraft zur Übereinstimmung mit dem Vermögen der Begriffe überhaupt: so kann nicht Regel und |344.10| Vorschrift, sondern nur das, was bloß Natur im Subjecte ist, aber nicht unter Regeln oder Begriffe gefaßt werden kann, d. i. das übersinnliche Substrat aller seiner Vermögen (welches kein Verstandesbegriff erreicht), folglich das, auf welches in Beziehung alle unsere Erkenntnißvermögen zusammenstimmend zu machen, der letzte durch das Intelligible unserer |344.15| Natur gegebene Zweck ist, jener ästhetischen, aber unbedingten Zweckmäßigkeit in der schönen Kunst, die jedermann gefallen zu müssen rechtmäßigen #243# Anspruch machen soll, zum subjectiven Richtmaße dienen. So ist es auch allein möglich, daß dieser, der man kein objectives Princip vorschreiben kann, ein subjectives und doch allgemeingültiges Princip |344.20| _a priori_ zum Grunde liege. =Anmerkung II.= Folgende wichtige Bemerkung bietet sich hier von selbst dar: daß es nämlich =dreierlei Arten der Antinomie= der reinen Vernunft gebe, die aber alle darin übereinkommen, daß sie dieselbe zwingen, von der sonst |344.25| sehr natürlichen Voraussetzung, die Gegenstände der Sinne für die Dinge an sich selbst zu halten, abzugehen, sie vielmehr bloß für Erscheinungen gelten zu lassen und ihnen ein intelligibles Substrat (etwas Übersinnliches, wovon der Begriff nur Idee ist und keine eigentliche Erkenntniß zuläßt) unterzulegen. Ohne eine solche Antinomie würde die Vernunft |344.30| sich niemals zu Annehmung eines solchen das Feld ihrer Speculation so sehr verengenden Princips und zu Aufopferungen, wobei so viele sonst sehr schimmernde Hoffnungen gänzlich verschwinden müssen, entschließen können; denn selbst jetzt, da sich ihr zur Vergütung dieser Einbuße ein um desto größerer Gebrauch in praktischer Rücksicht eröffnet, scheint sie sich |344.35| nicht ohne Schmerz von jenen Hoffnungen trennen und von der alten Anhänglichkeit losmachen können. Daß es drei Arten der Antinomie giebt, hat seinen Grund darin, daß es drei Erkenntnißvermögen: Verstand, Urtheilskraft und Vernunft, giebt, deren jedes (als oberes Erkenntnißvermögen) seine Principien _a priori_ |345.5| haben muß; da denn die Vernunft, sofern sie über diese Principien selbst und ihren Gebrauch urtheilt, in Ansehung ihrer aller zu dem gegebenen #244# Bedingten unnachlaßlich das Unbedingte fordert, welches sich doch nie finden läßt, wenn man das Sinnliche als zu den Dingen an sich selbst gehörig betrachtet und ihm nicht vielmehr, als bloßer Erscheinung, etwas |345.10| Übersinnliches (das intelligible Substrat der Natur außer uns und in uns) als Sache an sich selbst unterlegt. Da giebt es dann 1) eine Antinomie der Vernunft in Ansehung des theoretischen Gebrauchs des Verstandes bis zum Unbedingten hinauf =für das Erkenntnißvermögen=; 2) eine Antinomie der Vernunft in Ansehung des ästhetischen Gebrauchs der Urtheilskraft |345.15| =für das Gefühl der Lust und Unlust=; 3) eine Antinomie in Ansehung des praktischen Gebrauchs der an sich selbst gesetzgebenden Vernunft =für das Begehrungsvermögen=: sofern alle diese Vermögen ihre obere Principien _a priori_ haben und gemäß einer unumgänglichen Forderung der Vernunft nach diesen Principien auch =unbedingt= müssen |345.20| urtheilen und ihr Object bestimmen können. In Ansehung zweier Antinomieen, der des theoretischen und der des praktischen Gebrauchs, jener obern Erkenntnißvermögen haben wir die =Unvermeidlichkeit= derselben, wenn dergleichen Urtheile nicht auf ein übersinnliches Substrat der gegebenen Objecte als Erscheinungen zurücksehen, |345.25| dagegen aber auch die =Auflöslichkeit= derselben, sobald das letztere geschieht, schon anderwärts gezeigt. Was nun die Antinomie im Gebrauch der Urtheilskraft gemäß der Forderung der Vernunft und deren hier gegebene Auflösung betrifft: so giebt es kein anderes Mittel, derselben auszuweichen, als =entweder= zu läugnen, daß dem ästhetischen Geschmacksurtheile |345.30| irgend ein Princip _a priori_ zum Grunde liege, so daß aller Anspruch auf Nothwendigkeit allgemeiner Beistimmung grundloser, leerer Wahn sei, und ein Geschmacksurtheil nur sofern für richtig gehalten zu #245# werden verdiene, weil =es sich trifft=, daß viele in Ansehung desselben übereinkommen, und auch dieses eigentlich nicht um deswillen, weil man |345.35| hinter dieser Einstimmung ein Princip _a priori_ =vermuthet=, sondern (wie im Gaumengeschmack) weil die Subjecte zufälliger Weise gleichförmig organisirt seien; =oder= man müßte annehmen, daß das Geschmacksurtheil eigentlich ein verstecktes Vernunfturtheil über die an einem Dinge und die Beziehung des Mannigfaltigen in ihm zu einem Zwecke entdeckte Vollkommenheit sei, mithin nur um der Verworrenheit willen, die dieser unserer Reflexion anhängt, ästhetisch genannt werde, ob es gleich im |346.5| Grunde teleologisch sei: in welchem Falle man die Auflösung der Antinomie durch transscendentale Ideen für unnöthig und nichtig erklären und so mit den Objecten der Sinne nicht als bloßen Erscheinungen, sondern auch als Dingen an sich selbst jene Geschmacksgesetze vereinigen könnte. Wie wenig aber die eine sowohl als die andere Ausflucht verschlage, ist |346.10| an mehrern Orten in der Exposition der Geschmacksurtheile gezeigt worden. Räumt man aber unserer Deduction wenigstens so viel ein, daß sie auf dem rechten Wege geschehe, wenn gleich noch nicht in allen Stücken hell genug gemacht sei, so zeigen sich drei Ideen: =erstlich= des Übersinnlichen |346.15| überhaupt ohne weitere Bestimmung als Substrats der Natur; =zweitens= eben desselben, als Princips der subjectiven Zweckmäßigkeit der Natur für unser Erkenntnißvermögen; =drittens= eben desselben, als Princips der Zwecke der Freiheit und Princips der Übereinstimmung derselben mit jener im Sittlichen. |346.20| § 58. #246# Vom Idealismus der Zweckmäßigkeit der Natur sowohl als Kunst, als dem alleinigen Princip der ästhetischen Urtheilskraft. Man kann zuvörderst das Princip des Geschmacks entweder darin |346.25| setzen, daß dieser jederzeit nach empirischen Bestimmungsgründen und also nach solchen, die nur _a posteriori_ durch Sinne gegeben werden, oder man kann einräumen, daß er aus einem Grunde _a priori_ urtheile. Das erstere wäre der =Empirism= der Kritik des Geschmacks, das zweite der =Rationalism= derselben. Nach dem =ersten= wäre das Object unseres Wohlgefallens |346.30| nicht vom =Angenehmen=, nach dem zweiten, wenn das Urtheil auf bestimmten Begriffen beruhte, nicht vom =Guten= unterschieden; und so würde alle =Schönheit= aus der Welt weggeläugnet und nur ein besonderer Namen, vielleicht für eine gewisse Mischung von beiden vorgenannten Arten des Wohlgefallens, an dessen Statt übrig bleiben. Allein |346.35| wir haben gezeigt, daß es auch Gründe des Wohlgefallens _a priori_ gebe, die also mit dem Princip des Rationalisms zusammen bestehen können, ungeachtet sie nicht in =bestimmte Begriffe= gefaßt werden können. Der Rationalism des Princips des Geschmacks ist dagegen entweder der des =Realisms= der Zweckmäßigkeit, oder des =Idealisms= derselben. |347.5| Weil nun ein Geschmacksurtheil kein Erkenntnißurtheil und Schönheit #247# keine Beschaffenheit des Objects, für sich betrachtet, ist: so kann der Rationalism des Princips des Geschmacks niemals darin gesetzt werden, daß die Zweckmäßigkeit in diesem Urtheile als objectiv gedacht werde, d. i. daß das Urtheil theoretisch, mithin auch logisch (wenn gleich nur in einer |347.10| verworrenen Beurtheilung) auf die Vollkommenheit des Objects, sondern nur =ästhetisch=, auf die Übereinstimmung seiner Vorstellung in der Einbildungskraft mit den wesentlichen Principien der Urtheilskraft überhaupt, im Subjecte gehe. Folglich kann selbst nach dem Princip des Rationalisms das Geschmacksurtheil und der Unterschied des Realisms und |347.15| Idealisms desselben nur darin gesetzt werden, daß entweder jene subjective Zweckmäßigkeit im erstern Falle als wirklicher (absichtlicher) =Zweck= der Natur (oder der Kunst) mit unserer Urtheilskraft übereinzustimmen oder im zweiten Falle nur als eine ohne Zweck von selbst und zufälliger Weise sich hervorthuende zweckmäßige Übereinstimmung zu dem Bedürfniß der |347.20| Urtheilskraft in Ansehung der Natur und ihrer nach besondern Gesetzen erzeugten Formen angenommen werde. Dem Realism der ästhetischen Zweckmäßigkeit der Natur, da man nämlich annehmen möchte, daß der Hervorbringung des Schönen eine Idee desselben in der hervorbringenden Ursache, nämlich ein =Zweck= zu |347.25| Gunsten unserer Einbildungskraft, zum Grunde gelegen habe, reden die #248# schönen Bildungen im Reiche der organisirten Natur gar sehr das Wort. Die Blumen, Blüthen, ja die Gestalten ganzer Gewächse, die für ihren eigenen Gebrauch unnöthige, aber für unsern Geschmack gleichsam ausgewählte Zierlichkeit der thierischen Bildungen von allerlei Gattungen; vornehmlich |347.30| die unsern Augen so wohlgefällige und reizende Mannigfaltigkeit und harmonische Zusammensetzung der Farben (am Fasan, an Schalthieren, Insecten, bis zu den gemeinsten Blumen), die, indem sie bloß die Oberfläche und auch an dieser nicht einmal die Figur der Geschöpfe, welche doch noch zu den innern Zwecken derselben erforderlich sein könnte, betreffen, |347.35| gänzlich auf äußere Beschauung abgezweckt zu sein scheinen: geben der Erklärungsart durch Annehmung wirklicher Zwecke der Natur für unsere ästhetische Urtheilskraft ein großes Gewicht. Dagegen widersetzt sich dieser Annahme nicht allein die Vernunft durch ihre Maximen, allerwärts die unnöthige Vervielfältigung der Principien nach aller Möglichkeit zu verhüten; sondern die Natur zeigt in ihren |348.5| freien Bildungen überall so viel mechanischen Hang zu Erzeugung von Formen, die für den ästhetischen Gebrauch unserer Urtheilskraft gleichsam gemacht zu sein scheinen, ohne den geringsten Grund zur Vermuthung an die Hand zu geben, daß es dazu noch etwas mehr als ihres Mechanisms, bloß als Natur, bedürfe, wornach sie auch ohne alle ihnen zum Grunde |348.10| liegende Idee für unsere Beurtheilung zweckmäßig sein können. Ich verstehe #249# aber unter einer =freien Bildung= der Natur =diejenige=, wodurch aus einem =Flüssigen in Ruhe= durch Verflüchtigung oder Absonderung eines Theils desselben (bisweilen bloß der Wärmmaterie) das Übrige bei dem Festwerden eine bestimmte Gestalt oder Gewebe (Figur oder Textur) |348.15| annimmt, die nach der specifischen Verschiedenheit der Materien verschieden, in eben derselben aber genau dieselbe ist. Hiezu aber wird, was man unter einer wahren Flüssigkeit jederzeit versteht, nämlich daß die Materie in ihr völlig aufgelöset, d. i. nicht als ein bloßes Gemenge fester und darin bloß schwebender Theile anzusehen sei, vorausgesetzt. |348.20| Die Bildung geschieht alsdann durch =Anschießen=, d. i. durch ein plötzliches Festwerden, nicht durch einen allmähligen Übergang aus dem flüssigen in den festen Zustand, sondern gleichsam durch einen Sprung, welcher Übergang auch das =Krystallisiren= genannt wird. Das gemeinste Beispiel von dieser Art Bildung ist das gefrierende Wasser, in welchem |348.25| sich zuerst gerade Eisstrählchen erzeugen, die in Winkeln von 60 Grad sich zusammenfügen, indeß sich andere an jedem Punkt derselben eben so ansetzen, bis alles zu Eis geworden ist: so daß während dieser Zeit das Wasser zwischen den Eisstrählchen nicht allmählig zäher wird, sondern so vollkommen flüssig ist, als es bei weit größerer Wärme sein würde, und doch |348.30| die völlige Eiskälte hat. Die sich absondernde Materie, die im Augenblicke #250# des Festwerdens plötzlich entwischt, ist ein ansehnliches Quantum von Wärmestoff, dessen Abgang, da es bloß zum Flüssigsein erfordert ward, dieses nunmehrige Eis nicht im mindesten kälter, als das kurz vorher in ihm flüssige Wasser zurückläßt. |348.35| Viele Salze, imgleichen Steine, die eine krystallinische Figur haben, werden eben so von einer im Wasser, wer weiß durch was für Vermittelung aufgelösten Erdart erzeugt. Eben so bilden sich die drusichten Configurationen vieler Minern, des würflichten Bleiglanzes, des Rothgüldenerzes u. d. gl., allem Vermuthen nach auch im Wasser und durch Anschießen der Theile: indem sie durch irgend eine Ursache genöthigt werden, dieses Vehikel zu verlassen und sich unter einander in bestimmte äußere Gestalten |349.5| zu vereinigen. Aber auch innerlich zeigen alle Materien, welche bloß durch Hitze flüssig waren und durch Erkalten Festigkeit angenommen haben, im Bruche eine bestimmte Textur und lassen daraus urtheilen, daß, wenn nicht ihr eigenes Gewicht oder die Luftberührung es gehindert hätte, sie auch äußerlich |349.10| ihre specifisch eigenthümliche Gestalt würden gewiesen haben: dergleichen man an einigen Metallen, die nach der Schmelzung äußerlich erhärtet, inwendig aber noch flüssig waren, durch Abzapfen des innern, noch flüssigen Theils und nunmehriges ruhiges Anschießen des übrigen inwendig zurückgebliebenen beobachtet hat. Viele von jenen mineralischen |349.15| #251# Krystallisationen, als die Spatdrusen, der Glaskopf, die Eisenblüthe, geben oft überaus schöne Gestalten, wie sie die Kunst nur immer ausdenken möchte; und die Glorie in der Höhle von Antiparos ist bloß das Product eines sich durch Gipslager durchsickernden Wassers. Das Flüssige ist allem Ansehen nach überhaupt älter als das Feste, |349.20| und sowohl die Pflanzen als thierische Körper werden aus flüssiger Nahrungsmaterie gebildet, sofern sie sich in Ruhe formt: freilich zwar in der letztern zuvörderst nach einer gewissen ursprünglichen auf Zwecke gerichteten Anlage (die, wie im zweiten Theile gewiesen werden wird, nicht ästhetisch, sondern teleologisch nach dem Princip des Realisms beurtheilt |349.25| werden muß); aber nebenbei doch auch vielleicht als dem allgemeinen Gesetze der Verwandtschaft der Materien gemäß anschießend und sich in Freiheit bildend. So wie nun die in einer Atmosphäre, welche ein Gemisch verschiedener Luftarten ist, aufgelösten wäßrigen Flüssigkeiten, wenn sich die letzeren durch Abgang der Wärme von jener scheiden, Schneefiguren |349.30| erzeugen, die nach Verschiedenheit der dermaligen Luftmischung von oft sehr künstlich scheinender und überaus schöner Figur sind: so läßt sich, ohne dem teleologischen Princip der Beurtheilung der Organisation etwas zu entziehen, wohl denken: daß, was die Schönheit der Blumen, der Vogelfedern, der Muscheln ihrer Gestalt sowohl als Farbe nach betrifft, diese |349.35| #252# der Natur und ihrem Vermögen, sich in ihrer Freiheit ohne besondere darauf gerichtete Zwecke nach chemischen Gesetzen durch Absetzung der zur Organisation erforderlichen Materie auch ästhetisch-zweckmäßig zu bilden, zugeschrieben werden könne. Was aber das Princip der =Idealität= der Zweckmäßigkeit im Schönen der Natur, als dasjenige, welches wir im ästhetischen Urtheile selbst jederzeit zum Grunde legen, und welches uns keinen Realism eines |350.5| Zwecks derselben für unsere Vorstellungskraft zum Erklärungsgrunde zu brauchen erlaubt, geradezu beweiset: ist, daß wir in der Beurtheilung der Schönheit überhaupt das Richtmaß derselben _a priori_ in uns selbst suchen, und die ästhetische Urtheilskraft in Ansehung des Urtheils, ob etwas schön sei oder nicht, selbst gesetzgebend ist, welches bei Annehmung des Realisms |350.10| der Zweckmäßigkeit der Natur nicht Statt finden kann, weil wir da von der Natur lernen müßten, was wir schön zu finden hätten, und das Geschmacksurtheil empirischen Principien unterworfen sein würde. Denn in einer solchen Beurtheilung kommt es nicht darauf an, was die Natur ist, oder auch für uns als Zweck ist, sondern wie wir sie aufnehmen. Es |350.15| würde immer eine objective Zweckmäßigkeit der Natur sein, wenn sie für unser Wohlgefallen ihre Formen gebildet hätte; und nicht eine subjective Zweckmäßigkeit, welche auf dem Spiele der Einbildungskraft in ihrer Freiheit #253# beruhte, wo es Gunst ist, womit wir die Natur aufnehmen, nicht Gunst, die sie uns erzeigt. Die Eigenschaft der Natur, daß sie für uns |350.20| Gelegenheit enthält, die innere Zweckmäßigkeit in dem Verhältnisse unserer Gemüthskräfte in Beurtheilung gewisser Producte derselben wahrzunehmen, und zwar als eine solche, die aus einem übersinnlichen Grunde für nothwendig und allgemeingültig erklärt werden soll, kann nicht Naturzweck sein, oder vielmehr von uns als ein solcher beurtheilt werden: weil sonst |350.25| das Urtheil, das dadurch bestimmt würde, Heteronomie, aber nicht, wie es einem Geschmacksurtheile geziemt, frei sein und Autonomie zum Grunde haben würde. In der schönen Kunst ist das Princip des Idealisms der Zweckmäßigkeit noch deutlicher zu erkennen. Denn daß hier nicht ein ästhetischer |350.30| Realism derselben durch Empfindungen (wobei sie statt schöner bloß angenehme Kunst sein würde) angenommen werden könne: das hat sie mit der schönen Natur gemein. Allein daß das Wohlgefallen durch ästhetische Ideen nicht von der Erreichung bestimmter Zwecke (als mechanisch absichtliche Kunst) abhängen müsse, folglich selbst im Rationalism des |350.35| Princips Idealität der Zwecke, nicht Realität derselben zum Grunde liege: leuchtet auch schon dadurch ein, daß schöne Kunst als solche nicht als ein Product des Verstandes und der Wissenschaft, sondern des Genies betrachtet werden muß und also durch =ästhetische= Ideen, welche von Vernunftideen bestimmter Zwecke wesentlich unterschieden sind, ihre Regel bekomme. #254# So wie die =Idealität= der Gegenstände der Sinne als Erscheinungen |351.5| die einzige Art ist, die Möglichkeit zu erklären, daß ihre Formen _a priori_ bestimmt werden können: so ist auch der =Idealism= der Zweckmäßigkeit in Beurtheilung des Schönen der Natur und der Kunst die einzige Voraussetzung, unter der allein die Kritik die Möglichkeit eines Geschmacksurtheils, welches _a priori_ Gültigkeit für jedermann fordert (ohne doch die |351.10| Zweckmäßigkeit, die am Objecte vorgestellt wird, auf Begriffe zu gründen), erklären kann. § 59. Von der Schönheit als Symbol der Sittlichkeit. Die Realität unserer Begriffe darzuthun, werden immer Anschauungen |351.15| erfordert. Sind es empirische Begriffe, so heißen die letzteren =Beispiele=. Sind jene reine Verstandesbegriffe, so werden die letzteren =Schemate= genannt. Verlangt man gar, daß die objective Realität der Vernunftbegriffe, d. i. der Ideen, und zwar zum Behuf des theoretischen Erkenntnisses derselben dargethan werde, so begehrt man etwas Unmögliches, |351.20| weil ihnen schlechterdings keine Anschauung angemessen gegeben werden kann. Alle =Hypotypose= (Darstellung, _subiectio sub adspectum_) als Versinnlichung #255# ist zwiefach: entweder =schematisch=, da einem Begriffe, den der Verstand faßt, die correspondirende Anschauung _a priori_ gegeben wird; |351.25| oder =symbolisch=, da einem Begriffe, den nur die Vernunft denken und dem keine sinnliche Anschauung angemessen sein kann, eine solche untergelegt wird, mit welcher das Verfahren der Urtheilskraft demjenigen, was sie im Schematisiren beobachtet, bloß analogisch ist, d. i. mit ihm bloß der Regel dieses Verfahrens, nicht der Anschauung selbst, mithin bloß der |351.30| Form der Reflexion, nicht dem Inhalte nach übereinkommt. Es ist ein von den neuern Logikern zwar angenommener, aber sinnverkehrender, unrechter Gebrauch des Worts =symbolisch=, wenn man es der =intuitiven= Vorstellungsart entgegensetzt; denn die symbolische ist nur eine Art der intuitiven. Die letztere (die intuitive) kann nämlich in die |351.35| =schematische= und in die =symbolische= Vorstellungsart eingetheilt werden. Beide sind Hypotyposen, d. i. Darstellungen (_exhibitiones_): nicht bloße =Charakterismen=, d. i. Bezeichnungen der Begriffe durch begleitende sinnliche Zeichen, die gar nichts zu der Anschauung des Objects Gehöriges enthalten, sondern nur jenen nach dem Gesetze der Association der Einbildungskraft, mithin in subjectiver Absicht zum Mittel der Reproduction |352.5| dienen; dergleichen sind entweder Worte, oder sichtbare (algebraische, #256# selbst mimische) Zeichen, als bloße =Ausdrücke= für Begriffe[23]. [23] Das Intuitive der Erkenntniß muß dem Discursiven (nicht dem Symbolischen) entgegen gesetzt werden. Das erstere ist nun entweder =schematisch= durch |352.35| =Demonstration=; oder =symbolisch= als Vorstellung nach einer bloßen =Analogie=. Alle Anschauungen, die man Begriffen _a priori_ unterlegt, sind also entweder =Schemate= oder =Symbole=, wovon die erstern directe, die zweiten indirecte Darstellungen des Begriffs enthalten. Die erstern thun dieses |352.10| demonstrativ, die zweiten vermittelst einer Analogie (zu welcher man sich auch empirischer Anschauungen bedient), in welcher die Urtheilskraft ein doppeltes Geschäft verrichtet, erstlich den Begriff auf den Gegenstand einer sinnlichen Anschauung und dann zweitens die bloße Regel der Reflexion über jene Anschauung auf einen ganz andern Gegenstand, von |352.15| dem der erstere nur das Symbol ist, anzuwenden. So wird ein monarchischer Staat durch einen beseelten Körper, wenn er nach inneren Volksgesetzen, durch eine bloße Maschine aber (wie etwa eine Handmühle), wenn er durch einen einzelnen absoluten Willen beherrscht wird, in beiden Fällen aber nur =symbolisch= vorgestellt. Denn zwischen einem despotischen |352.20| Staate und einer Handmühle ist zwar keine Ähnlichkeit, wohl aber zwischen den Regeln, über beide und ihre Causalität zu reflectiren. Dies Geschäft ist bis jetzt noch wenig auseinander gesetzt worden, so sehr es #257# auch eine tiefere Untersuchung verdient; allein hier ist nicht der Ort, sich dabei aufzuhalten. Unsere Sprache ist voll von dergleichen indirecten |352.25| Darstellungen nach einer Analogie, wodurch der Ausdruck nicht das eigentliche Schema für den Begriff, sondern bloß ein Symbol für die Reflexion enthält. So sind die Wörter =Grund= (Stütze, Basis), =Abhängen= (von oben Gehalten werden), woraus =Fließen= (statt Folgen), =Substanz= (wie Locke sich ausdrückt: der Träger der Accidenzen) und unzählige andere |352.30| nicht schematische, sondern symbolische Hypotyposen und Ausdrücke für Begriffe nicht vermittelst einer directen Anschauung, sondern nur nach einer Analogie mit derselben, d. i. der Übertragung der Reflexion über einen Gegenstand der Anschauung auf einen ganz andern Begriff, dem vielleicht nie eine Anschauung direct correspondiren kann. Wenn man eine bloße Vorstellungsart schon Erkenntniß nennen darf (welches, wenn sie ein Princip nicht der theoretischen Bestimmung des Gegenstandes ist, was er an sich sei, sondern der praktischen, was die Idee von ihm für uns |353.5| und den zweckmäßigen Gebrauch derselben werden soll, wohl erlaubt ist): so ist alle unsere Erkenntniß von Gott bloß symbolisch; und der, welcher sie mit den Eigenschaften Verstand, Wille u. s. w., die allein an Weltwesen ihre objective Realität beweisen, für schematisch nimmt, geräth in den Anthropomorphism, so wie, wenn er alles Intuitive wegläßt, in den |353.10| #258# Deism, wodurch überall nichts, auch nicht in praktischer Absicht, erkannt wird. Nun sage ich: das Schöne ist das Symbol des Sittlich-Guten; und auch nur in dieser Rücksicht (einer Beziehung, die jedermann natürlich ist, und die auch jedermann andern als Pflicht zumuthet) gefällt es mit einem |353.15| Anspruche auf jedes andern Beistimmung, wobei sich das Gemüth zugleich einer gewissen Veredlung und Erhebung über die bloße Empfänglichkeit einer Lust durch Sinneneindrücke bewußt ist und anderer Werth auch nach einer ähnlichen Maxime ihrer Urtheilskraft schätzt. Das ist das =Intelligibele=, worauf, wie der vorige Paragraph Anzeige that, der Geschmack |353.20| hinaussieht, wozu nämlich selbst unsere oberen Erkenntnißvermögen zusammenstimmen, und ohne welches zwischen ihrer Natur, verglichen mit den Ansprüchen, die der Geschmack macht, lauter Widersprüche erwachsen würden. In diesem Vermögen sieht sich die Urtheilskraft nicht, wie sonst in empirischer Beurtheilung einer Heteronomie der Erfahrungsgesetze unterworfen: |353.25| sie giebt in Ansehung der Gegenstände eines so reinen Wohlgefallens ihr selbst das Gesetz, so wie die Vernunft es in Ansehung des Begehrungsvermögens thut; und sieht sich sowohl wegen dieser innern Möglichkeit im Subjecte, als wegen der äußern Möglichkeit einer damit übereinstimmenden Natur auf etwas im Subjecte selbst und außer ihm, |353.30| #259# was nicht Natur, auch nicht Freiheit, doch aber mit dem Grunde der letzteren, nämlich dem Übersinnlichen, verknüpft ist, bezogen, in welchem das theoretische Vermögen mit dem praktischen auf gemeinschaftliche und unbekannte Art zur Einheit verbunden wird. Wir wollen einige Stücke dieser Analogie anführen, indem wir zugleich die Verschiedenheit derselben |353.35| nicht unbemerkt lassen. 1) Das Schöne gefällt =unmittelbar= (aber nur in der reflectirenden Anschauung, nicht wie Sittlichkeit im Begriffe). 2) Es gefällt =ohne alles Interesse= (das Sittlich-Gute zwar nothwendig mit einem Interesse, aber nicht einem solchen, was vor dem Urtheile über das Wohlgefallen vorhergeht, verbunden, sondern was dadurch allererst bewirkt wird). 3) Die =Freiheit= der Einbildungskraft (also der Sinnlichkeit unseres |354.5| Vermögens) wird in der Beurtheilung des Schönen mit der Gesetzmäßigkeit des Verstandes als einstimmig vorgestellt (im moralischen Urtheile wird die Freiheit des Willens als Zusammenstimmung des letzteren mit sich selbst nach allgemeinen Vernunftgesetzen gedacht). 4) Das subjective Princip der Beurtheilung des Schönen wird als =allgemein=, d. i. für |354.10| jedermann gültig, aber durch keinen allgemeinen Begriff kenntlich vorgestellt (das objective Princip der Moralität wird auch für allgemein, d. i. für alle Subjecte, zugleich auch für alle Handlungen desselben Subjects, und dabei durch einen allgemeinen Begriff kenntlich erklärt). Daher ist #260# das moralische Urtheil nicht allein bestimmter constitutiver Principien |354.15| fähig, sondern ist =nur= durch Gründung der Maximen auf dieselben und ihre Allgemeinheit möglich. Die Rücksicht auf diese Analogie ist auch dem gemeinen Verstande gewöhnlich; und wir benennen schöne Gegenstände der Natur oder der Kunst oft mit Namen, die eine sittliche Beurtheilung zum Grunde zu legen |354.20| scheinen. Wir nennen Gebäude oder Bäume majestätisch und prächtig, oder Gefilde lachend und fröhlich; selbst Farben werden unschuldig, bescheiden, zärtlich genannt, weil sie Empfindungen erregen, die etwas mit dem Bewußtsein eines durch moralische Urtheile bewirkten Gemüthszustandes Analogisches enthalten. Der Geschmack macht gleichsam den Übergang |354.25| vom Sinnenreiz zum habituellen moralischen Interesse ohne einen zu gewaltsamen Sprung möglich, indem er die Einbildungskraft auch in ihrer Freiheit als zweckmäßig für den Verstand bestimmbar vorstellt und sogar an Gegenständen der Sinne auch ohne Sinnenreiz ein freies Wohlgefallen finden lehrt. |354.30| § 60. #261# Anhang. Von der Methodenlehre des Geschmacks. Die Eintheilung einer Kritik in Elementarlehre und Methodenlehre, welche vor der Wissenschaft vorhergeht, läßt sich auf die Geschmackskritik |354.35| nicht anwenden: weil es keine Wissenschaft des Schönen giebt noch geben kann, und das Urtheil des Geschmacks nicht durch Principien bestimmbar ist. Denn was das Wissenschaftliche in jeder Kunst anlangt, welches auf =Wahrheit= in der Darstellung ihres Objects geht, so ist dieses zwar die unumgängliche Bedingung (_conditio sine qua non_) der schönen Kunst, |355.5| aber diese nicht selber. Es giebt also für die schöne Kunst nur eine =Manier= (_modus_), nicht =Lehrart= (_methodus_). Der Meister muß es vormachen, was und wie es der Schüler zu Stande bringen soll; und die allgemeinen Regeln, worunter er zuletzt sein Verfahren bringt, können eher dienen, die Hauptmomente desselben gelegentlich in Erinnerung zu |355.10| bringen, als sie ihm vorzuschreiben. Hiebei muß dennoch auf ein gewisses Ideal Rücksicht genommen werden, welches die Kunst vor Augen haben muß, ob sie es gleich in ihrer Ausübung nie völlig erreicht. Nur durch die Aufweckung der Einbildungskraft des Schülers zur Angemessenheit mit einem gegebenen Begriffe, durch die angemerkte Unzulänglichkeit des |355.15| #262# Ausdrucks für die Idee, welche der Begriff selbst nicht erreicht, weil sie ästhetisch ist, und durch scharfe Kritik kann verhütet werden, daß die Beispiele, die ihm vorgelegt werden, von ihm nicht sofort für Urbilder und etwa keiner noch höhern Norm und eigener Beurtheilung unterworfene Muster der Nachahmung gehalten und so das Genie, mit ihm aber auch |355.20| die Freiheit der Einbildungskraft selbst in ihrer Gesetzmäßigkeit erstickt werde, ohne welche keine schöne Kunst, selbst nicht einmal ein richtiger sie beurtheilender eigener Geschmack möglich ist. Die Propädeutik zu aller schönen Kunst, sofern es auf den höchsten Grad ihrer Vollkommenheit angelegt ist, scheint nicht in Vorschriften, sondern |355.25| in der Cultur der Gemüthskräfte durch diejenigen Vorkenntnisse zu liegen, welche man _humaniora_ nennt: vermuthlich weil =Humanität= einerseits das allgemeine =Theilnehmungsgefühl=, andererseits das Vermögen sich innigst und allgemein =mittheilen= zu können bedeutet; welche Eigenschaften, zusammen verbunden, die der Menschheit angemessene |355.30| Geselligkeit ausmachen, wodurch sie sich von der thierischen Eingeschränktheit unterscheidet. Das Zeitalter sowohl als die Völker, in welchen der rege Trieb zur =gesetzlichen= Geselligkeit, wodurch ein Volk ein dauerndes gemeines Wesen ausmacht, mit den großen Schwierigkeiten rang, welche die schwere Aufgabe, Freiheit (und also auch Gleichheit) mit |355.35| #263# einem Zwange (mehr der Achtung und Unterwerfung aus Pflicht als Furcht) zu vereinigen, umgeben; ein solches Zeitalter und ein solches Volk mußte die Kunst der wechselseitigen Mittheilung der Ideen des ausgebildetesten Theils mit dem roheren, die Abstimmung der Erweiterung und Verfeinerung der ersteren zur natürlichen Einfalt und Originalität des letzteren und auf diese Art dasjenige Mittel zwischen der höheren Cultur und der genügsamen Natur zuerst erfinden, welches den richtigen, nach keinen allgemeinen |356.5| Regeln anzugebenden Maßstab auch für den Geschmack, als allgemeinen Menschensinn, ausmacht. Schwerlich wird ein späteres Zeitalter jene Muster entbehrlich machen: weil es der Natur immer weniger nahe sein wird und sich zuletzt, ohne bleibende Beispiele von ihr zu haben, kaum einen Begriff von der glücklichen |356.10| Vereinigung des gesetzlichen Zwanges der höchsten Cultur mit der Kraft und Richtigkeit der ihren eigenen Werth fühlenden freien Natur in einem und demselben Volke zu machen im Stande sein möchte. Da aber der Geschmack im Grunde ein Beurtheilungsvermögen der Versinnlichung sittlicher Ideen (vermittelst einer gewissen Analogie der |356.15| Reflexion über beide) ist, wovon auch und von der darauf zu gründenden größeren Empfänglichkeit für das Gefühl aus den letzteren (welches das moralische heißt) diejenige Lust sich ableitet, welche der Geschmack als für die Menschheit überhaupt, nicht bloß für eines Jeden Privatgefühl gültig #264# erklärt: so leuchtet ein, daß die wahre Propädeutik zur Gründung des |356.20| Geschmacks die Entwickelung sittlicher Ideen und die Cultur des moralischen Gefühls sei; da, nur wenn mit diesem die Sinnlichkeit in Einstimmung gebracht wird, der ächte Geschmack eine bestimmte, unveränderliche Form annehmen kann. Der #265# Kritik der Urtheilskraft Zweiter Theil. Kritik der teleologischen Urtheilskraft. § 61. #267# Von der objectiven Zweckmäßigkeit der Natur. Man hat nach transscendentalen Principien guten Grund, eine subjective Zweckmäßigkeit der Natur in ihren besondern Gesetzen zu der Faßlichkeit für die menschliche Urtheilskraft und der Möglichkeit der Verknüpfung |359.5| der besondern Erfahrungen in ein System derselben anzunehmen; wo dann unter den vielen Producten derselben auch solche als möglich erwartet werden können, die, als ob sie ganz eigentlich für unsere Urtheilskraft angelegt wären, solche specifische ihr angemessene Formen enthalten, welche durch ihre Mannigfaltigkeit und Einheit die Gemüthskräfte (die im Gebrauche |359.10| dieses Vermögens im Spiele sind) gleichsam zu stärken und zu unterhalten dienen, und denen man daher den Namen =schöner= Formen beilegt. Daß aber Dinge der Natur einander als Mittel zu Zwecken dienen, und ihre Möglichkeit selbst nur durch diese Art von Causalität hinreichend |359.15| verständlich sei, dazu haben wir gar keinen Grund in der allgemeinen Idee der Natur, als Inbegriffs der Gegenstände der Sinne. Denn im obigen #268# Falle konnte die Vorstellung der Dinge, weil sie etwas in uns ist, als zu der innerlich zweckmäßigen Stimmung unserer Erkenntnißvermögen geschickt und tauglich, ganz wohl auch _a priori_ gedacht werden; wie aber |359.20| Zwecke, die nicht die unsrigen sind, und die auch der Natur (welche wir nicht als intelligentes Wesen annehmen) nicht zukommen, doch eine besondere Art der Causalität, wenigstens eine ganz eigne Gesetzmäßigkeit derselben ausmachen können oder sollen, läßt sich _a priori_ gar nicht mit einigem Grunde präsumiren. Was aber noch mehr ist, so kann uns selbst |359.25| die Erfahrung die Wirklichkeit derselben nicht beweisen; es müßte denn eine Vernünftelei vorhergegangen sein, die nur den Begriff des Zwecks in die Natur der Dinge hineinspielt, aber ihn nicht von den Objecten und ihrer Erfahrungserkenntniß hernimmt, denselben also mehr braucht, die Natur nach der Analogie mit einem subjectiven Grunde der Verknüpfung der Vorstellungen in uns begreiflich zu machen, als sie aus objectiven Gründen zu erkennen. |360.5| Überdem ist die objective Zweckmäßigkeit, als Princip der Möglichkeit der Dinge der Natur, so weit davon entfernt, mit dem Begriffe derselben =nothwendig= zusammenzuhängen: daß sie vielmehr gerade das ist, worauf man sich vorzüglich beruft, um die Zufälligkeit derselben (der Natur) und ihrer Form daraus zu beweisen. Denn wenn man z. B. den |360.10| Bau eines Vogels, die Höhlung in seinen Knochen, die Lage seiner Flügel #269# zur Bewegung und des Schwanzes zum Steuern u. s. w. anführt: so sagt man, daß dieses alles nach dem bloßen _nexus effectivus_ in der Natur, ohne noch eine besondere Art der Causalität, nämlich die der Zwecke (_nexus finalis_), zu Hülfe zu nehmen, im höchsten Grade zufällig sei; d. i. daß sich |360.15| die Natur, als bloßer Mechanism betrachtet, auf tausendfache Art habe anders bilden können, ohne gerade auf die Einheit nach einem solchen Princip zu stoßen, und man also außer dem Begriffe der Natur, nicht in demselben den mindesten Grund dazu _a priori_ allein anzutreffen hoffen dürfe. |360.20| Gleichwohl wird die teleologische Beurtheilung, wenigstens problematisch, mit Recht zur Naturforschung gezogen; aber nur um sie nach der =Analogie= mit der Causalität nach Zwecken unter Principien der Beobachtung und Nachforschung zu bringen, ohne sich anzumaßen sie darnach zu =erklären=. Sie gehört also zur reflectirenden, nicht der bestimmenden |360.25| Urtheilskraft. Der Begriff von Verbindungen und Formen der Natur nach Zwecken ist doch wenigstens =ein Princip mehr=, die Erscheinungen derselben unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Causalität nach dem bloßen Mechanism derselben nicht zulangen. Denn wir führen einen teleologischen Grund an, wo wir einem Begriffe vom Objecte, als ob er |360.30| in der Natur (nicht in uns) befindlich wäre, Causalität in Ansehung eines Objects zueignen, oder vielmehr nach der Analogie einer solchen Causalität #270# (dergleichen wir in uns antreffen) uns die Möglichkeit des Gegenstandes vorstellen, mithin die Natur als durch eignes Vermögen =technisch= denken; wogegen, wenn wir ihr nicht eine solche Wirkungsart beilegen, ihre Causalität |360.35| als blinder Mechanism vorgestellt werden müßte. Würden wir dagegen der Natur =absichtlich=-wirkende Ursachen unterlegen, mithin der Teleologie nicht bloß ein =regulatives= Princip für die bloße =Beurtheilung= der Erscheinungen, denen die Natur nach ihren besondern Gesetzen als unterworfen gedacht werden könne, sondern dadurch auch ein =constitutives= Princip der =Ableitung= ihrer Producte von ihren Ursachen zum Grunde legen: so würde der Begriff eines Naturzwecks nicht mehr für die |361.5| reflectirende, sondern die bestimmende Urtheilskraft gehören; alsdann aber in der That gar nicht der Urtheilskraft eigenthümlich angehören (wie der Begriff der Schönheit als formaler subjectiver Zweckmäßigkeit), sondern als Vernunftbegriff eine neue Causalität in der Naturwissenschaft einführen, die wir doch nur von uns selbst entlehnen und andern Wesen beilegen, |361.10| ohne sie gleichwohl mit uns als gleichartig annehmen zu wollen. Erste Abtheilung. #271# Analytik der teleologischen Urtheilskraft. § 62. Von der objectiven Zweckmäßigkeit, die bloß formal ist, zum Unterschiede von der materialen. |362.5| Alle geometrische Figuren, die nach einem Princip gezeichnet werden, zeigen eine mannigfaltige, oft bewunderte objective Zweckmäßigkeit, nämlich der Tauglichkeit zur Auflösung vieler Probleme nach einem einzigen Princip und auch wohl eines jeden derselben auf unendlich verschiedene Art, an sich. Die Zweckmäßigkeit ist hier offenbar objectiv und intellectuell, |362.10| nicht aber bloß subjectiv und ästhetisch. Denn sie drückt die Angemessenheit der Figur zur Erzeugung vieler abgezweckten Gestalten aus und wird durch Vernunft erkannt. Allein die Zweckmäßigkeit macht doch den Begriff von dem Gegenstande selbst nicht möglich, d. i. er wird nicht bloß in Rücksicht auf diesen Gebrauch als möglich angesehen. |362.15| In einer so einfachen Figur, als der Cirkel ist, liegt der Grund zu #272# einer Auflösung einer Menge von Problemen, deren jedes für sich mancherlei Zurüstung erfordern würde, und die als eine von den unendlich vielen vortrefflichen Eigenschaften dieser Figur sich gleichsam von selbst ergiebt. Ist es z. B. darum zu thun, aus der gegebenen Grundlinie und |362.20| dem ihr gegenüberstehenden Winkel einen Triangel zu construiren, so ist die Aufgabe unbestimmt, d. i. sie läßt sich auf unendlich mannigfaltige Art auflösen. Allein der Cirkel befaßt sie doch alle insgesammt, als der geometrische Ort für alle Dreiecke, die dieser Bedingung gemäß sind. Oder zwei Linien sollen sich einander so schneiden, daß das Rechteck aus |362.25| den zwei Theilen der einen dem Rechteck aus den zwei Theilen der andern gleich sei: so hat die Auflösung der Aufgabe dem Ansehen nach viele Schwierigkeit. Aber alle Linien, die sich innerhalb dem Cirkel, dessen Umkreis jede derselben begränzt, schneiden, theilen sich von selbst in dieser Proportion. Die andern krummen Linien geben wiederum andere zweckmäßige Auflösungen an die Hand, an die in der Regel, die ihre Construction ausmacht, gar nicht gedacht war. Alle Kegelschnitte für sich und in Vergleichung mit einander sind fruchtbar an Principien zur Auflösung einer |363.5| Menge möglicher Probleme, so einfach auch ihre Erklärung ist, welche ihren Begriff bestimmt. — Es ist eine wahre Freude, den Eifer der alten Geometer anzusehen, mit dem sie diesen Eigenschaften der Linien dieser #273# Art nachforschten, ohne sich durch die Frage eingeschränkter Köpfe irre machen zu lassen, wozu denn diese Kenntniß nützen sollte; z. B. die der Parabel, |363.10| ohne das Gesetz der Schwere auf der Erde zu kennen, welches ihnen die Anwendung derselben auf die Wurfslinie schwerer Körper (deren Richtung der Schwere in ihrer Bewegung als parallel angesehen werden kann) würde an die Hand gegeben haben; oder der Ellipse, ohne zu ahnen, daß auch eine Schwere an Himmelskörpern zu finden sei, und ohne ihr |363.15| Gesetz in verschiedenen Entfernungen vom Anziehungspunkte zu kennen, welches macht, daß sie diese Linie in freier Bewegung beschreiben. Während dessen, daß sie hierin, ihnen selbst unbewußt, für die Nachkommenschaft arbeiteten, ergötzten sie sich an einer Zweckmäßigkeit in dem Wesen der Dinge, die sie doch völlig _a priori_ in ihrer Nothwendigkeit darstellen |363.20| konnten. Plato, selbst Meister in dieser Wissenschaft, gerieth über eine solche ursprüngliche Beschaffenheit der Dinge, welche zu entdecken wir aller Erfahrung entbehren können, und über das Vermögen des Gemüths, die Harmonie der Wesen aus ihrem übersinnlichen Princip schöpfen zu können (wozu noch die Eigenschaften der Zahlen kommen, mit denen das Gemüth |363.25| in der Musik spielt), in die Begeisterung, welche ihn über die Erfahrungsbegriffe zu Ideen erhob, die ihm nur durch eine intellectuelle Gemeinschaft mit dem Ursprunge aller Wesen erklärlich zu sein schienen. Kein Wunder, daß er den der Meßkunst Unkundigen aus seiner Schule verwies, indem #274# er das, was Anaxagoras aus Erfahrungsgegenständen und ihrer Zweckverbindung |363.30| schloß, aus der reinen, dem menschlichen Geiste innerlich beiwohnenden Anschauung abzuleiten dachte. Denn in der Nothwendigkeit dessen, was zweckmäßig ist und so beschaffen ist, als ob es für unsern Gebrauch absichtlich so eingerichtet wäre, gleichwohl aber dem Wesen der Dinge ursprünglich zuzukommen scheint, ohne auf unsern Gebrauch Rücksicht |363.35| zu nehmen, liegt eben der Grund der großen Bewunderung der Natur, nicht sowohl außer uns, als in unserer eigenen Vernunft; wobei es wohl verzeihlich ist, daß diese Bewunderung durch Mißverstand nach und nach bis zur Schwärmerei steigen mochte. Diese intellectuelle Zweckmäßigkeit aber, ob sie gleich objectiv ist (nicht wie die ästhetische subjectiv), läßt sich gleichwohl ihrer Möglichkeit nach als bloß formale (nicht reale), d. i. als Zweckmäßigkeit, ohne daß |364.5| doch ein Zweck ihr zum Grunde zu legen, mithin Teleologie dazu nöthig wäre, gar wohl, aber nur im Allgemeinen begreifen. Die Cirkelfigur ist eine Anschauung, die durch den Verstand nach einem Princip bestimmt worden: die Einheit dieses Princips, welches ich willkürlich annehme und als Begriff zum Grunde lege, angewandt auf eine Form der Anschauung |364.10| (den Raum), die gleichfalls bloß als Vorstellung und zwar _a priori_ in mir angetroffen wird, macht die Einheit vieler sich aus der Construction jenes Begriffs ergebender Regeln, die in mancherlei möglicher #275# Absicht zweckmäßig sind, begreiflich, ohne dieser Zweckmäßigkeit einen =Zweck=, oder irgend einen andern Grund derselben unterlegen zu |364.15| dürfen. Es ist hiemit nicht so bewandt, als wenn ich in einem in gewisse Gränzen eingeschlossenen Inbegriffe von =Dingen= außer mir, z. B. einem Garten, Ordnung und Regelmäßigkeit der Bäume, Blumenbeete, Gänge u. s. w. anträfe, welche ich _a priori_ aus meiner nach einer beliebigen Regel gemachten Umgränzung eines Raums zu folgern nicht |364.20| hoffen kann: weil es existirende Dinge sind, die empirisch gegeben sein müssen, um erkannt werden zu können, und nicht eine bloße nach einem Princip _a priori_ bestimmte Vorstellung in mir. Daher die letztere (empirische) Zweckmäßigkeit, als =real=, von dem Begriffe eines Zwecks abhängig ist. |364.25| Aber auch der Grund der Bewunderung einer, obzwar in dem Wesen der Dinge (sofern ihre Begriffe construirt werden können) wahrgenommenen Zweckmäßigkeit läßt sich sehr wohl und zwar als rechtmäßig einsehen. Die mannigfaltigen Regeln, deren Einheit (aus einem Princip) diese Bewunderung erregt, sind insgesammt synthetisch und folgen nicht |364.30| aus einem =Begriffe= des Objects, z. B. des Cirkels, sondern bedürfen es, daß dieses Object in der Anschauung gegeben sei. Dadurch aber bekommt diese Einheit das Ansehen, als ob sie empirisch einen von unserer Vorstellungskraft unterschiedenen äußern Grund der Regeln habe, und #276# also die Übereinstimmung des Objects zu dem Bedürfniß der Regeln, |364.35| welches dem Verstande eigen ist, an sich zufällig, mithin nur durch einen ausdrücklich darauf gerichteten Zweck möglich sei. Nun sollte uns zwar eben diese Harmonie, weil sie aller dieser Zweckmäßigkeit ungeachtet dennoch nicht empirisch, sondern _a priori_ erkannt wird, von selbst darauf bringen, daß der Raum, durch dessen Bestimmung (vermittelst der Einbildungskraft gemäß einem Begriffe) das Object allein möglich war, nicht eine Beschaffenheit der Dinge außer mir, sondern eine bloße Vorstellungsart |365.5| in mir sei, und ich also in die Figur, die ich =einem Begriffe angemessen= zeichne, d. i. in meine eigene Vorstellungsart von dem, was mir äußerlich, es sei an sich, was es wolle, gegeben wird, die =Zweckmäßigkeit hineinbringe=, nicht von diesem über dieselbe empirisch belehrt werde, folglich zu jener keinen besondern Zweck außer mir am Objecte |365.10| bedürfe. Weil aber diese Überlegung schon einen kritischen Gebrauch der Vernunft erfordert, mithin in der Beurtheilung des Gegenstandes nach seinen Eigenschaften nicht sofort mit enthalten sein kann: so giebt mir die letztere unmittelbar nichts als Vereinigung heterogener Regeln (sogar nach dem, was sie Ungleichartiges an sich haben) in einem Princip an |365.15| die Hand, welches, ohne einen außer meinem Begriffe und überhaupt meiner Vorstellung _a priori_ liegenden besondern Grund dazu zu fordern, #277# dennoch von mir _a priori_ als wahrhaft erkannt wird. Nun ist die =Verwunderung= ein Anstoß des Gemüths an der Unvereinbarkeit einer Vorstellung und der durch sie gegebenen Regel mit den schon in ihm zum |365.20| Grunde liegenden Principien, welcher also einen Zweifel, ob man auch recht gesehen oder geurtheilt habe, hervorbringt; =Bewunderung= aber eine immer wiederkommende Verwunderung ungeachtet der Verschwindung dieses Zweifels. Folglich ist die letzte eine ganz natürliche Wirkung jener beobachteten Zweckmäßigkeit in dem Wesen der Dinge (als Erscheinungen), |365.25| die auch sofern nicht getadelt werden kann, indem die Vereinbarung jener Form der sinnlichen Anschauung (welche der Raum heißt) mit dem Vermögen der Begriffe (dem Verstande) nicht allein deswegen, daß sie gerade diese und keine andere ist, uns unerklärlich, sondern überdem noch für das Gemüth erweiternd ist, noch etwas über jene sinnliche Vorstellungen |365.30| Hinausliegendes gleichsam zu ahnen, worin, obzwar uns unbekannt, der letzte Grund jener Einstimmung angetroffen werden mag. Diesen zu kennen, haben wir zwar auch nicht nöthig, wenn es bloß um formale Zweckmäßigkeit unserer Vorstellungen _a priori_ zu thun ist; aber auch nur da hinaussehen zu müssen, flößt für den Gegenstand, der uns |365.35| dazu nöthigt, zugleich Bewunderung ein. Man ist gewohnt, die erwähnten Eigenschaften sowohl der geometrischen Gestalten, als auch wohl der Zahlen wegen einer gewissen aus der #278# Einfachheit ihrer Construction nicht erwarteten Zweckmäßigkeit derselben _a priori_ zu allerlei Erkenntnißgebrauch =Schönheit= zu nennen; und spricht z. B. von dieser oder jener =schönen= Eigenschaft des Cirkels, welche auf diese oder jene Art entdeckt wäre. Allein es ist keine ästhetische Beurtheilung, |366.5| durch die wir sie zweckmäßig finden; keine Beurtheilung ohne Begriff, die eine bloße =subjective= Zweckmäßigkeit im freien Spiele unserer Erkenntnißvermögen bemerklich machte: sondern eine intellectuelle nach Begriffen, welche eine objective Zweckmäßigkeit, d. i. Tauglichkeit zu allerlei (ins Unendliche mannigfaltigen) Zwecken, deutlich zu erkennen |366.10| giebt. Man müßte sie eher eine =relative Vollkommenheit=, als eine Schönheit der mathematischen Figur nennen. Die Benennung einer =intellectuellen Schönheit= kann auch überhaupt nicht füglich erlaubt werden: weil sonst das Wort Schönheit alle bestimmte Bedeutung, oder das intellectuelle Wohlgefallen allen Vorzug vor dem sinnlichen verlieren |366.15| müßte. Eher würde man eine =Demonstration= solcher Eigenschaften, weil durch diese der Verstand als Vermögen der Begriffe und die Einbildungskraft als Vermögen der Darstellung derselben _a priori_ sich gestärkt fühlen (welches mit der Präcision, die die Vernunft hineinbringt, zusammen die Eleganz derselben genannt wird), schön nennen können: indem |366.20| hier doch wenigstens das Wohlgefallen, obgleich der Grund desselben in Begriffen liegt, subjectiv ist, da die Vollkommenheit ein objectives #279# Wohlgefallen bei sich führt. § 63. Von der relativen Zweckmäßigkeit der Natur zum Unterschiede |366.25| von der innern. Die Erfahrung leitet unsere Urtheilskraft auf den Begriff einer objectiven und materialen Zweckmäßigkeit, d. i. auf den Begriff eines Zwecks der Natur nur alsdann, wenn ein Verhältniß der Ursache zur Wirkung zu beurtheilen ist[24], welches wir als gesetzlich einzusehen uns nur dadurch |366.30| vermögend finden, daß wir die Idee der Wirkung der Causalität ihrer Ursache, als die dieser selbst zum Grunde liegende Bedingung der Möglichkeit der ersteren, unterlegen. Dieses kann aber auf zwiefache Weise geschehen: entweder indem wir die Wirkung unmittelbar als Kunstproduct, oder nur als Material für die Kunst anderer möglicher Naturwesen, |367.5| also entweder als Zweck, oder als Mittel zum zweckmäßigen Gebrauche anderer Ursachen, ansehen. Die letztere Zweckmäßigkeit heißt die Nutzbarkeit (für Menschen), oder auch Zuträglichkeit (für jedes andere #280# Geschöpf) und ist bloß relativ, indeß die erstere eine innere Zweckmäßigkeit des Naturwesens ist. |367.10| [24] Weil in der reinen Mathematik nicht von der Existenz, sondern nur der Möglichkeit der Dinge, nämlich einer ihrem Begriffe correspondirenden Anschauung, mithin gar nicht von Ursache und Wirkung die Rede sein kann: so muß folglich alle daselbst angemerkte Zweckmäßigkeit bloß als formal, niemals als Naturzweck betrachtet werden. |366.35| Die Flüsse führen z. B. allerlei zum Wachsthum der Pflanzen dienliche Erde mit sich fort, die sie bisweilen mitten im Lande, oft auch an ihren Mündungen absetzen. Die Fluth führt diesen Schlich an manchen Küsten über das Land, oder setzt ihn an dessen Ufer ab; und wenn vornehmlich Menschen dazu helfen, damit die Ebbe ihn nicht wieder wegführe, so |367.15| nimmt das fruchtbare Land zu, und das Gewächsreich gewinnt da Platz, wo vorher Fische und Schalthiere ihren Aufenthalt gehabt hatten. Die meisten Landeserweiterungen auf diese Art hat wohl die Natur selbst verrichtet und fährt damit auch noch, obzwar langsam, fort. — Nun fragt sich, ob dies als ein Zweck der Natur zu beurtheilen sei, weil es eine Nutzbarkeit |367.20| für Menschen enthält; denn die für das Gewächsreich selber kann man nicht in Anschlag bringen, weil dagegen eben so viel den Meergeschöpfen entzogen wird, als dem Lande Vortheil zuwächst. Oder, um ein Beispiel von der Zuträglichkeit gewisser Naturdinge als Mittel für andere Geschöpfe (wenn man sie als Zwecke voraussetzt) |367.25| zu geben: so ist kein Boden den Fichten gedeihlicher, als ein Sandboden. Nun hat das alte Meer, ehe es sich vom Lande zurückzog, so viele Sandstriche in unsern nordlichen Gegenden zurückgelassen, daß auf diesem für alle Cultur sonst so unbrauchbaren Boden weitläuftige Fichtenwälder haben #281# aufschlagen können, wegen deren unvernünftiger Ausrottung wir häufig |367.30| unsere Vorfahren anklagen; und da kann man fragen, ob diese uralte Absetzung der Sandschichten ein Zweck der Natur war zum Behuf der darauf möglichen Fichtenwälder. So viel ist klar: daß, wenn man diese als Zweck der Natur annimmt, man jenen Sand auch, aber nur als relativen Zweck einräumen müsse, wozu wiederum der alte Meeresstrand und |367.35| dessen Zurückziehen das Mittel war; denn in der Reihe der einander subordinirten Glieder einer Zweckverbindung muß ein jedes Mittelglied als Zweck (obgleich eben nicht als Endzweck) betrachtet werden, wozu seine nächste Ursache das Mittel ist. Eben so, wenn einmal Rindvieh, Schafe, Pferde u. s. w. in der Welt sein sollten, so mußte Gras auf Erden, aber es mußten auch Salzkräuter in Sandwüsten wachsen, wenn Kameele gedeihen sollten, oder auch diese und andere grasfressende Thierarten in Menge |368.5| anzutreffen sein, wenn es Wölfe, Tiger und Löwen geben sollte. Mithin ist die objective Zweckmäßigkeit, die sich auf Zuträglichkeit gründet, nicht eine objective Zweckmäßigkeit der Dinge an sich selbst, als ob der Sand für sich als Wirkung aus seiner Ursache, dem Meere, nicht könnte begriffen werden, ohne dem letztern einen Zweck unterzulegen und ohne die Wirkung, |368.10| nämlich den Sand, als Kunstwerk zu betrachten. Sie ist eine bloß relative, dem Dinge selbst, dem sie beigelegt wird, bloß zufällige Zweckmäßigkeit; #282# und obgleich unter den angeführten Beispielen die Grasarten für sich als organisirte Producte der Natur, mithin als kunstreich zu beurtheilen sind, so werden sie doch in Beziehung auf Thiere, die sich davon |368.15| nähren, als bloße rohe Materie angesehen. Wenn aber vollends der Mensch durch Freiheit seiner Causalität die Naturdinge seinen oft thörichten Absichten (die bunten Vogelfedern zum Putzwerk seiner Bekleidung, farbige Erden oder Pflanzensäfte zur Schminke), manchmal auch aus vernünftiger Absicht das Pferd zum |368.20| Reiten, den Stier und in Minorca sogar den Esel und das Schwein zum Pflügen zuträglich findet: so kann man hier auch nicht einmal einen relativen Naturzweck (auf diesen Gebrauch) annehmen. Denn seine Vernunft weiß den Dingen eine Übereinstimmung mit seinen willkürlichen Einfällen, wozu er selbst nicht einmal von der Natur prädestinirt |368.25| war, zu geben. Nur =wenn= man annimmt, Menschen haben auf Erden leben sollen, so müssen doch wenigstens die Mittel, ohne die sie als Thiere und selbst als vernünftige Thiere (in wie niedrigem Grade es auch sei) nicht bestehen konnten, auch nicht fehlen; alsdann aber würden diejenigen Naturdinge, die zu diesem Behuf unentbehrlich sind, auch als Naturzwecke |368.30| angesehen werden müssen. Man sieht hieraus leicht ein, daß die äußere Zweckmäßigkeit (Zuträglichkeit eines Dinges für andere) nur unter der Bedingung, daß die #283# Existenz desjenigen, dem es zunächst oder auf entfernte Weise zuträglich ist, für sich selbst Zweck der Natur sei, für einen äußern Naturzweck angesehen |368.35| werden könne. Da jenes aber durch bloße Naturbetrachtung nimmermehr auszumachen ist: so folgt, daß die relative Zweckmäßigkeit, ob sie gleich hypothetisch auf Naturzwecke Anzeige giebt, dennoch zu keinem absoluten teleologischen Urtheile berechtige. Der Schnee sichert die Saaten in kalten Ländern wider den Frost; er erleichtert die Gemeinschaft der Menschen (durch Schlitten); der Lappländer findet dort Thiere, die diese Gemeinschaft bewirken (Rennthiere), |369.5| die an einem dürren Moose, welches sie sich selbst unter dem Schnee hervorscharren müssen, hinreichende Nahrung finden und gleichwohl sich leicht zähmen und der Freiheit, in der sie sich gar wohl erhalten könnten, willig berauben lassen. Für andere Völker in derselben Eiszone enthält das Meer reichen Vorrath an Thieren, die außer der Nahrung und |369.10| Kleidung, die sie liefern, und dem Holze, welches ihnen das Meer zu Wohnungen gleichsam hinflößt, ihnen noch Brennmaterien zur Erwärmung ihrer Hütten liefern. Hier ist nun eine bewundernswürdige Zusammenkunft von so viel Beziehungen der Natur auf einen Zweck; und dieser ist der Grönländer, der Lappe, der Samojede, der Jakute u. s. w. |369.15| Aber man sieht nicht, warum überhaupt Menschen dort leben müssen. Also sagen: daß =darum= Dünste aus der Luft in der Form des Schnees #284# herunterfallen, das Meer seine Ströme habe, welche das in wärmern Ländern gewachsene Holz dahin schwemmen, und große mit Öl angefüllte Seethiere da sind, =weil= der Ursache, die alle die Naturproducte herbeischafft, |369.20| die Idee eines Vortheils für gewisse armselige Geschöpfe zum Grunde liege: wäre ein sehr gewagtes und willkürliches Urtheil. Denn wenn alle diese Naturnützlichkeit auch nicht wäre, so würden wir nichts an der Zulänglichkeit der Naturursachen zu dieser Beschaffenheit vermissen; vielmehr eine solche Anlage auch nur zu verlangen und der Natur |369.25| einen solchen Zweck zuzumuthen (da ohnedas nur die größte Unverträglichkeit der Menschen unter einander sie bis in so unwirthbare Gegenden hat versprengen können), würde uns selbst vermessen und unüberlegt zu sein dünken. § 64. |369.30| Von dem eigenthümlichen Charakter der Dinge als Naturzwecke. Um einzusehen, daß ein Ding nur als Zweck möglich sei, d. h. die Causalität seines Ursprungs nicht im Mechanism der Natur, sondern in einer Ursache, deren Vermögen zu wirken durch Begriffe bestimmt wird, |369.35| suchen zu müssen, dazu wird erfordert: daß seine Form nicht nach bloßen Naturgesetzen möglich sei, d. i. solchen, welche von uns durch den Verstand allein, auf Gegenstände der Sinne angewandt, erkannt werden können; sondern daß selbst ihr empirisches Erkenntniß ihrer Ursache und Wirkung #285# nach Begriffe der Vernunft voraussetze. Diese =Zufälligkeit= seiner |370.5| Form bei allen empirischen Naturgesetzen in Beziehung auf die Vernunft, da die Vernunft, welcher an einer jeden Form eines Naturproducts auch die Nothwendigkeit derselben erkennen muß, wenn sie auch nur die mit seiner Erzeugung verknüpften Bedingungen einsehen will, gleichwohl an jener gegebenen Form diese Nothwendigkeit nicht annehmen kann, ist selbst |370.10| ein Grund, die Causalität desselben so anzunehmen, als ob sie eben darum nur durch Vernunft möglich sei; diese aber ist alsdann das Vermögen, nach Zwecken zu handeln (ein Wille); und das Object, welches nur als aus diesem möglich vorgestellt wird, würde nur als Zweck für möglich vorgestellt werden. |370.15| Wenn jemand in einem ihm unbewohnt scheinenden Lande eine geometrische Figur, allenfalls ein reguläres Sechseck, im Sande gezeichnet wahrnähme: so würde seine Reflexion, indem sie an einem Begriffe derselben arbeitet, der Einheit des Princips der Erzeugung desselben, wenn gleich dunkel, vermittelst der Vernunft inne werden und so dieser gemäß |370.20| den Sand, das benachbarte Meer, die Winde, oder auch Thiere mit ihren Fußtritten, die er kennt, oder jede andere vernunftlose Ursache nicht als einen Grund der Möglichkeit einer solchen Gestalt beurtheilen: weil ihm die Zufälligkeit, mit einem solchen Begriffe, der nur in der Vernunft #286# möglich ist, zusammen zu treffen, so unendlich groß scheinen würde, daß |370.25| es eben so gut wäre, als ob es dazu gar kein Naturgesetz gebe, daß folglich auch keine Ursache in der bloß mechanisch wirkenden Natur, sondern nur der Begriff von einem solchen Object als Begriff, den nur Vernunft geben und mit demselben den Gegenstand vergleichen kann, auch die Causalität zu einer solchen Wirkung enthalten, folglich diese durchaus als Zweck, |370.30| aber nicht Naturzweck, d. i. als Product der =Kunst=, angesehen werden könne (_vestigium hominis video_). Um aber etwas, das man als Naturproduct erkennt, gleichwohl doch auch als Zweck, mithin als =Naturzweck= zu beurtheilen: dazu, wenn nicht etwa hierin gar ein Widerspruch liegt, wird schon mehr erfordert. Ich |370.35| würde vorläufig sagen: ein Ding existirt als Naturzweck, =wenn es von sich selbst= (obgleich in zwiefachem Sinne) =Ursache und Wirkung ist=; denn hierin liegt eine Causalität, dergleichen mit dem bloßen Begriffe einer Natur, ohne ihr einen Zweck unterzulegen, nicht verbunden, aber auch alsdann zwar ohne Widerspruch gedacht, aber nicht begriffen werden kann. Wir wollen die Bestimmung dieser Idee von einem Naturzwecke zuvörderst durch ein Beispiel erläutern, ehe wir sie völlig auseinander |371.5| setzen. Ein Baum zeugt erstlich einen andern Baum nach einem bekannten Naturgesetze. Der Baum aber, den er erzeugt, ist von derselben Gattung; #287# und so erzeugt er sich selbst der =Gattung= nach, in der er einerseits als Wirkung, andrerseits als Ursache, von sich selbst unaufhörlich hervorgebracht |371.10| und eben so sich selbst oft hervorbringend, sich als Gattung beständig erhält. Zweitens erzeugt ein Baum sich auch selbst als =Individuum=. Diese Art von Wirkung nennen wir zwar nur das Wachsthum; aber dieses ist in solchem Sinne zu nehmen, daß es von jeder andern Größenzunahme |371.15| nach mechanischen Gesetzen gänzlich unterschieden und einer Zeugung, wiewohl unter einem andern Namen, gleich zu achten ist. Die Materie, die er zu sich hinzusetzt, verarbeitet dieses Gewächs vorher zu specifisch-eigenthümlicher Qualität, welche der Naturmechanism außer ihm nicht liefern kann, und bildet sich selbst weiter aus vermittelst eines |371.20| Stoffes, der seiner Mischung nach sein eignes Product ist. Denn ob er zwar, was die Bestandtheile betrifft, die er von der Natur außer ihm erhält, nur als Educt angesehen werden muß: so ist doch in der Scheidung und neuen Zusammensetzung dieses rohen Stoffs eine solche Originalität des Scheidungs- und Bildungsvermögens dieser Art Naturwesen anzutreffen, |371.25| daß alle Kunst davon unendlich weit entfernt bleibt, wenn sie es versucht, aus den Elementen, die sie durch Zergliederung derselben erhält, oder auch dem Stoff, den die Natur zur Nahrung derselben liefert, jene Producte des Gewächsreichs wieder herzustellen. =Drittens= erzeugt ein Theil dieses Geschöpfs auch sich selbst so: daß |371.30| #288# die Erhaltung des einen von der Erhaltung der andern wechselsweise abhängt. Das Auge an einem Baumblatt, dem Zweige eines andern eingeimpft, bringt an einem fremdartigen Stocke ein Gewächs von seiner eignen Art hervor und eben so das Pfropfreis auf einem andern Stamme. Daher kann man auch an demselben Baume jeden Zweig oder Blatt als |371.35| bloß auf diesem gepfropft oder oculirt, mithin als einen für sich selbst bestehenden Baum, der sich nur an einen andern anhängt und parasitisch nährt, ansehen. Zugleich sind die Blätter zwar Producte des Baums, erhalten aber diesen doch auch gegenseitig; denn die wiederholte Entblätterung würde ihn tödten, und sein Wachsthum hängt von ihrer Wirkung auf den Stamm ab. Der Selbsthülfe der Natur in diesen Geschöpfen bei ihrer Verletzung, wo der Mangel eines Theils, der zur Erhaltung |372.5| der benachbarten gehörte, von den übrigen ergänzt wird; der Mißgeburten oder Mißgestalten im Wachsthum, da gewisse Theile wegen vorkommender Mängel oder Hindernisse sich auf ganz neue Art formen, um das, was da ist, zu erhalten und ein anomalisches Geschöpf hervorzubringen: will ich hier nur im Vorbeigehen erwähnen, ungeachtet sie |372.10| unter die wundersamsten Eigenschaften organisirter Geschöpfe gehören. § 65. #289# Dinge als Naturzwecke sind organisirte Wesen. Nach dem im vorigen § angeführten Charakter muß ein Ding, welches als Naturproduct doch zugleich nur als Naturzweck möglich erkannt werden |372.15| soll, sich zu sich selbst wechselseitig als Ursache und Wirkung verhalten, welches ein etwas uneigentlicher und unbestimmter Ausdruck ist, der einer Ableitung von einem bestimmten Begriffe bedarf. Die Causalverbindung, sofern sie bloß durch den Verstand gedacht wird, ist eine Verknüpfung, die eine Reihe (von Ursachen und Wirkungen) |372.20| ausmacht, welche immer abwärts geht; und die Dinge selbst, welche als Wirkungen andere als Ursache voraussetzen, können von diesen nicht gegenseitig zugleich Ursache sein. Diese Causalverbindung nennt man die der wirkenden Ursachen (_nexus effectivus_). Dagegen aber kann doch auch eine Causalverbindung nach einem Vernunftbegriffe (von Zwecken) gedacht |372.25| werden, welche, wenn man sie als Reihe betrachtete, sowohl abwärts als aufwärts Abhängigkeit bei sich führen würde, in der das Ding, welches einmal als Wirkung bezeichnet ist, dennoch aufwärts den Namen einer Ursache desjenigen Dinges verdient, wovon es die Wirkung ist. Im Praktischen (nämlich der Kunst) findet man leicht dergleichen Verknüpfung, |372.30| wie z. B. das Haus zwar die Ursache der Gelder ist, die für Miethe eingenommen #290# werden, aber doch auch umgekehrt die Vorstellung von diesem möglichen Einkommen die Ursache der Erbauung des Hauses war. Eine solche Causalverknüpfung wird die der Endursachen (_nexus finalis_) genannt. Man könnte die erstere vielleicht schicklicher die Verknüpfung der |372.35| realen, die zweite der idealen Ursachen nennen, weil bei dieser Benennung zugleich begriffen wird, daß es nicht mehr als diese zwei Arten der Causalität geben könne. Zu einem Dinge als Naturzwecke wird nun =erstlich= erfordert, daß die Theile (ihrem Dasein und der Form nach) nur durch ihre Beziehung |373.5| auf das Ganze möglich sind. Denn das Ding selbst ist ein Zweck, folglich unter einem Begriffe oder einer Idee befaßt, die alles, was in ihm enthalten sein soll, _a priori_ bestimmen muß. Sofern aber ein Ding nur auf diese Art als möglich gedacht wird, ist es bloß ein Kunstwerk, d. i. das Product einer von der Materie (den Theilen) desselben unterschiedenen vernünftigen |373.10| Ursache, deren Causalität (in Herbeischaffung und Verbindung der Theile) durch ihre Idee von einem dadurch möglichen Ganzen (mithin nicht durch die Natur außer ihm) bestimmt wird. Soll aber ein Ding als Naturproduct in sich selbst und seiner innern Möglichkeit doch eine Beziehung auf Zwecke enthalten, d. i. nur als Naturzweck |373.15| und ohne die Causalität der Begriffe von vernünftigen Wesen außer ihm möglich sein: so wird =zweitens= dazu erfordert: daß die Theile desselben #291# sich dadurch zur Einheit eines Ganzen verbinden, daß sie von einander wechselseitig Ursache und Wirkung ihrer Form sind. Denn auf solche Weise ist es allein möglich, daß umgekehrt (wechselseitig) die Idee |373.20| des Ganzen wiederum die Form und Verbindung aller Theile bestimme: nicht als Ursache — denn da wäre es ein Kunstproduct —, sondern als Erkenntnißgrund der systematischen Einheit der Form und Verbindung alles Mannigfaltigen, was in der gegebenen Materie enthalten ist, für den, der es beurtheilt. |373.25| Zu einem Körper also, der an sich und seiner innern Möglichkeit nach als Naturzweck beurtheilt werden soll, wird erfordert, daß die Theile desselben einander insgesammt ihrer Form sowohl als Verbindung nach wechselseitig und so ein Ganzes aus eigener Causalität hervorbringen, dessen Begriff wiederum umgekehrt (in einem Wesen, welches die einem |373.30| solchen Product angemessene Causalität nach Begriffen besäße) Ursache von demselben nach einem Princip sein, folglich die Verknüpfung der =wirkenden Ursachen= zugleich als =Wirkung durch Endursachen= beurtheilt werden könnte. In einem solchen Producte der Natur wird ein jeder Theil so, wie |373.35| er nur =durch= alle übrige da ist, auch als =um der andern= und des Ganzen =willen= existirend, d. i. als Werkzeug (Organ) gedacht: welches aber nicht genug ist (denn er könnte auch Werkzeug der Kunst sein und #292# so nur als Zweck überhaupt möglich vorgestellt werden); sondern als ein die andern Theile (folglich jeder den andern wechselseitig) =hervorbringendes= Organ, dergleichen kein Werkzeug der Kunst, sondern nur der allen Stoff zu Werkzeugen (selbst denen der Kunst) liefernden Natur sein |374.5| kann: und nur dann und darum wird ein solches Product, als _organisirtes_ und =sich selbst organisirendes= Wesen, ein =Naturzweck= genannt werden können. In einer Uhr ist ein Theil das Werkzeug der Bewegung der andern, aber nicht ein Rad die wirkende Ursache der Hervorbringung des andern; |374.10| ein Theil ist zwar um des andern willen, aber nicht durch denselben da. Daher ist auch die hervorbringende Ursache derselben und ihrer Form nicht in der Natur (dieser Materie), sondern außer ihr in einem Wesen, welches nach Ideen eines durch seine Causalität möglichen Ganzen wirken kann, enthalten. Daher bringt auch nicht ein Rad in der Uhr das andere, |374.15| noch weniger eine Uhr andere Uhren hervor, so daß sie andere Materie dazu benutzte (sie organisirte); daher ersetzt sie auch nicht von selbst die ihr entwandten Theile, oder vergütet ihren Mangel in der ersten Bildung durch den Beitritt der übrigen, oder bessert sich etwa selbst aus, wenn sie in Unordnung gerathen ist: welches alles wir dagegen von der organisirten |374.20| Natur erwarten können. — Ein organisirtes Wesen ist also nicht bloß Maschine: denn die hat lediglich =bewegende= Kraft; sondern es besitzt #293# in sich =bildende= Kraft und zwar eine solche, die es den Materien mittheilt, welche sie nicht haben (sie organisirt): also eine sich fortpflanzende bildende Kraft, welche durch das Bewegungsvermögen allein (den |374.25| Mechanism) nicht erklärt werden kann. Man sagt von der Natur und ihrem Vermögen in organisirten Producten bei weitem zu wenig, wenn man dieses ein =Analogon= der =Kunst= nennt; denn da denkt man sich den Künstler (ein vernünftiges Wesen) außer ihr. Sie organisirt sich vielmehr selbst und in jeder Species |374.30| ihrer organisirten Producte, zwar nach einerlei Exemplar im Ganzen, aber doch auch mit schicklichen Abweichungen, die die Selbsterhaltung nach den Umständen erfordert. Näher tritt man vielleicht dieser unerforschlichen Eigenschaft, wenn man sie ein =Analogon des Lebens= nennt: aber da muß man entweder die Materie als bloße Materie mit einer Eigenschaft |374.35| (Hylozoism) begaben, die ihrem Wesen widerstreitet; oder ihr ein fremdartiges mit ihr =in Gemeinschaft stehendes= Princip (eine Seele) beigesellen: wozu man aber, wenn ein solches Product ein Naturproduct sein soll, organisirte Materie als Werkzeug jener Seele entweder schon voraussetzt und jene also nicht im mindesten begreiflicher macht, oder die Seele zur Künstlerin dieses Bauwerks machen und so das Product der Natur (der körperlichen) entziehen muß. Genau zu reden, hat also die |375.5| #294# Organisation der Natur nichts Analogisches mit irgend einer Causalität, die wir kennen[25]. Schönheit der Natur, weil sie den Gegenständen nur in Beziehung auf die Reflexion über die =äußere= Anschauung derselben, mithin nur der Form der Oberfläche wegen beigelegt wird, kann mit Recht ein Analogon der Kunst genannt werden. Aber =innere Naturvollkommenheit=, |375.10| wie sie diejenigen Dinge besitzen, welche nur als =Naturzwecke= möglich sind und darum organisirte Wesen heißen, ist nach keiner Analogie irgend eines uns bekannten physischen, d. i. Naturvermögens, ja, da wir selbst zur Natur im weitesten Verstande gehören, selbst nicht einmal durch eine genau angemessene Analogie mit menschlicher |375.15| Kunst denkbar und erklärlich. [25] Man kann umgekehrt einer gewissen Verbindung, die aber auch mehr in der Idee als in der Wirklichkeit angetroffen wird, durch eine Analogie mit den genannten |375.30| unmittelbaren Naturzwecken Licht geben. So hat man sich bei einer neuerlich unternommenen gänzlichen Umbildung eines großen Volks zu einem Staat des Worts =Organisation= häufig für Einrichtung der Magistraturen usw. und selbst des ganzen Staatskörpers sehr schicklich bedient. Denn jedes Glied soll freilich in einem solchen Ganzen nicht bloß Mittel, sondern zugleich auch Zweck und, indem es zu |375.35| der Möglichkeit des Ganzen mitwirkt, durch die Idee des Ganzen wiederum seiner Stelle und Function nach bestimmt sein. Der Begriff eines Dinges, als an sich Naturzwecks, ist also kein constitutiver Begriff des Verstandes oder der Vernunft, kann aber doch ein regulativer Begriff für die reflectirende Urtheilskraft sein, nach einer #295# entfernten Analogie mit unserer Causalität nach Zwecken überhaupt die |375.20| Nachforschung über Gegenstände dieser Art zu leiten und über ihren obersten Grund nachzudenken; das letztere zwar nicht zum Behuf der Kenntniß der Natur, oder jenes Urgrundes derselben, sondern vielmehr eben desselben praktischen Vernunftvermögens in uns, mit welchem wir die Ursache jener Zweckmäßigkeit in Analogie betrachteten. |375.25| Organisirte Wesen sind also die einzigen in der Natur, welche, wenn man sie auch für sich und ohne ein Verhältniß auf andere Dinge betrachtet, doch nur als Zwecke derselben möglich gedacht werden müssen, und die also zuerst dem Begriffe eines =Zwecks=, der nicht ein praktischer, sondern Zweck =der Natur= ist, objective Realität und dadurch für die Naturwissenschaft den Grund zu einer Teleologie, d. i. einer Beurtheilungsart ihrer Objecte nach einem besondern Princip, verschaffen, dergleichen man in sie einzuführen (weil man die Möglichkeit einer solchen Art |376.5| Causalität gar nicht _a priori_ einsehen kann) sonst schlechterdings nicht berechtigt sein würde. § 66. Vom Princip der Beurtheilung der innern Zweckmäßigkeit in organisirten Wesen. |376.10| Dieses Princip, zugleich die Definition derselben, heißt: =Ein organisirtes Product der Natur ist das, in welchem alles #296# Zweck und wechselseitig auch Mittel ist.= Nichts in ihm ist umsonst, zwecklos, oder einem blinden Naturmechanism zuzuschreiben. Dieses Princip ist zwar seiner Veranlassung nach von Erfahrung |376.15| abzuleiten, nämlich derjenigen, welche methodisch angestellt wird und Beobachtung heißt; der Allgemeinheit und Nothwendigkeit wegen aber, die es von einer solchen Zweckmäßigkeit aussagt, kann es nicht bloß auf Erfahrungsgründen beruhen, sondern muß irgend ein Princip _a priori_, wenn es gleich bloß regulativ wäre, und jene Zwecke allein in der Idee des Beurtheilenden |376.20| und nirgend in einer wirkenden Ursache lägen, zum Grunde haben. Man kann daher obgenanntes Princip eine =Maxime= der Beurtheilung der innern Zweckmäßigkeit organisirter Wesen nennen. Daß die Zergliederer der Gewächse und Thiere, um ihre Structur zu erforschen und die Gründe einsehen zu können, warum und zu welchem |376.25| Ende solche Theile, warum eine solche Lage und Verbindung der Theile und gerade diese innere Form ihnen gegeben worden, jene Maxime: daß nichts in einem solchen Geschöpf =umsonst= sei, als unumgänglich nothwendig annehmen und sie eben so, als den Grundsatz der allgemeinen Naturlehre: daß =nichts von ungefähr= geschehe, geltend machen, ist |376.30| bekannt. In der That können sie sich auch von diesem teleologischen Grundsatze eben so wenig lossagen, als von dem allgemeinen physischen, weil, so wie bei Verlassung des letzteren gar keine Erfahrung überhaupt, #297# so bei der des ersteren Grundsatzes kein Leitfaden für die Beobachtung einer Art von Naturdingen, die wir einmal teleologisch unter dem Begriffe |376.35| der Naturzwecke gedacht haben, übrig bleiben würde. Denn dieser Begriff führt die Vernunft in eine ganz andere Ordnung der Dinge, als die eines bloßen Mechanisms der Natur, der uns hier nicht mehr genug thun will. Eine Idee soll der Möglichkeit des Naturproducts zum Grunde liegen. Weil diese aber eine absolute Einheit der Vorstellung ist, statt daß die Materie eine Vielheit der Dinge ist, die für sich |377.5| keine bestimmte Einheit der Zusammensetzung an die Hand geben kann: so muß, wenn jene Einheit der Idee sogar als Bestimmungsgrund _a priori_ eines Naturgesetzes der Causalität einer solchen Form des Zusammengesetzten dienen soll, der Zweck der Natur auf =Alles=, was in ihrem Producte liegt, erstreckt werden. Denn wenn wir einmal dergleichen Wirkung |377.10| =im Ganzen= auf einen übersinnlichen Bestimmungsgrund über den blinden Mechanism der Natur hinaus beziehen, müssen wir sie auch ganz nach diesem Princip beurtheilen; und es ist kein Grund da, die Form eines solchen Dinges noch zum Theil vom letzteren als abhängig anzunehmen, da alsdann bei der Vermischung ungleichartiger Principien gar |377.15| keine sichere Regel der Beurtheilung übrig bleiben würde. Es mag immer sein, daß z. B. in einem thierischen Körper manche #298# Theile als Concretionen nach bloß mechanischen Gesetzen begriffen werden könnten (als Häute, Knochen, Haare). Doch muß die Ursache, welche die dazu schickliche Materie herbeischafft, diese so modificirt, formt und an |377.20| ihren gehörigen Stellen absetzt, immer teleologisch beurtheilt werden, so daß alles in ihm als organisirt betrachtet werden muß, und alles auch in gewisser Beziehung auf das Ding selbst wiederum Organ ist. § 67. Vom Princip der teleologischen Beurtheilung der Natur |377.25| überhaupt als System der Zwecke. Wir haben oben von der =äußeren= Zweckmäßigkeit der Naturdinge gesagt: daß sie keine hinreichende Berechtigung gebe, sie zugleich als Zwecke der Natur zu Erklärungsgründen ihres Daseins und die zufällig-zweckmäßigen Wirkungen derselben in der Idee zu Gründen ihres Daseins |377.30| nach dem Princip der Endursachen zu brauchen. So kann man die =Flüsse=, weil sie die Gemeinschaft im Innern der Länder unter Völkern befördern, die =Gebirge=, weil sie zu diesen die Quellen und zur Erhaltung derselben den Schneevorrath für regenlose Zeiten enthalten, imgleichen den =Abhang= der Länder, der diese Gewässer abführt und das Land |377.35| trocken werden läßt, darum nicht sofort für Naturzwecke halten: weil, obzwar #299# diese Gestalt der Oberfläche der Erde zur Entstehung und Erhaltung des Gewächs- und Thierreichs sehr nöthig war, sie doch nichts an sich hat, zu dessen Möglichkeit man sich genöthigt sähe eine Causalität nach Zwecken anzunehmen. Eben das gilt von Gewächsen, die der Mensch zu seiner |378.5| Nothdurft oder Ergötzlichkeit nutzt: von Thieren, dem Kameele, dem Rinde, dem Pferde, Hunde u. s. w., die er theils zu seiner Nahrung, theils seinem Dienste so vielfältig gebrauchen und großentheils gar nicht entbehren kann. Von Dingen, deren keines für sich als Zweck anzusehen man Ursache hat, kann das äußere Verhältniß nur hypothetisch für zweckmäßig beurtheilt |378.10| werden. Ein Ding seiner innern Form halber als Naturzweck beurtheilen, ist ganz etwas anderes, als die Existenz dieses Dinges für Zweck der Natur halten. Zu der letztern Behauptung bedürfen wir nicht bloß den Begriff von einem möglichen Zweck, sondern die Erkenntniß des Endzwecks (_scopus_) |378.15| der Natur, welches eine Beziehung derselben auf etwas Übersinnliches bedarf, die alle unsere teleologische Naturerkenntniß weit übersteigt; denn der Zweck der Existenz der Natur selbst muß über die Natur hinaus gesucht werden. Die innere Form eines bloßen Grashalms kann seinen bloß nach der Regel der Zwecke möglichen Ursprung für unser menschliches |378.20| Beurtheilungsvermögen hinreichend beweisen. Geht man aber davon ab und sieht nur auf den Gebrauch, den andere Naturwesen davon machen, #300# verläßt also die Betrachtung der innern Organisation und sieht nur auf äußere zweckmäßige Beziehungen, wie das Gras dem Vieh, wie dieses dem Menschen als Mittel zu seiner Existenz nöthig sei; und man sieht |378.25| nicht, warum es denn nöthig sei, daß Menschen existiren (welches, wenn man etwa die Neuholländer oder Feuerländer in Gedanken hat, so leicht nicht zu beantworten sein möchte): so gelangt man zu keinem kategorischen Zwecke, sondern alle diese zweckmäßige Beziehung beruht auf einer immer weiter hinauszusetzenden Bedingung, die als unbedingt (das Dasein eines |378.30| Dinges als Endzweck) ganz außerhalb der physisch-teleologischen Weltbetrachtung liegt. Alsdann aber ist ein solches Ding auch nicht Naturzweck; denn es ist (oder seine ganze Gattung) nicht als Naturproduct anzusehen. Es ist also nur die Materie, sofern sie organisirt ist, welche den Begriff |378.35| von ihr als einem Naturzwecke nothwendig bei sich führt, weil diese ihre specifische Form zugleich Product der Natur ist. Aber dieser Begriff führt nun nothwendig auf die Idee der gesammten Natur als eines Systems nach der Regel der Zwecke, welcher Idee nun aller Mechanism der Natur nach Principien der Vernunft (wenigstens um daran die Naturerscheinung zu versuchen) untergeordnet werden muß. Das Princip der Vernunft ist ihr als nur subjectiv, d. i. als Maxime, zuständig: Alles |379.5| in der Welt ist irgend wozu gut; nichts ist in ihr umsonst; und man ist #301# durch das Beispiel, das die Natur an ihren organischen Producten giebt, berechtigt, ja berufen, von ihr und ihren Gesetzen nichts, als was im Ganzen zweckmäßig ist, zu erwarten. Es versteht sich, daß dieses nicht ein Princip für die bestimmende, |379.10| sondern nur für die reflectirende Urtheilskraft sei, daß es regulativ und nicht constitutiv sei, und wir dadurch nur einen Leitfaden bekommen, die Naturdinge in Beziehung auf einen Bestimmungsgrund, der schon gegeben ist, nach einer neuen gesetzlichen Ordnung zu betrachten und die Naturkunde nach einem andern Princip, nämlich dem der Endursachen, |379.15| doch unbeschadet dem des Mechanisms ihrer Causalität zu erweitern. Übrigens wird dadurch keinesweges ausgemacht, ob irgend etwas, das wir nach diesem Princip beurtheilen, =absichtlich= Zweck der Natur sei: ob die Gräser für das Rind oder Schaf und ob dieses und die übrigen Naturdinge für den Menschen da sind. Es ist gut, selbst die uns unangenehmen |379.20| und in besondern Beziehungen zweckwidrigen Dinge auch von dieser Seite zu betrachten. So könnte man z. B. sagen: das Ungeziefer, welches die Menschen in ihren Kleidern, Haaren oder Bettstellen plagt, sei nach einer weisen Naturanstalt ein Antrieb zur Reinlichkeit, die für sich schon ein wichtiges Mittel der Erhaltung der Gesundheit ist. Oder die Mosquitomücken |379.25| und andere stechende Insecten, welche die Wüsten von Amerika #302# den Wilden so beschwerlich machen, seien so viel Stacheln der Thätigkeit für diese angehende Menschen, um die Moräste abzuleiten und die dichten den Luftzug abhaltenden Wälder licht zu machen und dadurch, imgleichen durch den Anbau des Bodens ihren Aufenthalt zugleich gesünder zu |379.30| machen. Selbst was dem Menschen in seiner innern Organisation widernatürlich zu sein scheint, wenn es auf diese Weise behandelt wird, giebt eine unterhaltende, bisweilen auch belehrende Aussicht in eine teleologische Ordnung der Dinge, auf die uns ohne ein solches Princip die bloß physische Betrachtung allein nicht führen würde. So wie einige den |379.35| Bandwurm dem Menschen oder Thiere, dem er beiwohnt, gleichsam zum Ersatz eines gewissen Mangels seiner Lebensorganen beigegeben zu sein urtheilen: so würde ich fragen, ob nicht die Träume (ohne die niemals der Schlaf ist, ob man sich gleich nur selten derselben erinnert) eine zweckmäßige Anordnung der Natur sein mögen, indem sie nämlich bei dem Abspannen aller körperlichen bewegenden Kräfte dazu dienen, vermittelst der Einbildungskraft und der großen Geschäftigkeit derselben (die in |380.5| diesem Zustande mehrentheils bis zum Affecte steigt) die Lebensorganen innigst zu bewegen; so wie sie auch bei überfülltem Magen, wo diese Bewegung um desto nöthiger ist, im Nachtschlafe gemeiniglich mit desto mehr Lebhaftigkeit spielt; daß folglich ohne diese innerlich bewegende Kraft und ermüdende Unruhe, worüber wir die Träume anklagen (die |380.10| #303# doch in der That vielleicht Heilmittel sind), der Schlaf selbst im gesunden Zustande wohl gar ein völliges Erlöschen des Lebens sein würde. Auch Schönheit der Natur, d. i. ihre Zusammenstimmung mit dem freien Spiele unserer Erkenntnißvermögen in der Auffassung und Beurtheilung ihrer Erscheinung, kann auf die Art als objective Zweckmäßigkeit |380.15| der Natur in ihrem Ganzen, als System, worin der Mensch ein Glied ist, betrachtet werden: wenn einmal die teleologische Beurtheilung derselben durch die Naturzwecke, welche uns die organisirten Wesen an die Hand geben, zu der Idee eines großen Systems der Zwecke der Natur uns berechtigt hat. Wir können es als eine Gunst[26], die die Natur für |380.20| uns gehabt hat, betrachten, daß sie über das Nützliche noch Schönheit und Reize so reichlich austheilte, und sie deshalb lieben, so wie ihrer Unermeßlichkeit wegen mit Achtung betrachten und uns selbst in dieser Betrachtung #304# veredelt fühlen: gerade als ob die Natur ganz eigentlich in dieser Absicht ihre herrliche Bühne aufgeschlagen und ausgeschmückt habe. |380.25| [26] In dem ästhetischen Theile wurde gesagt: =wir sähen die schöne Natur |380.30| mit Gunst an=, indem wir an ihrer Form ein ganz freies (uninteressirtes) Wohlgefallen haben. Denn in diesem bloßen Geschmacksurtheile wird gar nicht darauf Rücksicht genommen, zu welchem Zwecke diese Naturschönheiten existiren: ob um uns eine Lust zu erwecken, oder ohne alle Beziehung auf uns als Zwecke. In einem teleologischen Urtheile aber geben wir auch auf diese Beziehung Acht; und da können |380.35| wir es =als Gunst der Natur ansehen=, daß sie uns durch Aufstellung so vieler schönen Gestalten zur Kultur hat beförderlich sein wollen. Wir wollen in diesem § nichts anders sagen, als daß, wenn wir einmal an der Natur ein Vermögen entdeckt haben, Producte hervorzubringen, die nur nach dem Begriffe der Endursachen von uns gedacht werden können, wir weiter gehen und auch die, welche (oder ihr, obgleich zweckmäßiges, Verhältniß) es eben nicht nothwendig machen, über den Mechanism der blind wirkenden Ursachen hinaus ein ander Princip für ihre Möglichkeit aufzusuchen, dennoch als zu einem System der Zwecke gehörig beurtheilen dürfen: weil uns die erstere Idee schon, was ihren Grund betrifft, über die Sinnenwelt hinausführt; da denn die Einheit des übersinnlichen |381.5| Princips nicht bloß für gewisse Species der Naturwesen, sondern für das Naturganze als System auf dieselbe Art als gültig betrachtet werden muß. § 68. Von dem Princip der Teleologie als innerem Princip der Naturwissenschaft. |381.10| Die Principien einer Wissenschaft sind derselben entweder innerlich und werden einheimisch genannt (_principia domestica_); oder sie sind auf Begriffe, die nur außer ihr Platz finden können, gegründet und sind =auswärtige= Principien (_peregrina_). Wissenschaften, welche die letzteren enthalten, #305# legen ihren Lehren Lehnsätze (_Lemmata_) zum Grunde; d. i. sie |381.15| borgen irgend einen Begriff und mit ihm einen Grund der Anordnung von einer anderen Wissenschaft. Eine jede Wissenschaft ist für sich ein System; und es ist nicht genug, in ihr nach Principien zu bauen und also technisch zu verfahren, sondern man muß mit ihr, als einem für sich bestehenden Gebäude, auch architektonisch |381.20| zu Werke gehen und sie nicht wie einen Anbau und als einen Theil eines andern Gebäudes, sondern als ein Ganzes für sich behandeln, ob man gleich nachher einen Übergang aus diesem in jenes oder wechselseitig errichten kann. Wenn man also für die Naturwissenschaft und in ihren Context den |381.25| Begriff von Gott hereinbringt, um sich die Zweckmäßigkeit in der Natur erklärlich zu machen, und hernach diese Zweckmäßigkeit wiederum braucht, um zu beweisen, daß ein Gott sei: so ist in keiner von beiden Wissenschaften innerer Bestand; und ein täuschendes Diallele bringt jede in Unsicherheit, dadurch daß sie ihre Gränzen in einander laufen lassen. |381.30| Der Ausdruck eines Zwecks der Natur beugt dieser Verwirrung schon genugsam vor, um Naturwissenschaft und die Veranlassung, die sie zur =teleologischen= Beurtheilung ihrer Gegenstände giebt, nicht mit der Gottesbetrachtung und also einer =theologischen= Ableitung zu vermengen; und man muß es nicht als unbedeutend ansehen, ob man jenen Ausdruck |381.35| #306# mit dem eines göttlichen Zwecks in der Anordnung der Natur verwechsele, oder wohl gar den letztern für schicklicher und einer frommen Seele angemessener ausgebe, weil es doch am Ende dahin kommen müsse, jene zweckmäßige Formen in der Natur von einem weisen Welturheber abzuleiten; sondern sich sorgfältig und bescheiden auf den Ausdruck, der |382.5| gerade nur so viel sagt, als wir wissen, nämlich eines Zwecks der Natur, einschränken. Denn ehe wir noch nach der Ursache der Natur selbst fragen, finden wir in der Natur und dem Laufe ihrer Erzeugung dergleichen Producte, die nach bekannten Erfahrungsgesetzen in ihr erzeugt werden, nach welchen die Naturwissenschaft ihre Gegenstände beurtheilen, mithin auch |382.10| deren Causalität nach der Regel der Zwecke in ihr selbst suchen muß. Daher muß sie ihre Gränze nicht überspringen, um das, dessen Begriffe gar keine Erfahrung angemessen sein kann, und woran man sich allererst nach Vollendung der Naturwissenschaft zu wagen befugt ist, in sie selbst als einheimisches Princip hinein zu ziehen. |382.15| Naturbeschaffenheiten, die sich _a priori_ demonstriren und also ihrer Möglichkeit nach aus allgemeinen Principien ohne allen Beitritt der Erfahrung einsehen lassen, können, ob sie gleich eine technische Zweckmäßigkeit bei sich führen, dennoch, weil sie schlechterdings nothwendig sind, gar nicht zur Teleologie der Natur, als einer in die Physik gehörigen |382.20| Methode die Fragen derselben aufzulösen, gezählt werden. Arithmetische, #307# geometrische Analogieen, imgleichen allgemeine mechanische Gesetze, so sehr uns auch die Vereinigung verschiedener dem Anschein nach von einander ganz unabhängiger Regeln in einem Princip an ihnen befremdend und bewundernswürdig vorkommen mag, enthalten deswegen keinen Anspruch |382.25| darauf, teleologische Erklärungsgründe in der Physik zu sein; und wenn sie gleich in der allgemeinen Theorie der Zweckmäßigkeit der Dinge der Natur überhaupt mit in Betrachtung gezogen zu werden verdienen, so würde diese doch anderwärts hin, nämlich in die Metaphysik, gehören und kein inneres Princip der Naturwissenschaft ausmachen: wie es wohl |382.30| mit den empirischen Gesetzen der Naturzwecke an organisirten Wesen nicht allein erlaubt, sondern auch unvermeidlich ist, die teleologische =Beurtheilungsart= zum Princip der Naturlehre in Ansehung einer eigenen Classe ihrer Gegenstände zu gebrauchen. Damit nun Physik sich genau in ihren Gränzen halte, so abstrahirt |382.35| sie von der Frage, ob die Naturzwecke es =absichtlich= oder =unabsichtlich= sind, gänzlich; denn das würde Einmengung in ein fremdes Geschäft (nämlich das der Metaphysik) sein. Genug, es sind nach Naturgesetzen, die wir uns nur unter der Idee der Zwecke als Princip denken können, einzig und allein =erklärbare= und bloß auf diese Weise ihrer innern Form nach, #308# sogar auch nur innerlich =erkennbare= Gegenstände. Um sich also auch nicht der mindesten Anmaßung, als wollte man etwas, was gar nicht in |383.5| die Physik gehört, nämlich eine übernatürliche Ursache, unter unsere Erkenntnißgründe mischen, verdächtig zu machen: spricht man in der Teleologie zwar von der Natur, als ob die Zweckmäßigkeit in ihr absichtlich sei, aber doch zugleich so, daß man der Natur, d. i. der Materie, diese Absicht beilegt; wodurch man (weil hierüber kein Mißverstand Statt |383.10| finden kann, indem von selbst schon keiner einem leblosen Stoffe Absicht in eigentlicher Bedeutung des Worts beilegen wird) anzeigen will, daß dieses Wort hier nur ein Princip der reflectirenden, nicht der bestimmenden Urtheilskraft bedeute und also keinen besondern Grund der Causalität einführen solle, sondern auch nur zum Gebrauche der Vernunft eine andere |383.15| Art der Nachforschung, als die nach mechanischen Gesetzen ist, hinzufüge, um die Unzulänglichkeit der letzteren selbst zur empirischen Aufsuchung aller besondern Gesetze der Natur zu ergänzen. Daher spricht man in der Teleologie, so fern sie zur Physik gezogen wird, ganz recht von der Weisheit, der Sparsamkeit, der Vorsorge, der Wohlthätigkeit der Natur, ohne |383.20| dadurch aus ihr ein verständiges Wesen zu machen (weil das ungereimt wäre); aber auch ohne sich zu erkühnen, ein anderes, verständiges Wesen über sie als Werkmeister setzen zu wollen, weil dieses vermessen[27] sein #309# würde: sondern es soll dadurch nur eine Art der Causalität der Natur nach einer Analogie mit der unsrigen im technischen Gebrauche der Vernunft |383.25| bezeichnet werden, um die Regel, wornach gewissen Producten der Natur nachgeforscht werden muß, vor Augen zu haben. [27] Das deutsche Wort =vermessen= ist ein gutes, bedeutungsvolles Wort. Ein Urtheil, bei welchem man das Längenmaß seiner Kräfte (des Verstandes) zu überschlagen vergißt, kann bisweilen sehr demüthig klingen und macht doch große Ansprüche und ist doch sehr vermessen. Von der Art sind die meisten, wodurch man die göttliche Weisheit zu erheben vorgiebt, indem man ihr in den Werken der |383.35| Schöpfung und der Erhaltung Absichten unterlegt, die eigentlich der eigenen Weisheit des Vernünftlers Ehre machen sollen. Warum aber macht doch die Teleologie gewöhnlich keinen eigenen Theil der theoretischen Naturwissenschaft aus, sondern wird zur Theologie als Propädeutik oder Übergang gezogen? Dieses geschieht, um das |383.30| Studium der Natur nach ihrem Mechanism an demjenigen fest zu halten, was wir unserer Beobachtung oder den Experimenten so unterwerfen können, daß wir es gleich der Natur wenigstens der Ähnlichkeit der Gesetze nach selbst hervorbringen könnten; denn nur soviel sieht man vollständig ein, als man nach Begriffen selbst machen und zu Stande bringen kann. |384.5| Organisation aber als innerer Zweck der Natur übersteigt unendlich alles Vermögen einer ähnlichen Darstellung durch Kunst: und was äußere für #310# zweckmäßig gehaltene Natureinrichtungen betrifft (z. B. Winde, Regen u. d. gl.), so betrachtet die Physik wohl den Mechanism derselben; aber ihre Beziehung auf Zwecke, so fern diese eine zur Ursache nothwendig gehörige |384.10| Bedingung sein soll, kann sie gar nicht darstellen, weil diese Nothwendigkeit der Verknüpfung gänzlich die Verbindung unserer Begriffe und nicht die Beschaffenheit der Dinge angeht. Zweite Abtheilung. #311# Dialektik der teleologischen Urtheilskraft. § 69. Was eine Antinomie der Urtheilskraft sei. Die =bestimmende= Urtheilskraft hat für sich keine Principien, welche |385.5| =Begriffe von Objecten= gründen. Sie ist keine Autonomie; denn sie =subsumirt= nur unter gegebenen Gesetzen, oder Begriffen, als Principien. Eben darum ist sie auch keiner Gefahr ihrer eigenen Antinomie und keinem Widerstreit ihrer Principien ausgesetzt. So war die transscendentale Urtheilskraft, welche die Bedingungen unter Kategorieen zu subsumiren enthielt, |385.10| für sich nicht =nomothetisch=; sondern nannte nur die Bedingungen der sinnlichen Anschauung, unter welchen einem gegebenen Begriffe, als Gesetze des Verstandes, Realität (Anwendung) gegeben werden kann: worüber sie niemals mit sich selbst in Uneinigkeit (wenigstens den Principien nach) gerathen konnte. |385.15| Allein die =reflectirende= Urtheilskraft soll unter einem Gesetze subsumiren, #312# welches noch nicht gegeben und also in der That nur ein Princip der Reflexion über Gegenstände ist, für die es uns objectiv gänzlich an einem Gesetze mangelt, oder an einem Begriffe vom Object, der zum Princip für vorkommende Fälle hinreichend wäre. Da nun kein Gebrauch |385.20| der Erkenntnißvermögen ohne Principien verstattet werden darf, so wird die reflectirende Urtheilskraft in solchen Fällen ihr selbst zum Princip dienen müssen: welches, weil es nicht objectiv ist und keinen für die Absicht hinreichenden Erkenntnißgrund des Objects unterlegen kann, als bloß subjectives Princip zum zweckmäßigen Gebrauche der Erkenntnißvermögen, |385.25| nämlich über eine Art Gegenstände zu reflectiren, dienen soll. Also hat in Beziehung auf solche Fälle die reflectirende Urtheilskraft ihre Maximen und zwar nothwendige zum Behuf der Erkenntniß der Naturgesetze in der Erfahrung, um vermittelst derselben zu Begriffen zu gelangen, sollten diese auch Vernunftbegriffe sein; wenn sie solcher durchaus bedarf, um die Natur nach ihren empirischen Gesetzen bloß kennen zu lernen. — Zwischen diesen nothwendigen Maximen der reflectirenden Urtheilskraft kann nun ein Widerstreit, mithin eine Antinomie Statt |386.5| finden, worauf sich eine Dialektik gründet, die, wenn jede von zwei einander widerstreitenden Maximen in der Natur der Erkenntnißvermögen ihren Grund hat, eine natürliche Dialektik genannt werden kann und ein #313# unvermeidlicher Schein, den man in der Kritik entblößen und auflösen muß, damit er nicht betrüge. |386.10| § 70. Vorstellung dieser Antinomie. So fern die Vernunft es mit der Natur als Inbegriff der Gegenstände äußerer Sinne zu thun hat, kann sie sich auf Gesetze gründen, die der Verstand theils selbst _a priori_ der Natur vorschreibt, theils durch die |386.15| in der Erfahrung vorkommenden empirischen Bestimmungen ins Unabsehliche erweitern kann. Zur Anwendung der erstern Art von Gesetzen, nämlich der =allgemeinen= der materiellen Natur überhaupt, braucht die Urtheilskraft kein besonderes Princip der Reflexion; denn da ist sie bestimmend, weil ihr ein objectives Princip durch den Verstand gegeben |386.20| ist. Aber was die besondern Gesetze betrifft, die uns nur durch Erfahrung kund werden können, so kann unter ihnen eine so große Mannigfaltigkeit und Ungleichartigkeit sein, daß die Urtheilskraft sich selbst zum Princip dienen muß, um auch nur in den Erscheinungen der Natur nach einem Gesetze zu forschen und es auszuspähen, indem sie ein solches zum Leitfaden |386.25| bedarf, wenn sie ein zusammenhängendes Erfahrungserkenntniß nach einer durchgängigen Gesetzmäßigkeit der Natur, die Einheit derselben nach empirischen Gesetzen, auch nur hoffen soll. Bei dieser zufälligen Einheit der besonderen Gesetze kann es sich nun zutragen: daß #314# die Urtheilskraft in ihrer Reflexion von zwei Maximen ausgeht, deren |386.30| eine ihr der bloße Verstand _a priori_ an die Hand giebt; die andere aber durch besondere Erfahrungen veranlaßt wird, welche die Vernunft ins Spiel bringen, um nach einem besondern Princip die Beurtheilung der körperlichen Natur und ihrer Gesetze anzustellen. Da trifft es sich dann, daß diese zweierlei Maximen nicht wohl neben einander bestehen zu |386.35| können den Anschein haben, mithin sich eine Dialektik hervorthut, welche die Urtheilskraft in dem Princip ihrer Reflexion irre macht. =Die erste Maxime= derselben ist der =Satz=: Alle Erzeugung materieller Dinge und ihrer Formen muß als nach bloß mechanischen Gesetzen möglich beurtheilt werden. |387.5| =Die zweite Maxime= ist der =Gegensatz=: Einige Producte der materiellen Natur können nicht als nach bloß mechanischen Gesetzen möglich beurtheilt werden (ihre Beurtheilung erfordert ein ganz anderes Gesetz der Causalität, nämlich das der Endursachen). Wenn man diese regulativen Grundsätze für die Nachforschung nun |387.10| in constitutive der Möglichkeit der Objecte selbst verwandelte, so würden sie so lauten: =Satz=: Alle Erzeugung materieller Dinge ist nach bloß mechanischen Gesetzen möglich. =Gegensatz=: Einige Erzeugung derselben ist nach bloß mechanischen |387.15| #315# Gesetzen nicht möglich. In dieser letzteren Qualität, als objective Principien für die bestimmende Urtheilskraft, würden sie einander widersprechen, mithin einer von beiden Sätzen nothwendig falsch sein; aber das wäre alsdann zwar eine Antinomie, doch nicht der Urtheilskraft, sondern ein Widerstreit in |387.20| der Gesetzgebung der Vernunft. Die Vernunft kann aber weder den einen noch den andern dieser Grundsätze beweisen: weil wir von Möglichkeit der Dinge nach bloß empirischen Gesetzen der Natur kein bestimmendes Princip _a priori_ haben können. Was dagegen die zuerst vorgetragene Maxime einer reflectirenden |387.25| Urtheilskraft betrifft, so enthält sie in der That gar keinen Widerspruch. Denn wenn ich sage: ich muß alle Ereignisse in der materiellen Natur, mithin auch alle Formen als Producte derselben ihrer Möglichkeit nach nach bloß mechanischen Gesetzen =beurtheilen=, so sage ich damit nicht: sie =sind darnach allein= (ausschließungsweise von jeder andern Art |387.30| Causalität) =möglich=; sondern das will nur anzeigen: ich =soll= jederzeit über dieselben =nach dem Princip= des bloßen Mechanisms der Natur =reflectiren= und mithin diesem, soweit ich kann, nachforschen, weil, ohne ihn zum Grunde der Nachforschung zu legen, es gar keine eigentliche Naturerkenntniß geben kann. Dieses hindert nun die zweite Maxime bei |387.35| gelegentlicher Veranlassung nicht, nämlich bei einigen Naturformen (und #316# auf deren Veranlassung sogar der ganzen Natur), nach einem Princip zu spüren und über sie zu reflectiren, welches von der Erklärung nach dem Mechanism der Natur ganz verschieden ist, nämlich dem Princip der Endursachen. Denn die Reflexion nach der ersten Maxime wird dadurch nicht aufgehoben, vielmehr wird es geboten, sie, so weit man kann, zu verfolgen; auch wird dadurch nicht gesagt, daß nach dem Mechanism der |388.5| Natur jene Formen nicht möglich wären. Nur wird behauptet, daß =die menschliche Vernunft= in Befolgung derselben und auf diese Art niemals von dem, was das Specifische eines Naturzwecks ausmacht, den mindesten Grund, wohl aber andere Erkenntnisse von Naturgesetzen wird auffinden können; wobei es als unausgemacht dahin gestellt wird, ob |388.10| nicht in dem uns unbekannten inneren Grunde der Natur selbst die physisch-mechanische und die Zweckverbindung an denselben Dingen in einem Princip zusammen hängen mögen: nur daß unsere Vernunft sie in einem solchen nicht zu vereinigen im Stande ist, und die Urtheilskraft also als (aus einem subjectiven Grunde) =reflectirende=, nicht als (einem |388.15| objectiven Princip der Möglichkeit der Dinge an sich zufolge) bestimmende Urtheilskraft genöthigt ist, für gewisse Formen in der Natur ein anderes Princip, als das des Naturmechanisms zum Grunde ihrer Möglichkeit zu denken. § 71. |388.20| #317# Vorbereitung zur Auflösung obiger Antinomie. Wir können die Unmöglichkeit der Erzeugung der organisirten Naturproducte durch den bloßen Mechanism der Natur keineswegs beweisen, weil wir die unendliche Mannigfaltigkeit der besondern Naturgesetze, die für uns zufällig sind, da sie nur empirisch erkannt werden, ihrem ersten |388.25| innern Grunde nach nicht einsehen und so das innere, durchgängig zureichende Princip der Möglichkeit einer Natur (welches im Übersinnlichen liegt) schlechterdings nicht erreichen können. Ob also das productive Vermögen der Natur auch für dasjenige, was wir als nach der Idee von Zwecken geformt oder verbunden beurtheilen, nicht eben so gut als für das, |388.30| wozu wir bloß ein Maschinenwesen der Natur zu bedürfen glauben, zulange; und ob in der That für Dinge als eigentliche Naturzwecke (wie wir sie nothwendig beurtheilen müssen) eine ganz andere Art von ursprünglicher Causalität, die gar nicht in der materiellen Natur oder ihrem intelligibelen Substrat enthalten sein kann, nämlich ein architektonischer Verstand, zum |388.35| Grunde liege: darüber kann unsere in Ansehung des Begriffs der Causalität, wenn er _a priori_ specificirt werden soll, sehr enge eingeschränkte Vernunft schlechterdings keine Auskunft geben. — Aber daß respectiv auf unser Erkenntnißvermögen der bloße Mechanism der Natur für die Erzeugung #318# organisirter Wesen auch keinen Erklärungsgrund abgeben könne, |389.5| ist eben so ungezweifelt gewiß. =Für die reflectirende Urtheilskraft= ist also das ein ganz richtiger Grundsatz: daß für die so offenbare Verknüpfung der Dinge nach Endursachen eine vom Mechanism unterschiedene Causalität, nämlich einer nach Zwecken handelnden (verständigen) Weltursache, gedacht werden müsse; so übereilt und unerweislich er auch |389.10| =für die bestimmende sein= würde. In dem ersteren Falle ist er bloße Maxime der Urtheilskraft, wobei der Begriff jener Causalität eine bloße Idee ist, der man keinesweges Realität zuzugestehen unternimmt, sondern sie nur zum Leitfaden der Reflexion braucht, die dabei für alle mechanische Erklärungsgründe immer offen bleibt und sich nicht aus der Sinnenwelt |389.15| verliert; im zweiten Falle würde der Grundsatz ein objectives Princip sein, das die Vernunft vorschriebe und dem die Urtheilskraft sich bestimmend unterwerfen müßte, wobei sie aber über die Sinnenwelt hinaus sich ins Überschwengliche verliert und vielleicht irre geführt wird. Aller Anschein einer Antinomie zwischen den Maximen der eigentlich |389.20| physischen (mechanischen) und der teleologischen (technischen) Erklärungsart beruht also darauf: daß man einen Grundsatz der reflectirenden Urtheilskraft mit dem der bestimmenden und die =Autonomie= der ersteren (die bloß subjectiv für unsern Vernunftgebrauch in Ansehung der besonderen #319# Erfahrungsgesetze gilt) mit der =Heteronomie= der anderen, welche |389.25| sich nach den von dem Verstande gegebenen (allgemeinen oder besondern) Gesetzen richten muß, verwechselt. § 72. Von den mancherlei Systemen über die Zweckmäßigkeit der Natur. |389.30| Die Richtigkeit des Grundsatzes, daß über gewisse Dinge der Natur (organisirte Wesen) und ihre Möglichkeit nach dem Begriffe von Endursachen geurtheilt werden müsse, selbst auch nur wenn man, um ihre Beschaffenheit durch Beobachtung kennen zu lernen, einen =Leitfaden= verlangt, ohne sich bis zur Untersuchung über ihren ersten Ursprung zu |389.35| versteigen, hat noch niemand bezweifelt. Die Frage kann also nur sein: ob dieser Grundsatz bloß subjectiv gültig, d. i. bloß Maxime unserer Urtheilskraft, oder ein objectives Princip der Natur sei, nach welchem ihr außer ihrem Mechanism (nach bloßen Bewegungsgesetzen) noch eine andere Art von Causalität zukomme, nämlich die der Endursachen, |390.5| unter denen jene (die bewegenden Kräfte) nur als Mittelursachen ständen. Nun könnte man diese Frage oder Aufgabe für die Speculation gänzlich unausgemacht und unaufgelöset lassen: weil, wenn wir uns mit der letzteren innerhalb den Gränzen der bloßen Naturerkenntniß begnügen, wir an jenen Maximen genug haben, um die Natur, so weit als menschliche |390.10| #320# Kräfte reichen, zu studiren und ihren verborgensten Geheimnissen nachzuspüren. Es ist also wohl eine gewisse Ahnung unserer Vernunft, oder ein von der Natur uns gleichsam gegebener Wink, daß wir vermittelst jenes Begriffs von Endursachen wohl gar über die Natur hinauslangen und sie selbst an den höchsten Punkt in der Reihe der Ursachen |390.15| knüpfen könnten, wenn wir die Nachforschung der Natur (ob wir gleich darin noch nicht weit gekommen sind) verließen, oder wenigstens einige Zeit aussetzten und vorher, worauf jener Fremdling in der Naturwissenschaft, nämlich der Begriff der Naturzwecke, führe, zu erkunden versuchten. |390.20| Hier müßte nun freilich jene unbestrittene Maxime in die ein weites Feld zu Streitigkeiten eröffnende Aufgabe übergehen: ob die Zweckverknüpfnug in der Natur eine besondere Art der Causalität für dieselbe =beweise=; oder ob sie, an sich und nach objectiven Principien betrachtet, nicht vielmehr mit dem Mechanism der Natur einerlei sei, oder auf einem |390.25| und demselben Grunde beruhe: nur daß wir, da dieser für unsere Nachforschung in manchen Naturproducten oft zu tief versteckt ist, es mit einem subjectiven Princip, nämlich dem der Kunst, d. i. der Causalität nach Ideen, versuchen, um sie der Natur der Analogie nach unterzulegen; welche Nothülfe uns auch in vielen Fällen gelingt, in einigen zwar zu |390.30| mißlingen scheint, auf alle Fälle aber nicht berechtigt, eine besondere, von #321# der Causalität nach bloß mechanischen Gesetzen der Natur selbst unterschiedene Wirkungsart in die Naturwissenschaft einzuführen. Wir wollen, indem wir das Verfahren (die Causalität) der Natur wegen des Zweckähnlichen, welches wir in ihren Producten finden, Technik nennen, diese |390.35| in die =absichtliche= (_technica intentionalis_) und in die =unabsichtliche= (_technica naturalis_) eintheilen. Die erste soll bedeuten: daß das productive Vermögen der Natur nach Endursachen für eine besondere Art von Causalität gehalten werden müsse; die zweite: daß sie mit dem Mechanism der Natur im Grunde ganz einerlei sei, und das zufällige Zusammentreffen mit unseren Kunstbegriffen und ihren Regeln, als bloß subjective Bedingung sie zu beurtheilen, fälschlich für eine besondere Art der Naturerzeugung |391.5| ausgedeutet werde. Wenn wir jetzt von den Systemen der Naturerklärung in Ansehung der Endursachen reden, so muß man wohl bemerken: daß sie insgesammt dogmatisch, d. i. über objective Principien der Möglichkeit der Dinge, es sei durch absichtlich oder lauter unabsichtlich wirkende Ursachen, unter einander |391.10| streitig sind, nicht aber etwa über die subjective Maxime, über die Ursache solcher zweckmäßigen Producte bloß zu urtheilen: in welchem letztern Falle =disparate= Principien noch wohl vereinigt werden könnten, anstatt daß im ersteren =contradictorisch-entgegengesetzte= einander #322# aufheben und neben sich nicht bestehen können. |391.15| Die Systeme in Ansehung der Technik der Natur, d. i. ihrer productiven Kraft nach der Regel der Zwecke, sind zwiefach: des =Idealismus=, oder des =Realismus= der Naturzwecke. Der erstere ist die Behauptung: daß alle Zweckmäßigkeit der Natur =unabsichtlich=; der zweite: daß einige derselben (in organisirten Wesen) =absichtlich= sei; woraus denn auch die |391.20| als Hypothese gegründete Folge gezogen werden könnte, daß die Technik der Natur, auch was alle andere Producte derselben in Beziehung auf das Naturganze betrifft, absichtlich, d. i. Zweck, sei. 1) Der =Idealism= der Zweckmäßigkeit (ich verstehe hier immer die objective) ist nun entweder der der =Casualität=, oder der =Fatalität= |391.25| der Naturbestimmung in der zweckmäßigen Form ihrer Producte. Das erstere Princip betrifft die Beziehung der Materie auf den physischen Grund ihrer Form, nämlich die Bewegungsgesetze; das zweite auf ihren und der ganzen Natur =hyperphysischen= Grund. Das System der =Casualität=, welches dem Epikur oder Demokritus beigelegt wird, ist, |391.30| nach dem Buchstaben genommen, so offenbar ungereimt, daß es uns nicht aufhalten darf; dagegen ist das System der Fatalität (wovon man den Spinoza zum Urheber macht, ob es gleich allem Ansehen nach viel älter ist), welches sich auf etwas Übersinnliches beruft, wohin also unsere Einsicht #323# nicht reicht, so leicht nicht zu widerlegen: darum weil sein Begriff |391.35| von dem Urwesen gar nicht zu verstehen ist. So viel ist aber klar: daß die Zweckverbindung in der Welt in demselben als unabsichtlich angenommen werden muß (weil sie von einem Urwesen, aber nicht von seinem Verstande, mithin keiner Absicht desselben, sondern aus der Nothwendigkeit seiner Natur und der davon abstammenden Welteinheit abgeleitet wird), mithin der Fatalismus der Zweckmäßigkeit zugleich ein Idealism derselben ist. |392.5| 2) Der =Realism= der Zweckmäßigkeit der Natur ist auch entweder physisch oder hyperphysisch. Der =erste= gründet die Zwecke in der Natur auf dem Analogon eines nach Absicht handelnden Vermögens, dem =Leben der Materie= (in ihr, oder auch durch ein belebendes inneres Princip, eine Weltseele) und heißt der =Hylozoism=. Der =zweite= leitet sie von dem |392.10| Urgrunde des Weltalls, als einem mit Absicht hervorbringenden (ursprünglich lebenden) verständigen Wesen ab und ist der =Theism=.[28] [28] Man sieht hieraus: daß in den meisten speculativen Dingen der reinen Vernunft, |392.25| was die dogmatischen Behauptungen betrifft, die philosophischen Schulen gemeiniglich alle Auflösungen, die über eine gewisse Frage möglich sind, versucht haben. So hat man über die Zweckmäßigkeit der Natur bald entweder die =leblose Materie=, oder einen =leblosen Gott=, bald eine =lebende Materie=, oder auch einen =lebendigen Gott= zu diesem Behufe versucht. Für uns bleibt nichts |392.30| übrig, als, wenn es Noth thun sollte, von allen diesen =objectiven Behauptungen= abzugehen und unser Urtheil bloß in Beziehung auf unsere Erkenntnißvermögen =kritisch= zu erwägen, um ihrem Princip eine, wo nicht dogmatische, doch zum sichern Vernunftgebrauch hinreichende Gültigkeit einer Maxime zu verschaffen. |392.35| § 73. #324# Keines der obigen Systeme leistet das, was es vorgiebt. Was wollen alle jene Systeme? Sie wollen unsere teleologischen |392.15| Urtheile über die Natur erklären und gehen damit so zu Werke, daß ein Theil die Wahrheit derselben läugnet, mithin sie für einen Idealism der Natur (als Kunst vorgestellt) erklärt; der andere Theil sie als wahr anerkennt und die Möglichkeit einer Natur nach der Idee der Endursachen darzuthun verspricht. |392.20| 1) Die für den Idealism der Endursachen in der Natur streitenden Systeme lassen nun einerseits zwar an dem Princip derselben eine Causalität nach Bewegungsgesetzen zu (durch welche die Naturdinge zweckmäßig existiren); aber sie läugnen an ihr die =Intentionalität=, d. i. daß sie absichtlich zu dieser ihrer zweckmäßigen Hervorbringung bestimmt, oder mit anderen Worten ein Zweck die Ursache sei. Dieses ist die Erklärungsart Epikurs, nach welcher der Unterschied einer Technik der Natur von der bloßen Mechanik gänzlich abgeläugnet wird, und nicht allein für die Übereinstimmung der erzeugten Producte mit unsern Begriffen vom |393.5| #325# Zwecke, mithin für die Technik, sondern selbst für die Bestimmung der Ursachen dieser Erzeugung nach Bewegungsgesetzen, mithin ihre Mechanik der blinde Zufall zum Erklärungsgrunde angenommen, also nichts, auch nicht einmal der Schein in unserm teleologischen Urtheile erklärt, mithin der vorgebliche Idealism in demselben keineswegs dargethan wird. |393.10| Andererseits will =Spinoza= uns aller Nachfrage nach dem Grunde der Möglichkeit der Zwecke der Natur dadurch überheben und dieser Idee alle Realität nehmen, daß er sie überhaupt nicht für Producte, sondern für einem Urwesen inhärirende Accidenzen gelten läßt und diesem Wesen, als Substrat jener Naturdinge, in Ansehung derselben nicht Causalität, |393.15| sondern bloß Subsistenz beilegt und (wegen der unbedingten Nothwendigkeit desselben sammt allen Naturdingen, als ihm inhärirenden Accidenzen) den Naturformen zwar die Einheit des Grundes, die zu aller Zweckmäßigkeit erforderlich ist, sichert, aber zugleich die Zufälligkeit derselben, ohne die keine =Zweckeinheit= gedacht werden kann, entreißt und |393.20| mit ihr alles =Absichtliche=, so wie dem Urgrunde der Naturdinge allen Verstand wegnimmt. Der Spinozism leistet aber das nicht, was er will. Er will einen Erklärungsgrund der Zweckverknüpfung (die er nicht läugnet) der Dinge der Natur angeben und nennt bloß die Einheit des Subjects, dem sie alle |393.25| inhäriren. Aber wenn man ihm auch diese Art zu existiren für die Weltwesen #326# einräumt, so ist doch jene ontologische Einheit darum noch nicht sofort =Zweckeinheit= und macht diese keinesweges begreiflich. Die letztere ist nämlich eine ganz besondere Art derselben, die aus der Verknüpfung der Dinge (Weltwesen) in einem Subjecte (dem Urwesen) gar nicht folgt, |393.30| sondern durchaus die Beziehung auf eine =Ursache=, die Verstand hat, bei sich führt und selbst, wenn man alle diese Dinge in einem einfachen Subjecte vereinigte, doch niemals eine Zweckbeziehung darstellt: wofern man unter ihnen nicht erstlich innere =Wirkungen= der Substanz als einer =Ursache=, zweitens eben derselben als Ursache =durch ihren Verstand= |393.35| denkt. Ohne diese formalen Bedingungen ist alle Einheit bloße Naturnothwendigkeit und, wird sie gleichwohl Dingen beigelegt, die wir als außer einander vorstellen, blinde Nothwendigkeit. Will man aber das, was die Schule die transscendentale Vollkommenheit der Dinge (in Beziehung auf ihr eigenes Wesen) nennt, nach welcher alle Dinge alles an sich haben, was erfordert wird, um so ein Ding und kein anderes zu sein, Zweckmäßigkeit der Natur nennen: so ist das ein kindisches Spielwerk |394.5| mit Worten statt Begriffen. Denn wenn alle Dinge als Zwecke gedacht werden müssen, also ein Ding sein und Zweck sein einerlei ist, so giebt es im Grunde nichts, was besonders als Zweck vorgestellt zu werden verdiente. Man sieht hieraus wohl: daß Spinoza dadurch, daß er unsere Begriffe |394.10| #327# von dem Zweckmäßigen in der Natur auf das Bewußtsein unserer selbst in einem allbefassenden (doch zugleich einfachen) Wesen zurückführte und jene Form bloß in der Einheit des letzern suchte, nicht den Realism, sondern bloß den Idealism der Zweckmäßigkeit derselben zu behaupten die Absicht haben mußte, diese aber selbst doch nicht bewerkstelligen konnte, |394.15| weil die bloße Vorstellung der Einheit des Substrats auch nicht einmal die Idee von einer auch nur unabsichtlichen Zweckmäßigkeit bewirken kann. 2) Die, welche den =Realism= der Naturzwecke nicht bloß behaupten, sondern ihn auch zu erklären vermeinen, glauben eine besondere Art der Causalität, nämlich absichtlich wirkender Ursachen, wenigstens ihrer Möglichkeit |394.20| nach einsehen zu können; sonst könnten sie es nicht unternehmen jene erklären zu wollen. Denn zur Befugniß selbst der gewagtesten Hypothese muß wenigstens die =Möglichkeit= dessen, was man als Grund annimmt, =gewiß= sein, und man muß dem Begriffe desselben seine objective Realität sichern können. |394.25| Aber die Möglichkeit einer lebenden Materie (deren Begriff einen Widerspruch enthält, weil Leblosigkeit, _inertia_, den wesentlichen Charakter derselben ausmacht) läßt sich nicht einmal denken; die einer belebten Materie und der gesammten Natur, als eines Thiers, kann nur sofern (zum Behuf einer Hypothese der Zweckmäßigkeit im Großen der Natur) dürftiger |394.30| #328# Weise gebraucht werden, als sie uns an der Organisation derselben im Kleinen in der Erfahrung offenbart wird, keinesweges aber _a priori_ ihrer Möglichkeit nach eingesehen werden. Es muß also ein Cirkel im Erklären begangen werden, wenn man die Zweckmäßigkeit der Natur an organisirten Wesen aus dem Leben der Materie ableiten will und dieses |394.35| Leben wiederum nicht anders als in organisirten Wesen kennt, also ohne dergleichen Erfahrung sich keinen Begriff von der Möglichkeit derselben machen kann. Der Hylozoism leistet also das nicht, was er verspricht. Der =Theism= kann endlich die Möglichkeit der Naturzwecke als einen Schlüssel zur Teleologie eben so wenig dogmatisch begründen; ob er zwar vor allen Erklärungsgründen derselben darin den Vorzug hat, daß er durch |395.5| einen Verstand, den er dem Urwesen beilegt, die Zweckmäßigkeit der Natur dem Idealism am besten entreißt und eine absichtliche Causalität für die Erzeugung derselben einführt. Denn da müßte allererst, für die bestimmende Urtheilskraft hinreichend, die Unmöglichkeit der Zweckeinheit in der Materie durch den |395.10| bloßen Mechanism derselben bewiesen werden, um berechtigt zu sein den Grund derselben über die Natur hinaus auf bestimmte Weise zu setzen. Wir können aber nichts weiter herausbringen, als daß nach der Beschaffenheit und den Schranken unserer Erkenntnißvermögen (indem wir den ersten, inneren Grund selbst dieses Mechanisms nicht einsehen) wir |395.15| #329# auf keinerlei Weise in der Materie ein Princip bestimmter Zweckbeziehungen suchen müssen, sondern für uns keine andere Beurtheilungsart der Erzeugung ihrer Producte als Naturzwecke übrig bleibe, als die durch einen obersten Verstand als Weltursache. Das ist aber nur ein Grund für die reflectirende, nicht für die bestimmende Urtheilskraft und kann |395.20| schlechterdings zu keiner objectiven Behauptung berechtigen. § 74. Die Ursache der Unmöglichkeit, den Begriff einer Technik der Natur dogmatisch zu behandeln, ist die Unerklärlichkeit eines Naturzwecks. |395.25| Wir verfahren mit einem Begriffe (wenn er gleich empirisch bedingt sein sollte) dogmatisch, wenn wir ihn als unter einem anderen Begriffe des Objects, der ein Princip der Vernunft ausmacht, enthalten betrachten und ihn diesem gemäß bestimmen. Wir verfahren aber mit ihm bloß kritisch, wenn wir ihn nur in Beziehung auf unser Erkenntnißvermögen, |395.30| mithin auf die subjectiven Bedingungen ihn zu denken betrachten, ohne es zu unternehmen über sein Object etwas zu entscheiden. Das dogmatische Verfahren mit einem Begriffe ist also dasjenige, welches für die bestimmende, das kritische das, welches bloß für die reflectirende Urtheilskraft gesetzmäßig ist. |395.35| Nun ist der Begriff von einem Dinge als Naturzwecke ein Begriff, #330# der die Natur unter eine Causalität, die nur durch Vernunft denkbar ist, subsumirt, um nach diesem Princip über das, was vom Objecte in der Erfahrung gegeben ist, zu urtheilen. Um ihn aber dogmatisch für die bestimmende Urtheilskraft zu gebrauchen, müßten wir der objectiven Realität |396.5| dieses Begriffs zuvor versichert sein, weil wir sonst kein Naturding unter ihm subsumiren könnten. Der Begriff eines Dinges als Naturzwecks ist aber zwar ein empirisch bedingter, d. i. nur unter gewissen in der Erfahrung gegebenen Bedingungen möglicher, aber doch von derselben nicht zu abstrahirender, sondern nur nach einem Vernunftprincip |396.10| in der Beurtheilung des Gegenstandes möglicher Begriff. Er kann also als ein solches Princip seiner objectiven Realität nach (d. i. daß ihm gemäß ein Object möglich sei) gar nicht eingesehen und dogmatisch begründet werden; und wir wissen nicht, ob er bloß ein vernünftelnder und objectiv leerer (_conceptus ratiocinans_), oder ein Vernunftbegriff, ein Erkenntniß |396.15| gründender, von der Vernunft bestätigter (_conceptus ratiocinatus_), sei. Also kann er nicht dogmatisch für die bestimmende Urtheilskraft behandelt werden: d. i. es kann nicht allein nicht ausgemacht werden, ob Dinge der Natur, als Naturzwecke betrachtet, für ihre Erzeugung eine Causalität von ganz besonderer Art (die nach Absichten) erfordern, oder nicht; sondern |396.20| es kann auch nicht einmal darnach gefragt werden, weil der Begriff eines #331# Naturzwecks seiner objectiven Realität nach durch die Vernunft gar nicht erweislich ist (d. i. er ist nicht für die bestimmende Urtheilskraft constitutiv, sondern für die reflectirende bloß regulativ). Daß er es aber nicht sei, ist daraus klar, weil er als Begriff von |396.25| einem =Naturproduct= Naturnothwendigkeit und doch zugleich eine Zufälligkeit der Form des Objects (in Beziehung auf bloße Gesetze der Natur) an eben demselben Dinge als Zweck in sich faßt; folglich, wenn hierin kein Widerspruch sein soll, einen Grund für die Möglichkeit des Dinges in der Natur und doch auch einen Grund der Möglichkeit dieser Natur |396.30| selbst und ihrer Beziehung auf etwas, das nicht empirisch erkennbare Natur (übersinnlich), mithin für uns gar nicht erkennbar ist, enthalten muß, um nach einer andern Art Causalität als der des Naturmechanisms beurtheilt zu werden, wenn man seine Möglichkeit ausmachen will. Da also der Begriff eines Dinges als Naturzwecks =für die bestimmende |396.35| Urtheilskraft= überschwenglich ist, wenn man das Object durch die Vernunft betrachtet (ob er zwar für die reflectirende Urtheilskraft in Ansehung der Gegenstände der Erfahrung immanent sein mag), mithin ihm für bestimmende Urtheile die objective Realität nicht verschafft werden kann: so ist hieraus begreiflich, wie alle Systeme, die man für die dogmatische Behandlung des Begriffs der Naturzwecke und der Natur, als #332# eines durch Endursachen zusammenhängenden Ganzen, nur immer entwerfen |397.5| mag, weder objectiv bejahend, noch objectiv verneinend irgend etwas entscheiden können; weil, wenn Dinge unter einem Begriffe, der bloß problematisch ist, subsumirt werden, die synthetischen Prädicate desselben (z. B. hier: ob der Zweck der Natur, den wir uns zu der Erzeugung der Dinge denken, absichtlich oder unabsichtlich sei) eben solche |397.10| (problematische) Urtheile, sie mögen nun bejahend oder verneinend sein, vom Object abgeben müssen, indem man nicht weiß, ob man über Etwas oder Nichts urtheilt. Der Begriff einer Causalität durch Zwecke (der Kunst) hat allerdings objective Realität, der einer Causalität nach dem Mechanism der Natur eben sowohl. Aber der Begriff einer Causalität |397.15| der Natur nach der Regel der Zwecke, noch mehr aber eines Wesens, dergleichen uns gar nicht in der Erfahrung gegeben werden kann, nämlich eines solchen als Urgrundes der Natur, kann zwar ohne Widerspruch gedacht werden, aber zu dogmatischen Bestimmungen doch nicht taugen: weil ihm, da er nicht aus der Erfahrung gezogen werden kann, auch zur |397.20| Möglichkeit derselben nicht erforderlich ist, seine objective Realität durch nichts gesichert werden kann. Geschähe dieses aber auch, wie kann ich Dinge, die für Producte göttlicher Kunst bestimmt angegeben werden, noch unter Producte der Natur zählen, deren Unfähigkeit, dergleichen nach ihren #333# Gesetzen hervorzubringen, eben die Berufung auf eine von ihr unterschiedene |397.25| Ursache nothwendig machte? § 75. Der Begriff einer objectiven Zweckmäßigkeit der Natur ist ein kritisches Princip der Vernunft für die reflectirende Urtheilskraft. |397.30| Es ist doch etwas ganz Anderes, ob ich sage: die Erzeugung gewisser Dinge der Natur, oder auch der gesammten Natur ist nur durch eine Ursache, die sich nach Absichten zum Handeln bestimmt, möglich; oder ich kann =nach der eigenthümlichen Beschaffenheit meiner Erkenntnißvermögen= über die Möglichkeit jener Dinge und ihre |397.35| Erzeugung nicht anders urtheilen, als wenn ich mir zu dieser eine Ursache, die nach Absichten wirkt, mithin ein Wesen denke, welches nach der Analogie mit der Causalität eines Verstandes productiv ist. Im ersteren Falle will ich etwas über das Object ausmachen und bin verbunden, die objective Realität eines angenommenen Begriffs darzuthun; im zweiten |398.5| bestimmt die Vernunft nur den Gebrauch meiner Erkenntnißvermögen angemessen ihrer Eigenthümlichkeit und den wesentlichen Bedingungen ihres Umfanges sowohl, als ihrer Schranken. Also ist das erste Princip ein =objectiver= Grundsatz für die bestimmende, das zweite ein subjectiver Grundsatz bloß für die reflectirende Urtheilskraft, mithin eine Maxime |398.10| #334# derselben, die ihr die Vernunft auferlegt. Wir haben nämlich unentbehrlich nöthig, der Natur den Begriff einer Absicht unterzulegen, wenn wir ihr auch nur in ihren organisirten Producten durch fortgesetzte Beobachtung nachforschen wollen; und dieser Begriff ist also schon für den Erfahrungsgebrauch unserer Vernunft eine |398.15| schlechterdings nothwendige Maxime. Es ist offenbar: daß, da einmal ein solcher Leitfaden die Natur zu studiren aufgenommen und bewährt gefunden ist, wir die gedachte Maxime der Urtheilskraft auch am Ganzen der Natur wenigstens versuchen müssen, weil sich nach derselben noch manche Gesetze derselben dürften auffinden lassen, die uns nach der Beschränkung |398.20| unserer Einsichten in das Innere des Mechanisms derselben sonst verborgen bleiben würden. Aber in Ansehung des letztern Gebrauchs ist jene Maxime der Urtheilskraft zwar nützlich, aber nicht unentbehrlich, weil uns die Natur im Ganzen als organisirt (in der oben angeführten engsten Bedeutung des Worts) nicht gegeben ist. Hingegen in Ansehung |398.25| der Producte derselben, welche nur als absichtlich so und nicht anders geformt müssen beurtheilt werden, um auch nur eine Erfahrungserkenntniß ihrer innern Beschaffenheit zu bekommen, ist jene Maxime der reflectirenden Urtheilskraft wesentlich nothwendig: weil selbst der Gedanke von ihnen als organisirten Dingen, ohne den Gedanken einer Erzeugung mit |398.30| #335# Absicht damit zu verbinden, unmöglich ist. Nun ist der Begriff eines Dinges, dessen Existenz oder Form wir uns unter der Bedingung eines Zwecks als möglich vorstellen, mit dem Begriffe einer Zufälligkeit desselben (nach Naturgesetzen) unzertrennlich verbunden. Daher machen auch die Naturdinge, welche wir nur als |398.35| Zwecke möglich finden, den vornehmsten Beweis für die Zufälligkeit des Weltganzen aus und sind der einzige für den gemeinen Verstand eben sowohl als den Philosophen geltende Beweisgrund der Abhängigkeit und des Ursprungs desselben von einem außer der Welt existirenden und zwar (um jener zweckmäßigen Form willen) verständigen Wesen: daß also die Teleologie keine Vollendung des Aufschlusses für ihre Nachforschungen, als in einer Theologie findet. |399.5| Was beweiset nun aber am Ende auch die allervollständigste Teleologie? Beweiset sie etwa, daß ein solches verständiges Wesen da sei? Nein; nichts weiter, als daß wir nach Beschaffenheit unserer Erkenntnißvermögen, also in Verbindung der Erfahrung mit den obersten Principien der Vernunft, uns schlechterdings keinen Begriff von der Möglichkeit einer |399.10| solchen Welt machen können, als so, daß wir uns eine =absichtlich-wirkende= oberste Ursache derselben denken. Objectiv können wir also nicht den Satz darthun: es ist ein verständiges Urwesen; sondern nur subjectiv für den Gebrauch unserer Urtheilskraft in ihrer Reflexion über die Zwecke #336# in der Natur, die nach keinem anderen Princip als dem einer absichtlichen |399.15| Causalität einer höchsten Ursache gedacht werden können. Wollten wir den obersten Satz dogmatisch, aus teleologischen Gründen, darthun: so würden wir von Schwierigkeiten befangen werden, aus denen wir uns nicht herauswickeln könnten. Denn da würde diesen Schlüssen der Satz zum Grunde gelegt werden müssen: die organisirten |399.20| Wesen in der Welt sind nicht anders, als durch eine absichtlich-wirkende Ursache möglich. Daß aber, weil wir diese Dinge nur unter der Idee der Zwecke in ihrer Causalverbindung verfolgen und diese nach ihrer Gesetzmäßigkeit erkennen können, wir auch berechtigt wären, eben dieses auch für jedes denkende und erkennende Wesen als nothwendige, mithin dem |399.25| Objecte und nicht bloß unserm Subjecte anhängende Bedingung vorauszusetzen: das müßten wir hiebei unvermeidlich behaupten wollen. Aber mit einer solchen Behauptung kommen wir nicht durch. Denn da wir die Zwecke in der Natur als absichtliche eigentlich nicht =beobachten=, sondern nur in der Reflexion über ihre Producte diesen Begriff als einen |399.30| Leitfaden der Urtheilskraft hinzu =denken=: so sind sie uns nicht durch das Object gegeben. _A priori_ ist es sogar für uns unmöglich, einen solchen Begriff seiner objectiven Realität nach als annehmungsfähig zu rechtfertigen. Es bleibt also schlechterdings ein nur auf subjectiven Bedingungen, #337# nämlich der unseren Erkenntnißvermögen angemessen reflectirenden |399.35| Urtheilskraft, beruhender Satz, der, wenn man ihn als objectiv-dogmatisch geltend ausdrückte, heißen würde: Es ist ein Gott; nun aber für uns Menschen nur die eingeschränkte Formel erlaubt: Wir können uns die Zweckmäßigkeit, die selbst unserer Erkenntniß der inneren Möglichkeit vieler Naturdinge zum Grunde gelegt werden muß, gar nicht anders denken und begreiflich machen, als indem wir sie und überhaupt die Welt uns als ein Product einer verständigen Ursache (eines Gottes) vorstellen. |400.5| Wenn nun dieser auf einer unumgänglich nothwendigen Maxime unserer Urtheilskraft gegründete Satz allem sowohl speculativen als praktischen Gebrauche unserer Vernunft in jeder =menschlichen= Absicht vollkommen genugthuend ist: so möchte ich wohl wissen, was uns dann darunter |400.10| abgehe, daß wir ihn nicht auch für höhere Wesen gültig, nämlich aus reinen objectiven Gründen (die leider unser Vermögen übersteigen), beweisen können. Es ist nämlich ganz gewiß, daß wir die organisirten Wesen und deren innere Möglichkeit nach bloß mechanischen Principien der Natur nicht einmal zureichend kennen lernen, viel weniger uns erklären |400.15| können; und zwar so gewiß, daß man dreist sagen kann: es ist für Menschen ungereimt, auch nur einen solchen Anschlag zu fassen, oder zu #338# hoffen, daß noch etwa dereinst ein Newton aufstehen könne, der auch nur die Erzeugung eines Grashalms nach Naturgesetzen, die keine Absicht geordnet hat, begreiflich machen werde; sondern man muß diese Einsicht |400.20| den Menschen schlechterdings absprechen. Daß dann aber auch in der Natur, wenn wir bis zum Princip derselben in der Specification ihrer allgemeinen uns bekannten Gesetze durchdringen könnten, ein hinreichender Grund der Möglichkeit organisirten Wesen, ohne ihrer Erzeugung eine Absicht unterzulegen (also im bloßen Mechanism derselben), gar nicht |400.25| verborgen liegen =könne=, das wäre wiederum von uns zu vermessen geurtheilt; denn woher wollen wir das wissen? Wahrscheinlichkeiten fallen hier gar weg, wo es auf Urtheile der reinen Vernunft ankommt. — Also können wir über den Satz: ob ein nach Absichten handelndes Wesen als Weltursache (mithin als Urheber) dem, was wir mit Recht Naturzwecke |400.30| nennen, zum Grunde liege, objectiv gar nicht, weder bejahend noch verneinend, urtheilen; nur so viel ist sicher, daß, wenn wir doch wenigstens nach dem, was uns einzusehen durch unsere eigene Natur vergönnt ist (nach den Bedingungen und Schranken unserer Vernunft), urtheilen sollen, wir schlechterdings nichts anders als ein verständiges Wesen der |400.35| Möglichkeit jener Naturzwecke zum Grunde legen können: welches der Maxime unserer reflectirenden Urtheilskraft, folglich einem subjectiven, #339# aber dem menschlichen Geschlecht unnachlaßlich anhängenden Grunde allein gemäß ist. § 76. Anmerkung. Diese Betrachtung, welche es gar sehr verdient in der Transscendentalphilosophie |401.5| umständlich ausgeführt zu werden, mag hier nur episodisch zur Erläuterung (nicht zum Beweise des hier Vorgetragenen) eintreten. Die Vernunft ist ein Vermögen der Principien und geht in ihrer äußersten Forderung auf das Unbedingte; da hingegen der Verstand ihr immer nur unter einer gewissen Bedingung, die gegeben werden muß, zu |401.10| Diensten steht. Ohne Begriffe des Verstandes aber, welchen objective Realität gegeben werden muß, kann die Vernunft gar nicht objectiv (synthetisch) urtheilen und enthält als theoretische Vernunft für sich schlechterdings keine constitutive, sondern bloß regulative Principien. Man wird bald inne: daß, wo der Verstand nicht folgen kann, die Vernunft überschwenglich |401.15| wird und in zwar gegründeten Ideen (als regulativen Principien), aber nicht objectiv gültigen Begriffen sich hervorthut; der Verstand aber, der mit ihr nicht Schritt halten kann, aber doch zur Gültigkeit für Objecte nöthig sein würde, die Gültigkeit jener Ideen der Vernunft nur auf das Subject, aber doch allgemein für alle von dieser Gattung, |401.20| d. i. auf die Bedingung einschränke, daß nach der Natur unseres (menschlichen) Erkenntnißvermögens oder gar überhaupt nach dem Begriffe, =den wir uns= von dem Vermögen eines endlichen vernünftigen Wesens überhaupt =machen= können, nicht anders als so könne und müsse gedacht werden: ohne doch zu behaupten, daß der Grund eines solchen Urtheils |401.25| #340# im Objecte liege. Wir wollen Beispiele anführen, die zwar zu viel Wichtigkeit und auch Schwierigkeit haben, um sie hier sofort als erwiesene Sätze dem Leser aufzudringen, die ihm aber Stoff zum Nachdenken geben und dem, was hier unser eigenthümliches Geschäft ist, zur Erläuterung dienen können. |401.30| Es ist dem menschlichen Verstande unumgänglich nothwendig, Möglichkeit und Wirklichkeit der Dinge zu unterscheiden. Der Grund davon liegt im Subjecte und der Natur seiner Erkenntnißvermögen. Denn wären zu dieser ihrer Ausübung nicht zwei ganz heterogene Stücke, Verstand für Begriffe und sinnliche Anschauung für Objecte, die ihnen |401.35| correspondiren, erforderlich: so würde es keine solche Unterscheidung (zwischen dem Möglichen und Wirklichen) geben. Wäre nämlich unser Verstand anschauend, so hätte er keine Gegenstände als das Wirkliche. Begriffe (die bloß auf die Möglichkeit eines Gegenstandes gehen) und sinnliche Anschauungen (welche uns etwas geben, ohne es dadurch doch als Gegenstand erkennen zu lassen) würden beide wegfallen. Nun beruht |402.5| aber alle unsere Unterscheidung des bloß Möglichen vom Wirklichen darauf, daß das erstere nur die Position der Vorstellung eines Dinges respectiv auf unsern Begriff und überhaupt das Vermögen zu denken, das letztere aber die Setzung des Dinges an sich selbst (außer diesem Begriffe) bedeutet. Also ist die Unterscheidung möglicher Dinge von wirklichen |402.10| eine solche, die bloß subjectiv für den menschlichen Verstand gilt, da wir nämlich etwas immer noch in Gedanken haben können, ob es gleich nicht ist, oder etwas als gegeben uns vorstellen, ob wir gleich noch keinen Begriff davon haben. Die Sätze also: daß Dinge möglich sein können, ohne wirklich zu sein, daß also aus der bloßen Möglichkeit auf die Wirklichkeit |402.15| gar nicht geschlossen werden könne, gelten ganz richtig für die menschliche #341# Vernunft, ohne darum zu beweisen, daß dieser Unterschied in den Dingen selbst liege. Denn daß dieses nicht daraus gefolgert werden könne, mithin jene Sätze zwar allerdings auch von Objecten gelten, so fern unser Erkenntnißvermögen als sinnlich-bedingt sich auch mit Objecten der Sinne |402.20| beschäftigt, aber nicht von Dingen überhaupt: leuchtet aus der unablaßlichen Forderung der Vernunft ein, irgend ein Etwas (den Urgrund) als unbedingt nothwendig existirend anzunehmen, an welchem Möglichkeit und Wirklichkeit gar nicht mehr unterschieden werden sollen, und für welche Idee unser Verstand schlechterdings keinen Begriff hat, d. i. keine Art ausfinden |402.25| kann, wie er ein solches Ding und seine Art zu existiren sich vorstellen solle. Denn wenn er es =denkt= (er mag es denken, wie er will), so ist es bloß als möglich vorgestellt. Ist er sich dessen als in der Anschauung gegeben bewußt, so ist es wirklich, ohne sich hiebei irgend etwas von Möglichkeit zu denken. Daher ist der Begriff eines absolut-nothwendigen |402.30| Wesens zwar eine unentbehrliche Vernunftidee, aber ein für den menschlichen Verstand unerreichbarer problematischer Begriff. Er gilt aber doch für den Gebrauch unserer Erkenntnißvermögen nach der eigenthümlichen Beschaffenheit derselben, mithin nicht vom Objecte und hiemit für jedes erkennende Wesen: weil ich nicht bei jedem das Denken und die Anschauung, |402.35| als zwei verschiedene Bedingungen der Ausübung seiner Erkenntnißvermögen, mithin der Möglichkeit und Wirklichkeit der Dinge, voraussetzen kann. Für einen Verstand, bei dem dieser Unterschied nicht einträte, würde es heißen: alle Objecte, die ich erkenne, =sind= (existiren); und die Möglichkeit einiger, die doch nicht existirten, d. i. Zufälligkeit derselben, wenn sie existiren, also auch die davon zu unterscheidende Nothwendigkeit würde in die Vorstellung eines solchen Wesens gar nicht |403.5| #342# kommen können. Was unserm Verstande aber so beschwerlich fällt, der Vernunft hier mit seinen Begriffen es gleich zu thun, ist bloß: daß für ihn als menschlichen Verstand dasjenige überschwenglich (d. i. den subjectiven Bedingungen seines Erkenntnisses unmöglich) ist, was doch die Vernunft als zum Object gehörig zum Princip macht. — Hierbei gilt nun immer |403.10| die Maxime, daß wir alle Objecte da, wo ihr Erkenntniß das Vermögen des Verstandes übersteigt, nach den subjectiven, unserer (d. i. der menschlichen) Natur nothwendig anhängenden Bedingungen der Ausübung ihrer Vermögen denken; und wenn die auf diese Art gefällten Urtheile (wie es auch in Ansehung der überschwenglichen Begriffe nicht anders sein kann) |403.15| nicht constitutive Principien, die das Object, wie es beschaffen ist, bestimmen, sein können, so werden es doch regulative, in der Ausübung immanente und sichere, der menschlichen Absicht angemessene Principien bleiben. So wie die Vernunft in theoretischer Betrachtung der Natur die Idee |403.20| einer unbedingten Nothwendigkeit ihres Urgrundes annehmen muß: so setzt sie auch in praktischer ihre eigene (in Ansehung der Natur) unbedingte Causalität, d. i. Freiheit, voraus, indem sie sich ihres moralischen Gebots bewußt ist. Weil nun aber hier die objective Nothwendigkeit der Handlung als Pflicht derjenigen, die sie als Begebenheit haben würde, wenn ihr |403.25| Grund in der Natur und nicht in der Freiheit (d. i. der Vernunftcausalität) läge, entgegengesetzt und die moralisch-schlechthin-nothwendige Handlung physisch als ganz zufällig angesehen wird (d. i. daß das, was nothwendig geschehen =sollte=, doch öfter nicht geschieht): so ist klar, daß es nur von der subjectiven Beschaffenheit unsers praktischen Vermögens herrührt, daß |403.30| die moralischen Gesetze als Gebote (und die ihnen gemäße Handlungen #343# als Pflichten) vorgestellt werden müssen, und die Vernunft diese Nothwendigkeit nicht durch ein =Sein= (Geschehen), sondern Sein-Sollen ausdrückt: welches nicht Statt finden würde, wenn die Vernunft ohne Sinnlichkeit (als subjective Bedingung ihrer Anwendung auf Gegenstände |403.35| der Natur) ihrer Causalität nach, mithin als Ursache in einer intelligibelen, mit dem moralischen Gesetze durchgängig übereinstimmenden Welt betrachtet würde, wo zwischen Sollen und Thun, zwischen einem praktischen Gesetze von dem, was durch uns möglich ist, und dem theoretischen von dem, was durch uns wirklich ist, kein Unterschied sein würde. Ob nun aber gleich eine intelligibele Welt, in welcher alles darum wirklich sein würde, bloß nur weil es (als etwas Gutes) möglich ist, und selbst die |404.5| Freiheit als formale Bedingung derselben für uns ein überschwenglicher Begriff ist, der zu keinem constitutiven Prinzip, ein Object und dessen objective Realität zu bestimmen, tauglich ist: so dient die letztere doch nach der Beschaffenheit unserer (zum Theil sinnlichen) Natur und Vermögens für uns und alle vernünftige mit der Sinnenwelt in Verbindung stehende |404.10| Wesen, so weit wir sie uns nach der Beschaffenheit unserer Vernunft vorstellen können, zu einem allgemeinen =regulativen= Princip, welches die Beschaffenheit der Freiheit als Form der Causalität nicht objectiv bestimmt, sondern und zwar mit nicht minderer Gültigkeit, als ob dieses geschähe, die Regel der Handlungen nach jener Idee für jedermann zu |404.15| Geboten macht. Eben so kann man auch, was unsern vorhabenden Fall betrifft, einräumen: wir würden zwischen Naturmechanism und Technik der Natur, d. i. Zweckverknüpfung in derselben, keinen Unterschied finden, wäre unser Verstand nicht von der Art, daß er vom Allgemeinen zum Besondern |404.20| gehen muß, und die Urtheilskraft also in Ansehung des Besondern keine #344# Zweckmäßigkeit erkennen, mithin keine bestimmende Urtheile fällen kann, ohne ein allgemeines Gesetz zu haben, worunter sie jenes subsumiren könne. Da nun aber das Besondere als ein solches in Ansehung des Allgemeinen etwas Zufälliges enthält, gleichwohl aber die Vernunft in der |404.25| Verbindung besonderer Gesetze der Natur doch auch Einheit, mithin Gesetzlichkeit erfordert (welche Gesetzlichkeit des Zufälligen Zweckmäßigkeit heißt), und die Ableitung der besonderen Gesetze aus den allgemeinen in Ansehung dessen, was jene Zufälliges in sich enthalten, _a priori_ durch Bestimmung des Begriffs vom Objecte unmöglich ist: so wird der Begriff |404.30| der Zweckmäßigkeit der Natur in ihren Producten ein für die menschliche Urtheilskraft in Ansehung der Natur nothwendiger, aber nicht die Bestimmung der Objecte selbst angehender Begriff sein, also ein subjectives Princip der Vernunft für die Urtheilskraft, welches als regulativ (nicht constitutiv) für unsere =menschliche Urtheilskraft= eben so nothwendig |404.35| gilt, als ob es ein objectives Princip wäre. § 77. Von der Eigenthümlichkeit des menschlichen Verstandes, wodurch uns der Begriff eines Naturzwecks möglich wird. Wir haben in der Anmerkung Eigenthümlichkeiten unseres (selbst des oberen) Erkenntnißvermögens, welche wir leichtlich als objective |405.5| Prädicate auf die Sachen selbst überzutragen verleitet werden, angeführt; aber sie betreffen Ideen, denen angemessen kein Gegenstand in der Erfahrung #345# gegeben werden kann, und die alsdann nur zu regulativen Principien in Verfolgung der letzeren dienen konnten. Mit dem Begriffe eines Naturzwecks verhält es sich zwar eben so, was die Ursache der |405.10| Möglichkeit eines solchen Prädicats betrifft, die nur in der Idee liegen kann; aber die ihr gemäße Folge (das Product selbst) ist doch in der Natur gegeben, und der Begriff einer Causalität der letzteren, als eines nach Zwecken handelnden Wesens, scheint die Idee eines Naturzwecks zu einem constitutiven Princip desselben zu machen: und darin hat sie etwas |405.15| von allen andern Ideen Unterscheidendes. Dieses Unterscheidende besteht aber darin: daß gedachte Idee nicht ein Vernunftprincip für den Verstand, sondern für die Urtheilskraft, mithin lediglich die Anwendung eines Verstandes überhaupt auf mögliche Gegenstände der Erfahrung ist; und zwar da, wo das Urtheil nicht bestimmend, |405.20| sondern bloß reflectirend sein kann, mithin der Gegenstand zwar in der Erfahrung gegeben, aber darüber der Idee gemäß gar nicht einmal =bestimmt= (geschweige völlig angemessen) =geurtheilt,= sondern nur über ihn reflectirt werden kann. Es betrifft also eine Eigenthümlichkeit =unseres= (menschlichen) Verstandes |405.25| in Ansehung der Urtheilskraft in der Reflexion derselben über Dinge der Natur. Wenn das aber ist, so muß hier die Idee von einem andern möglichen Verstande, als dem menschlichen zum Grunde liegen #346# (so wie wir in der Kritik der r. V. eine andere mögliche Anschauung in Gedanken haben mußten, wenn die unsrige als eine besondere Art, nämlich |405.30| die, für welche Gegenstände nur als Erscheinungen gelten, gehalten werden sollte), damit man sagen könne: gewisse Naturproducte =müssen= nach der besonderen Beschaffenheit unseres Verstandes =von uns= ihrer Möglichkeit nach als absichtlich und als Zwecke erzeugt =betrachtet werden,= ohne doch darum zu verlangen, daß es wirklich eine besondere |405.35| Ursache, welche die Vorstellung eines Zwecks zu ihrem Bestimmungsgrunde hat, gebe, mithin ohne in Abrede zu ziehen, daß nicht ein anderer (höherer) Verstand, als der menschliche auch im Mechanism der Natur, d. i. einer Causalverbindung, zu der nicht ausschließungsweise ein Verstand als Ursache angenommen wird, den Grund der Möglichkeit solcher Producte der |406.5| Natur antreffen könne. Es kommt hier also auf das Verhalten =unseres= Verstandes zur Urtheilskraft an, daß wir nämlich darin eine gewisse Zufälligkeit der Beschaffenheit des unsrigen aufsuchen, um diese Eigenthümlichkeit unseres Verstandes zum Unterschiede von anderen möglichen anzumerken. |406.10| Diese Zufälligkeit findet sich ganz natürlich in dem =Besondern=, welches die Urtheilskraft unter das =Allgemeine= der Verstandesbegriffe bringen soll; denn durch das Allgemeine =unseres= (menschlichen) Verstandes ist das Besondere nicht bestimmt; und es ist zufällig, auf wie vielerlei #347# Art unterschiedene Dinge, die doch in einem gemeinsamen Merkmale |406.15| übereinkommen, unserer Wahrnehmung vorkommen können. Unser Verstand ist ein Vermögen der Begriffe, d. i. ein discursiver Verstand, für den es freilich zufällig sein muß, welcherlei und wie sehr verschieden das Besondere sein mag, das ihm in der Natur gegeben werden und das unter seine Begriffe gebracht werden kann. Weil aber zum Erkenntniß doch auch |406.20| Anschauung gehört, und ein Vermögen einer =völligen Spontaneität der Anschauung= ein von der Sinnlichkeit unterschiedenes und davon ganz unabhängiges Erkenntnißvermögen, mithin Verstand in der allgemeinsten Bedeutung sein würde: so kann man sich auch einen =intuitiven= Verstand (negativ, nämlich bloß als nicht discursiven) denken, welcher |406.25| nicht vom Allgemeinen zum Besonderen und so zum Einzelnen (durch Begriffe) geht, und für welchen jene Zufälligkeit der Zusammenstimmung der Natur in ihren Producten nach =besondern= Gesetzen zum Verstande nicht angetroffen wird, welche dem unsrigen es so schwer macht, das Mannigfaltige derselben zur Einheit des Erkenntnisses zu bringen; ein Geschäft, |406.30| das der unsrige nur durch Übereinstimmung der Naturmerkmale zu unserm Vermögen der Begriffe, welche sehr zufällig ist, zu Stande bringen kann, dessen ein anschauender Verstand aber nicht bedarf. Unser Verstand hat also das Eigene für die Urtheilskraft, daß im #348# Erkenntniß durch denselben durch das Allgemeine das Besondere nicht bestimmt |406.35| wird, und dieses also von jenem allein nicht abgeleitet werden kann; gleichwohl aber dieses Besondere in der Mannigfaltigkeit der Natur zum Allgemeinen (durch Begriffe und Gesetze) zusammenstimmen soll, um darunter subsumirt werden zu können, welche Zusammenstimmung unter solchen Umständen sehr zufällig und für die Urtheilskraft ohne bestimmtes Princip sein muß. Um nun gleichwohl die Möglichkeit einer solchen Zusammenstimmung |407.5| der Dinge der Natur zur Urtheilskraft (welche wir als zufällig, mithin nur durch einen darauf gerichteten Zweck als möglich vorstellen) wenigstens denken zu können, müssen wir uns zugleich einen andern Verstand denken, in Beziehung auf welchen und zwar vor allem ihm beigelegten Zweck wir jene Zusammenstimmung der Naturgesetze mit unserer Urtheilskraft, |407.10| die für unsern Verstand nur durch das Verbindungsmittel der Zwecke denkbar ist, als =nothwendig= vorstellen können. Unser Verstand nämlich hat die Eigenschaft, daß er in seinem Erkenntnisse, z. B. der Ursache eines Products, vom =Analytisch-Allgemeinen= (von Begriffen) zum Besondern (der gegebenen empirischen Anschauung) |407.15| gehen muß; wobei er also in Ansehung der Mannigfaltigkeit des letztern nichts bestimmt, sondern diese Bestimmung für die Urtheilskraft #349# von der Subsumtion der empirischen Anschauung (wenn der Gegenstand ein Naturproduct ist) unter dem Begriff erwarten muß. Nun können wir uns aber auch einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige |407.20| discursiv, sondern intuitiv ist, vom =Synthetisch-Allgemeinen= (der Anschauung eines Ganzen als eines solchen) zum Besondern geht, d. i. vom Ganzen zu den Theilen; der also und dessen Vorstellung des Ganzen die =Zufälligkeit= der Verbindung der Theile nicht in sich enthält, um eine bestimmte Form des Ganzen möglich zu machen, die unser Verstand |407.25| bedarf, welcher von den Theilen als allgemeingedachten Gründen zu verschiedenen darunter zu subsumirenden möglichen Formen als Folgen fortgehen muß. Nach der Beschaffenheit unseres Verstandes ist hingegen ein reales Ganze der Natur nur als Wirkung der concurrirenden bewegenden Kräfte der Theile anzusehen. Wollen wir uns also nicht die Möglichkeit |407.30| des Ganzen als von den Theilen, wie es unserm discursiven Verstande gemäß ist, sondern nach Maßgabe des intuitiven (urbildlichen) die Möglichkeit der Theile (ihrer Beschaffenheit und Verbindung nach) als vom Ganzen abhängend vorstellen: so kann dieses nach eben derselben Eigenthümlichkeit unseres Verstandes nicht so geschehen, daß das Ganze den |407.35| Grund der Möglichkeit der Verknüpfung der Theile (welches in der discursiven Erkenntnißart Widerspruch sein würde), sondern nur daß die =Vorstellung= eines Ganzen den Grund der Möglichkeit der Form desselben #350# und der dazu gehörigen Verknüpfung der Theile enthalte. Da das Ganze nun aber alsdann eine Wirkung, =Product=, sein würde, dessen =Vorstellung= als die =Ursache= seiner Möglichkeit angesehen wird, das Product aber einer Ursache, deren Bestimmungsgrund bloß die Vorstellung |408.5| ihrer Wirkung ist, ein Zweck heißt: so folgt daraus, daß es bloß eine Folge aus der besondern Beschaffenheit unseres Verstandes sei, wenn wir Produkte der Natur nach einer andern Art der Causalität, als der der Naturgesetze der Materie, nämlich nur nach der der Zwecke und Endursachen, uns als möglich vorstellen, und daß dieses Princip nicht die Möglichkeit |408.10| solcher Dinge selbst (selbst als Phänomene betrachtet) nach dieser Erzeugungsart, sondern nur die unserem Verstande mögliche Beurtheilung derselben angehe. Wobei wir zugleich einsehen, warum wir in der Naturkunde mit einer Erklärung der Producte der Natur durch Causalität nach Zwecken lange nicht zufrieden sind, weil wir nämlich in derselben die Naturerzeugung |408.15| bloß unserm Vermögen sie zu beurtheilen, d. i. der reflectirenden Urtheilskraft und nicht den Dingen selbst zum Behuf der bestimmenden Urtheilskraft angemessen zu beurtheilen verlangen. Es ist hiebei auch gar nicht nöthig zu beweisen, daß ein solcher _intellectus archetypus_ möglich sei, sondern nur daß wir in der Dagegenhaltung unseres discursiven, |408.20| der Bilder bedürftigen Verstandes (_intellectus ectypus_) und der #351# Zufälligkeit einer solchen Beschaffenheit auf jene Idee (eines _intellectus archetypus_) geführt werden, diese auch keinen Widerspruch enthalte. Wenn wir nun ein Ganzes der Materie seiner Form nach als ein Product der Theile und ihrer Kräfte und Vermögen sich von selbst zu verbinden |408.25| (andere Materien, die diese einander zuführen, hinzugedacht) betrachten: so stellen wir uns eine mechanische Erzeugungsart desselben vor. Aber es kommt auf solche Art kein Begriff von einem Ganzen als Zweck heraus, dessen innere Möglichkeit durchaus die Idee von einem Ganzen voraussetzt, von der selbst die Beschaffenheit und Wirkungsart der Theile |408.30| abhängt, wie wir uns doch einen organisirten Körper vorstellen müssen. Hieraus folgt aber, wie eben gewiesen worden, nicht, daß die mechanische Erzeugung eines solchen Körpers unmöglich sei; denn das würde soviel sagen, als, es sei eine solche Einheit in der Verknüpfung des Mannigfaltigen =für jeden Verstand= unmöglich (d. i. widersprechend) sich vorzustellen, |408.35| ohne daß die Idee derselben zugleich die erzeugende Ursache derselben sei, d. i. ohne absichtliche Hervorbringung. Gleichwohl würde dieses in der That folgen, wenn wir materielle Wesen als Dinge an sich selbst anzusehen berechtigt wären. Denn alsdann würde die Einheit, welche den Grund der Möglichkeit der Naturbildungen ausmacht, lediglich die Einheit des Raums sein, welcher aber kein Realgrund der Erzeugungen, sondern #352# nur die formale Bedingung derselben ist; obwohl er mit dem Realgrunde, |409.5| welchen wir suchen, darin einige Ähnlichkeit hat, daß in ihm kein Theil ohne in Verhältniß auf das Ganze (dessen Vorstellung also der Möglichkeit der Theile zum Grunde liegt) bestimmt werden kann. Da es aber doch wenigstens möglich ist, die materielle Welt als bloße Erscheinung zu betrachten und etwas als Ding an sich selbst (welches nicht Erscheinung |409.10| ist), als Substrat, zu denken, diesem aber eine correspondirende intellectuelle Anschauung (wenn sie gleich nicht die unsrige ist) unterzulegen: so würde ein, obzwar für uns unerkennbarer, übersinnlicher Realgrund für die Natur Statt finden, zu der wir selbst mitgehören, in welcher wir also das, was in ihr als Gegenstand der Sinne nothwendig ist, |409.15| nach mechanischen Gesetzen, die Zusammenstimmung und Einheit aber der besonderen Gesetze und der Formen nach denselben, die wir in Ansehung jener als zufällig beurtheilen müssen, in ihr als Gegenstande der Vernunft (ja das Naturganze als System) zugleich nach teleologischen Gesetzen betrachten und sie nach zweierlei Principien beurtheilen würden, |409.20| ohne daß die mechanische Erklärungsart durch die teleologische, als ob sie einander widersprächen, ausgeschlossen wird. Hieraus läßt sich auch das, was man sonst zwar leicht vermuthen, aber schwerlich mit Gewißheit behaupten und beweisen konnte, einsehen, #353# daß zwar das Princip einer mechanischen Ableitung zweckmäßiger Naturproducte |409.25| neben dem teleologischen bestehen, dieses letztere aber keinesweges entbehrlich machen könnte: d. i. man kann an einem Dinge, welches wir als Naturzweck beurtheilen müssen (einem organisirten Wesen), zwar alle bekannte und noch zu entdeckende Gesetze der mechanischen Erzeugung versuchen und auch hoffen dürfen damit guten Fortgang zu haben, niemals |409.30| aber der Berufung auf einen davon ganz unterschiedenen Erzeugungsgrund, nämlich der Causalität durch Zwecke, für die Möglichkeit eines solchen Products überhoben sein; und schlechterdings kann keine menschliche Vernunft (auch keine endliche, die der Qualität nach der unsrigen ähnlich wäre, sie aber dem Grade nach noch so sehr überstiege) die Erzeugung |409.35| auch nur eines Gräschens aus bloß mechanischen Ursachen zu verstehen hoffen. Denn wenn die teleologische Verknüpfung der Ursachen und Wirkungen zur Möglichkeit eines solchen Gegenstandes für die Urtheilskraft ganz unentbehrlich ist, selbst um diese nur am Leitfaden der Erfahrung zu studieren; wenn für äußere Gegenstände als Erscheinungen ein sich auf Zwecke beziehender hinreichender Grund gar nicht angetroffen werden kann, sondern dieser, der auch in der Natur liegt, doch nur im |410.5| übersinnlichen Substrat derselben gesucht werden muß, von welchem uns aber alle mögliche Einsicht abgeschnitten ist: so ist es uns schlechterdings unmöglich, aus der Natur selbst hergenommene Erklärungsgründe für #354# Zweckverbindungen zu schöpfen, und es ist nach der Beschaffenheit des menschlichen Erkenntnißvermögens nothwendig, den obersten Grund dazu |410.10| in einem ursprünglichen Verstande als Weltursache zu suchen. § 78. Von der Vereinigung des Princips des allgemeinen Mechanismus der Materie mit dem teleologischen in der Technik der Natur. |410.15| Es liegt der Vernunft unendlich viel daran, den Mechanism der Natur in ihren Erzeugungen nicht fallen zu lassen und in der Erklärung derselben nicht vorbei zu gehen: weil ohne diesen keine Einsicht in die Natur der Dinge erlangt werden kann. Wenn man uns gleich einräumt: daß ein höchster Architekt die Formen der Natur, so wie sie von je her da sind, |410.20| unmittelbar geschaffen, oder die, welche sich in ihrem Laufe continuirlich nach eben demselben Muster bilden, prädeterminirt habe: so ist doch dadurch unsere Erkenntniß der Natur nicht im mindesten gefördert: weil wir jenes Wesens Handlungsart und die Ideen desselben, welche die Principien der Möglichkeit der Naturwesen enthalten sollen, gar nicht kennen |410.25| und von demselben als von oben herab (_a priori_) die Natur nicht erklären können. Wollen wir aber von den Formen der Gegenstände der Erfahrung, also von unten hinauf (_a posteriori_), weil wir in diesen Zweckmäßigkeit anzutreffen glauben, um diese zu erklären, uns auf eine nach Zwecken #355# wirkende Ursache berufen: so würden wir ganz tautologisch erklären und |410.30| die Vernunft mit Worten täuschen, ohne noch zu erwähnen: daß da, wo wir uns mit dieser Erklärungsart ins Überschwengliche verlieren, wohin uns die Naturerkenntniß nicht folgen kann, die Vernunft dichterisch zu schwärmen verleitet wird, welches zu verhüten eben ihre vorzüglichste Bestimmung ist. |410.35| Von der andern Seite ist es eine eben sowohl nothwendige Maxime der Vernunft, das Princip der Zwecke an den Producten der Natur nicht vorbei zu gehen: weil es, wenn es gleich die Entstehungsart derselben uns eben nicht begreiflicher macht, doch ein heuristisches Princip ist, den besondern Gesetzen der Natur nachzuforschen; gesetzt auch, daß man davon |411.5| keinen Gebrauch machen wollte, um die Natur selbst darnach zu erklären, indem man sie so lange, ob sie gleich absichtliche Zweckeinheit augenscheinlich darlegen, noch immer nur Naturzwecke nennt, d. i. ohne über die Natur hinaus den Grund der Möglichkeit derselben zu suchen. Weil es aber doch am Ende zur Frage wegen der letzteren kommen muß: so ist es eben |411.10| so nothwendig für sie, eine besondere Art der Causalität, die sich nicht in der Natur vorfindet, zu denken, als die Mechanik der Naturursachen die ihrige hat, indem zu der Receptivität mehrerer und anderer Formen, als deren die Materie nach der letzteren fähig ist, noch eine Spontaneität einer #356# Ursache (die also nicht Materie sein kann) hinzukommen muß, ohne welche |411.15| von jenen Formen kein Grund angegeben werden kann. Zwar muß die Vernunft, ehe sie diesen Schritt thut, behutsam verfahren und nicht jede Technik der Natur, d. i. ein productives Vermögen derselben, welches Zweckmäßigkeit der Gestalt für unsere bloße Apprehension an sich zeigt (wie bei regulären Körpern), für teleologisch zu erklären suchen, sondern immer |411.20| so lange für bloß mechanisch-möglich ansehen; allein darüber das teleologische Princip gar ausschließen und, wo die Zweckmäßigkeit für die Vernunftuntersuchung der Möglichkeit der Naturformen durch ihre Ursachen sich ganz unläugbar als Beziehung auf eine andere Art der Causalität zeigt, doch immer den bloßen Mechanism befolgen wollen, muß die Vernunft |411.25| eben so phantastisch und unter Hirngespinsten von Naturvermögen, die sich gar nicht denken lassen, herumschweifend machen, als eine bloß teleologische Erklärungsart, die gar keine Rücksicht auf den Naturmechanism nimmt, sie schwärmerisch machte. An einem und eben demselben Dinge der Natur lassen sich nicht beide |411.30| Principien, als Grundsätze der Erklärung (Deduction) eines von dem andern, verknüpfen, d. i. als dogmatische und constitutive Principien der Natureinsicht für die bestimmende Urtheilskraft vereinigen. Wenn ich z. B. von einer Made annehme, sie sei als Product des bloßen Mechanismus der Materie (der neuen Bildung, die sie für sich selbst bewerkstelligt, |411.35| #357# wenn ihre Elemente durch Fäulniß in Freiheit gesetzt werden) anzusehen: so kann ich nun nicht von eben derselben Materie, als einer Causalität nach Zwecken zu handeln, eben dasselbe Product ableiten. Umgekehrt, wenn ich dasselbe Product als Naturzweck annehme, kann ich nicht auf eine mechanische Erzeugungsart desselben rechnen und solche als constitutives Princip zur Beurtheilung desselben seiner Möglichkeit nach annehmen und so beide Principien vereinigen. Denn eine Erklärungsart schließt |412.5| die andere aus; gesetzt auch, daß objectiv beide Gründe der Möglichkeit eines solchen Products auf einem einzigen beruhten, wir aber auf diesen nicht Rücksicht nähmen. Das Princip, welches die Vereinbarkeit beider in Beurtheilung der Natur nach denselben möglich machen soll, muß in dem, was außerhalb beiden (mithin auch außer der möglichen empirischen Naturvorstellung) |412.10| liegt, von dieser aber doch den Grund enthält, d. i. im Übersinnlichen, gesetzt und eine jede beider Erklärungsarten darauf bezogen werden. Da wir nun von diesem nichts als den unbestimmten Begriff eines Grundes haben können, der die Beurtheilung der Natur nach empirischen Gesetzen möglich macht, übrigens aber ihn durch kein Prädicat |412.15| näher bestimmen können: so folgt, daß die Vereinigung beider Principien nicht auf einem Grunde der =Erklärung= (Explication) der Möglichkeit eines Products nach gegebenen Gesetzen für die =bestimmende=, #358# sondern nur auf einem Grunde der =Erörterung= (Exposition) derselben für die reflectirende Urtheilskraft beruhen könne. — Denn Erklären heißt |412.20| von einem Princip ableiten, welches man also deutlich muß erkennen und angeben können. Nun müssen zwar das Princip des Mechanisms der Natur und das der Causalität derselben nach Zwecken an einem und eben demselben Naturproducte in einem einzigen oberen Princip zusammenhängen und daraus gemeinschaftlich abfließen, weil sie sonst in der Naturbetrachtung |412.25| nicht neben einander bestehen könnten. Wenn aber dieses objectiv-gemeinschaftliche und also auch die Gemeinschaft der davon abhängenden Maxime der Naturforschung berechtigende Princip von der Art ist, daß es zwar angezeigt, nie aber bestimmt erkannt und für den Gebrauch in vorkommenden Fällen deutlich angegeben werden kann: so läßt sich aus |412.30| einem solchen Princip keine Erklärung, d. i. deutliche und bestimmte Ableitung, der Möglichkeit eines nach jenen zwei heterogenen Principien möglichen Naturproducts ziehen. Nun ist aber das gemeinschaftliche Princip der mechanischen einerseits und der teleologischen Ableitung andrerseits das =Übersinnliche=, welches wir der Natur als Phänomen unterlegen |412.35| müssen. Von diesem aber können wir uns in theoretischer Absicht nicht den mindesten bejahend bestimmten Begriff machen. Wie also nach demselben, als Princip, die Natur (nach ihren besondern Gesetzen) für uns ein System ausmache, welches sowohl nach dem Princip der Erzeugung #359# von physischen als dem der Endursachen als möglich erkannt werden könne: läßt sich keinesweges erklären; sondern nur, wenn es sich zuträgt, daß Gegenstände der Natur vorkommen, die nach dem Princip des Mechanisms |413.5| (welches jederzeit an einem Naturwesen Anspruch hat) ihrer Möglichkeit nach, ohne uns auf teleologische Grundsätze zu stützen, von uns nicht können gedacht werden, voraussetzen, daß man nur getrost beiden gemäß den Naturgesetzen nachforschen dürfe (nachdem die Möglichkeit ihres Products aus einem oder dem andern Princip unserm Verstande |413.10| erkennbar ist), ohne sich an den scheinbaren Widerstreit zu stoßen, der sich zwischen den Principien der Beurtheilung desselben hervorthut: weil wenigstens die Möglichkeit, daß beide auch objectiv in einem Princip vereinbar sein möchten (da sie Erscheinungen betreffen, die einen übersinnlichen Grund voraussetzen), gesichert ist. |413.15| Ob also gleich sowohl der Mechanism als der teleologische (absichtliche) Technicism der Natur in Ansehung ebendesselben Products und seiner Möglichkeit unter einem gemeinschaftlichen obern Princip der Natur nach besondern Gesetzen stehen mögen: so können wir doch, da dieses Princip =transscendent= ist, nach der Eingeschränktheit unseres Verstandes |413.20| beide Principien =in der Erklärung= eben derselben Naturerzeugung alsdann nicht vereinigen, wenn selbst die innere Möglichkeit dieses Products nur durch eine Causalität nach Zwecken =verständlich= ist (wie organisirte #360# Materien von der Art sind). Es bleibt also bei dem obigen Grundsatze der Teleologie: daß nach der Beschaffenheit des menschlichen |413.25| Verstandes für die Möglichkeit organischer Wesen in der Natur keine andere als absichtlich wirkende Ursache könne angenommen werden, und der bloße Mechanism der Natur zur Erklärung dieser ihrer Producte gar nicht hinlänglich sein könne; ohne doch dadurch in Ansehung der Möglichkeit solcher Dinge selbst durch diesen Grundsatz entscheiden zu wollen. |413.30| Da nämlich dieser nur eine Maxime der reflectirenden, nicht der bestimmenden Urtheilskraft ist, daher nur subjectiv für uns, nicht objectiv für die Möglichkeit dieser Art Dinge selbst gilt (wo beiderlei Erzeugungsarten wohl in einem und demselben Grunde zusammenhängen könnten); da ferner ohne allen zu der teleologisch-gedachten Erzeugungsart hinzukommenden |413.35| Begriff von einem dabei zugleich anzutreffenden Mechanism der Natur dergleichen Erzeugung gar nicht als Naturproduct beurtheilt werden könnte: so führt obige Maxime zugleich die Nothwendigkeit einer Vereinigung beider Principien in der Beurtheilung der Dinge als Naturzwecke bei sich, aber nicht um eine ganz, oder in gewissen Stücken an die Stelle der andern zu setzen. Denn an die Stelle dessen, was (von uns wenigstens) nur als nach Absicht möglich gedacht wird, läßt sich kein Mechanism; |414.5| und an die Stelle dessen, was nach diesem als nothwendig erkannt wird, läßt sich keine Zufälligkeit, die eines Zwecks zum Bestimmungsgrunde #361# bedürfe, annehmen: sondern nur die eine (der Mechanism) der andern (dem absichtlichen Technicism) unterordnen, welches nach dem transscendentalen Princip der Zweckmäßigkeit der Natur ganz wohl geschehen |414.10| darf. Denn wo Zwecke als Gründe der Möglichkeit gewisser Dinge gedacht werden, da muß man auch Mittel annehmen, deren Wirkungsgesetz =für sich= nichts einen Zweck Voraussetzendes bedarf, mithin mechanisch und doch eine untergeordnete Ursache absichtlicher Wirkungen sein kann. Daher |414.15| läßt sich selbst in organischen Producten der Natur, noch mehr aber, wenn wir, durch die unendliche Menge derselben veranlaßt, das Absichtliche in der Verbindung der Naturursachen nach besondern Gesetzen nun auch (wenigstens durch erlaubte Hypothese) zum =allgemeinen Princip= der reflectirenden Urtheilskraft für das Naturganze (die Welt) annehmen, |414.20| eine große und sogar allgemeine Verbindung der mechanischen Gesetze mit den teleologischen in den Erzeugungen der Natur denken, ohne die Principien der Beurtheilung derselben zu verwechseln und eines an die Stelle des andern zu setzen: weil in einer teleologischen Beurtheilung die Materie, selbst wenn die Form, welche sie annimmt, nur als nach Absicht |414.25| möglich beurtheilt wird, doch ihrer Natur nach mechanischen Gesetzen gemäß jenem vorgestellten Zwecke auch zum Mittel untergeordnet sein kann; wiewohl, #362# da der Grund dieser Vereinbarkeit in demjenigen liegt, was weder das eine noch das andere (weder Mechanism, noch Zweckverbindung), sondern das übersinnliche Substrat der Natur ist, von dem wir nichts erkennen, |414.30| für unsere (die menschliche) Vernunft beide Vorstellungsarten der Möglichkeit solcher Objecte nicht zusammenzuschmelzen sind, sondern wir sie nicht anders als nach der Verknüpfung der Endursachen auf einem obersten Verstande gegründet beurtheilen können, wodurch also der teleologischen Erklärungsart nichts benommen wird. |414.35| Weil nun aber ganz unbestimmt und für unsere Vernunft auch auf immer unbestimmbar ist, wieviel der Mechanism der Natur als Mittel zu jeder Endabsicht in derselben thue; und wegen des oberwähnten intelligibelen Princips der Möglichkeit einer Natur überhaupt gar angenommen werden kann, daß sie durchgängig nach beiderlei allgemein zusammenstimmenden Gesetzen (den physischen und den der Endursachen) möglich sei, wiewohl wir die Art, wie dieses zugehe, gar nicht einsehen können: so |415.5| wissen wir auch nicht, wie weit die für uns mögliche mechanische Erklärungsart gehe, sondern nur so viel gewiß: daß, so weit wir nur immer darin kommen mögen, sie doch allemal für Dinge, die wir einmal als Naturzwecke anerkennen, unzureichend sein und wir also nach der Beschaffenheit unseres Verstandes jene Gründe insgesammt einem teleologischen |415.10| #363# Princip unterordnen müssen. Hierauf gründet sich nun die Befugniß und wegen der Wichtigkeit, welche das Naturstudium nach dem Princip des Mechanisms für unsern theoretischen Vernunftgebrauch hat, auch der Beruf: alle Producte und Ereignisse der Natur, selbst die zweckmäßigsten so weit mechanisch zu erklären, |415.15| als es immer in unserm Vermögen (dessen Schranken wir innerhalb dieser Untersuchungsart nicht angeben können) steht, dabei aber niemals aus den Augen zu verlieren, daß wir die, welche wir allein unter dem Begriffe vom Zwecke der Vernunft zur Untersuchung selbst auch nur aufstellen können, der wesentlichen Beschaffenheit unserer Vernunft gemäß, |415.20| jene mechanischen Ursachen ungeachtet, doch zuletzt der Causalität nach Zwecken unterordnen müssen. Anhang. #364# Methodenlehre der teleologischen Urtheilskraft. § 79. Ob die Teleologie als zur Naturlehre gehörend abgehandelt werden müsse. |416.5| Eine jede Wissenschaft muß in der Encyklopädie aller Wissenschaften ihre bestimmte Stelle haben. Ist es eine philosophische Wissenschaft, so muß ihr ihre Stelle in dem theoretischen oder praktischen Theil derselben und, hat sie ihren Platz im ersteren, entweder in der Naturlehre, so fern sie das, was Gegenstand der Erfahrung sein kann, erwägt (folglich der |416.10| Körperlehre, der Seelenlehre und allgemeinen Weltwissenschaft), oder in der Gotteslehre (von dem Urgrunde der Welt als Inbegriff aller Gegenstände der Erfahrung) angewiesen werden. Nun fragt sich: Welche Stelle gebührt der Teleologie? Gehört sie zur (eigentlich sogenannten) Naturwissenschaft, oder zur Theologie? Eins |416.15| von beiden muß sein; denn zum Übergange aus einer in die andere kann gar keine Wissenschaft gehören, weil dieser nur die Articulation oder Organisation des Systems und keinen Platz in demselben bedeutet. Daß sie in die Theologie als ein Theil derselben nicht gehöre, obgleich #365# in derselben von ihr der wichtigste Gebrauch gemacht werden kann, ist für |416.20| sich selbst klar. Denn sie hat Naturerzeugungen und die Ursache derselben zu ihrem Gegenstande; und ob sie gleich auf die letztere, als einen außer und über die Natur belegenen Grund (göttlichen Urheber) hinausweiset, so thut sie dieses doch nicht für die bestimmende, sondern nur (um die Beurtheilung der Dinge in der Welt durch eine solche Idee dem |416.25| menschlichen Verstande angemessen als regulatives Princip zu leiten) bloß für die reflectirende Urtheilskraft in der Naturbetrachtung. Eben so wenig scheint sie aber auch in die Naturwissenschaft zu gehören, welche bestimmender und nicht bloß reflectirender Principien bedarf, um von Naturwirkungen objective Gründe anzugeben. In der That ist auch für die Theorie der Natur, oder die mechanische Erklärung der Phänomene derselben durch ihre wirkenden Ursachen dadurch nichts gewonnen, |417.5| daß man sie nach dem Verhältnisse der Zwecke zu einander betrachtet. Die Aufstellung der Zwecke der Natur an ihren Producten, so fern sie ein System nach teleologischen Begriffen ausmachen, ist eigentlich nur zur Naturbeschreibung gehörig, welche nach einem besondern Leitfaden abgefaßt ist: wo die Vernunft zwar ein herrliches unterrichtendes |417.10| und praktisch in mancherlei Absicht zweckmäßiges Geschäft verrichtet, aber über das Entstehen und die innere Möglichkeit dieser Formen gar keinen #366# Aufschluß giebt, worum es doch der theoretischen Naturwissenschaft eigentlich zu thun ist. Die Teleologie als Wissenschaft gehört also zu gar keiner Doctrin, |417.15| sondern nur zur Kritik und zwar eines besondern Erkenntnißvermögens, nämlich der Urtheilskraft. Aber so fern sie Principien _a priori_ enthält, kann und muß sie die Methode, wie über die Natur nach dem Princip der Endursachen geurtheilt werden müsse, angeben; und so hat ihre Methodenlehre wenigstens negativen Einfluß auf das Verfahren in der theoretischen |417.20| Naturwissenschaft und auch auf das Verhältniß, welches diese in der Metaphysik zur Theologie als Propädeutik derselben haben kann. § 80. Von der nothwendigen Unterordnung des Princips des Mechanisms unter dem teleologischen in Erklärung eines |417.25| Dinges als Naturzwecks. Die =Befugniß= auf eine bloß mechanische Erklärungsart aller Naturproducte =auszugehen= ist an sich ganz unbeschränkt; aber das =Vermögen= damit allein =auszulangen= ist nach der Beschaffenheit unseres Verstandes, sofern er es mit Dingen als Naturzwecken zu thun hat, nicht |417.30| allein sehr beschränkt, sondern auch deutlich begränzt: nämlich so, daß #367# nach einem Princip der Urtheilskraft durch das erstere Verfahren allein zur Erklärung der letzeren gar nichts ausgerichtet werden könne, mithin die Beurtheilung solcher Producte jederzeit von uns zugleich einem teleologischen Princip untergeordnet werden müsse. |417.35| Es ist daher vernünftig, ja verdienstlich, dem Naturmechanism zum Behuf einer Erklärung der Naturproducte soweit nachzugehen, als es mit Wahrscheinlichkeit geschehen kann, ja diesen Versuch nicht darum aufzugeben, weil es =an sich= unmöglich sei auf seinem Wege mit der Zweckmäßigkeit der Natur zusammenzutreffen, sondern nur darum, weil es =für |418.5| uns= als Menschen unmöglich ist; indem dazu eine andere als sinnliche Anschauung und ein bestimmtes Erkenntniß des intelligibelen Substrats der Natur, woraus selbst von dem Mechanism der Erscheinungen nach besondern Gesetzen Grund angegeben werden könne, erforderlich sein würde, welches alles unser Vermögen gänzlich übersteigt. |418.10| Damit also der Naturforscher nicht auf reinen Verlust arbeite, so muß er in Beurtheilung der Dinge, deren Begriff als Naturzwecke unbezweifelt gegründet ist (organisirter Wesen), immer irgend eine ursprüngliche Organisation zum Grunde legen, welche jenen Mechanism selbst benutzt, um andere organisirte Formen hervorzubringen, oder die seinige |418.15| zu neuen Gestalten (die doch aber immer aus jenem Zwecke und ihm gemäß #368# erfolgen) zu entwickeln. Es ist rühmlich, vermittelst einer comparativen Anatomie die große Schöpfung organisirter Naturen durchzugehen, um zu sehen: ob sich daran nicht etwas einem System Ähnliches und zwar dem Erzeugungsprincip |418.20| nach vorfinde; ohne daß wir nöthig haben, beim bloßen Beurtheilungsprincip (welches für die Einsicht ihrer Erzeugung keinen Aufschluß giebt) stehen zu bleiben und muthlos allen Anspruch auf =Natureinsicht= in diesem Felde aufzugeben. Die Übereinkunft so vieler Thiergattungen in einem gewissen gemeinsamen Schema, das nicht allein in ihrem Knochenbau, |418.25| sondern auch in der Anordnung der übrigen Theile zum Grunde zu liegen scheint, wo bewundrungswürdige Einfalt des Grundrisses durch Verkürzung einer und Verlängerung anderer, durch Einwickelung dieser und Auswickelung jener Theile eine so große Mannigfaltigkeit von Species hat hervorbringen können, läßt einen obgleich schwachen Strahl |418.30| von Hoffnung in das Gemüth fallen, daß hier wohl etwas mit dem Princip des Mechanismus der Natur, ohne welches es überhaupt keine Naturwissenschaft geben kann, auszurichten sein möchte. Diese Analogie der Formen, sofern sie bei aller Verschiedenheit einem gemeinschaftlichen Urbilde gemäß erzeugt zu sein scheinen, verstärkt die Vermuthung einer |418.35| wirklichen Verwandtschaft derselben in der Erzeugung von einer gemeinschaftlichen Urmutter durch die stufenartige Annäherung einer Thiergattung #369# zur andern, von derjenigen an, in welcher das Princip der Zwecke am meisten bewährt zu sein scheint, nämlich dem Menschen, bis zum Polyp, von diesem sogar bis zu Moosen und Flechten und endlich zu der niedrigsten uns merklichen Stufe der Natur, zur rohen Materie: aus welcher und ihren Kräften nach mechanischen Gesetzen (gleich denen, wornach |419.5| sie in Krystallerzeugungen wirkt) die ganze Technik der Natur, die uns in organisirten Wesen so unbegreiflich ist, daß wir uns dazu ein anderes Princip zu denken genöthigt glauben, abzustammen scheint. Hier steht es nun dem =Archäologen= der Natur frei, aus den übriggebliebenen Spuren ihrer ältesten Revolutionen nach allem ihm bekannten |419.10| oder gemuthmaßten Mechanism derselben jene große Familie von Geschöpfen (denn so müßte man sie sich vorstellen, wenn die genannte durchgängig zusammenhängende Verwandtschaft einen Grund haben soll) entspringen zu lassen. Er kann den Mutterschooß der Erde, die eben aus ihrem chaotischen Zustande herausging (gleichsam als ein großes Thier), |419.15| anfänglich Geschöpfe von minder-zweckmäßiger Form, diese wiederum andere, welche angemessener ihrem Zeugungsplatze und ihrem Verhältnisse unter einander sich ausbildeten, gebären lassen; bis diese Gebärmutter selbst, erstarrt, sich verknöchert, ihre Geburten auf bestimmte, fernerhin nicht ausartende Species eingeschränkt hätte, und die Mannigfaltigkeit so |419.20| #370# bliebe, wie sie am Ende der Operation jener fruchtbaren Bildungskraft ausgefallen war. — Allein er muß gleichwohl zu dem Ende dieser allgemeinen Mutter eine auf alle diese Geschöpfe zweckmäßig gestellte Organisation beilegen, widrigenfalls die Zweckform der Producte des Thier- und Pflanzenreichs ihrer Möglichkeit nach gar nicht zu denken ist.[29] Alsdann |419.25| aber hat er den Erklärungsgrund nur weiter aufgeschoben und kann sich nicht anmaßen, die Erzeugung jener zwei Reiche von der Bedingung der #371# Endursachen unabhängig gemacht zu haben. [29] Eine Hypothese von solcher Art kann man ein gewagtes Abenteuer der Vernunft nennen; und es mögen wenige selbst von den scharfsinnigsten Naturforschern sein, denen es nicht bisweilen durch den Kopf gegangen wäre. Denn ungereimt ist es eben nicht, wie die _generatio aequivoca_, worunter man die Erzeugung eines organisirten Wesens durch die Mechanik der rohen unorganisirten Materie versteht. Sie |419.30| wäre immer noch _generatio univoca_ in der allgemeinsten Bedeutung des Worts, sofern nur etwas Organisches aus einem andern Organischen, obzwar unter dieser Art Wesen specifisch von ihm Unterschiedenen, erzeugt würde; z. B. wenn gewisse Wasserthiere sich nach und nach zu Sumpfthieren und aus diesen nach einigen Zeugungen zu Landthieren ausbildeten. _A priori_, im Urtheile der bloßen Vernunft, |419.35| widerstreitet sich das nicht. Allein die Erfahrung zeigt davon kein Beispiel, nach der vielmehr alle Zeugung, die wir kennen, _generatio homonyma_ ist, nicht bloß _univoca_ im Gegensatz mit der Zeugung aus unorganisirtem Stoffe, sondern auch ein in der Organisation selbst mit dem Erzeugenden gleichartiges Product hervorbringt, und die _generatio heteronyma_, so weit unsere Erfahrungskenntniß der Natur |420.35| reicht, nirgend angetroffen wird. Selbst, was die Veränderung betrifft, welcher gewisse Individuen der organisirten Gattungen zufälligerweise unterworfen werden, wenn man |420.5| findet, daß ihr so abgeänderter Charakter erblich und in die Zeugungskraft aufgenommen wird, so kann sie nicht füglich anders denn als gelegentliche Entwickelung einer in der Species ursprünglich vorhandenen zweckmäßigen Anlage zur Selbsterhaltung der Art beurtheilt werden: weil das Zeugen seines gleichen bei der durchgängigen innern Zweckmäßigkeit |420.10| eines organisirten Wesens mit der Bedingung nichts in die Zeugungskraft aufzunehmen, was nicht auch in einem solchen System von Zwecken zu einer der unentwickelten ursprünglichen Anlagen gehört, so nahe verbunden ist. Denn wenn man von diesem Princip abgeht, so kann man mit Sicherheit nicht wissen, ob nicht mehrere Stücke der jetzt |420.15| an einer Species anzutreffenden Form eben so zufälligen zwecklosen Ursprungs sein mögen; und das Princip der Teleologie: in einem organisirten Wesen nichts von dem, was sich in der Fortpflanzung desselben erhält, als unzweckmäßig zu beurtheilen, müßte dadurch in der Anwendung sehr unzuverlässig werden und lediglich für den Urstamm (den wir aber |420.20| nicht mehr kennen) gültig sein. =Hume= macht wider diejenigen, welche für alle solche Naturzwecke #372# ein teleologisches Princip der Beurtheilung, d. i. einen architektonischen Verstand, anzunehmen nöthig finden, die Einwendung: daß man mit eben dem Rechte fragen könnte, wie denn ein solcher Verstand möglich sei, |420.25| d. i. wie die mancherlei Vermögen und Eigenschaften, welche die Möglichkeit eines Verstandes, der zugleich ausführende Macht hat, ausmachen, sich so zweckmäßig in einem Wesen haben zusammen finden können. Allein dieser Einwurf ist nichtig. Denn die ganze Schwierigkeit, welche die Frage wegen der ersten Erzeugung eines in sich selbst Zwecke enthaltenden |420.30| und durch sie allein begreiflichen Dinges umgiebt, beruht auf der Nachfrage nach Einheit des Grundes der Verbindung des Mannigfaltigen =außer einander= in diesem Producte; da denn, wenn dieser Grund in dem Verstande einer hervorbringenden Ursache als einfacher Substanz gesetzt wird, jene Frage, sofern sie teleologisch ist, hinreichend beantwortet wird, wenn aber die Ursache bloß in der Materie, als einem Aggregat vieler Substanzen außer einander, gesucht wird, die Einheit des Princips für die innerlich zweckmäßige Form ihrer Bildung gänzlich ermangelt; |421.5| und die =Autokratie= der Materie in Erzeugungen, welche von unserm Verstande nur als Zwecke begriffen werden können, ist ein Wort ohne Bedeutung. Daher kommt es, daß diejenigen, welche für die objectiv-zweckmäßigen Formen der Materie einen obersten Grund der Möglichkeit derselben |421.10| #373# suchen, ohne ihm eben einen Verstand zuzugestehen, das Weltganze doch gern zu einer einigen, allbefassenden Substanz (Pantheism), oder (welches nur eine bestimmtere Erklärung des vorigen ist) zu einem Inbegriffe vieler einer einigen =einfachen Substanz= inhärirenden Bestimmungen (Spinozism) machen, bloß um jene Bedingung aller Zweckmäßigkeit, die |421.15| =Einheit= des Grundes, heraus zu bekommen; wobei sie zwar =einer= Bedingung der Aufgabe, nämlich der Einheit in der Zweckbeziehung, vermittelst des bloß ontologischen Begriffs einer einfachen Substanz ein Genüge thun, aber für die =andere= Bedingung, nämlich das Verhältniß derselben zu ihrer Folge als =Zweck=, wodurch jener ontologische Grund |421.20| für die Frage näher bestimmt werden soll, nichts anführen, mithin =die ganze= Frage keinesweges beantworten. Auch bleibt sie schlechterdings unbeantwortlich (für unsere Vernunft), wenn wir jenen Urgrund der Dinge nicht als einfache =Substanz= und dieser ihre Eigenschaft zu der specifischen Beschaffenheit der auf sie sich gründenden Naturformen, |421.25| nämlich der Zweckeinheit, nicht als die einer intelligenten Substanz, das Verhältniß aber derselben zu den letzteren (wegen der Zufälligkeit, die wir an allem finden, was wir uns nur als Zweck möglich denken) nicht als das Verhältniß einer =Causalität= uns vorstellen. § 81. |421.30| #374# Von der Beigesellung des Mechanismus zum teleologischen Princip in der Erklärung eines Naturzwecks als Naturproducts. Gleich wie der Mechanism der Natur nach dem vorhergehenden § allein nicht zulangen kann, um sich die Möglichkeit eines organisirten |421.35| Wesens darnach zu denken, sondern (wenigstens nach der Beschaffenheit unsers Erkenntnißvermögens) einer absichtlich wirkenden Ursache ursprünglich untergeordnet werden muß: so langt eben so wenig der bloße teleologische Grund eines solchen Wesens hin, es zugleich als ein Product der Natur zu betrachten und zu beurtheilen, wenn nicht der Mechanism |422.5| der letzteren dem ersteren beigesellt wird, gleichsam als das Werkzeug einer absichtlich wirkenden Ursache, deren Zwecke die Natur in ihren mechanischen Gesetzen gleichwohl untergeordnet ist. Die Möglichkeit einer solchen Vereinigung zweier ganz verschiedener Arten von Causalität, der Natur in ihrer allgemeinen Gesetzmäßigkeit mit einer Idee, welche jene auf eine |422.10| besondere Form einschränkt, wozu sie für sich gar keinen Grund enthält, begreift unsere Vernunft nicht; sie liegt im übersinnlichen Substrat der Natur, wovon wir nichts bejahend bestimmen können, als daß es das Wesen an sich sei, von welchem wir bloß die Erscheinung kennen. Aber das Princip: alles, was wir als zu dieser Natur (_Phaenomenon_) gehörig |422.15| #375# und als Product derselben annehmen, auch nach mechanischen Gesetzen mit ihr verknüpft denken zu müssen, bleibt nichts desto weniger in seiner Kraft: weil ohne diese Art von Causalität organisirte Wesen, als Zwecke der Natur, doch keine Naturproducte sein würden. Wenn nun das teleologische Princip der Erzeugung dieser Wesen angenommen |422.20| wird (wie es denn nicht anders sein kann): so kann man entweder den =Occasionalism=, oder den =Prästabilism= der Ursache ihrer innerlich zweckmäßigen Form zum Grunde legen. Nach dem ersteren würde die oberste Weltursache ihrer Idee gemäß bei Gelegenheit einer jeden Begattung der in derselben sich mischenden Materie unmittelbar die |422.25| organische Bildung geben; nach dem zweiten würde sie in die anfänglichen Producte dieser ihrer Weisheit nur die Anlage gebracht haben, vermittelst deren ein organisches Wesen seines Gleichen hervorbringt und die Species sich selbst beständig erhält, imgleichen der Abgang der Individuen durch ihre zugleich an ihrer Zerstörung arbeitende Natur continuirlich ersetzt |422.30| wird. Wenn man den Occasionalism der Hervorbringung organisirter Wesen annimmt, so geht alle Natur hiebei gänzlich verloren, mit ihr auch aller Vernunftgebrauch, über die Möglichkeit einer solchen Art Producte zu urtheilen; daher man voraussetzen kann, daß niemand dieses System annehmen wird, dem es irgend um Philosophie zu thun ist. |422.35| Der =Prästabilism= kann nun wiederum auf zwiefache Art verfahren. #376# Er betrachtet nämlich ein jedes von seines Gleichen gezeugte organische Wesen entweder als das =Educt=, oder als das =Product= des ersteren. Das System der Zeugungen als bloßer Educte heißt das der =individuellen Präformation=, oder auch die =Evolutionstheorie=; das der Zeugungen als Producte wird das System der =Epigenesis= genannt. Dieses letztere kann auch System =der generischen Präformation= genannt |423.5| werden: weil das productive Vermögen der Zeugenden doch nach den inneren zweckmäßigen Anlagen, die ihrem Stamme zu Theil wurden, also die specifische Form _virtualiter_ präformirt war. Diesem gemäß würde man die entgegenstehende Theorie der individuellen Präformation auch besser =Involutionstheorie= (oder die der Einschachtelung) nennen |423.10| können. Die Verfechter der =Evolutionstheorie=, welche jedes Individuum von der bildenden Kraft der Natur ausnehmen, um es unmittelbar aus der Hand des Schöpfers kommen zu lassen, wollten es also doch nicht wagen, dieses nach der Hypothese des Occasionalisms geschehen zu lassen, |423.15| so daß die Begattung eine bloße Formalität wäre, unter der eine oberste verständige Weltursache beschlossen hätte, jedesmal eine Frucht mit unmittelbarer Hand zu bilden und der Mutter nur die Auswickelung und Ernährung derselben zu überlassen. Sie erklärten sich für die Präformation; #377# gleich als wenn es nicht einerlei wäre, übernatürlicher Weise im |423.20| Anfange oder im Fortlaufe der Welt dergleichen Formen entstehen zu lassen, und nicht vielmehr eine große Menge übernatürlicher Anstalten durch gelegentliche Schöpfung erspart würde, welche erforderlich wären, damit der im Anfange der Welt gebildete Embryo die lange Zeit hindurch bis zu seiner Entwickelung nicht von den zerstörenden Kräften der Natur |423.25| litte und sich unverletzt erhielte, imgleichen eine unermeßlich größere Zahl solcher vorgebildeten Wesen, als jemals entwickelt werden sollten, und mit ihnen eben so viel Schöpfungen dadurch unnöthig und zwecklos gemacht würden. Allein sie wollten doch wenigstens etwas hierin der Natur überlassen, um nicht gar in völlige Hyperphysik zu gerathen, die aller Naturerklärung |423.30| entbehren kann. Sie hielten zwar noch fest an ihrer Hyperphysik, selbst da sie an Mißgeburten (die man doch unmöglich für Zwecke der Natur halten kann) eine bewunderungswürdige Zweckmäßigkeit fanden, sollte sie auch nur darauf abgezielt sein, daß ein Anatomiker einmal daran, als einer zwecklosen Zweckmäßigkeit, Anstoß nehmen und niederschlagende |423.35| Bewunderung fühlen sollte. Aber die Erzeugung der Bastarte konnten sie schlechterdings nicht in das System der Präformation hineinpassen, sondern mußten dem Samen der männlichen Geschöpfe, dem sie übrigens nichts als die mechanische Eigenschaft, zum ersten Nahrungsmittel des Embryo zu dienen, zugestanden hatten, doch noch obenein eine #378# zweckmäßig bildende Kraft zugestehen: welche sie doch in Ansehung des ganzen Products einer Erzeugung von zwei Geschöpfen derselben Gattung |424.5| keinem von beiden einräumen wollten. Wenn man dagegen an dem Vertheidiger der =Epigenesis= den großen Vorzug, den er in Ansehung der Erfahrungsgründe zum Beweise seiner Theorie vor dem ersteren hat, gleich nicht kennte: so würde die Vernunft doch schon zum Voraus für seine Erklärungsart mit vorzüglicher |424.10| Gunst eingenommen sein, weil sie die Natur in Ansehung der Dinge, welche man ursprünglich nur nach der Causalität der Zwecke sich als möglich vorstellen kann, doch wenigstens, was die Fortpflanzung betrifft, als selbst hervorbringend, nicht bloß als entwickelnd betrachtet und so doch mit dem kleinst-möglichen Aufwande des Übernatürlichen alles Folgende |424.15| vom ersten Anfange an der Natur überläßt (ohne aber über diesen ersten Anfang, an dem die Physik überhaupt scheitert, sie mag es mit einer Kette der Ursachen versuchen, mit welcher sie wolle, etwas zu bestimmen). In Ansehung dieser Theorie der Epigenesis hat niemand mehr sowohl zum Beweise derselben, als auch zur Gründung der ächten Principien |424.20| ihrer Anwendung zum Theil durch die Beschränkung eines zu vermessenen Gebrauchs derselben geleistet, als Herr Hofr. =Blumenbach=. Von organisirter Materie hebt er alle physische Erklärungsart dieser Bildungen #379# an. Denn daß rohe Materie sich nach mechanischen Gesetzen ursprünglich selbst gebildet habe, daß aus der Natur des Leblosen Leben |424.25| habe entspringen und Materie in die Form einer sich selbst erhaltenden Zweckmäßigkeit sich von selbst habe fügen können, erklärt er mit Recht für vernunftwidrig; läßt aber zugleich dem Naturmechanism unter diesem uns unerforschlichen =Princip= einer ursprünglichen =Organisation= einen unbestimmbaren, zugleich doch auch unverkennbaren Antheil, wozu das |424.30| Vermögen der Materie (zum Unterschiede von der ihr allgemein beiwohnenden bloß mechanischen =Bildungskraft=) von ihm in einem organisirten Körper ein (gleichsam unter der höheren Leitung und Anweisung der ersteren stehender) =Bildungstrieb= genannt wird. § 82. Von dem teleologischen System in den äußern Verhältnissen organisirter Wesen. Unter der äußern Zweckmäßigkeit verstehe ich diejenige, da ein Ding der Natur einem andern als Mittel zum Zwecke dient. Nun können Dinge, |425.5| die keine innere Zweckmäßigkeit haben, oder zu ihrer Möglichkeit voraussetzen, z. B. Erden, Luft, Wasser u. s. w., gleichwohl äußerlich, d. i. im Verhältniß auf andere Wesen, sehr zweckmäßig sein; aber diese müssen #380# jederzeit organisirte Wesen, d. i. Naturzwecke, sein, denn sonst könnten jene auch nicht als Mittel beurtheilt werden. So können Wasser, Luft |425.10| und Erden nicht als Mittel zu Anhäufung von Gebirgen angesehen werden, weil diese an sich gar nichts enthalten, was einen Grund ihrer Möglichkeit nach Zwecken erforderte, worauf in Beziehung also ihre Ursache niemals unter dem Prädicate eines Mittels (das dazu nützte) vorgestellt werden kann. |425.15| Die äußere Zweckmäßigkeit ist ein ganz anderer Begriff, als der Begriff der inneren, welche mit der Möglichkeit eines Gegenstandes, unangesehen ob seine Wirklichkeit selbst Zweck sei oder nicht, verbunden ist. Man kann von einem organisirten Wesen noch fragen: Wozu ist es da? aber nicht leicht von Dingen, an denen man bloß die Wirkung vom Mechanism |425.20| der Natur erkennt. Denn in jenen stellen wir uns schon eine Causalität nach Zwecken zu ihrer inneren Möglichkeit, einen schaffenden Verstand, vor und beziehen dieses thätige Vermögen auf den Bestimmungsgrund desselben, die Absicht. Es giebt nur eine einzige äußere Zweckmäßigkeit, die mit der innern der Organisation zusammenhängt |425.25| und, ohne daß die Frage sein darf, zu welchem Ende dieses so organisirte Wesen eben habe existiren müssen, dennoch im äußeren Verhältniß eines Mittels zum Zwecke dient. Dieses ist die Organisation beiderlei Geschlechts #381# in Beziehung auf einander zur Fortpflanzung ihrer Art; denn hier kann man immer noch eben so wie bei einem Individuum fragen: |425.30| Warum mußte ein solches Paar existiren? Die Antwort ist: Dieses hier macht allererst ein =organisirendes= Ganze aus, obzwar nicht ein organisirtes in einem einzigen Körper. Wenn man nun fragt, wozu ein Ding da ist, so ist die Antwort entweder: Sein Dasein und seine Erzeugung hat gar keine Beziehung auf |425.35| eine nach Absichten wirkende Ursache, und alsdann versteht man immer einen Ursprung derselben aus dem Mechanism der Natur; oder: Es ist irgend ein absichtlicher Grund seines Daseins (als eines zufälligen Naturwesens), und diesen Gedanken kann man schwerlich von dem Begriffe eines organisirten Dinges trennen: weil, da wir einmal seiner innern Möglichkeit eine Causalität der Endursachen und eine Idee, die dieser |426.5| zum Grunde liegt, unterlegen müssen, wir auch die Existenz dieses Productes nicht anders denn als Zweck denken können. Denn die vorgestellte Wirkung, deren Vorstellung zugleich der Bestimmungsgrund der verständigen wirkenden Ursache zu ihrer Hervorbringung ist, heißt =Zweck=. In diesem Falle also kann man entweder sagen: Der Zweck der Existenz eines |426.10| solchen Naturwesens ist in ihm selbst, d. i. es ist nicht bloß Zweck, sondern auch =Endzweck=; oder: Dieser ist außer ihm in anderen Naturwesen, d. i. es existirt zweckmäßig nicht als Endzweck, sondern nothwendig zugleich #382# als Mittel. Wenn wir aber die ganze Natur durchgehen, so finden wir in ihr als |426.15| Natur kein Wesen, welches auf den Vorzug, Endzweck der Schöpfung zu sein, Anspruch machen könnte; und man kann sogar _a priori_ beweisen: daß dasjenige, was etwa noch für die Natur ein =letzter Zweck= sein könnte, nach allen erdenklichen Bestimmungen und Eigenschaften, womit man es ausrüsten möchte, doch als Naturding niemals ein =Endzweck= |426.20| sein könne. Wenn man das Gewächsreich ansieht, so könnte man anfänglich durch die unermeßliche Fruchtbarkeit, durch welche es sich beinahe über jeden Boden verbreitet, auf den Gedanken gebracht werden, es für ein bloßes Product des Mechanisms der Natur, welchen sie in den Bildungen |426.25| des Mineralreichs zeigt, zu halten. Eine nähere Kenntniß aber der unbeschreiblich weisen Organisation in demselben läßt uns an diesem Gedanken nicht haften, sondern veranlaßt die Frage: Wozu sind diese Geschöpfe da? Wenn man sich antwortet: Für das Thierreich, welches dadurch genährt wird, damit es sich in so mannigfaltigen Gattungen über |426.30| die Erde habe verbreiten können, so kommt die Frage wieder: Wozu sind denn diese pflanzen-verzehrenden Thiere da? Die Antwort würde etwa sein: Für die Raubthiere, die sich nur von dem nähren können, was Leben #383# hat. Endlich ist die Frage: Wozu sind diese sammt den vorigen Naturreichen gut? Für den Menschen zu dem mannigfaltigen Gebrauche, den |426.35| ihn sein Verstand von allen jenen Geschöpfen machen lehrt; und er ist der letzte Zweck der Schöpfung hier auf Erden, weil er das einzige Wesen auf derselben ist, welches sich einen Begriff von Zwecken machen und aus einem Aggregat von zweckmäßig gebildeten Dingen durch seine Vernunft ein System der Zwecke machen kann. Man könnte auch mit dem Ritter Linné den dem Scheine nach umgekehrten Weg gehen und sagen: Die gewächsfressenden Thiere sind da, |427.5| um den üppigen Wuchs des Pflanzenreichs, wodurch viele Species derselben erstickt werden würden, zu mäßigen; die Raubthiere, um der Gefräßigkeit jener Gränzen zu setzen; endlich der Mensch, damit, indem er diese verfolgt und vermindert, ein gewisses Gleichgewicht unter den hervorbringenden und den zerstörenden Kräften der Natur gestiftet werde. |427.10| Und so würde der Mensch, so sehr er auch in gewisser Beziehung als Zweck gewürdigt sein möchte, doch in anderer wiederum nur den Rang eines Mittels haben. Wenn man sich eine objective Zweckmäßigkeit in der Mannigfaltigkeit der Gattungen der Erdgeschöpfe und ihrem äußern Verhältnisse zu |427.15| einander; als zweckmäßig construirter Wesen, zum Princip macht: so ist es der Vernunft gemäß, sich in diesem Verhältnisse wiederum eine gewisse #384# Organisation und ein System aller Naturreiche nach Endursachen zu denken. Allein hier scheint die Erfahrung der Vernunftmaxime laut zu widersprechen, vornehmlich was einen letzten Zweck der Natur betrifft, der doch |427.20| zu der Möglichkeit eines solchen Systems erforderlich ist, und den wir nirgend anders als im Menschen setzen können: da vielmehr in Ansehung dieses, als einer der vielen Thiergattungen, die Natur so wenig von den zerstörenden als erzeugenden Kräften die mindeste Ausnahme gemacht hat, alles einem Mechanism derselben ohne einen Zweck zu unterwerfen. |427.25| Das erste, was in einer Anordnung zu einem zweckmäßigen Ganzen der Naturwesen auf der Erde absichtlich eingerichtet sein müßte, würde wohl ihr Wohnplatz, der Boden und das Element sein, auf und in welchem sie ihr Fortkommen haben sollten. Allein eine genauere Kenntniß der Beschaffenheit dieser Grundlage aller organischen Erzeugung giebt |427.30| auf keine anderen als ganz unabsichtlich wirkende, ja eher noch verwüstende, als Erzeugung, Ordnung und Zwecke begünstigende Ursachen Anzeige. Land und Meer enthalten nicht allein Denkmäler von alten mächtigen Verwüstungen, die sie und alle Geschöpfe auf und in demselben betroffen haben, in sich; sondern ihr ganzes Bauwerk, die Erdlager des einen und |427.35| die Gränzen des andern haben gänzlich das Ansehen des Products wilder, allgewaltiger Kräfte einer im chaotischen Zustande arbeitenden Natur. So zweckmäßig auch jetzt die Gestalt, das Bauwerk und der Abhang der #385# Länder für die Aufnahme der Gewässer aus der Luft, für die Quelladern zwischen Erdschichten von mannigfaltiger Art (für mancherlei Producte) und den Lauf der Ströme angeordnet zu sein scheinen mögen: so beweiset doch eine nähere Untersuchung derselben, daß sie bloß als die Wirkung |428.5| theils feuriger, theils wässeriger Eruptionen, oder auch Empörungen des Oceans zu Stande gekommen sind; sowohl was die erste Erzeugung dieser Gestalt, als vornehmlich die nachmalige Umbildung derselben zugleich mit dem Untergange ihrer ersten organischen Erzeugungen betrifft.[30] Wenn nun der Wohnplatz, der Mutterboden (des Landes) und der Mutterschooß |428.10| (des Meeres), für alle diese Geschöpfe auf keinen andern als einen gänzlich unabsichtlichen Mechanism seiner Erzeugung Anzeige giebt: wie und #386# mit welchem Recht können wir für diese letztern Producte einen andern Ursprung verlangen und behaupten? Wenn gleich der Mensch, wie die genaueste Prüfung der Überreste jener Naturverwüstungen (nach Camper's |428.15| Urtheile) zu beweisen scheint, in diesen Revolutionen nicht mit begriffen war: so ist er doch von den übrigen Erdgeschöpfen so abhängig, daß, wenn ein über die anderen allgemeinwaltender Mechanism der Natur eingeräumt wird, er als darunter mit begriffen angesehen werden muß; wenn ihn gleich sein Verstand (großentheils wenigstens) unter ihren Verwüstungen |428.20| hat retten können. [30] Wenn der einmal angenommene Name =Naturgeschichte= für Naturbeschreibung bleiben soll, so kann man das, was die erstere buchstäblich anzeigt, nämlich eine Vorstellung des ehemaligen, =alten= Zustandes der Erde, worüber man, |428.30| wenn man gleich keine Gewißheit hoffen darf, doch mit gutem Grunde Vermuthungen wagt, die =Archäologie= der =Natur= im Gegensatz mit der Kunst nennen. Zu jener würden die Petrefacten, so wie zu dieser die geschnittenen Steine u. s. w. gehören. Denn da man doch wirklich an einer solchen (unter dem Namen einer Theorie der Erde) beständig, wenn gleich wie billig langsam arbeitet, so wäre dieser |428.35| Namen eben nicht einer bloß eingebildeten Naturforschung gegeben, sondern einer solchen, zu der die Natur selbst uns einladet und auffordert. Dieses Argument scheint aber mehr zu beweisen, als die Absicht enthielt, wozu es aufgestellt war: nämlich nicht bloß, daß der Mensch kein letzter Zweck der Natur und aus dem nämlichen Grunde das Aggregat der organisirten Naturdinge auf der Erde nicht ein System von Zwecken sein |428.25| könne; sondern daß gar die vorher für Naturzwecke gehaltenen Naturproducte keinen andern Ursprung haben, als den Mechanism der Natur. Allein in der obigen Auflösung der Antinomie der Principien der mechanischen und der teleologischen Erzeugungsart der organischen Naturwesen haben wir gesehen: daß, da sie in Ansehung der nach ihren besondern Gesetzen (zu deren systematischem Zusammenhange uns aber der Schlüssel fehlt) bildenden Natur bloß Principien der reflectirenden Urtheilskraft |429.5| #387# sind, die nämlich ihren Ursprung nicht an sich bestimmen, sondern nur sagen, daß wir nach der Beschaffenheit unseres Verstandes und unsrer Vernunft ihn in dieser Art Wesen nicht anders als nach Endursachen denken können, die größtmögliche Bestrebung, ja Kühnheit in Versuchen sie mechanisch zu erklären nicht allein erlaubt ist, sondern wir auch |429.10| durch Vernunft dazu aufgerufen sind, ungeachtet wir wissen, daß wir damit aus subjectiven Gründen der besondern Art und Beschränkung unseres Verstandes (und nicht etwa, weil der Mechanism der Erzeugung einem Ursprunge nach Zwecken an sich widerspräche) niemals auslangen können; und daß endlich in dem übersinnlichen Princip der Natur (sowohl außer |429.15| uns als in uns) gar wohl die Vereinbarkeit beider Arten sich die Möglichkeit der Natur vorzustellen liegen könne, indem die Vorstellungsart nach Endursachen nur eine subjective Bedingung unseres Vernunftgebrauchs sei, wenn sie die Beurtheilung der Gegenstände nicht bloß als Erscheinungen angestellt wissen will, sondern diese Erscheinungen selbst sammt ihren |429.20| Principien auf das übersinnliche Substrat zu beziehen verlangt, um gewisse Gesetze der Einheit derselben möglich zu finden, die sie sich nicht anders als durch Zwecke (wovon die Vernunft auch solche hat, die übersinnlich sind) vorstellig machen kann. §. 83 |429.25| #388# Von dem letzten Zwecke der Natur als eines teleologischen Systems. Wir haben im vorigen gezeigt, daß wir den Menschen nicht bloß wie alle organisirte Wesen als Naturzweck, sondern auch hier auf Erden als den =letzten= Zweck der Natur, in Beziehung auf welchen alle übrige Naturdinge |429.30| ein System von Zwecken ausmachen, nach Grundsätzen der Vernunft zwar nicht für die bestimmende, doch für die reflectirende Urtheilskraft zu beurtheilen hinreichende Ursache haben. Wenn nun dasjenige im Menschen selbst angetroffen werden muß, was als Zweck durch seine Verknüpfung mit der Natur befördert werden soll: so muß entweder der Zweck |429.35| von der Art sein, daß er selbst durch die Natur in ihrer Wohlthätigkeit befriedigt werden kann; oder es ist die Tauglichkeit und Geschicklichkeit zu allerlei Zwecken, wozu die Natur (äußerlich und innerlich) von ihm gebraucht werden könne. Der erste Zweck der Natur würde die =Glückseligkeit=, der zweite die =Cultur= des Menschen sein. |430.5| Der Begriff der Glückseligkeit ist nicht ein solcher, den der Mensch etwa von seinen Instincten abstrahirt und so aus der Thierheit in ihm selbst hernimmt; sondern ist eine bloße =Idee= eines Zustandes, welcher er den letzteren unter bloß empirischen Bedingungen (welches unmöglich ist) #389# adäquat machen will. Er entwirft sie sich selbst und zwar auf so verschiedene |430.10| Art durch seinen mit der Einbildungskraft und den Sinnen verwickelten Verstand; er ändert sogar diesen so oft, daß die Natur, wenn sie auch seiner Willkür gänzlich unterworfen wäre, doch schlechterdings kein bestimmtes allgemeines und festes Gesetz annehmen könnte, um mit diesem schwankenden Begriff und so mit dem Zweck, den jeder sich willkürlicher |430.15| Weise vorsetzt, übereinzustimmen. Aber selbst wenn wir entweder diesen auf das wahrhafte Naturbedürfniß, worin unsere Gattung durchgängig mit sich übereinstimmt, herabsetzen, oder andererseits die Geschicklichkeit sich eingebildete Zwecke zu verschaffen noch so hoch steigern wollten: so würde doch, was der Mensch unter Glückseligkeit versteht, und was in der |430.20| That sein eigener letzter Naturzweck (nicht Zweck der Freiheit) ist, von ihm nie erreicht werden; denn seine Natur ist nicht von der Art, irgendwo im Besitze und Genusse aufzuhören und befriedigt zu werden. Andrerseits ist so weit gefehlt, daß die Natur ihn zu ihrem besondern Liebling aufgenommen und vor allen Thieren mit Wohltun begünstigt habe, daß sie |430.25| ihn vielmehr in ihren verderblichen Wirkungen, in Pest, Hunger, Wassergefahr, Frost, Anfall von andern großen und kleinen Thieren u. d. gl., eben so wenig verschont, wie jedes andere Thier; noch mehr aber, daß das Widersinnische der =Naturanlagen= in ihm ihn noch in selbstersonnene Plagen und noch andere von seiner eigenen Gattung durch den Druck der |430.30| #390# Herrschaft, die Barbarei der Kriege u. s. w. in solche Noth versetzt und er selbst, so viel an ihm ist, an der Zerstörung seiner eigenen Gattung arbeitet, daß selbst bei der wohlthätigsten Natur außer uns der Zweck derselben, wenn er auf die Glückseligkeit unserer Species gestellt wäre, in einem System derselben auf Erden nicht erreicht werden würde, weil die |430.35| Natur in uns derselben nicht empfänglich ist. Er ist also immer nur Glied in der Kette der Naturzwecke: zwar Princip in Ansehung manches Zwecks, wozu die Natur ihn in ihrer Anlage bestimmt zu haben scheint, indem er sich selbst dazu macht; aber doch auch Mittel zur Erhaltung der Zweckmäßigkeit im Mechanism der übrigen Glieder. Als das einzige Wesen auf Erden, welches Verstand, mithin ein Vermögen hat, sich selbst willkürlich Zwecke zu setzen, ist er zwar betitelter Herr der Natur und, |431.5| wenn man diese als ein teleologisches System ansieht, seiner Bestimmung nach der letzte Zweck der Natur; aber immer nur bedingt, nämlich daß er es verstehe und den Willen habe, dieser und ihm selbst eine solche Zweckbeziehung zu geben, die unabhängig von der Natur sich selbst genug, mithin Endzweck sein könne, der aber in der Natur gar nicht gesucht |431.10| werden muß. Um aber auszufinden, worein wir am Menschen wenigstens jenen =letzten= Zweck der Natur zu setzen haben, müssen wir dasjenige, was die #391# Natur zu leisten vermag, um ihn zu dem vorzubereiten, was er selbst thun muß, um Endzweck zu sein, heraussuchen und es von allen den Zwecken |431.15| absondern, deren Möglichkeit auf Bedingungen beruht, die man allein von der Natur erwarten darf. Von der letztern Art ist die Glückseligkeit auf Erden, worunter der Inbegriff aller durch die Natur außer und in dem Menschen möglichen Zwecke desselben verstanden wird; das ist die Materie aller seiner Zwecke auf Erden, die, wenn er sie zu seinem ganzen |431.20| Zwecke macht, ihn unfähig macht, seiner eigenen Existenz einen Endzweck zu setzen und dazu zusammen zu stimmen. Es bleibt also von allen seinen Zwecken in der Natur nur die formale, subjective Bedingung, nämlich der Tauglichkeit: sich selbst überhaupt Zwecke zu setzen und (unabhängig von der Natur in seiner Zweckbestimmung) die Natur den Maximen seiner |431.25| freien Zwecke überhaupt angemessen als Mittel zu gebrauchen, übrig, was die Natur in Absicht auf den Endzweck, der außer ihr liegt, ausrichten und welches also als ihr letzter Zweck angesehen werden kann. Die Hervorbringung der Tauglichkeit eines vernünftigen Wesens zu beliebigen Zwecken überhaupt (folglich in seiner Freiheit) ist die =Cultur=. Also kann |431.30| nur die Cultur der letzte Zweck sein, den man der Natur in Ansehung der Menschengattung beizulegen Ursache hat (nicht seine eigene Glückseligkeit auf Erden, oder wohl gar bloß das vornehmste Werkzeug zu sein, Ordnung #392# und Einhelligkeit in der vernunftlosen Natur außer ihm zu stiften). Aber nicht jede Cultur ist zu diesem letzten Zwecke der Natur hinlänglich. |431.35| Die der =Geschicklichkeit= ist freilich die vornehmste subjective Bedingung der Tauglichkeit zur Beförderung der Zwecke überhaupt; aber doch nicht hinreichend den =Willen= in der Bestimmung und Wahl seiner Zwecke zu befördern, welche doch zum ganzen Umfange eine Tauglichkeit zu Zwecken wesentlich gehört. Die letztere Bedingung der Tauglichkeit, welche man die Cultur der Zucht (Disciplin) nennen könnte, ist negativ und besteht in der Befreiung des Willens von dem Despotism der Begierden, |432.5| wodurch wir, an gewisse Naturdinge geheftet, unfähig gemacht werden, selbst zu wählen, indem wir uns die Triebe zu Fesseln dienen lassen, die uns die Natur nur statt Leitfäden beigegeben hat, um die Bestimmung der Thierheit in uns nicht zu vernachlässigen, oder gar zu verletzen, indeß wir doch frei genug sind, sie anzuziehen oder nachzulassen, |432.10| zu verlängern oder zu verkürzen, nachdem es die Zwecke der Vernunft erfordern. Die Geschicklichkeit kann in der Menschengattung nicht wohl entwickelt werden, als vermittelst der Ungleichheit unter Menschen: da die größte Zahl die Nothwendigkeit des Lebens gleichsam mechanisch, ohne |432.15| dazu besonders Kunst zu bedürfen, zur Gemächlichkeit und Muße anderer besorgt, welche die minder nothwendigen Stücke der Cultur, Wissenschaft #393# und Kunst, bearbeiten, und von diesen in einem Stande des Drucks, saurer Arbeit und wenig Genusses gehalten wird, auf welche Classe sich denn doch manches von der Cultur der höhern nach und nach auch verbreitet. |432.20| Die Plagen aber wachsen im Fortschritte derselben (dessen Höhe, wenn der Hang zum Entbehrlichen schon dem Unentbehrlichen Abbruch zu thun anfängt, Luxus heißt) auf beiden Seiten gleich mächtig, auf der einen durch fremde Gewaltthätigkeit, auf der andern durch innere Ungenügsamkeit; aber das glänzende Elend ist doch mit der Entwickelung der |432.25| Naturanlagen in der Menschengattung verbunden, und der Zweck der Natur selbst, wenn es gleich nicht unser Zweck ist, wird doch hiebei erreicht. Die formale Bedingung, unter welcher die Natur diese ihre Endabsicht allein erreichen kann, ist diejenige Verfassung im Verhältnisse der Menschen untereinander, wo dem Abbruche der einander wechselseitig widerstreitenden |432.30| Freiheit gesetzmäßige Gewalt in einem Ganzen, welches =bürgerliche Gesellschaft= heißt, entgegengesetzt wird; denn nur in ihr kann die größte Entwickelung der Naturanlagen geschehen. Zu derselben wäre aber doch, wenn gleich Menschen sie auszufinden klug und sich ihrem Zwange willig zu unterwerfen weise genug wären, noch ein =weltbürgerliches= Ganze, |432.35| d. i. ein System aller Staaten, die auf einander nachtheilig zu wirken in Gefahr sind, erforderlich. In dessen Ermangelung und bei dem Hinderniß, welches Ehrsucht, Herrschsucht und Habsucht vornehmlich bei denen, #394# die Gewalt in Händen haben, selbst der Möglichkeit eines solchen Entwurfs entgegen setzen, ist der =Krieg= (theils in welchem sich Staaten zerspalten und in kleinere auflösen, theils ein Staat andere, kleinere mit sich vereinigt und ein größeres Ganze zu bilden strebt) unvermeidlich: der, |433.5| so wie er ein unabsichtlicher (durch zügellose Leidenschaften angeregter) Versuch der Menschen, doch tief verborgener, vielleicht absichtlicher der obersten Weisheit ist, Gesetzmäßigkeit mit der Freiheit der Staaten und dadurch Einheit eines moralisch begründeten Systems derselben, wo nicht zu stiften, dennoch vorzubereiten und ungeachtet der schrecklichsten Drangsale, |433.10| womit er das menschliche Geschlecht belegt, und der vielleicht noch größern, womit die beständige Bereitschaft dazu im Frieden drückt, dennoch eine Triebfeder mehr ist (indessen die Hoffnung zu dem Ruhestande einer Volksglückseligkeit sich immer weiter entfernt) alle Talente, die zur Cultur dienen, bis zum höchsten Grade zu entwickeln. |433.15| Was die Disciplin der Neigungen betrifft, zu denen die Naturanlage in Absicht auf unsere Bestimmung als einer Thiergattung ganz zweckmäßig ist, die aber die Entwickelung der Menschheit sehr erschweren: so zeigt sich doch auch in Ansehung dieses zweiten Erfordernisses zur Cultur ein zweckmäßiges Streben der Natur zu einer Ausbildung, welche uns |433.20| höherer Zwecke, als die Natur selbst liefern kann, empfänglich macht. Das Übergewicht der Übel, welche die Verfeinerung des Geschmacks bis zur #395# Idealisirung desselben und selbst der Luxus in Wissenschaften, als einer Nahrung für die Eitelkeit, durch die unzubefriedigende Menge der dadurch erzeugten Neigungen über uns ausschüttet, ist nicht zu bestreiten: dagegen |433.25| aber der Zweck der Natur auch nicht zu verkennen, der Rohigkeit und dem Ungestüm derjenigen Neigungen, welche mehr der Thierheit in uns angehören und der Ausbildung zu unserer höheren Bestimmung am meisten entgegen sind (der Neigungen des Genusses), immer mehr abzugewinnen und der Entwickelung der Menschheit Platz zu machen. Schöne Kunst |433.30| und Wissenschaften, die durch eine Lust, die sich allgemein mittheilen läßt, und durch Geschliffenheit und Verfeinerung für die Gesellschaft, wenn gleich den Menschen nicht sittlich besser, doch gesittet machen, gewinnen der Tyrannei des Sinnenhanges sehr viel ab und bereiten dadurch den Menschen zu einer Herrschaft vor, in welcher die Vernunft allein Gewalt |433.35| haben soll: indeß die Übel, womit uns theils die Natur, theils die unvertragsame Selbstsucht der Menschen heimsucht, zugleich die Kräfte der Seele aufbieten, steigern und stählen, um jenen nicht zu unterliegen, und uns so eine Tauglichkeit zu höheren Zwecken, die in uns verborgen liegt, fühlen lassen.[31] [31] Was das Leben für uns für einen Werth habe, wenn dieser bloß nach dem geschätzt wird, =was man genießt= (dem natürlichen Zweck der Summe aller Neigungen, |434.25| der Glückseligkeit), ist leicht zu entscheiden. Er sinkt unter Null; denn wer wollte wohl das Leben unter denselben Bedingungen, oder auch nach einem neuen, selbstentworfenen (doch dem Naturlaufe gemäßen) Plane, der aber auch bloß auf Genuß gestellt wäre, aufs neue antreten? Welchen Werth das Leben dem zufolge habe, was es, nach dem Zwecke, den die Natur mit uns hat, geführt, in sich enthält und |434.30| welches in dem besteht, =was man thut= (nicht bloß genießt), wo wir aber immer doch nur Mittel zu unbestimmtem Endzwecke sind, ist oben gezeigt worden. Es bleibt also wohl nichts übrig, als der Werth, den wir unserem Leben selbst geben durch das, was wir nicht allein thun, sondern auch so unabhängig von der Natur zweckmäßig thun, daß selbst die Existenz der Natur nur unter dieser Bedingung |434.35| Zweck sein kann. § 84. #396# Von dem Endzwecke des Daseins einer Welt, d. i. der |434.5| Schöpfung selbst. =Endzweck= ist derjenige Zweck, der keines andern als Bedingung seiner Möglichkeit bedarf. Wenn für die Zweckmäßigkeit der Natur der bloße Mechanism derselben zum Erklärungsgrunde angenommen wird, so kann man nicht |434.10| fragen: wozu die Dinge in der Welt da sind; denn es ist alsdann nach einem solchen idealistischen System nur von der physischen Möglichkeit der Dinge (welche uns als Zwecke zu denken bloße Vernünftelei ohne Object sein würde) die Rede: man mag nun diese Form der Dinge auf den Zufall, oder blinde Nothwendigkeit deuten, in beiden Fällen wäre |434.15| #397# jene Frage leer. Nehmen wir aber die Zweckverbindung in der Welt für real und für sie eine besondere Art der Causalität, nämlich einer =absichtlich wirkenden= Ursache, an, so können wir bei der Frage nicht stehen bleiben: wozu Dinge der Welt (organisirte Wesen) diese oder jene Form haben, in diese oder jene Verhältnisse gegen andere von der Natur gesetzt |434.20| sind; sondern da einmal ein Verstand gedacht wird, der als die Ursache der Möglichkeit solcher Formen angesehen werden muß, wie sie wirklich an Dingen gefunden werden, so muß auch in eben demselben nach dem objectiven Grunde gefragt werden, der diesen productiven Verstand zu einer Wirkung dieser Art bestimmt haben könne, welcher dann der Endzweck ist, wozu dergleichen Dinge da sind. Ich habe oben gesagt: daß der Endzweck kein Zweck sei, welchen zu bewirken und der Idee desselben gemäß hervorzubringen, die Natur hinreichend |435.5| wäre, weil er unbedingt ist. Denn es ist nichts in der Natur (als einem Sinnenwesen), wozu der in ihr selbst befindliche Bestimmungsgrund nicht immer wiederum bedingt wäre; und dieses gilt nicht bloß von der Natur außer uns (der materiellen), sondern auch in uns (der denkenden): wohl zu verstehen, daß ich in mir nur das betrachte, was Natur ist. Ein |435.10| Ding aber, was nothwendig seiner objectiven Beschaffenheit wegen als Endzweck einer verständigen Ursache existiren soll, muß von der Art sein, daß es in der Ordnung der Zwecke von keiner anderweitigen Bedingung, #398# als bloß seiner Idee abhängig ist. Nun haben wir nur eine einzige Art Wesen in der Welt, deren Causalität |435.15| teleologisch, d. i. auf Zwecke gerichtet, und doch zugleich so beschaffen ist, daß das Gesetz, nach welchem sie sich Zwecke zu bestimmen haben, von ihnen selbst als unbedingt und von Naturbedingungen unabhängig, an sich aber als nothwendig vorgestellt wird. Das Wesen dieser Art ist der Mensch, aber als Noumenon betrachtet; das einzige Naturwesen, an welchem |435.20| wir doch ein übersinnliches Vermögen (die =Freiheit=) und sogar das Gesetz der Causalität sammt dem Objecte derselben, welches es sich als höchsten Zweck vorsetzen kann (das höchste Gut in der Welt), von Seiten seiner eigenen Beschaffenheit erkennen können. Von dem Menschen nun (und so jedem vernünftigen Wesen in der |435.25| Welt), als einem moralischen Wesen, kann nicht weiter gefragt werden: wozu (_quem in finem_) er existire. Sein Dasein hat den höchsten Zweck selbst in sich, dem, so viel er vermag, er die ganze Natur unterwerfen kann, wenigstens welchem zuwider er sich keinem Einflusse der Natur unterworfen halten darf. — Wenn nun Dinge der Welt, als ihrer Existenz nach |435.30| abhängige Wesen, einer nach Zwecken handelnden obersten Ursache bedürfen, so ist der Mensch der Schöpfung Endzweck; denn ohne diesen wäre die Kette der einander untergeordneten Zwecke nicht vollständig gegründet; und nur im Menschen, aber auch in diesem nur als Subjecte der Moralität #399# ist die unbedingte Gesetzgebung in Ansehung der Zwecke anzutreffen, welche |435.35| ihn also allein fähig macht ein Endzweck zu sein, dem die ganze Natur teleologisch untergeordnet ist[32]. [32] Es wäre möglich, daß Glückseligkeit der vernünftigen Wesen in der Welt ein Zweck der Natur wäre, und alsdann wäre sie auch ihr =letzter= Zweck. Wenigstens |436.15| kann man _a priori_ nicht einsehen, warum die Natur nicht so eingerichtet sein sollte, weil durch ihren Mechanism diese Wirkung, wenigstens so viel wir einsehen, wohl möglich wäre. Aber Moralität und eine ihr untergeordnete Causalität nach Zwecken ist schlechterdings durch Naturursachen unmöglich; denn das Princip ihrer Bestimmung zum Handeln ist übersinnlich, ist also das einzige Mögliche in der Ordnung der Zwecke, |436.20| was in Ansehung der Natur schlechthin unbedingt ist und ihr Subject dadurch zum =Endzwecke= der Schöpfung, dem die ganze Natur untergeordnet ist, allein qualificirt. — =Glückseligkeit= dagegen ist, wie im vorigen § nach dem Zeugniß der Erfahrung gezeigt worden, nicht einmal ein =Zweck der Natur= in Ansehung der Menschen mit einem Vorzuge vor anderen Geschöpfen: weit gefehlt, daß sie ein =Endzweck |436.25| der Schöpfung= sein sollte. Menschen mögen sie sich immer zu ihrem letzten subjectiven Zwecke machen. Wenn ich aber nach dem Endzwecke der Schöpfung frage: Wozu haben Menschen existiren müssen? so ist von einem objectiven obersten Zwecke die Rede, wie ihn die höchste Vernunft zu ihrer Schöpfung erfordern würde. Antwortet man nun darauf: Damit Wesen existiren, denen jene oberste Ursache wohlthun |436.30| könne, so widerspricht man der Bedingung, welcher die Vernunft des Menschen selbst seinen innigsten Wunsch der Glückseligkeit unterwirft (nämlich die Übereinstimmung mit seiner eigenen inneren moralischen Gesetzgebung). Dies beweiset: daß die Glückseligkeit nur bedingter Zweck, der Mensch also nur als moralisches Wesen Endzweck der Schöpfung sein könne; was aber seinen Zustand betrifft, Glückseligkeit nur |436.35| als Folge nach Maßgabe der Übereinstimmung mit jenem Zwecke, als dem Zwecke seines Daseins, in Verbindung stehe. § 85. #400# Von der Physikotheologie. Die PHYSIKOTHEOLOGIE ist der Versuch der Vernunft, aus den |436.5| =Zwecken= der Natur (die nur empirisch erkannt werden können) auf die oberste Ursache der Natur und ihre Eigenschaften zu schließen. Eine Moraltheologie (Ethikotheologie) wäre der Versuch, aus dem moralischen Zwecke vernünftiger Wesen in der Natur (der _a priori_ erkannt werden kann) auf jene Ursache und ihre Eigenschaften zu schließen. |436.10| Die erstere geht natürlicher Weise vor der zweiten vorher. Denn wenn wir von den Dingen in der Welt auf eine Weltursache =teleologisch= schließen wollen: so müssen Zwecke der Natur zuerst gegeben sein, für die wir nachher einen Endzweck und für diesen dann das Princip der Causalität dieser obersten Ursache zu suchen haben. Nach dem teleologischen Princip können und müssen viele Nachforschungen der Natur geschehen, ohne daß man nach dem Grunde der Möglichkeit, zweckmäßig zu wirken, welche wir an verschiedenen der Producte |437.5| #401# der Natur antreffen, zu fragen Ursache hat. Will man nun aber auch hievon einen Begriff haben, so haben wir dazu schlechterdings keine weitergehende Einsicht, als bloß die Maxime der reflectirenden Urtheilskraft: daß nämlich, wenn uns auch nur ein einziges organisches Product der Natur gegeben wäre, wir nach der Beschaffenheit unseres Erkenntnißvermögens |437.10| dafür keinen andern Grund denken können, als den einer Ursache der Natur selbst (es sei der ganzen Natur oder auch nur dieses Stücks derselben), die durch Verstand die Causalität zu demselben enthält; ein Beurtheilungsprincip, wodurch wir in der Erklärung der Naturdinge und ihres Ursprungs zwar um nichts weiter gebracht werden, das uns aber |437.15| doch über die Natur hinaus einige Aussicht eröffnet, um den sonst so unfruchtbaren Begriff eines Urwesens vielleicht näher bestimmen zu können. Nun sage ich: die Physikotheologie, so weit sie auch getrieben werden mag, kann uns doch nichts von einem =Endzwecke= der Schöpfung eröffnen; denn sie reicht nicht einmal bis zur Frage nach demselben. Sie kann |437.20| also zwar den Begriff einer verständigen Weltursache als einen subjectiv für die Beschaffenheit unseres Erkenntnißvermögens allein tauglichen Begriff von der Möglichkeit der Dinge, die wir uns nach Zwecken verständlich machen können, rechtfertigen, aber diesen Begriff weder in theoretischer noch praktischer Absicht weiter bestimmen; und ihr Versuch erreicht seine |437.25| #402# Absicht nicht, eine Theologie zu gründen, sondern sie bleibt immer nur eine physische Teleologie: weil die Zweckbeziehung in ihr immer nur als in der Natur bedingt betrachtet wird und werden muß; mithin den Zweck, wozu die Natur selbst existirt (wozu der Grund außer der Natur gesucht werden muß) gar nicht einmal in Anfrage bringen kann, auf dessen bestimmte |437.30| Idee gleichwohl der bestimmte Begriff jener oberen verständigen Weltursache, mithin die Möglichkeit einer Theologie ankommt. Wozu die Dinge in der Welt einander nützen; wozu das Mannigfaltige in einem Dinge für dieses Ding selbst gut ist; wie man sogar Grund habe anzunehmen, daß nichts in der Welt umsonst, sondern alles irgend |437.35| wozu =in der Natur=, unter der Bedingung daß gewisse Dinge (als Zwecke) existiren sollten, gut sei, wobei mithin unsere Vernunft für die Urtheilskraft kein anderes Princip der Möglichkeit des Objects ihrer unvermeidlichen teleologischen Beurtheilung in ihrem Vermögen hat, als das, den Mechanism der Natur der Architektonik eines verständigen Welturhebers unterzuordnen: das alles leistet die teleologische Weltbetrachtung sehr herrlich und zur äußersten Bewunderung. Weil aber die Data, mithin |438.5| die Principien, jenen Begriff einer intelligenten Weltursache (als höchsten Künstlers) zu =bestimmen=, bloß empirisch sind: so lassen sie auf keine Eigenschaften weiter schließen, als uns die Erfahrung an den Wirkungen derselben offenbart, welche, da sie nie die gesammte Natur als System befassen #403# kann, oft auf (dem Anscheine nach) jenem Begriffe und unter einander |438.10| widerstreitende Beweisgründe stoßen muß, niemals aber, wenn wir gleich vermögend wären auch das ganze System, sofern es bloße Natur betrifft, empirisch zu überschauen, uns über die Natur zu dem Zwecke ihrer Existenz selber und dadurch zum bestimmten Begriffe jener obern Intelligenz erheben kann. |438.15| Wenn man sich die Aufgabe, um deren Auflösung es einer Physikotheologie zu thun ist, klein macht, so scheint ihre Auflösung leicht. Verschwendet man nämlich den Begriff von einer =Gottheit= an jedes von uns gedachte verständige Wesen, deren es eines oder mehrere geben mag, welches viel und sehr große, aber eben nicht alle Eigenschaften habe, die zu |438.20| Gründung einer mit dem größtmöglichen Zwecke übereinstimmenden Natur überhaupt erforderlich sind; oder hält man es für nichts, in einer Theorie den Mangel dessen, was die Beweisgründe leisten, durch willkürliche Zusätze zu ergänzen, und, wo man nur Grund hat =viel= Vollkommenheit anzunehmen (und was ist viel für uns?), sich da befugt hält =alle |438.25| mögliche= vorauszusetzen: so macht die physische Teleologie wichtige Ansprüche auf den Ruhm, eine Theologie zu begründen. Wenn aber verlangt wird anzuzeigen, was uns denn antreibe und überdem berechtige, jene Ergänzungen zu machen: so werden wir in den Principien des theoretischen Gebrauchs der Vernunft, welcher durchaus verlangt, zu Erklärung eines |438.30| #404# Objects der Erfahrung diesem nicht mehr Eigenschaften beizulegen, als empirische Data zu ihrer Möglichkeit anzutreffen sind, vergeblich Grund zu unserer Rechtfertigung suchen. Bei näherer Prüfung würden wir sehen, daß eigentlich eine Idee von einem höchsten Wesen, die auf ganz verschiedenem Vernunftgebrauch (dem praktischen) beruht, in uns _a priori_ zum |438.35| Grunde liege, welche uns antreibt, die mangelhafte Vorstellung einer physischen Teleologie von dem Urgrunde der Zwecke in der Natur bis zum Begriffe einer Gottheit zu ergänzen; und wir würden uns nicht fälschlich einbilden, diese Idee, mit ihr aber eine Theologie durch den theoretischen Vernunftgebrauch der physischen Weltkenntniß zu Stande gebracht, viel weniger, ihre Realität bewiesen zu haben. Man kann es den Alten nicht so hoch zum Tadel anrechnen, wenn |439.5| sie sich ihre Götter als theils ihrem Vermögen, theils den Absichten und Willensmeinungen nach sehr mannigfaltig verschieden, alle aber, selbst ihr Oberhaupt nicht ausgenommen, noch immer auf menschliche Weise eingeschränkt dachten. Denn wenn sie die Einrichtung und den Gang der Dinge in der Natur betrachteten, so fanden sie zwar Grund genug etwas |439.10| mehr als Mechanisches zur Ursache derselben anzunehmen und Absichten gewisser oberer Ursachen, die sie nicht anders als übermenschlich denken konnten, hinter dem Maschinenwerk dieser Welt zu vermuthen. Weil sie #405# aber das Gute und Böse, das Zweckmäßige und Zweckwidrige in ihr wenigstens für unsere Einsicht sehr gemischt antrafen und sich nicht erlauben |439.15| konnten, insgeheim dennoch zum Grunde liegende weise und wohlthätige Zwecke, von denen sie doch den Beweis nicht sahen, zum Behuf der willkürlichen Idee eines höchstvollkommenen Urhebers anzunehmen: so konnte ihr Urtheil von der obersten Weltursache schwerlich anders ausfallen, so fern sie nämlich nach Maximen des bloß theoretischen Gebrauchs der Vernunft |439.20| ganz consequent verfuhren. Andere, die als Physiker zugleich Theologen sein wollten, dachten Befriedigung für die Vernunft darin zu finden, daß sie für die absolute Einheit des Princips der Naturdinge, welche die Vernunft fordert, vermittelst der Idee von einem Wesen sorgten, in welchem als alleiniger Substanz jene insgesammt nur inhärirende Bestimmungen |439.25| wären: welche Substanz zwar nicht durch Verstand Ursache der Welt, in welcher aber doch als Subject aller Verstand der Weltwesen anzutreffen wäre; ein Wesen folglich, das zwar nicht nach Zwecken etwas hervorbrächte, in welchem aber doch alle Dinge wegen der Einheit des Subjects, von dem sie bloß Bestimmungen sind, auch ohne Zweck und Absicht |439.30| nothwendig sich auf einander zweckmäßig beziehen mußten. So führten sie den Idealism der Endursachen ein: indem sie die so schwer herauszubringende Einheit einer Menge zweckmäßig verbundener Substanzen statt der Causalabhängigkeit =von einer= in die der Inhärenz =in einer= #406# verwandelten; welches System in der Folge, von Seiten der inhärirenden |439.35| Weltwesen betrachtet, als =Pantheism=, von Seiten des allein subsistirenden Subjects als Urwesens (späterhin) als =Spinozism=, nicht sowohl die Frage vom ersten Grunde der Zweckmäßigkeit der Natur auflösete, als sie vielmehr für nichtig erklärte, indem der letztere Begriff, aller seiner Realität beraubt, zur bloßen Mißdeutung eines allgemeinen ontologischen Begriffs von einem Dinge überhaupt gemacht wurde. Nach bloß theoretischen Principien des Vernunftgebrauchs (worauf |440.5| die Physikotheologie sich allein gründet) kann also niemals der Begriff einer Gottheit, der für unsere teleologische Beurtheilung der Natur zureichte, herausgebracht werden. Denn wir erklären entweder alle Teleologie für bloße Täuschung der Urtheilskraft in der Beurtheilung der Causalverbindung der Dinge und flüchten uns zu dem alleinigen Princip |440.10| eines bloßen Mechanisms der Natur, welche wegen der Einheit der Substanz, von der sie nichts als das Mannigfaltige der Bestimmungen derselben sei, uns eine allgemeine Beziehung auf Zwecke zu enthalten bloß scheine; oder wenn wir statt dieses Idealisms der Endursachen dem Grundsatze des Realisms dieser besondern Art der Causalität anhänglich bleiben |440.15| wollen, so mögen wir viele verständige Urwesen, oder nur ein einiges den Naturzwecken unterlegen: sobald wir zu Begründung des Begriffs von demselben nichts als Erfahrungsprincipien, von der wirklichen Zweckverbindung #407# in der Welt hergenommen, zur Hand haben, so können wir einerseits wider die Mißhelligkeit, die die Natur in Ansehung der Zweckeinheit |440.20| in vielen Beispielen aufstellt, keinen Rath finden, andrerseits den Begriff einer einigen intelligenten Ursache, so wie wir ihn, durch bloße Erfahrung berechtigt, herausbringen, niemals für irgend eine, auf welche Art es auch sei, (theoretisch oder praktisch) brauchbare Theologie bestimmt genug daraus ziehen. |440.25| Die physische Teleologie treibt uns zwar an, eine Theologie zu suchen, aber kann keine hervorbringen, so weit wir auch der Natur durch Erfahrung nachspüren und der in ihr entdeckten Zweckverbindung durch Vernunftideen (die zu physischen Aufgaben theoretisch sein müssen) zu Hülfe kommen mögen. Was hilfts, wird man mit Recht klagen, daß wir allen |440.30| diesen Einrichtungen einen großen, einen für uns unermeßlichen Verstand zum Grunde legen und ihn diese Welt nach Absichten anordnen lassen? wenn uns die Natur von der Endabsicht nichts sagt, noch jemals sagen kann, ohne welche wir uns doch keinen gemeinschaftlichen Beziehungspunkt aller dieser Naturzwecke, kein hinreichendes teleologisches Princip machen |440.35| können, theils die Zwecke insgesammt in einem System zu erkennen, theils uns von dem obersten Verstande, als Ursache einer solchen Natur, einen Begriff zu machen, der unserer über sie teleologisch reflectirenden Urtheilskraft #408# zum Richtmaße dienen könnte. Ich hätte alsdann zwar einen =Kunstverstand= für zerstreute Zwecke; aber keine =Weisheit= für einen Endzweck, der doch eigentlich den Bestimmungsgrund von jenem enthalten muß. In Ermangelung aber eines Endzwecks, den nur die reine Vernunft |441.5| _a priori_ an die Hand geben kann (weil alle Zwecke in der Welt empirisch bedingt sind und nichts, als was hiezu oder dazu als zufälliger Absicht, nicht was schlechthin gut ist, enthalten können), und der mich allein lehren würde: welche Eigenschaften, welchen Grad und welches Verhältniß der obersten Ursache der Natur ich mir zu denken habe, um diese als teleologisches |441.10| System zu beurtheilen; wie und mit welchem Rechte darf ich da meinen sehr eingeschränkten Begriff von jenem ursprünglichen Verstande, den ich auf meine geringe Weltkenntniß gründen kann, von der Macht dieses Urwesens seine Ideen zur Wirklichkeit zu bringen, von seinem Willen es zu thun u. s. w., nach Belieben erweitern und bis zur Idee eines allweisen |441.15| unendlichen Wesens ergänzen? Dies würde, wenn es theoretisch geschehen sollte, in mir selbst Allwissenheit voraussetzen, um die Zwecke der Natur in ihrem ganzen Zusammenhange einzusehen und noch obenein alle andere mögliche Plane denken zu können, mit denen in Vergleichung der gegenwärtige als der beste mit Grunde beurtheilt werden müßte. Denn |441.20| ohne diese vollendete Kenntniß der Wirkung kann ich auf keinen bestimmten Begriff von der obersten Ursache, der nur in dem von einer in allem #409# Betracht unendlichen Intelligenz, d. i. dem Begriffe einer Gottheit, angetroffen werden kann, schließen und eine Grundlage zur Theologie zu Stande bringen. |441.25| Wir können also bei aller möglichen Erweiterung der physischen Teleologie nach dem oben angeführten Grundsatze wohl sagen: daß wir nach der Beschaffenheit und den Principien unseres Erkenntnißvermögens die Natur in ihren uns bekannt gewordenen zweckmäßigen Anordnungen nicht anders denn als das Product eines Verstandes, dem diese unterworfen ist, |441.30| denken können. Ob aber dieser Verstand mit dem Ganzen derselben und dessen Hervorbringung noch eine Endabsicht gehabt haben möge (die alsdann nicht in der Natur der Sinnenwelt liegen würde): das kann uns die theoretische Naturforschung nie eröffnen; sondern es bleibt bei aller Kenntniß derselben unausgemacht, ob jene oberste Ursache überall nach einem |441.35| Endzwecke und nicht vielmehr durch einen von der bloßen Nothwendigkeit seiner Natur zu Hervorbringung gewisser Formen bestimmten Verstand (nach der Analogie mit dem, was wir bei den Thieren den Kunstinstinct nennen) Urgrund derselben sei: ohne daß es nöthig sei, ihr darum auch nur Weisheit, viel weniger höchste und mit allen andern zur Vollkommenheit ihres Products erforderlichen Eigenschaften verbundene Weisheit beizulegen. |442.5| Also ist Physikotheologie eine mißverstandene physische Teleologie, #410# nur als Vorbereitung (Propädeutik) zur Theologie brauchbar und nur durch Hinzukunft eines anderweitigen Princips, auf das sie sich stützen kann, nicht aber an sich selbst, wie ihr Name es anzeigen will, zu dieser Absicht zureichend. |442.10| § 86. Von der Ethikotheologie. Es ist ein Urtheil, dessen sich selbst der gemeinste Verstand nicht entschlagen kann, wenn er über das Dasein der Dinge in der Welt und die Existenz der Welt selbst nachdenkt: daß nämlich alle die mannigfaltigen |442.15| Geschöpfe, von wie großer Kunsteinrichtung und wie mannigfaltigem zweckmäßig auf einander bezogenen Zusammenhange sie auch sein mögen, ja selbst das Ganze so vieler Systeme derselben, die wir unrichtiger Weise Welten nennen, zu nichts da sein würden, wenn es in ihnen nicht Menschen (vernünftige Wesen überhaupt) gäbe; d. i. daß ohne den Menschen |442.20| die ganze Schöpfung eine bloße Wüste, umsonst und ohne Endzweck sein würde. Es ist aber auch nicht das Erkenntnißvermögen desselben (theoretische Vernunft), in Beziehung auf welches das Dasein alles Übrigen in der Welt allererst seinen Werth bekommt, etwa damit irgend Jemand da sei, welcher die Welt =betrachten= könne. Denn wenn diese Betrachtung |442.25| der Welt ihm doch nichts als Dinge ohne Endzweck vorstellig machte, so #411# kann daraus, daß sie erkannt wird, dem Dasein derselben kein Werth erwachsen; und man muß schon einen Endzweck derselben voraussetzen, in Beziehung auf welchen die Weltbetrachtung selbst einen Werth habe. Auch ist es nicht das Gefühl der Lust und der Summe derselben, in Beziehung |442.30| auf welches wir einen Endzweck der Schöpfung als gegeben denken, d. i. nicht das Wohlsein, der Genuß (er sei körperlich oder geistig), mit einem Worte die Glückseligkeit, wornach wir jenen absoluten Werth schätzen. Denn: daß, wenn der Mensch da ist, er diese ihm selbst zur Endabsicht macht, giebt keinen Begriff, wozu er dann überhaupt da sei, und welchen |442.35| Werth er dann selbst habe, um ihm seine Existenz angenehm zu machen. Er muß also schon als Endzweck der Schöpfung vorausgesetzt werden, um einen Vernunftgrund zu haben, warum die Natur zu seiner Glückseligkeit zusammen stimmen müsse, wenn sie als ein absolutes Ganze nach Principien der Zwecke betrachtet wird. — Also ist es nur das Begehrungsvermögen: aber nicht dasjenige, was ihn von der Natur (durch sinnliche Antriebe) |443.5| abhängig macht, nicht das, in Ansehung dessen der Werth seines Daseins auf dem, was er empfängt und genießt, beruht: sondern der Werth, welchen er allein sich selbst geben kann, und welcher in dem besteht, was er thut, wie und nach welchen Principien er nicht als Naturglied, sondern in der =Freiheit= seines Begehrungsvermögens handelt; d. h. ein |443.10| #412# guter Wille ist dasjenige, wodurch sein Dasein allein einen absoluten Werth und in Beziehung auf welches das Dasein der Welt einen =Endzweck= haben kann. Auch stimmt damit das gemeinste Urtheil der gesunden Menschenvernunft vollkommen zusammen: nämlich daß der Mensch nur als moralisches |443.15| Wesen ein Endzweck der Schöpfung sein könne, wenn man die Beurtheilung nur auf diese Frage leitet und veranlaßt sie zu versuchen. Was hilfts, wird man sagen, daß dieser Mensch so viel Talent hat, daß er damit sogar sehr thätig ist und dadurch einen nützlichen Einfluß auf das gemeine Wesen ausübt und also in Verhältniß sowohl auf seine Glücksumstände, |443.20| als auch auf Anderer Nutzen einen großen Werth hat, wenn er keinen guten Willen besitzt? Er ist ein verachtungswürdiges Object, wenn man ihn nach seinem Innern betrachtet; und wenn die Schöpfung nicht überall ohne Endzweck sein soll, so muß er, der als Mensch auch dazu gehört, doch als böser Mensch in einer Welt unter moralischen Gesetzen diesen |443.25| gemäß seines subjectiven Zwecks (der Glückseligkeit) verlustig gehen, als der einzigen Bedingung, unter der seine Existenz mit dem Endzwecke zusammen bestehen kann. Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen antreffen und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert, die Zwecke, die es nur bedingt sind, |443.30| einem unbedingten obersten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: so sieht man erstlich leicht, daß alsdann nicht von einem Zwecke der Natur (innerhalb #413# derselben), sofern sie existirt, sondern dem Zwecke ihrer Existenz mit allen ihren Einrichtungen, mithin von dem letzten =Zwecke der Schöpfung= die Rede ist und in diesem auch eigentlich von der obersten Bedingung, |443.35| unter der allein ein Endzweck (d. i. der Bestimmungsgrund eines höchsten Verstandes zu Hervorbringung der Weltwesen) Statt finden kann. Da wir nun den Menschen nur als moralisches Wesen für den Zweck der Schöpfung anerkennen: so haben wir erstlich einen Grund, wenigstens die Hauptbedingung, die Welt als ein nach Zwecken zusammenhängendes Ganze und als System von Endursachen anzusehen; vornehmlich aber für die nach Beschaffenheit unserer Vernunft uns nothwendige Beziehung |444.5| der Naturzwecke auf eine verständige Weltursache =ein Princip=, die Natur und Eigenschaften dieser ersten Ursache als obersten Grundes im Reiche der Zwecke zu denken und so den Begriff derselben zu bestimmen: welches die physische Teleologie nicht vermochte, die nur unbestimmte und eben darum zum theoretischen sowohl als praktischen Gebrauche untaugliche |444.10| Begriffe von demselben veranlassen konnte. Aus diesem so bestimmten Princip der Causalität des Urwesens werden wir es nicht bloß als Intelligenz und gesetzgebend für die Natur, sondern auch als gesetzgebendes Oberhaupt in einem moralischen Reiche der Zwecke denken müssen. In Beziehung auf das =höchste= unter seiner Herrschaft |444.15| #414# allein mögliche =Gut=, nämlich die Existenz vernünftiger Wesen unter moralischen Gesetzen, werden wir uns dieses Urwesen als =allwissend= denken: damit selbst das Innerste der Gesinnungen (welches den eigentlichen moralischen Werth der Handlungen vernünftiger Weltwesen ausmacht) ihm nicht verborgen sei; als =allmächtig=: damit es die ganze Natur |444.20| diesem höchsten Zwecke angemessen machen könne; als =allgütig= und zugleich =gerecht=: weil diese beiden Eigenschaften (vereinigt die =Weisheit=) die Bedingungen der Causalität einer obersten Ursache der Welt als höchsten Guts unter moralischen Gesetzen ausmachen; und so auch alle noch übrigen transscendentalen Eigenschaften, als =Ewigkeit=, =Allgegenwart= |444.25| u. s. w. (denn Güte und Gerechtigkeit sind moralische Eigenschaften), die in Beziehung auf einen solchen Endzweck vorausgesetzt werden, an demselben denken müssen. — Auf solche Weise ergänzt die =moralische= Teleologie den Mangel der =physischen= und gründet allererst eine =Theologie=: da die letztere, wenn sie nicht unbemerkt aus der ersteren borgte, |444.30| sondern consequent verfahren sollte, für sich allein nichts als eine =Dämonologie=, welche keines bestimmten Begriffs fähig ist, begründen könnte. Aber das Princip der Beziehung der Welt wegen der moralischen Zweckbestimmung gewisser Wesen in derselben auf eine oberste Ursache, #415# als Gottheit, thut dieses nicht bloß dadurch, daß es den physisch-teleologischen |444.35| Beweisgrund ergänzt und also diesen nothwendig zum Grunde legt; sondern es ist dazu auch =für sich= hinreichend und treibt die Aufmerksamkeit auf die Zwecke der Natur und die Nachforschung der hinter ihren Formen verborgen liegenden unbegreiflich großen Kunst, um den Ideen, die die reine praktische Vernunft herbeischafft, an den Naturzwecken beiläufige Bestätigung zu geben. Denn der Begriff von Weltwesen unter moralischen Gesetzen ist ein Prinzip _a priori_, wornach sich der Mensch nothwendig |445.5| beurtheilen muß. Daß ferner, wenn es überall eine absichtlich wirkende und auf einen Zweck gerichtete Weltursache giebt, jenes moralische Verhältniß eben so nothwendig die Bedingung der Möglichkeit einer Schöpfung sein müsse, als das nach physischen Gesetzen (wenn nämlich jene verständige Ursache auch einen Endzweck hat): sieht die Vernunft auch _a priori_ |445.10| als einen für sie zur teleologischen Beurtheilung der Existenz der Dinge nothwendigen Grundsatz an. Nun kommt es nur darauf an: ob wir irgend einen für die Vernunft (es sei die speculative oder praktische) hinreichenden Grund haben, der nach Zwecken handelnden obersten Ursache einen =Endzweck= beizulegen. Denn daß alsdann dieser nach der subjectiven |445.15| Beschaffenheit unserer Vernunft, und selbst wie wir uns auch die Vernunft anderer Wesen nur immer denken mögen, kein anderer als =der #416# Mensch unter moralischen Gesetzen= sein könne: kann _a priori_ für uns als gewiß gelten; da hingegen die Zwecke der Natur in der physischen Ordnung _a priori_ gar nicht können erkannt, vornehmlich, daß eine |445.20| Natur ohne solche nicht existiren könne, auf keine Weise kann eingesehen werden. =Anmerkung.= Setzet einen Menschen in den Augenblicken der Stimmung seines Gemüths zur moralischen Empfindung! Wenn er sich, umgeben von einer |445.25| schönen Natur, in einem ruhigen, heitern Genusse seines Daseins befindet, so fühlt er in sich ein Bedürfniß, irgend jemand dafür dankbar zu sein. Oder er sehe sich ein andermal in derselben Gemüthsverfassung im Gedränge von Pflichten, denen er nur durch freiwillige Aufopferung Genüge leisten kann und will; so fühlt er in sich ein Bedürfniß, hiemit zugleich |445.30| etwas Befohlnes ausgerichtet und einem Oberherren gehorcht zu haben. Oder er habe sich etwa unbedachtsamer Weise wider seine Pflicht vergangen, wodurch er doch eben nicht Menschen verantwortlich geworden ist; so werden die strengen Selbstverweise dennoch eine Sprache in ihm führen, als ob sie die Stimme eines Richters wären, dem er darüber |445.35| Rechenschaft abzulegen hätte. Mit einem Worte: er bedarf einer moralischen Intelligenz, um für den Zweck, wozu er existirt, ein Wesen zu haben, welches diesem gemäß von ihm und der Welt die Ursache sei. Triebfedern hinter diesen Gefühlen herauszukünsteln, ist vergeblich; denn sie hängen unmittelbar mit der reinsten moralischen Gesinnung zusammen, weil |446.5| =Dankbarkeit=, =Gehorsam= und =Demüthigung= (Unterwerfung unter #417# verdiente Züchtigung) besondere Gemüthsstimmungen zur Pflicht sind, und das zu Erweiterung seiner moralischen Gesinnung geneigte Gemüth hier sich nur einen Gegenstand freiwillig denkt, der nicht in der Welt ist, um wo möglich auch gegen einen solchen seine Pflicht zu beweisen. Es ist also |446.10| wenigstens möglich und auch der Grund dazu in moralischer Denkungsart gelegen, ein reines moralisches Bedürfniß der Existenz eines Wesens sich vorzustellen, unter welchem entweder unsere Sittlichkeit mehr Stärke oder auch (wenigstens unserer Vorstellung nach) mehr Umfang, nämlich einen neuen Gegenstand für ihre Ausübung, gewinnt; d. i. ein moralisch-gesetzgebendes |446.15| Wesen außer der Welt ohne alle Rücksicht auf theoretischen Beweis, noch weniger auf selbstsüchtiges Interesse aus reinem moralischen, von allem fremden Einflusse freien (dabei freilich nur subjectiven) Grunde anzunehmen, auf bloße Anpreisung einer für sich allein gesetzgebenden reinen praktischen Vernunft. Und ob gleich eine solche Stimmung des |446.20| Gemüths selten vorkäme, oder auch nicht lange haftete, sondern flüchtig und ohne dauernde Wirkung, oder auch ohne einiges Nachdenken über den in einem solchen Schattenbilde vorgestellten Gegenstand und ohne Bemühung ihn unter deutliche Begriffe zu bringen vorüberginge: so ist doch der Grund dazu, die moralische Anlage in uns, als subjectives Princip, |446.25| sich in der Weltbetrachtung mit ihrer Zweckmäßigkeit durch Naturursachen nicht zu begnügen, sondern ihr eine oberste nach moralischen Principien die Natur beherrschende Ursache unterzulegen, unverkennbar. — Wozu noch kommt, daß wir, nach einem allgemeinen höchsten Zwecke zu streben, uns durch das moralische Gesetz gedrungen, uns aber doch und die gesammte |446.30| Natur ihn zu erreichen unvermögend fühlen; daß wir, nur so fern wir darnach streben, dem Endzwecke einer verständigen Weltursache (wenn #418# es eine solche gäbe) gemäß zu sein urtheilen dürfen; und so ist ein reiner moralischer Grund der praktischen Vernunft vorhanden, diese Ursache (da es ohne Widerspruch geschehen kann) anzunehmen, wo nicht mehr, doch |446.35| damit wir jene Bestrebung in ihren Wirkungen nicht für ganz eitel anzusehen und dadurch sie ermatten zu lassen Gefahr laufen. Mit diesem allem soll hier nur so viel gesagt werden: daß die =Furcht= zwar zuerst =Götter= (Dämonen), aber die =Vernunft= vermittelst ihrer moralischen Principien zuerst den Begriff von =Gott= habe hervorbringen können (auch selbst wenn man in der Teleologie der Natur, wie gemeiniglich, sehr unwissend, oder auch wegen der Schwierigkeit, die einander hierin |447.5| widersprechenden Erscheinungen durch ein genugsam bewährtes Princip auszugleichen, sehr zweifelhaft war); und daß die innere =moralische= Zweckbestimmung seines Daseins das ergänzte, was der Naturkenntniß abging, indem sie nämlich anwies, zu dem Endzwecke vom Dasein aller Dinge, wozu das Princip nicht anders als =ethisch= der Vernunft genugthuend |447.10| ist, die oberste Ursache mit Eigenschaften, womit sie die ganze Natur jener einzigen Absicht (zu der diese bloß Werkzeug ist) zu unterwerfen vermögend ist, (d. i. als eine =Gottheit=) zu denken. § 87. Von dem moralischen Beweise des Daseins Gottes. |447.15| Es giebt eine =physische Teleologie=, welche einen für unsere theoretisch reflectirende Urtheilskraft hinreichenden Beweisgrund an die Hand giebt, das Dasein einer verständigen Weltursache anzunehmen. Wir #419# finden aber in uns selbst und noch mehr in dem Begriffe eines vernünftigen mit Freiheit (seiner Causalität) begabten Wesens überhaupt auch eine |447.20| =moralische Teleologie=, die aber, weil die Zweckbeziehung in uns selbst _a priori_ sammt dem Gesetze derselben bestimmt, mithin als nothwendig erkannt werden kann, zu diesem Behuf keiner verständigen Ursache außer uns für diese innere Gesetzmäßigkeit bedarf: so wenig als wir bei dem, was wir in den geometrischen Eigenschaften der Figuren (für allerlei |447.25| mögliche Kunstausübung) Zweckmäßiges finden, auf einen ihnen dieses ertheilenden höchsten Verstand hinaus sehen dürfen. Aber diese moralische Teleologie betrifft doch uns als Weltwesen und also mit andern Dingen in der Welt verbundene Wesen: auf welche letzteren entweder als Zwecke, oder als Gegenstände, in Ansehung deren wir selbst Endzweck sind, unsere |447.30| Beurtheilung zu richten, eben dieselben moralischen Gesetze uns zur Vorschrift machen. Von dieser moralischen Teleologie nun, welche die Beziehung unserer eigenen Causalität auf Zwecke und sogar auf einen Endzweck, der von uns in der Welt beabsichtigt werden muß, imgleichen die wechselseitige Beziehung der Welt auf jenen sittlichen Zweck und die |447.35| äußere Möglichkeit seiner Ausführung (wozu keine physische Teleologie uns Anleitung geben kann) betrifft, geht nun die nothwendige Frage aus: ob sie unsere vernünftige Beurtheilung nöthige, über die Welt hinaus zu #420# gehen und zu jener Beziehung der Natur auf das Sittliche in uns ein verständiges oberstes Princip zu suchen, um die Natur auch in Beziehung |448.5| auf die moralische innere Gesetzgebung und deren mögliche Ausführung uns als zweckmäßig vorzustellen. Folglich giebt es allerdings eine moralische Teleologie; und diese hängt mit der =Nomothetik= der Freiheit einerseits und der der Natur andererseits eben so nothwendig zusammen als bürgerliche Gesetzgebung mit der Frage, wo man die executive Gewalt |448.10| suchen soll, und überhaupt in allem, worin die Vernunft ein Princip der Wirklichkeit einer gewissen gesetzmäßigen, nur nach Ideen möglichen Ordnung der Dinge angeben soll, Zusammenhang ist. — Wir wollen den Fortschritt der Vernunft von jener moralischen Teleologie und ihrer Beziehung auf die physische zur =Theologie= allererst vortragen und nachher über die |448.15| Möglichkeit und Bündigkeit dieser Schlußart Betrachtungen anstellen. Wenn man das Dasein gewisser Dinge (oder auch nur gewisser Formen der Dinge) als zufällig, mithin nur durch etwas Anderes als Ursache möglich annimmt: so kann man zu dieser Causalität den obersten und also zu dem Bedingten den unbedingten Grund entweder in der |448.20| physischen, oder teleologischen Ordnung suchen (nach dem _nexu effectivo_, oder _finali_). D. i. man kann fragen: welches ist die oberste hervorbringende Ursache? oder was ist der oberste (schlechthin unbedingte) Zweck #421# derselben, d. i. der Endzweck ihrer Hervorbringung dieser oder aller ihrer Producte überhaupt? wobei dann freilich vorausgesetzt wird, daß diese |448.25| Ursache einer Vorstellung der Zwecke fähig, mithin ein verständiges Wesen sei, oder wenigstens von uns als nach den Gesetzen eines solchen Wesens handelnd gedacht werden müsse. Nun ist, wenn man der letztern Ordnung nachgeht, es ein =Grundsatz=, dem selbst die gemeinste Menschenvernunft unmittelbar Beifall zu |448.30| geben genöthigt ist: daß, wenn überall ein =Endzweck=, den die Vernunft _a priori_ angeben muß, Statt finden soll, dieser kein anderer, als =der Mensch= (ein jedes vernünftige Weltwesen) =unter moralischen Gesetzen= sein könne.[33] Denn (so urtheilt ein jeder): bestände die Welt aus #422# lauter leblosen, oder zwar zum Theil aus lebenden, aber vernunftlosen Wesen, so würde das Dasein einer solchen Welt gar keinen Werth haben, weil in ihr kein Wesen existirte, das von einem Werthe den mindesten Begriff hat. Wären dagegen auch vernünftige Wesen, deren Vernunft aber den Werth des Daseins der Dinge nur im Verhältnisse der Natur |449.5| zu ihnen (ihrem Wohlbefinden) zu setzen, nicht aber sich einen solchen ursprünglich #423# (in der Freiheit) selbst zu verschaffen im Stande wäre: so wären zwar (relative) Zwecke in der Welt, aber kein (absoluter) Endzweck, weil das Dasein solcher vernünftigen Wesen doch immer zwecklos sein würde. Die moralischen Gesetze aber sind von der eigenthümlichen Beschaffenheit, |449.10| daß sie etwas als Zweck ohne Bedingung, mithin gerade so, wie der Begriff eines Endzwecks es bedarf, für die Vernunft vorschreiben: und die Existenz einer solchen Vernunft, die in der Zweckbeziehung ihr selbst das oberste Gesetz sein kann, mit andern Worten die Existenz vernünftiger Wesen unter moralischen Gesetzen, kann also allein als Endzweck |449.15| vom Dasein einer Welt gedacht werden. Ist dagegen dieses nicht so bewandt, so liegt dem Dasein derselben entweder gar kein Zweck in der Ursache, oder es liegen ihm Zwecke ohne Endzweck zum Grunde. [33] Ich sage mit Fleiß: =unter= moralischen Gesetzen. Nicht der Mensch =nach= |448.35| moralischen Gesetzen, d. i. ein solcher, der sich ihnen gemäß verhält, ist der Endzweck der Schöpfung. Denn mit dem letztern Ausdrucke würden wir mehr sagen, als wir wissen: nämlich daß es in der Gewalt eines Welturhebers stehe, zu machen, daß der Mensch den moralischen Gesetzen jederzeit sich angemessen verhalte; welches einen Begriff von Freiheit und der Natur (von welcher letztern man allein einen äußern Urheber denken kann) voraussetzt, der eine Einsicht in das übersinnliche Substrat der |449.20| Natur und dessen Einerleiheit mit dem, was die Causalität durch Freiheit in der Welt möglich macht, enthalten müßte, die weit über unsere Vernunfteinsicht hinausgeht. Nur vom =Menschen unter moralischen Gesetzen= können wir, ohne die Schranken unserer Einsicht zu überschreiten, sagen: sein Dasein mache der Welt Endzweck aus. Dieses stimmt auch vollkommen mit dem Urtheile der moralisch über den Weltlauf |449.25| reflectirenden Menschenvernunft. Wir glauben die Spuren einer weisen Zweckbeziehung auch am Bösen wahrzunehmen, wenn wir nur sehen, daß der frevelhafte Bösewicht nicht eher stirbt, als bis er die wohlverschuldete Strafe seiner Unthaten erlitten hat. Nach unseren Begriffen von freier Causalität beruht das Wohl- oder Übelverhalten auf uns; die höchste Weisheit aber der Weltregierung setzen wir darin, |449.30| daß zu dem ersteren die Veranlassung, für beides aber der Erfolg nach moralischen Gesetzen verhängt sei. In dem letzteren besteht eigentlich die Ehre Gottes, welche daher von Theologen nicht unschicklich der letzte Zweck der Schöpfung genannt wird. — Noch ist anzumerken, daß wir unter dem Wort Schöpfung, wenn wir uns dessen bedienen, nichts anders, als was hier gesagt worden ist, nämlich die Ursache |449.35| vom =Dasein= einer =Welt=, oder der Dinge in ihr (der Substanzen), verstehen; wie das auch der eigentliche Begriff dieses Worts mit sich bringt (_actuatio substantiae est creatio_): welches mithin nicht schon die Voraussetzung einer freiwirkenden, folglich verständigen Ursache (deren Dasein wir allererst beweisen wollen) bei sich führt. Das moralische Gesetz als formale Vernunftbedingung des Gebrauchs unserer Freiheit verbindet uns für sich allein, ohne von irgend einem |450.5| Zwecke als materialer Bedingung abzuhängen; aber es bestimmt uns doch auch und zwar _a priori_ einen Endzweck, welchem nachzustreben es uns verbindlich macht: und dieser ist das =höchste= durch Freiheit mögliche =Gut in der Welt=. Die subjective Bedingung, unter welcher der Mensch (und nach allen |450.10| unsern Begriffen auch jedes vernünftige endliche Wesen) sich unter dem obigen Gesetze einen Endzweck setzen kann, ist die Glückseligkeit. Folglich, #424# das höchste in der Welt mögliche und, so viel an uns ist, als Endzweck zu befördernde physische Gut ist =Glückseligkeit=: unter der objectiven Bedingung der Einstimmung des Menschen mit dem Gesetze der =Sittlichkeit=, |450.15| als der Würdigkeit glücklich zu sein. Diese zwei Erfordernisse des uns durch das moralische Gesetz aufgegebenen Endzwecks können wir aber nach allen unsern Vernunftvermögen als durch bloße Naturursachen =verknüpft= und der Idee des gedachten Endzwecks angemessen unmöglich uns vorstellen. Also stimmt der Begriff |450.20| von der =praktischen Nothwendigkeit= eines solchen Zwecks durch die Anwendung unserer Kräfte nicht mit dem theoretischen Begriffe von der =physischen Möglichkeit= der Bewirkung desselben zusammen, wenn wir mit unserer Freiheit keine andere Causalität (eines Mittels), als die der Natur verknüpfen. |450.25| Folglich müssen wir eine moralische Weltursache (einen Welturheber) annehmen, um uns gemäß dem moralischen Gesetze einen Endzweck vorzusetzen; und so weit als das letztere nothwendig ist, so weit (d. i. in demselben Grade und aus demselben Grunde) ist auch das erstere nothwendig anzunehmen: nämlich es sei ein Gott.[34] |450.30| [34] Dieses moralische Argument soll keinen =objectiv=-gültigen Beweis vom Dasein Gottes an die Hand geben, nicht dem Zweifelgläubigen beweisen, daß ein Gott sei; sondern daß, wenn er moralisch consequent denken will, er die Annehmung dieses Satzes unter die Maximen seiner praktischen Vernunft =aufnehmen müsse=. — Es soll damit auch nicht gesagt werden: es ist =zur Sittlichkeit= nothwendig, die Glückseligkeit aller vernünftigen Weltwesen gemäß ihrer Moralität |450.35| anzunehmen; sondern: es ist =durch sie= nothwendig. Mithin ist es ein =subjectiv=, für moralische Wesen, hinreichendes Argument. * * * * * Dieser Beweis, dem man leicht die Form der logischen Präcision anpassen #425# kann, will nicht sagen: es ist eben so nothwendig das Dasein Gottes anzunehmen, als die Gültigkeit des moralischen Gesetzes anzuerkennen; mithin, wer sich vom erstern nicht überzeugen kann, könne sich von den Verbindlichkeiten nach dem letztern los zu sein urtheilen. Nein! nur die =Beabsichtigung= des durch die Befolgung des letztern zu bewirkenden Endzwecks in der Welt (einer mit der Befolgung moralischer Gesetze |451.5| harmonisch zusammentreffenden Glückseligkeit vernünftiger Wesen, als des höchsten Weltbesten) müßte alsdann aufgegeben werden. Ein jeder Vernünftige würde sich an der Vorschrift der Sitten immer noch als strenge gebunden erkennen müssen; denn die Gesetze derselben sind formal und gebieten unbedingt, ohne Rücksicht auf Zwecke (als die Materie des |451.10| Wollens). Aber das eine Erforderniß des Endzwecks, wie ihn die praktische Vernunft den Weltwesen vorschreibt, ist ein in sie durch ihre Natur (als #426# endlicher Wesen) gelegter unwiderstehlicher Zweck, den die Vernunft nur dem moralischen Gesetze =als= unverletzlicher =Bedingung= unterworfen, oder auch nach demselben allgemein gemacht wissen will und so die Beförderung |451.15| der Glückseligkeit in Einstimmung mit der Sittlichkeit zum Endzwecke macht. Diesen nun, so viel (was die ersteren betrifft) in unserem Vermögen ist, zu befördern, wird uns durch das moralische Gesetz geboten; der Ausschlag, den diese Bemühung hat, mag sein, welcher er wolle. Die Erfüllung der Pflicht besteht in der Form des ernstlichen Willens, |451.20| nicht in den Mittelursachen des Gelingens. Gesetzt also: ein Mensch überredete sich, theils durch die Schwäche aller so sehr gepriesenen speculativen Argumente, theils durch manche in der Natur und Sittenwelt ihm vorkommende Unregelmäßigkeiten bewogen, von dem Satze: es sei kein Gott; so würde er doch in seinen eigenen Augen |451.25| ein Nichtswürdiger sein, wenn er darum die Gesetze der Pflicht für bloß eingebildet, ungültig, unverbindlich halten und ungescheut zu übertreten beschließen wollte. Ein solcher würde auch alsdann noch, wenn er sich in der Folge von dem, was er anfangs bezweifelt hatte, überzeugen könnte, mit jener Denkungsart doch immer ein Nichtswürdiger bleiben: ob er |451.30| gleich seine Pflicht, aber aus Furcht, oder aus lohnsüchtiger Absicht, ohne pflichtverehrende Gesinnung, der Wirkung nach so pünktlich, wie es immer #427# verlangt werden mag, erfüllte. Umgekehrt, wenn er sie als Gläubiger seinem Bewußtsein nach aufrichtig und uneigennützig befolgt und gleichwohl, so oft er zum Versuche den Fall setzt, er könnte einmal überzeugt werden, es sei kein Gott, sich sogleich von aller sittlichen Verbindlichkeit frei |452.5| glaubte: müßte es doch mit der innern moralischen Gesinnung in ihm nur schlecht bestellt sein. Wir können also einen rechtschaffenen Mann (wie etwa den Spinoza) annehmen, der sich fest überredet hält: es sei kein Gott und (weil es in Ansehung des Objects der Moralität auf einerlei Folge hinausläuft) auch |452.10| kein künftiges Leben; wie wird er seine eigene innere Zweckbestimmung durch das moralische Gesetz, welches er thätig verehrt, beurtheilen? Er verlangt von Befolgung desselben für sich keinen Vortheil, weder in dieser noch in einer andern Welt; uneigennützig will er vielmehr nur das Gute stiften, wozu jenes heilige Gesetz allen seinen Kräften die Richtung giebt. |452.15| Aber sein Bestreben ist begränzt; und von der Natur kann er zwar hin und wieder einen zufälligen Beitritt, niemals aber eine gesetzmäßige und nach beständigen Regeln (so wie innerlich seine Maximen sind und sein müssen) eintreffende Zusammenstimmung zu dem Zwecke erwarten, welchen zu bewirken er sich doch verbunden und angetrieben fühlt. Betrug, Gewaltthätigkeit |452.20| und Neid werden immer um ihn im Schwange gehen, ob #428# er gleich selbst redlich, friedfertig und wohlwollend ist; und die Rechtschaffenen, die er außer sich noch antrifft, werden unangesehen aller ihrer Würdigkeit glücklich zu sein dennoch durch die Natur, die darauf nicht achtet, allen Übeln des Mangels, der Krankheiten und des unzeitigen Todes gleich |452.25| den übrigen Thieren der Erde unterworfen sein und es auch immer bleiben, bis ein weites Grab sie insgesammt (redlich oder unredlich, das gilt hier gleichviel) verschlingt und sie, die da glauben konnten, Endzweck der Schöpfung zu sein, in den Schlund des zwecklosen Chaos der Materie zurück wirft, aus dem sie gezogen waren. — Den Zweck also, den dieser |452.30| Wohlgesinnte in Befolgung der moralischen Gesetze vor Augen hatte und haben sollte, müßte er allerdings als unmöglich aufgeben; oder will er auch hierin dem Rufe seiner sittlichen inneren Bestimmung anhänglich bleiben und die Achtung, welche das sittliche Gesetz ihm unmittelbar zum Gehorchen einflößt, nicht durch die Nichtigkeit des einzigen ihrer hohen Forderung |452.35| angemessenen idealischen Endzwecks schwächen (welches ohne einen der moralischen Gesinnung widerfahrenden Abbruch nicht geschehen kann): so muß er, welches er auch gar wohl thun kann, indem es an sich wenigstens nicht widersprechend ist, in praktischer Absicht, d. i. um sich wenigstens von der Möglichkeit des ihm moralisch vorgeschriebenen Endzwecks einen Begriff zu machen, das Dasein eines =moralischen= Welturhebers, d. i. #429# Gottes, annehmen. |453.5| § 88. Beschränkung der Gültigkeit des moralischen Beweises. Die reine Vernunft als praktisches Vermögen, d. i. als Vermögen den freien Gebrauch unserer Causalität durch Ideen (reine Vernunftbegriffe) zu bestimmen, enthält nicht allein im moralischen Gesetze ein regulatives |453.10| Princip unserer Handlungen, sondern giebt auch dadurch zugleich ein subjectiv-constitutives in dem Begriffe eines Objects an die Hand, welches nur Vernunft denken kann, und welches durch unsere Handlungen in der Welt nach jenem Gesetze wirklich gemacht werden soll. Die Idee eines Endzwecks im Gebrauche der Freiheit nach moralischen Gesetzen |453.15| hat also subjectiv-=praktische= Realität. Wir sind _a priori_ durch die Vernunft bestimmt, das Weltbeste, welches in der Verbindung des größten Wohls der vernünftigen Weltwesen mit der höchsten Bedingung des Guten an denselben, d. i. der allgemeinen Glückseligkeit mit der gesetzmäßigsten Sittlichkeit, besteht, nach allen Kräften zu befördern. In diesem |453.20| Endzwecke ist die Möglichkeit des einen Theils, nämlich der Glückseligkeit, empirisch bedingt, d. i. von der Beschaffenheit der Natur (ob sie zu diesem Zwecke übereinstimme oder nicht) abhängig und in theoretischer Rücksicht #430# problematisch; indeß der andere Theil, nämlich die Sittlichkeit, in Ansehung deren wir von der Naturmitwirkung frei sind, seiner Möglichkeit |453.25| nach _a priori_ fest steht und dogmatisch gewiß ist. Zur objectiven theoretischen Realität also des Begriffs von dem Endzwecke vernünftiger Weltwesen wird erfordert, daß nicht allein wir einen uns _a priori_ vorgesetzten Endzweck haben, sondern daß auch die Schöpfung, d. i. die Welt selbst, ihrer Existenz nach einen Endzweck habe: welches, wenn es _a priori_ bewiesen |453.30| werden könnte, zur subjectiven Realität des Endzwecks die objective hinzuthun würde. Denn hat die Schöpfung überall einen Endzweck, so können wir ihn nicht anders denken, als so, daß er mit dem moralischen (der allein den Begriff von einem Zwecke möglich macht) übereinstimmen müsse. Nun finden wir aber in der Welt zwar Zwecke: und die physische Teleologie stellt sie in solchem Maße dar, daß, wenn wir der Vernunft gemäß urtheilen, wir zum Princip der Nachforschung der Natur zuletzt anzunehmen Grund haben, daß in der Natur gar nichts ohne Zweck sei; allein den Endzweck der Natur suchen wir in ihr selbst vergeblich. |454.5| Dieser kann und muß daher, so wie die Idee davon nur in der Vernunft liegt, selbst seiner objectiven Möglichkeit nach nur in vernünftigen Wesen gesucht werden. Die praktische Vernunft der letzeren aber giebt diesen Endzweck nicht allein an, sondern bestimmt auch diesen Begriff in Ansehung der Bedingungen, unter welchen ein Endzweck der Schöpfung allein von |454.10| #431# uns gedacht werden kann. Es ist nun die Frage: ob die objective Realität des Begriffs von einem Endzweck der Schöpfung nicht auch für die theoretischen Forderungen der reinen Vernunft hinreichend, wenn gleich nicht apodiktisch für die bestimmende, doch hinreichend für die Maximen der theoretisch-reflectirenden |454.15| Urtheilskraft könne dargethan werden. Dieses ist das mindeste, was man der speculativen Philosophie ansinnen kann, die den sittlichen Zweck mit den Naturzwecken vermittelst der Idee eines einzigen Zwecks zu verbinden sich anheischig macht; aber auch dieses Wenige ist doch weit mehr, als sie je zu leisten vermag. |454.20| Nach dem Princip der theoretisch-reflectirenden Urtheilskraft würden wir sagen: Wenn wir Grund haben, zu den zweckmäßigen Producten der Natur eine oberste Ursache der Natur anzunehmen, deren Causalität in Ansehung der Wirklichkeit der letzteren (die Schöpfung) von anderer Art, als zum Mechanism der Natur erforderlich ist, nämlich als die eines Verstandes, |454.25| gedacht werden muß: so werden wir auch an diesem Urwesen nicht bloß allenthalben in der Natur Zwecke, sondern auch einen Endzweck zu denken hinreichenden Grund haben, wenn gleich nicht um das Dasein eines solchen Wesens darzuthun, doch wenigstens (so wie es in der physischen Teleologie geschah) uns zu überzeugen, daß wir die Möglichkeit |454.30| #432# einer solchen Welt nicht bloß nach Zwecken, sondern auch nur dadurch, daß wir ihrer Existenz einen Endzweck unterlegen, uns begreiflich machen können. Allein Endzweck ist bloß ein Begriff unserer praktischen Vernunft und kann aus keinen Datis der Erfahrung zu theoretischer Beurtheilung |454.35| der Natur gefolgert, noch auf Erkenntniß derselben bezogen werden. Es ist kein Gebrauch von diesem Begriffe möglich, als lediglich für die praktische Vernunft nach moralischen Gesetzen; und der Endzweck der Schöpfung ist diejenige Beschaffenheit der Welt, die zu dem, was wir allein nach Gesetzen bestimmt angeben können, nämlich dem Endzwecke unserer reinen praktischen Vernunft, und zwar so fern sie praktisch sein soll, übereinstimmt. — Nun haben wir durch das moralische Gesetz, welches uns diesen |455.5| letztern auferlegt, in praktischer Absicht, nämlich um unsere Kräfte zur Bewirkung desselben anzuwenden, einen Grund, die Möglichkeit, Ausführbarkeit desselben, mithin auch (weil ohne Beitritt der Natur zu einer in unserer Gewalt nicht stehenden Bedingung derselben die Bewirkung desselben unmöglich sein würde) eine Natur der Dinge, die dazu übereinstimmt, |455.10| anzunehmen. Also haben wir einen moralischen Grund, uns an einer Welt auch einen Endzweck der Schöpfung zu denken. Dieses ist nun noch nicht der Schluß von der moralischen Teleologie #433# auf eine Theologie, d. i. auf das Dasein eines moralischen Welturhebers, sondern nur auf einen Endzweck der Schöpfung, der auf diese Art bestimmt |455.15| wird. Daß nun zu dieser Schöpfung, d. i. der Existenz der Dinge gemäß einem =Endzwecke=, erstlich ein verständiges, aber zweitens nicht bloß (wie zu der Möglichkeit der Dinge der Natur, die wir als =Zwecke= zu beurtheilen genöthigt waren) ein verständiges, sondern ein zugleich =moralisches= Wesen als Welturheber, mithin ein =Gott= angenommen |455.20| werden müsse: ist ein zweiter Schluß, welcher so beschaffen ist, daß man sieht, er sei bloß für die Urtheilskraft nach Begriffen der praktischen Vernunft und als ein solcher für die reflectirende, nicht die bestimmende Urtheilskraft gefällt. Denn wir können uns nicht anmaßen einzusehen: daß, obzwar in uns die moralisch-praktische Vernunft von der technisch-praktischen |455.25| ihren Principien nach wesentlich unterschieden ist, in der obersten Weltursache, wenn sie als Intelligenz angenommen wird, es auch so sein müsse, und eine besondere und verschiedene Art der Causalität derselben zum Endzwecke, als bloß zu Zwecken der Natur erforderlich sei; daß wir mithin an unserm Endzweck nicht bloß einen =moralischen Grund= haben, |455.30| einen Endzweck der Schöpfung (als Wirkung), sondern auch ein =moralisches Wesen= als Urgrund der Schöpfung anzunehmen. Wohl aber können wir sagen: daß =nach der Beschaffenheit unseres Vernunftvermögens= #434# wir uns die Möglichkeit einer solchen =auf das moralische Gesetz= und dessen Object bezogenen Zweckmäßigkeit, als in diesem |455.35| Endzwecke ist, ohne einen Welturheber und Regierer, der zugleich moralischer Gesetzgeber ist, gar nicht begreiflich machen können. Die Wirklichkeit eines höchsten moralisch-gesetzgebenden Urhebers ist also bloß =für den praktischen Gebrauch= unserer Vernunft hinreichend dargethan, ohne in Ansehung des Daseins desselben etwas theoretisch zu bestimmen. Denn diese bedarf zur Möglichkeit ihres Zwecks, der uns auch ohnedas durch ihre eigene Gesetzgebung aufgegeben ist, einer Idee, |456.5| wodurch das Hinderniß aus dem Unvermögen ihrer Befolgung nach dem bloßen Naturbegriffe von der Welt (für die reflectirende Urtheilskraft hinreichend) weggeräumt wird; und diese Idee bekommt dadurch praktische Realität, wenn ihr gleich alle Mittel, ihr eine solche in theoretischer Absicht zur Erklärung der Natur und Bestimmung der obersten Ursache zu |456.10| verschaffen, für das speculative Erkenntniß gänzlich abgehen. Für die theoretisch reflectirende Urtheilskraft bewies die physische Teleologie aus den Zwecken der Natur hinreichend eine verständige Weltursache; für die praktische bewirkt dieses die moralische durch den Begriff eines Endzwecks, den sie in praktischer Absicht der Schöpfung beizulegen genöthigt ist. Die |456.15| #435# objective Realität der Idee von Gott, als moralischen Welturhebers, kann nun zwar nicht durch physische Zwecke =allein= dargethan werden; gleichwohl aber, wenn ihr Erkenntniß mit dem des moralischen verbunden wird, sind jene vermöge der Maxime der reinen Vernunft, Einheit der Principien, so viel sich thun läßt, zu befolgen, von großer Bedeutung, um der |456.20| praktischen Realität jener Idee durch die, welche sie in theoretischer Absicht für die Urtheilskraft bereits hat, zu Hülfe zu kommen. Hiebei ist nun zu Verhütung eines leicht eintretenden Mißverständnisses höchst nöthig anzumerken, daß wir erstlich diese Eigenschaften des höchsten Wesens nur nach der Analogie =denken= können. Denn wie wollten |456.25| wir seine Natur, wovon uns die Erfahrung nichts Ähnliches zeigen kann, erforschen? Zweitens, daß wir es durch dieselbe auch nur denken, nicht darnach =erkennen= und sie ihm etwa theoretisch beilegen können; denn das wäre für die bestimmende Urtheilskraft in speculativer Absicht unserer Vernunft, um, was die oberste Weltursache =an sich= sei, einzusehen. |456.30| Hier aber ist es nur darum zu thun, welchen Begriff wir uns nach der Beschaffenheit unserer Erkenntnißvermögen von demselben zu machen und ob wir seine Existenz anzunehmen haben, um einem Zwecke, den uns reine praktische Vernunft ohne alle solche Voraussetzung _a priori_ nach allen Kräften zu bewirken auferlegt, gleichfalls nur praktische Realität zu verschaffen, |456.35| #436# d. i. nur eine beabsichtete Wirkung als möglich denken zu können. Immerhin mag jener Begriff für die speculative Vernunft überschwenglich sein; auch mögen die Eigenschaften, die wir dem dadurch gedachten Wesen beilegen, objectiv gebraucht, einen Anthropomorphism in sich verbergen: die Absicht ihres Gebrauchs ist auch nicht, seine für uns unerreichbare Natur, sondern uns selbst und unseren Willen darnach bestimmen zu wollen. So wie wir eine Ursache nach dem Begriffe, den wir von der Wirkung |457.5| haben, (aber nur in Ansehung ihrer Relation zu dieser) benennen, ohne darum die innere Beschaffenheit derselben durch die Eigenschaften, die uns von dergleichen Ursachen einzig und allein bekannt und durch Erfahrung gegeben werden müssen, innerlich bestimmen zu wollen; so wie wir z. B. der Seele unter andern auch eine _vim locomotivam_ beilegen, |457.10| weil wirklich Bewegungen des Körpers entspringen, deren Ursache in ihren Vorstellungen liegt, ohne ihr darum die einzige Art, wie wir bewegende Kräfte kennen, (nämlich durch Anziehung, Druck, Stoß, mithin Bewegung, welche jederzeit ein ausgedehntes Wesen voraussetzen) beilegen zu wollen: — eben so werden wir =Etwas=, das den Grund der Möglichkeit |457.15| und der praktischen Realität, d. i. der Ausführbarkeit, eines nothwendigen moralischen Endzwecks enthält, annehmen müssen; dieses aber nach Beschaffenheit der von ihm erwarteten Wirkung uns als ein weises, nach moralischen #437# Gesetzen die Welt beherrschendes Wesen denken können und der Beschaffenheit unserer Erkenntnißvermögen gemäß als von der Natur unterschiedene |457.20| Ursache der Dinge denken müssen, um nur das =Verhältniß= dieses alle unsere Erkenntnißvermögen übersteigenden Wesens zum Objecte =unserer= praktischen Vernunft auszudrücken: ohne doch dadurch die einzige uns bekannte Causalität dieser Art, nämlich einen Verstand und Willen, ihm darum theoretisch beilegen, ja selbst auch nur die an ihm gedachte |457.25| Causalität in Ansehung dessen, was =für uns= Endzweck ist, als in diesem Wesen selbst von der Causalität in Ansehung der Natur (und deren Zweckbestimmungen überhaupt) objectiv unterscheiden zu wollen, sondern diesen Unterschied nur als subjectiv nothwendig für die Beschaffenheit unseres Erkenntnißvermögens und gültig für die reflectirende, nicht für die |457.30| objectiv bestimmende Urtheilskraft annehmen können. Wenn es aber auf das Praktische ankommt, so ist ein solches =regulatives= Princip (für die Klugheit oder Weisheit): dem, was nach Beschaffenheit unserer Erkenntnißvermögen von uns auf gewisse Weise allein als möglich gedacht werden kann, als Zwecke gemäß zu handeln, zugleich =constitutiv=, d. i. praktisch |457.35| bestimmend; indeß eben dasselbe als Princip die objective Möglichkeit der Dinge zu beurtheilen keinesweges theoretisch-bestimmend (daß nämlich auch dem Objecte die einzige Art der Möglichkeit zukomme, die unserm #438# Vermögen zu denken zukommt), sondern ein bloß =regulatives= Princip für die reflectirende Urtheilskraft ist. =Anmerkung.= Dieser moralische Beweis ist nicht etwa ein neu erfundener, sondern |458.5| allenfalls nur ein neu erörterter Beweisgrund; denn er hat vor der frühesten Aufkeimung des menschlichen Vernunftvermögens schon in demselben gelegen und wird mit der fortgehenden Cultur desselben nur immer mehr entwickelt. Sobald die Menschen über Recht und Unrecht zu reflectiren anfingen, in einer Zeit, wo sie über die Zweckmäßigkeit der Natur noch |458.10| gleichgültig wegsahen, sie nützten, ohne sich dabei etwas Anderes als den gewohnten Lauf der Natur zu denken, mußte sich das Urtheil unvermeidlich einfinden: daß es im Ausgange nimmermehr einerlei sein könne, ob ein Mensch sich redlich oder falsch, billig oder gewaltthätig verhalten habe, wenn er gleich bis an sein Lebensende, wenigstens sichtbarlich, für seine |458.15| Tugenden kein Glück, oder für seine Verbrechen keine Strafe angetroffen habe. Es ist: als ob sie in sich eine Stimme wahrnähmen, es müsse anders zugehen; mithin mußte auch die, obgleich dunkle, Vorstellung von Etwas, dem sie nachzustreben sich verbunden fühlten, verborgen liegen, womit ein solcher Ausschlag sich gar nicht zusammenreimen lasse, oder womit, |458.20| wenn sie den Weltlauf einmal als die einzige Ordnung der Dinge ansahen, sie wiederum jene innere Zweckbestimmung ihres Gemüths nicht zu vereinigen wußten. Nun mochten sie die Art, wie eine solche Unregelmäßigkeit (welche dem menschlichen Gemüthe weit empörender sein muß, als der blinde Zufall, den man etwa der Naturbeurtheilung zum Princip |458.25| unterlegen wollte) ausgeglichen werden könne, sich auf mancherlei noch so #439# grobe Weise vorstellen; so konnten sie sich doch niemals ein anderes Princip der Möglichkeit der Vereinigung der Natur mit ihrem inneren Sittengesetze erdenken, als eine nach moralischen Gesetzen die Welt beherrschende oberste Ursache: weil ein als Pflicht aufgegebener Endzweck in ihnen und |458.30| eine Natur ohne allen Endzweck außer ihnen, in welcher gleichwohl jener Zweck wirklich werden soll, im Widerspruche stehen. Über die innere Beschaffenheit jener Weltursache konnten sie nun manchen Unsinn ausbrüten; jenes moralische Verhältniß in der Weltregierung blieb immer dasselbe, welches für die unangebauteste Vernunft, sofern sie sich als praktisch betrachtet, |458.35| allgemein faßlich ist, mit welcher hingegen die speculative bei weitem nicht gleichen Schritt halten kann. — Auch wurde aller Wahrscheinlichkeit nach durch dieses moralische Interesse allererst die Aufmerksamkeit auf die Schönheit und Zwecke der Natur rege gemacht, die alsdann jene Idee zu bestärken vortrefflich diente, sie aber doch nicht begründen, noch weniger jenes entbehren konnte, weil selbst die Nachforschung |459.5| der Zwecke der Natur nur in Beziehung auf den Endzweck dasjenige unmittelbare Interesse bekommt, welches sich in der Bewunderung derselben ohne Rücksicht auf irgend daraus zu ziehenden Vortheil in so großem Maße zeigt. § 89. |459.10| Von dem Nutzen des moralischen Arguments. Die Einschränkung der Vernunft in Ansehung aller unserer Ideen vom Übersinnlichen auf die Bedingungen ihres praktischen Gebrauchs hat, was #440# die Idee von Gott betrifft, den unverkennbaren Nutzen: daß sie verhütet, daß =Theologie= sich nicht in THEOSOPHIE (in vernunftverwirrende überschwengliche |459.15| Begriffe) versteige, oder zur Dämonologie (einer anthropomorphistischen Vorstellungsart des höchsten Wesens) herabsinke; daß =Religion= nicht in =Theurgie= (ein schwärmerischer Wahn, von anderen übersinnlichen Wesen Gefühl und auf sie wiederum Einfluß haben zu können), oder in =Idololatrie= (ein abergläubischer Wahn, dem höchsten Wesen |459.20| sich durch andere Mittel, als durch eine moralische Gesinnung wohlgefällig machen zu können) gerathe[35]. [35] Abgötterei in praktischem Verstande ist noch immer diejenige Religion, |459.30| welche sich das höchste Wesen mit Eigenschaften denkt, nach denen noch etwas anders, als Moralität die für sich taugliche Bedingung sein könne, seinem Willen in dem, was der Mensch zu thun vermag, gemäß zu sein. Denn so rein und frei von sinnlichen Bildern man auch in theoretischer Rücksicht jenen Begriff gefaßt haben mag, so ist er im Praktischen alsdann dennoch als ein =Idol=, d. i. der Beschaffenheit |459.35| seines Willens nach anthropomorphistisch, vorgestellt. Denn wenn man der Eitelkeit oder Vermessenheit des Vernünftelns in Ansehung dessen, was über die Sinnenwelt hinausliegt, auch nur das mindeste theoretisch (und erkenntniß-erweiternd) zu bestimmen einräumt; |459.25| wenn man mit Einsichten vom Dasein und von der Beschaffenheit der #441# göttlichen Natur, von seinem Verstande und Willen, den Gesetzen beider und den daraus auf die Welt abfließenden Eigenschaften groß zu thun verstattet: so möchte ich wohl wissen, wo und an welcher Stelle man die Anmaßungen der Vernunft begränzen wolle; denn wo jene Einsichten hergenommen sind, eben daher können ja noch mehrere (wenn man nur, wie man meint, sein Nachdenken anstrengte) erwartet werden. Die Begränzung solcher Ansprüche müßte doch nach einem gewissen Princip geschehen, nicht etwa bloß aus dem Grunde, weil wir finden, daß alle Versuche mit |460.5| denselben bisher fehlgeschlagen sind; denn das beweiset nichts wider die Möglichkeit eines besseren Ausschlags. Hier aber ist kein Princip möglich, als entweder anzunehmen: daß in Ansehung des Übersinnlichen schlechterdings gar nichts theoretisch (als lediglich nur negativ) bestimmt werden könne, oder daß unsere Vernunft eine noch unbenutzte Fundgrube |460.10| zu wer weiß wie großen, für uns und unsere Nachkommen aufbewahrten erweiternden Kenntnissen in sich enthalte. — Was aber Religion betrifft, d. i. die Moral in Beziehung auf Gott als Gesetzgeber: so muß, wenn die theoretische Erkenntniß desselben vorhergehen müßte, die Moral sich nach der Theologie richten und nicht allein statt einer inneren nothwendigen |460.15| Gesetzgebung der Vernunft eine äußere willkürliche eines obersten Wesens eingeführt werden, sondern auch in dieser alles, was unsere Einsicht in #442# die Natur desselben Mangelhaftes hat, sich auf die sittliche Vorschrift erstrecken und so die Religion unmoralisch machen und verkehren. In Ansehung der Hoffnung eines künftigen Lebens, wenn wir statt |460.20| des Endzwecks, den wir der Vorschrift des moralischen Gesetzes gemäß selbst zu vollführen haben, zum Leitfaden des Vernunfturtheils über unsere Bestimmung (welches also nur in praktischer Beziehung als nothwendig, oder annehmungswürdig betrachtet wird) unser theoretisches Erkenntnißvermögen befragen, giebt die Seelenlehre in dieser Absicht, so wie oben |460.25| die Theologie nichts mehr als einen negativen Begriff von unserm denkenden Wesen: daß nämlich keine seiner Handlungen und Erscheinungen des innern Sinnes materialistisch erklärt werden könne; daß also von ihrer abgesonderten Natur und der Dauer oder Nichtdauer ihrer Persönlichkeit nach dem Tode uns schlechterdings kein erweiterndes, bestimmendes Urtheil |460.30| aus speculativen Gründen durch unser gesammtes theoretisches Erkenntnißvermögen möglich sei. Da also alles hier der teleologischen Beurtheilung unseres Daseins in praktischer nothwendiger Rücksicht und der Annehmung unserer Fortdauer, als der zu dem uns von der Vernunft schlechterdings aufgegebenen Endzweck erforderlichen Bedingung, überlassen bleibt, |460.35| so zeigt sich hier zugleich der Nutzen (der zwar beim ersten Anblick Verlust zu sein scheint): daß, so wie die Theologie für uns nie Theosophie werden #443# kann, die rationale =Psychologie= niemals =Pneumatologie= als erweiternde Wissenschaft werden könne, so wie sie andrerseits auch gesichert ist, in keinen =Materialism= zu verfallen; sondern daß sie vielmehr bloß Anthropologie des innern Sinnes, d. i. Kenntniß unseres denkenden Selbst im =Leben=, sei und als theoretisches Erkenntniß auch bloß empirisch |461.5| bleibe; dagegen die rationale Psychologie, was die Frage über unsere ewige Existenz betrifft, gar keine theoretische Wissenschaft ist, sondern auf einem einzigen Schlusse der moralischen Teleologie beruht, wie denn auch ihr ganzer Gebrauch bloß der letztern als unserer praktischen Bestimmung wegen nothwendig ist. |461.10| § 90. Von der Art des Fürwahrhaltens in einem teleologischen Beweise des Daseins Gottes. Zuerst wird zu jedem Beweise, er mag (wie bei dem Beweise durch Beobachtung des Gegenstandes oder Experiment) durch unmittelbare empirische |461.15| Darstellung dessen, was bewiesen werden soll, oder durch Vernunft _a priori_ aus Principien geführt werden, erfordert: daß er nicht =überrede=, sondern =überzeuge=, oder wenigstens auf Überzeugung wirke; d. i. daß der Beweisgrund, oder der Schluß nicht bloß ein subjectiver #444# (ästhetischer) Bestimmungsgrund des Beifalls (bloßer Schein), sondern |461.20| objectiv-gültig und ein logischer Grund der Erkenntniß sei: denn sonst wird der Verstand berückt, aber nicht überführt. Von jener Art eines Scheinbeweises ist derjenige, welcher vielleicht in guter Absicht, aber doch mit vorsetzlicher Verhehlung seiner Schwäche in der natürlichen Theologie geführt wird: wenn man die große Menge der Beweisthümer eines Ursprungs |461.25| der Naturdinge nach dem Princip der Zwecke herbeizieht und sich den bloß subjectiven Grund der menschlichen Vernunft zu Nutze macht, nämlich den ihr eigenen Hang, wo es nur ohne Widerspruch geschehen kann, statt vieler Principien ein einziges und, wo in diesem Princip nur einige oder auch viele Erfordernisse zur Bestimmung eines Begriffs angetroffen |461.30| werden, die übrigen hinzuzudenken, um den Begriff des Dinges durch willkürliche Ergänzung zu vollenden. Denn freilich, wenn wir so viele Producte in der Natur antreffen, die für uns Anzeigen einer verständigen Ursache sind: warum sollen wir statt vieler solcher Ursachen nicht lieber eine einzige und zwar an dieser nicht etwa bloß großen Verstand |461.35| Macht u. s. w., sondern nicht vielmehr Allweisheit, Allmacht, mit einem Worte sie als eine solche, die den für alle mögliche Dinge zureichenden Grund solcher Eigenschaften enthalte, denken? und über das diesem einigen alles vermögenden Urwesen nicht bloß für die Naturgesetze und -Producte #445# Verstand, sondern auch als einer moralischen Weltursache höchste sittliche |462.5| praktische Vernunft beilegen; da durch diese Vollendung des Begriffs ein für Natureinsicht sowohl als moralische Weisheit zusammen hinreichendes Princip angegeben wird, und kein nur einigermaßen gegründeter Einwurf wider die Möglichkeit einer solchen Idee gemacht werden kann? Werden hiebei nun zugleich die moralischen Triebfedern des Gemüths in Bewegung |462.10| gesetzt und ein lebhaftes Interesse der letzteren mit rednerischer Stärke (deren sie auch wohl würdig sind) hinzugefügt: so entspringt daraus eine Überredung von der objectiven Zulänglichkeit des Beweises und ein (in den meisten Fällen seines Gebrauchs) auch heilsamer Schein, der aller Prüfung der logischen Schärfe desselben sich ganz überhebt und sogar dawider, |462.15| als ob ihr ein frevelhafter Zweifel zum Grunde läge, Abscheu und Widerwillen trägt. — Nun ist hierwider wohl nichts zu sagen, so fern man auf populäre Brauchbarkeit eigentlich Rücksicht nimmt. Allein da doch die Zerfällung desselben in die zwei ungleichartigen Stücke, die dieses Argument enthält, nämlich in das, was zur physischen, und das, was zur |462.20| moralischen Teleologie gehört, nicht abgehalten werden kann und darf, indem die Zusammenschmelzung beider es unkenntlich macht, wo der eigentliche Nerve des Beweises liege, und an welchem Theile und wie er müßte bearbeitet werden, um für die Gültigkeit desselben vor der schärfsten Prüfung #446# Stand halten zu können (selbst wenn man an einem Theile die |462.25| Schwäche unserer Vernunfteinsicht einzugestehen genöthigt sein sollte): so ist es für den Philosophen Pflicht (gesetzt daß er auch die Anforderung der Aufrichtigkeit an ihn für nichts rechnete), den obgleich noch so heilsamen Schein, welchen eine solche Vermengung hervorbringen kann, aufzudecken und, was bloß zur Überredung gehört, von dem, was auf Überzeugung |462.30| führt, (die beide nicht bloß dem Grade, sondern selbst der Art nach unterschiedene Bestimmungen des Beifalls sind) abzusondern, um die Gemüthsfassung in diesem Beweise in ihrer ganzen Lauterkeit offen darzustellen und diesen der strengsten Prüfung freimüthig unterwerfen zu können. Ein Beweis aber, der auf Überzeugung angelegt ist, kann wiederum |462.35| zwiefacher Art sein, entweder ein solcher, der, was der Gegenstand =an sich= sei, oder was er =für uns= (Menschen überhaupt) nach den uns nothwendigen Vernunftprincipien seiner Beurtheilung sei (ein Beweis κατ' αληθειαν oder κατ' ανθρωπον, das letztere Wort in allgemeiner Bedeutung für Menschen überhaupt genommen), ausmachen soll. Im ersteren Falle ist er auf hinreichende Principien für die bestimmende, im zweiten bloß für die reflectirende Urtheilskraft gegründet. Im letztern Falle kann er, auf bloß |463.5| theoretischen Principien beruhend, niemals auf Überzeugung wirken; legt #447# er aber ein praktisches Vernunftprincip zum Grunde (welches mithin allgemein und nothwendig gilt), so darf er wohl auf eine in reiner praktischer Absicht hinreichende, d. i. moralische, Überzeugung Anspruch machen. Ein Beweis aber =wirkt auf Überzeugung=, ohne noch zu überzeugen, wenn |463.10| er bloß auf dem Wege dahin geführt wird, d. i. nur objective Gründe dazu in sich enthält, die, ob sie gleich noch nicht zur Gewißheit hinreichend, dennoch von der Art sind, daß sie nicht bloß als subjective Gründe des Urtheils zur Überredung dienen. Alle theoretische Beweisgründe reichen nun entweder zu: 1) zum Beweise |463.15| durch logisch-strenge =Vernunftschlüsse=; oder, wo dieses nicht ist, 2) zum =Schlusse= nach der =Analogie=; oder, findet auch dieses etwa nicht Statt, doch noch 3) zur =wahrscheinlichen Meinung=; oder endlich, was das Mindeste ist, 4) zur Annehmung eines bloß möglichen Erklärungsgrundes, als =Hypothese=. — Nun sage ich: daß alle Beweisgründe |463.20| überhaupt, die auf theoretische Überzeugung wirken, kein Fürwahrhalten dieser Art von dem höchsten bis zum niedrigsten Grade desselben bewirken können, wenn der Satz von der Existenz eines Urwesens, als eines Gottes in der dem ganzen Inhalte dieses Begriffs angemessenen Bedeutung, nämlich als eines =moralischen= Welturhebers, mithin so, daß durch ihn |463.25| zugleich der Endzweck der Schöpfung angegeben wird, bewiesen werden #448# soll. 1) Was den =logisch-gerechten=, vom Allgemeinen zum Besonderen fortgehenden Beweis betrifft, so ist in der Kritik hinreichend dargethan worden: daß, da dem Begriffe von einem Wesen, welches über die Natur |463.30| hinaus zu suchen ist, keine uns mögliche Anschauung correspondirt, dessen Begriff also selbst, sofern er durch synthetische Prädicate theoretisch bestimmt werden soll, für uns jederzeit problematisch bleibt, schlechterdings kein Erkenntniß desselben (wodurch der Umfang unseres theoretischen Wissens im mindesten erweitert würde) Statt finde, und unter die allgemeinen |463.35| Principien der Natur der Dinge der besondere Begriff eines übersinnlichen Wesens gar nicht subsumirt werden könne, um von jenen auf dieses zu schließen; weil jene Principien lediglich für die Natur als Gegenstand der Sinne gelten. 2) Man kann sich zwar von zwei ungleichartigen Dingen eben in dem Punkte ihrer Ungleichartigkeit eines derselben doch nach einer =Analogie=[36] mit dem andern =denken=; aber aus dem, worin sie ungleichartig sind, nicht |464.5| #449# von einem nach der Analogie auf das andere =schließen=, d. i. dieses Merkmal #450# des specifischen Unterschiedes auf das andere übertragen. So kann ich mir nach der Analogie mit dem Gesetze der Gleichheit der Wirkung und Gegenwirkung in der wechselseitigen Anziehung und Abstoßung der Körper unter einander auch die Gemeinschaft der Glieder eines gemeinen Wesens nach Regeln des Rechts denken; aber jene specifischen Bestimmungen (die materielle Anziehung oder Abstoßung) nicht auf diese übertragen und sie den Bürgern beilegen, um ein System, welches Staat heißt, auszumachen. — Eben so dürfen wir wohl die Causalität des Urwesens in |465.5| Ansehung der Dinge der Welt, als Naturzwecke, nach der Analogie eines Verstandes, als Grundes der Formen gewisser Producte, die wir Kunstwerke nennen, denken (denn dieses geschieht nur zum Behuf des theoretischen oder praktischen Gebrauchs unseres Erkenntnißvermögens, den wir von diesem Begriffe in Ansehung der Naturdinge in der Welt nach einem |465.10| gewissen Princip zu machen haben): aber wir können daraus, daß unter #451# Weltwesen der Ursache einer Wirkung, die als künstlich beurtheilt wird, Verstand beigelegt werden muß, keinesweges nach einer Analogie schließen, daß auch dem Wesen, welches von der Natur gänzlich unterschieden ist, in Ansehung der Natur selbst eben dieselbe Causalität, die wir am Menschen |465.15| wahrnehmen, zukomme: weil dieses eben den Punkt der Ungleichartigkeit betrifft, der zwischen einer in Ansehung ihrer Wirkungen sinnlich-bedingten Ursache und dem übersinnlichen Urwesen selbst im Begriffe desselben gedacht wird und also auf diesen nicht übergetragen werden kann. — Eben darin, daß ich mir die göttliche Causalität nur nach der Analogie mit |465.20| einem Verstande (welches Vermögen wir an keinem anderen Wesen als dem sinnlich-bedingten Menschen kennen) denken soll, liegt das Verbot, ihm diesen nicht in der eigentlichen Bedeutung beizulegen[37]. [36] =Analogie= (in qualitativer Bedeutung) ist die Identität des Verhältnisses |464.10| zwischen Gründen und Folgen (Ursachen und Wirkungen), sofern sie ungeachtet der specifischen Verschiedenheit der Dinge, oder derjenigen Eigenschaften an sich, welche den Grund von ähnlichen Folgen enthalten (d. i. außer diesem Verhältnisse betrachtet), Statt findet. So denken wir uns zu den Kunsthandlungen der Thiere in Vergleichung mit denen des Menschen den Grund dieser Wirkungen in den ersteren, den wir |464.15| nicht kennen, mit dem Grunde ähnlicher Wirkungen des Menschen (der Vernunft), den wir kennen, als Analogon der Vernunft; und wollen damit zugleich anzeigen: daß der Grund des thierischen Kunstvermögens unter der Benennung eines Instincts von der Vernunft in der That specifisch unterschieden, doch auf die Wirkung (der Bau der Biber mit dem der Menschen verglichen) ein ähnliches Verhältniß habe. — Deswegen |464.20| aber kann ich daraus, weil der Mensch zu seinem Bauen =Vernunft= braucht, nicht schließen, daß der Biber auch dergleichen haben müsse, und es einen =Schluß= nach der Analogie nennen. Aber aus der ähnlichen Wirkungsart der Thiere (wovon wir den Grund nicht unmittelbar wahrnehmen können), mit der des Menschen (dessen wir uns unmittelbar bewußt sind) verglichen, können wir ganz richtig =nach der |464.25| Analogie= schließen, daß die Thiere auch nach =Vorstellungen= handeln (nicht, wie Cartesius will, Maschinen sind) und ungeachtet ihrer specifischen Verschiedenheit doch der Gattung nach (als lebende Wesen) mit dem Menschen einerlei sind. Das Princip der Befugniß, so zu schließen, liegt in der Einerleiheit eines Grundes, die Thiere in Ansehung gedachter Bestimmung mit dem Menschen, als Menschen, so weit |464.30| wir sie äußerlich nach ihren Handlungen mit einander vergleichen, zu einerlei Gattung zu zählen. Es ist par ratio. Eben so kann ich die Causalität der obersten Weltursache in der Vergleichung der zweckmäßigen Producte derselben in der Welt mit den Kunstwerken des Menschen nach der Analogie eines Verstandes denken, aber nicht auf diese Eigenschaften in demselben nach der Analogie schließen: weil hier das Princip |464.35| der Möglichkeit einer solchen Schlußart gerade mangelt, nämlich die _paritas rationis_, das höchste Wesen mit dem Menschen (in Ansehung ihrer beiderseitigen Causalität) zu einer und derselben Gattung zu zählen. Die Causalität der Weltwesen, die immer sinnlich-bedingt (dergleichen die durch Verstand) ist, kann nicht auf ein Wesen übertragen werden, welches mit jenen keinen Gattungsbegriff, als den eines Dinges |464.40| überhaupt gemein hat. [37] Man vermißt dadurch nicht das Mindeste in der Vorstellung der Verhältnisse dieses Wesens zur Welt, sowohl was die theoretischen als praktischen Folgerungen aus diesem Begriffe betrifft. Was es an sich selbst sei, erforschen zu wollen, |465.35| ist ein eben so zweckloser als vergeblicher Vorwitz. 3) =Meinen= findet in Urtheilen _a priori_ gar nicht Statt; sondern man erkennt durch sie entweder etwas als ganz gewiß, oder gar nichts. Wenn |465.25| aber auch die gegebenen Beweisgründe, von denen wir ausgehen (wie hier von den Zwecken in der Welt), empirisch sind, so kann man mit diesen doch #452# über die Sinnenwelt hinaus nichts meinen und solchen gewagten Urtheilen den mindesten Anspruch auf Wahrscheinlichkeit zugestehen. Denn Wahrscheinlichkeit ist ein Theil einer in einer gewissen Reihe der Gründe möglichen |465.30| Gewißheit (die Gründe derselben werden darin mit dem Zureichenden als Theile mit einem Ganzen verglichen), zu welchen jener unzureichende Grund muß ergänzt werden können. Weil sie aber als Bestimmungsgründe der Gewißheit eines und desselben Urtheils gleichartig sein müssen, indem sie sonst nicht zusammen eine Größe (dergleichen die Gewißheit ist) ausmachen würden: so kann nicht ein Theil derselben innerhalb den Gränzen möglicher Erfahrung, ein anderer außerhalb aller möglichen Erfahrung |466.5| liegen. Mithin, da bloß-empirische Beweisgründe auf nichts Übersinnliches führen, der Mangel in der Reihe derselben auch durch nichts ergänzt werden kann: so findet in dem Versuche, durch sie zum Übersinnlichen und einer Erkenntniß desselben zu gelangen, nicht die mindeste Annäherung, folglich in einem Urtheile über das letztere durch von der Erfahrung |466.10| hergenommene Argumente auch keine Wahrscheinlichkeit Statt. 4) Was als =Hypothese= zu Erklärung der Möglichkeit einer gegebenen Erscheinung dienen soll, davon muß wenigstens die Möglichkeit völlig gewiß sein. Es ist genug, daß ich bei einer Hypothese auf die Erkenntniß der Wirklichkeit (die in einer für wahrscheinlich ausgegebenen Meinung |466.15| #453# noch behauptet wird) Verzicht thue: mehr kann ich nicht Preis geben; die Möglichkeit dessen, was ich einer Erklärung zum Grunde lege, muß wenigstens keinem Zweifel ausgesetzt sein, weil sonst der leeren Hirngespinste kein Ende sein würde. Die Möglichkeit aber eines nach gewissen Begriffen bestimmten übersinnlichen Wesens anzunehmen, da hiezu keine von den |466.20| erforderlichen Bedingungen einer Erkenntniß nach dem, was in ihr auf Anschauung beruht, gegeben ist, und also der bloße Satz des Widerspruchs (der nichts als die Möglichkeit des Denkens und nicht des gedachten Gegenstandes selbst beweisen kann) als Kriterium dieser Möglichkeit übrig bleibt, würde eine völlig grundlose Voraussetzung sein. |466.25| Das Resultat hievon ist: daß für das Dasein des Urwesens als einer Gottheit, oder der Seele als eines unsterblichen Geistes schlechterdings kein Beweis in theoretischer Absicht, um auch nur den mindesten Grad des Fürwahrhaltens zu wirken, für die menschliche Vernunft möglich sei; und dieses aus dem ganz begreiflichen Grunde: weil zur Bestimmung der |466.30| Ideen des Übersinnlichen für uns gar kein Stoff da ist, indem wir diesen letzteren von Dingen in der Sinnenwelt hernehmen müßten, ein solcher aber jenem Objecte schlechterdings nicht angemessen ist, also ohne alle Bestimmung derselben nichts mehr, als der Begriff von einem nichtsinnlichen Etwas übrig bleibt, welches den letzten Grund der Sinnenwelt enthalte, |466.35| #454# der noch kein Erkenntniß (als Erweiterung des Begriffs) von seiner inneren Beschaffenheit ausmacht. § 91. Von der Art des Fürwahrhaltens durch einen praktischen Glauben. Wenn wir bloß auf die Art sehen, wie etwas =für uns= (nach der subjectiven Beschaffenheit unserer Vorstellungskräfte) Object der Erkenntniß |467.5| (_res cognoscibilis_) sein kann: so werden alsdann die Begriffe nicht mit den Objecten, sondern bloß mit unsern Erkenntnißvermögen und dem Gebrauche, den diese von der gegebenen Vorstellung (in theoretischer oder praktischer Absicht) machen können, zusammengehalten; und die Frage, ob etwas ein erkennbares Wesen sei oder nicht, ist keine Frage, die die |467.10| Möglichkeit der Dinge selbst, sondern unserer Erkenntniß derselben angeht. =Erkennbare= Dinge sind nun von dreifacher Art: =Sachen der Meinung= (_opinabile_), =Thatsachen= (_scibile_) und =Glaubenssachen= (_mere credibile_). 1) Gegenstände der bloßen Vernunftideen, die für das theoretische |467.15| Erkenntniß gar nicht in irgend einer möglichen Erfahrung dargestellt werden können, sind sofern auch gar nicht =erkennbare= Dinge, mithin kann man in Ansehung ihrer nicht einmal =meinen=; wie denn _a priori_ zu #455# meinen schon an sich ungereimt und der gerade Weg zu lauter Hirngespinsten ist. Entweder unser Satz _a priori_ ist also gewiß, oder er enthält |467.20| gar nichts zum Fürwahrhalten. Also sind =Meinungssachen= jederzeit Objecte einer wenigstens an sich möglichen Erfahrungserkenntniß (Gegenstände der Sinnenwelt), die aber nach dem bloßen Grade dieses Vermögens, den wir besitzen, =für uns= unmöglich ist. So ist der Äther der neuern Physiker, eine elastische, alle andere Materien durchdringende (mit |467.25| ihnen innigst vermischte) Flüssigkeit, eine bloße Meinungssache, immer doch noch von der Art, daß, wenn die äußern Sinne im höchsten Grade geschärft wären, er wahrgenommen werden könnte; der aber nie in irgend einer Beobachtung, oder Experimente dargestellt werden kann. Vernünftige Bewohner anderer Planeten anzunehmen, ist eine Sache der Meinung; denn |467.30| wenn wir diesen näher kommen könnten, welches an sich möglich ist, würden wir, ob sie sind, oder nicht sind, durch Erfahrung ausmachen; aber wir werden ihnen niemals so nahe kommen, und so bleibt es beim Meinen. Allein Meinen: daß es reine, ohne Körper denkende Geister im materiellen Univers gebe (wenn man nämlich gewisse dafür ausgegebene wirkliche Erscheinungen, |467.35| wie billig, von der Hand weiset), heißt dichten und ist gar keine Sache der Meinung, sondern eine bloße Idee, welche übrig bleibt, wenn man von einem denkenden Wesen alles Materielle wegnimmt und ihm doch das Denken übrig läßt. Ob aber alsdann das Letztere (welches #456# wir nur am Menschen, d. i. in Verbindung mit einem Körper, kennen) übrig bleibe, können wir nicht ausmachen. Ein solches Ding ist ein =vernünfteltes |468.5| Wesen= (_ens rationis ratiocinantis_), kein =Vernunftwesen= (_ens rationis ratiocinatae_); von welchem letzteren es doch möglich ist, die objective Realität seines Begriffs wenigstens für den praktischen Gebrauch der Vernunft hinreichend darzuthun, weil dieser, der seine eigenthümlichen und apodiktisch gewissen Principien _a priori_ hat, ihn sogar erheischt |468.10| (postulirt). 2) Gegenstände für Begriffe, deren objective Realität (es sei durch reine Vernunft, oder durch Erfahrung und im ersteren Falle aus theoretischen oder praktischen Datis derselben, in allen Fällen aber vermittelst einer ihnen correspondirenden Anschauung) bewiesen werden kann, sind |468.15| (_res facti_) =Thatsachen=[38]. Dergleichen sind die mathematischen Eigenschaften der Größen (in der Geometrie), weil sie einer =Darstellung= _a priori_ für den theoretischen Vernunftgebrauch fähig sind. Ferner sind #457# Dinge, oder Beschaffenheiten derselben, die durch Erfahrung (eigene oder fremde Erfahrung vermittelst der Zeugnisse) dargethan werden können, |468.20| gleichfalls Thatsachen. — Was aber sehr merkwürdig ist, so findet sich sogar eine Vernunftidee (die an sich keiner Darstellung in der Anschauung, mithin auch keines theoretischen Beweises ihrer Möglichkeit fähig ist) unter den Thatsachen; und das ist die Idee der =Freiheit=, deren Realität als einer besondern Art von Causalität (von welcher der Begriff in theoretischem |468.25| Betracht überschwenglich sein würde) sich durch praktische Gesetze der reinen Vernunft und diesen gemäß in wirklichen Handlungen, mithin in der Erfahrung darthun läßt. — Die einzige unter allen Ideen der reinen Vernunft, deren Gegenstand Thatsache ist und unter die _scibilia_ mit gerechnet werden muß. |468.30| [38] Ich erweitere hier, wie mich dünkt, mit Recht, den Begriff einer Thatsache über die gewöhnliche Bedeutung dieses Worts. Denn es ist nicht nöthig, ja nicht einmal thunlich, diesen Ausdruck bloß auf die wirkliche Erfahrung einzuschränken, wenn von dem Verhältnisse der Dinge zu unseren Erkenntnißvermögen die Rede ist, da eine bloß mögliche Erfahrung schon hinreichend ist, um von ihnen bloß als Gegenständen |468.35| einer bestimmten Erkenntnißart zu reden. 3) Gegenstände, die in Beziehung auf den pflichtmäßigen Gebrauch der reinen praktischen Vernunft (es sei als Folgen, oder als Gründe) _a priori_ gedacht werden müssen, aber für den theoretischen Gebrauch derselben überschwenglich sind, sind bloße =Glaubenssachen=. Dergleichen ist das =höchste= durch Freiheit zu bewirkende =Gut= in der Welt, dessen Begriff |469.5| in keiner für uns möglichen Erfahrung, mithin für den theoretischen Vernunftgebrauch hinreichend seiner objectiven Realität nach bewiesen werden kann, dessen Gebrauch aber zur bestmöglichen Bewirkung jenes Zwecks doch durch praktische reine Vernunft geboten ist und mithin als #458# möglich angenommen werden muß. Diese gebotene Wirkung =zusammt |469.10| den einzigen für uns denkbaren Bedingungen ihrer Möglichkeit=, nämlich dem Dasein Gottes und der Seelen-Unsterblichkeit, sind =Glaubenssachen= (_res fidei_) und zwar die einzigen unter allen Gegenständen, die so genannt werden können[39]. Denn ob von uns gleich, was wir nur von der Erfahrung anderer durch =Zeugniß= lernen können, geglaubt |469.15| werden muß, so ist es darum doch noch nicht an sich Glaubenssache; denn bei jener Zeugen =Einem= war es doch eigene Erfahrung und Thatsache, oder wird als solche vorausgesetzt. Zudem muß es möglich sein, durch diesen Weg (des historischen Glaubens) zum Wissen zu gelangen; und die Objecte der Geschichte und Geographie, wie alles überhaupt, was |469.20| zu wissen nach der Beschaffenheit unserer Erkenntnißvermögen wenigstens möglich ist, gehören nicht zu Glaubenssachen, sondern zu Thatsachen. Nur Gegenstände der reinen Vernunft können allenfalls Glaubenssachen #459# sein, aber nicht als Gegenstände der bloßen reinen speculativen Vernunft; denn da können sie gar nicht einmal mit Sicherheit zu den Sachen, d. i. |469.25| Objecten jenes für uns möglichen Erkenntnisses, gezählt werden. Es sind Ideen, d. i. Begriffe, denen man die objective Realität theoretisch nicht sichern kann. Dagegen ist der von uns zu bewirkende höchste Endzweck, das, wodurch wir allein würdig werden können selbst Endzweck einer Schöpfung zu sein, eine Idee, die für uns in praktischer Beziehung objective |469.30| Realität hat, und Sache; aber darum, weil wir diesem Begriffe in theoretischer Absicht dieser Realität nicht verschaffen können, bloße Glaubenssache der reinen Vernunft, mit ihm aber zugleich Gott und Unsterblichkeit, als die Bedingungen, unter denen allein wir nach der Beschaffenheit unserer (der menschlichen) Vernunft uns die Möglichkeit jenes Effects des gesetzmäßigen Gebrauchs unserer Freiheit denken können. Das Fürwahrhalten |470.5| aber in Glaubenssachen ist ein Fürwahrhalten in reiner praktischer Absicht, d. i. ein moralischer Glaube, der nichts für das theoretische, sondern bloß für das praktische, auf Befolgung seiner Pflichten gerichtete, reine Vernunfterkenntniß beweiset und die Speculation, oder die praktischen Klugheitsregeln nach dem Princip der Selbstliebe gar nicht erweitert. |470.10| Wenn das oberste Princip aller Sittengesetze ein Postulat ist, so wird zugleich die Möglichkeit ihres höchsten Objects, mithin auch die Bedingung, #460# unter der wir diese Möglichkeit denken können, dadurch zugleich mit postulirt. Dadurch wird nun das Erkenntniß der letzteren weder Wissen noch Meinung von dem Dasein und der Beschaffenheit dieser Bedingungen, |470.15| als theoretische Erkenntnißart, sondern bloß Annahme in praktischer und dazu gebotener Beziehung für den moralischen Gebrauch unserer Vernunft. [39] Glaubenssachen sind aber darum nicht =Glaubensartikel=, wenn man unter den letzteren solche Glaubenssachen versteht, zu deren =Bekenntniß= (innerem oder äußerem) man verpflichtet werden kann: dergleichen also die natürliche Theologie nicht enthält. Denn da sie als Glaubenssachen sich nicht (gleich den Thatsachen) auf |469.35| theoretische Beweise gründen können: so ist es ein freies Fürwahrhalten und auch nur als ein solches mit der Moralität des Subjects vereinbar. Würden wir auch auf die Zwecke der Natur, die uns die physische Teleologie in so reichem Maße vorlegt, einen =bestimmten= Begriff von |470.20| einer verständigen Weltursache scheinbar gründen können, so wäre das Dasein dieses Wesens doch nicht Glaubenssache. Denn da dieses nicht zum Behuf der Erfüllung meiner Pflicht, sondern nur zur Erklärung der Natur angenommen wird, so würde es bloß die unserer Vernunft angemessenste Meinung und Hypothese sein. Nun führt jene Teleologie keinesweges |470.25| auf einen bestimmten Begriff von Gott, der hingegen allein in dem von einem moralischen Welturheber angetroffen wird, weil dieser allein den Endzweck angiebt, zu welchem wir uns nur sofern zählen können, als wir dem, was uns das moralische Gesetz als Endzweck auferlegt, mithin uns verpflichtet, uns gemäß verhalten. Folglich bekommt der Begriff von |470.30| Gott nur durch die Beziehung auf das Object unserer Pflicht, als Bedingung der Möglichkeit den Endzweck derselben zu erreichen, den Vorzug in unserm Fürwahrhalten als Glaubenssache zu gelten; dagegen eben derselbe #461# Begriff doch sein Object nicht als Thatsache geltend machen kann: weil, obzwar die Nothwendigkeit der Pflicht für die praktische Vernunft |470.35| wohl klar ist, doch die Erreichung des Endzwecks derselben, sofern er nicht ganz in unserer Gewalt ist, nur zum Behuf des praktischen Gebrauchs der Vernunft angenommen, also nicht so wie die Pflicht selbst praktisch nothwendig ist[40]. [40] Der Endzweck, den das moralische Gesetz zu befördern auferlegt, ist nicht der Grund der Pflicht; denn dieser liegt im moralischen Gesetze, welches als formales |471.10| praktisches Princip kategorisch leitet, unangesehen der Objecte des Begehrungsvermögens (der Materie des Wollens), mithin irgend eines Zwecks. Diese formale Beschaffenheit meiner Handlungen (Unterordnung derselben unter das Princip der Allgemeingültigkeit), worin allein ihr innerer moralischer Werth besteht, ist gänzlich in unserer Gewalt; und ich kann von der Möglichkeit, oder Unausführbarkeit der |471.15| Zwecke, die mir jenem Gesetze gemäß zu befördern obliegen, gar wohl abstrahiren (weil in ihnen nur der äußere Werth meiner Handlungen besteht), als von etwas, welches nie völlig in meiner Gewalt ist, um nur auf das zu sehen, was meines Thuns ist. Allein die Absicht, den Endzweck aller vernünftigen Wesen (Glückseligkeit, so weit sie einstimmig mit der Pflicht möglich ist) zu befördern, ist doch eben durch das Gesetz |471.20| der Pflicht auferlegt. Aber die speculative Vernunft sieht die Ausführbarkeit derselben (weder von Seiten unseres eigenen physischen Vermögens, noch der Mitwirkung der Natur) gar nicht ein; vielmehr muß sie aus solchen Ursachen, so viel wir vernünftiger Weise urtheilen können, einen solchen Erfolg unseres Wohlverhaltens von der bloßen Natur (in uns und außer uns), ohne Gott und Unsterblichkeit anzunehmen, für eine |471.25| ungegründete und nichtige, wenn gleich wohlgemeinte Erwartung halten und, wenn sie von diesem Urtheile völlige Gewißheit haben könnte, das moralische Gesetz selbst als bloße Täuschung unserer Vernunft in praktischer Rücksicht ansehen. Da aber die speculative Vernunft sich völlig überzeugt, daß das letztere nie geschehen kann, dagegen aber jene Ideen, deren Gegenstand über die Natur hinaus liegt, ohne Widerspruch |471.30| gedacht werden können: so wird sie für ihr eigenes praktisches Gesetz und die dadurch auferlegte Aufgabe, also in moralischer Rücksicht, jene Ideen als real anerkennen müssen, um nicht mit sich selbst in Widerspruch zu kommen. =Glaube= (als _habitus_, nicht als _actus_) ist die moralische Denkungsart #462# der Vernunft im Fürwahrhalten desjenigen, was für das theoretische Erkenntniß unzugänglich ist. Er ist also der beharrliche Grundsatz des |471.5| Gemüths, das, was zur Möglichkeit des höchsten moralischen Endzwecks als Bedingung vorauszusetzen nothwendig ist, wegen der Verbindlichkeit zu demselben als wahr anzunehmen[41]; obzwar die Möglichkeit desselben, aber eben so wohl auch die Unmöglichkeit von uns nicht eingesehen #463# werden kann. Der Glaube (schlechthin so genannt) ist ein Vertrauen zu der Erreichung einer Absicht, deren Beförderung Pflicht, die Möglichkeit der Ausführung derselben aber für uns nicht =einzusehen= ist (folglich auch nicht die der einzigen für uns denkbaren Bedingungen). Der Glaube also, |472.5| der sich auf besondere Gegenstände, die nicht Gegenstände des möglichen Wissens oder Meinens sind, bezieht (in welchem letztern Falle er, vornehmlich im historischen, Leichtgläubigkeit und nicht Glaube heißen müßte), ist ganz moralisch. Er ist ein freies Fürwahrhalten nicht dessen, wozu dogmatische Beweise für die theoretisch bestimmende Urtheilskraft |472.10| anzutreffen sind, noch wozu wir uns verbunden halten, sondern dessen, was wir zum Behuf einer Absicht nach Gesetzen der Freiheit annehmen; aber doch nicht wie etwa eine Meinung ohne hinreichenden Grund, sondern als in der Vernunft (obwohl nur in Ansehung ihres praktischen Gebrauchs), #464# =für die Absicht derselben hinreichend=, gegründet: denn ohne ihn |472.15| hat die moralische Denkungsart bei dem Verstoß gegen die Aufforderung der theoretischen Vernunft zum Beweise (der Möglichkeit des Objects der Moralität) keine feste Beharrlichkeit, sondern schwankt zwischen praktischen Geboten und theoretischen Zweifeln. =Ungläubisch= sein, heißt der Maxime nachhängen, Zeugnissen überhaupt nicht zu glauben; =ungläubig= |472.20| aber ist der, welcher jenen Vernunftideen, weil es ihnen an =theoretischer= Begründung ihrer Realität fehlt, darum alle Gültigkeit abspricht. Er urtheilt also dogmatisch. Ein dogmatischer =Unglaube= kann aber mit einer in der Denkungsart herrschenden sittlichen Maxime nicht zusammen bestehen (denn einem Zwecke, der für nichts als Hirngespinst erkannt wird, |472.25| nachzugehen, kann die Vernunft nicht gebieten); wohl aber ein =Zweifelglaube=, dem der Mangel der Überzeugung durch Gründe der speculativen Vernunft nur Hinderniß ist, welchem eine kritische Einsicht in die Schranken der letztern den Einfluß auf das Verhalten benehmen und ihm ein überwiegendes praktisches Fürwahrhalten zum Ersatz hinstellen kann. [41] Er ist ein Vertrauen auf die Verheißung des moralischen Gesetzes; aber nicht als eine solche, die in demselben enthalten ist, sondern die ich hineinlege und |471.35| zwar aus moralisch hinreichendem Grunde. Denn ein Endzweck kann durch kein Gesetz der Vernunft geboten sein, ohne daß diese zugleich die Erreichbarkeit desselben, wenn gleich ungewiß, verspreche und hiemit auch das Fürwahrhalten der einzigen Bedingungen berechtige, unter denen unsere Vernunft sich diese allein denken kann. Das Wort Fides drückt dieses auch schon aus; und es kann nur bedenklich scheinen, |471.40| wie dieser Ausdruck und diese besondere Idee in die moralische Philosophie hineinkomme, da sie allererst mit dem Christenthum eingeführt worden, und die Annahme |472.30| derselben vielleicht nur eine schmeichlerische Nachahmung seiner Sprache zu sein scheinen dürfte. Aber das ist nicht der einzige Fall, da diese wundersame Religion in der größten Einfalt ihres Vortrages die Philosophie mit weit bestimmteren und reineren Begriffen der Sittlichkeit bereichert hat, als diese bis dahin hatte liefern können, die aber, wenn sie einmal da sind, von der Vernunft =frei= gebilligt und als solche |472.35| angenommen werden, auf die sie wohl von selbst hätte kommen und sie einführen können und sollen. * * * * * Wenn man an die Stelle gewisser verfehlten Versuche in der Philosophie ein anderes Princip aufführen und ihm Einfluß verschaffen will, so gereicht es zu großer Befriedigung, einzusehen, wie jene und warum |473.5| #465# sie fehl schlagen mußten. =Gott=, =Freiheit= und =Seelenunsterblichkeit= sind diejenigen Aufgaben, zu deren Auflösung alle Zurüstungen der Metaphysik, als ihrem letzten und alleinigen Zwecke, abzielen. Nun glaubte man, daß die Lehre von der Freiheit nur als negative Bedingung für die praktische Philosophie |473.10| nöthig sei, die Lehre von Gott und der Seelenbeschaffenheit hingegen, zur theoretischen gehörig, für sich und abgesondert dargethan werden müsse, um beide nachher mit dem, was das moralische Gesetz (das nur unter der Bedingung der Freiheit möglich ist) gebietet, zu verknüpfen und so eine Religion zu Stande zu bringen. Man kann aber bald einsehen, |473.15| daß diese Versuche fehl schlagen mußten. Denn aus bloßen ontologischen Begriffen von Dingen überhaupt, oder der Existenz eines nothwendigen Wesens läßt sich schlechterdings kein durch Prädicate, die sich in der Erfahrung geben lassen und also zum Erkenntnisse dienen könnten, bestimmter Begriff von einem Urwesen machen; der aber, welcher auf Erfahrung |473.20| von der physischen Zweckmäßigkeit der Natur gegründet wurde, konnte wiederum keinen für die Moral, mithin zur Erkenntniß eines Gottes hinreichenden Beweis abgeben. Eben so wenig konnte auch die Seelenkenntniß durch Erfahrung (die wir nur in diesem Leben anstellen) einen Begriff von der geistigen, unsterblichen Natur derselben, mithin für die |473.25| Moral zureichend verschaffen. =Theologie= und =Pneumatologie=, als #466# Aufgaben zum Behuf der Wissenschaften einer speculativen Vernunft, weil deren Begriff für alle unsere Erkenntnißvermögen überschwenglich ist, können durch keine empirische Data und Prädicate zu Stande kommen. — Die Bestimmung beider Begriffe, Gottes sowohl als der Seele (in Ansehung |473.30| ihrer Unsterblichkeit), kann nur durch Prädicate geschehen, die, ob sie gleich selbst nur aus einem übersinnlichen Grunde möglich sind, dennoch in der Erfahrung ihre Realität beweisen müssen: denn so allein können sie von ganz übersinnlichen Wesen ein Erkenntniß möglich machen. — Dergleichen ist nun der einzige in der menschlichen Vernunft anzutreffende |473.35| Begriff der Freiheit des Menschen unter moralischen Gesetzen zusammt dem Endzwecke, den jene durch diese vorschreibt, wovon die erstern dem Urheber der Natur, der zweite dem Menschen diejenigen Eigenschaften beizulegen tauglich sind, welche zu der Möglichkeit beider die nothwendige Bedingung enthalten: so daß eben aus dieser Idee auf die Existenz und |474.5| die Beschaffenheit jener sonst gänzlich für uns verborgenen Wesen geschlossen werden kann. Also liegt der Grund der auf dem bloß theoretischen Wege verfehlten Absicht, Gott und Unsterblichkeit zu beweisen, darin: daß von dem Übersinnlichen auf diesem Wege (der Naturbegriffe) gar kein Erkenntniß möglich |474.10| ist. Daß es dagegen auf dem moralischen (des Freiheitsbegriffs) gelingt, #467# hat diesen Grund: daß hier das Übersinnliche, welches dabei zum Grunde liegt (die Freiheit), durch ein bestimmtes Gesetz der Causalität, welches aus ihm entspringt, nicht allein Stoff zum Erkenntniß des andern Übersinnlichen (des moralischen Endzwecks und der Bedingungen seiner |474.15| Ausführbarkeit) verschafft, sondern auch als Thatsache seine Realität in Handlungen darthut, aber eben darum auch keinen andern, als nur in praktischer Absicht (welche auch die einzige ist, deren die Religion bedarf) gültigen Beweisgrund abgeben kann. Es bleibt hiebei immer sehr merkwürdig: daß unter den drei reinen |474.20| Vernunftideen, =Gott=, =Freiheit= und =Unsterblichkeit=, die der Freiheit der einzige Begriff des Übersinnlichen ist, welcher seine objective Realität (vermittelst der Causalität, die in ihm gedacht wird) an der Natur durch ihre in derselben mögliche Wirkung beweiset und eben dadurch die Verknüpfung der beiden andern mit der Natur, aller drei aber unter einander |474.25| zu einer Religion möglich macht; und daß wir also in uns ein Princip haben, welches die Idee des Übersinnlichen in uns, dadurch aber auch die desselben außer uns zu einer, obgleich nur in praktischer Absicht möglichen, Erkenntniß zu bestimmen vermögend ist, woran die bloß speculative Philosophie (die auch von der Freiheit einen bloß negativen Begriff geben |474.30| konnte) verzweifeln mußte: mithin der Freiheitsbegriff (als Grundbegriff #468# aller unbedingt-praktischen Gesetze) die Vernunft über diejenigen Gränzen erweitern kann, innerhalb deren jeder Naturbegriff (theoretischer) ohne Hoffnung eingeschränkt bleiben müßte. Allgemeine Anmerkung zur Teleologie. Wenn die Frage ist: welchen Rang das moralische Argument, welches das Dasein Gottes nur als Glaubenssache für die praktische reine Vernunft beweiset, unter den übrigen in der Philosophie behaupte: so läßt sich der ganze Besitz dieser letzteren leicht überschlagen, wo es sich dann |475.5| ausweiset, daß hier nicht zu wählen sei, sondern ihr theoretisches Vermögen vor einer unparteiischen Kritik alle seine Ansprüche von selbst aufgeben müsse. Auf Thatsache muß sie alles Fürwahrhalten zuvörderst gründen, wenn es nicht völlig grundlos sein soll; und es kann also nur der einzige Unterschied |475.10| im Beweisen Statt finden, ob auf diese Thatsache ein Fürwahrhalten der daraus gezogenen Folgerung als =Wissen= für das theoretische, oder bloß als =Glauben= für das praktische Erkenntniß könne gegründet werden. Alle Thatsachen gehören entweder zum =Naturbegriff=, der seine Realität an den vor allen Naturbegriffen gegebenen (oder zu geben möglichen) |475.15| Gegenständen der Sinne beweiset; oder zum =Freiheitsbegriffe=, der seine Realität durch die Causalität der Vernunft in Ansehung gewisser durch sie möglichen Wirkungen in der Sinnenwelt, die sie im moralischen Gesetze unwiderleglich postulirt, hinreichend darthut. Der Naturbegriff (bloß zur theoretischen Erkenntniß gehörige) ist nun entweder metaphysisch |475.20| und völlig _a priori_; oder physisch, d. i. _a posteriori_ und nothwendig #469# nur durch bestimmte Erfahrung denkbar. Der metaphysische Naturbegriff (der keine bestimmte Erfahrung voraussetzt) ist also ontologisch. =Der ontologische Beweis= vom Dasein Gottes aus dem Begriffe eines Urwesens ist nun entweder der, welcher aus ontologischen Prädicaten, |475.25| wodurch es allein durchgängig bestimmt gedacht werden kann, auf das absolut-nothwendige Dasein, oder aus der absoluten Nothwendigkeit des Daseins irgend eines Dinges, welches es auch sei, auf die Prädicate des Urwesens schließt: denn zum Begriffe eines Urwesens gehört, damit es nicht abgeleitet sei, die unbedingte Nothwendigkeit seines Daseins und |475.30| (um diese sich vorzustellen) die durchgängige Bestimmung durch den Begriff desselben. Beide Erfordernisse glaubte man nun im Begriffe der ontologischen Idee eines =allerrealsten Wesens= zu finden: und so entsprangen zwei metaphysische Beweise. Der einen bloß metaphysischen Naturbegriff zum Grunde legende |475.35| (eigentlich-ontologisch genannte) Beweis schloß aus dem Begriffe des allerrealsten Wesens auf seine schlechthin nothwendige Existenz; denn (heißt es) wenn es nicht existirte, so würde ihm eine Realität, nämlich die Existenz, mangeln. — Der andere (den man auch den metaphysisch-=kosmologischen= Beweis nennt) schloß aus der Nothwendigkeit der Existenz irgend eines Dinges (dergleichen, da mir im Selbstbewußtsein ein Dasein |476.5| gegeben ist, durchaus eingeräumt werden muß) auf die durchgängige Bestimmung desselben als allerrealsten Wesens: weil alles Existirende durchgängig bestimmt, das schlechterdings Nothwendige aber (nämlich was wir als ein solches, mithin _a priori_ erkennen sollen) =durch seinen Begriff= durchgängig bestimmt sein müsse; welches sich aber nur im Begriffe eines |476.10| allerrealsten Dinges antreffen lasse. Es ist hier nicht nöthig, die Sophisterei in beiden Schlüssen aufzudecken, welches schon anderwärts geschehen #470# ist; sondern nur zu bemerken, daß solche Beweise, wenn sie sich auch durch allerlei dialektische Subtilität verfechten ließen, doch niemals über die Schule hinaus in das gemeine Wesen hinüberkommen und auf den bloßen |476.15| gesunden Verstand den mindesten Einfluß haben könnten. Der Beweis, welcher einen Naturbegriff, der nur empirisch sein kann, dennoch aber über die Gränzen der Natur als Inbegriffs der Gegenstände der Sinne hinausführen soll, zum Grunde legt, kann kein anderer, als der von den =Zwecken= der Natur sein: deren Begriff sich zwar nicht _a priori_, |476.20| sondern nur durch die Erfahrung geben läßt, aber doch einen solchen Begriff von dem Urgrunde der Natur verheißt, welcher unter allen, die wir denken können, allein sich zum Übersinnlichen schickt, nämlich den von einem höchsten Verstande als Weltursache; welches er auch in der That nach Principien der reflectirenden Urtheilskraft, d. i. nach der Beschaffenheit |476.25| unseres (menschlichen) Erkenntnißvermögens, vollkommen ausrichtet. — Ob er nun aber aus denselben Datis diesen Begriff eines =obersten=, d. i. unabhängigen, verständigen Wesens auch als eines Gottes, d. i. Urhebers einer Welt unter moralischen Gesetzen, mithin hinreichend bestimmt für die Idee von einem Endzwecke des Daseins der Welt zu liefern im Stande |476.30| sei, das ist eine Frage, worauf alles ankommt; wir mögen nun einen theoretisch hinlänglichen Begriff von dem Urwesen zum Behuf der gesammten Naturkenntniß, oder einen praktischen für die Religion verlangen. Dieses aus der physischen Teleologie genommene Argument ist verehrungswerth. Es thut gleiche Wirkung zur Überzeugung auf den gemeinen |476.35| Verstand, als auf den subtilsten Denker; und ein =Reimarus= in seinem #471# noch nicht übertroffenen Werke, worin er diesen Beweisgrund mit der ihm eigenen Gründlichkeit und Klarheit weitläuftig ausführt, hat sich dadurch ein unsterbliches Verdienst erworben. — Allein wodurch gewinnt dieser Beweis so gewaltigen Einfluß auf das Gemüth, vornehmlich in der Beurtheilung durch kalte Vernunft (denn die Rührung und Erhebung desselben durch die Wunder der Natur könnte man zur Überredung rechnen), |477.5| auf eine ruhige, sich gänzlich dahin gebende Beistimmung? Es sind nicht die physischen Zwecke, die alle auf einen unergründlichen Verstand in der Weltursache hindeuten; denn diese sind dazu unzureichend, weil sie das Bedürfniß der fragenden Vernunft nicht befriedigen. Denn wozu sind (fragt diese) alle jene künstliche Naturdinge; wozu der Mensch selbst, bei |477.10| dem wir als dem letzten für uns denkbaren Zwecke der Natur stehen bleiben müssen; wozu ist diese gesammte Natur da, und was ist der Endzweck so großer und mannigfaltiger Kunst? Zum Genießen, oder zum Anschauen, Betrachten und Bewundern (welches, wenn es dabei bleibt, auch nichts weiter als Genuß von besonderer Art ist), als dem letzten Endzweck, |477.15| warum die Welt und der Mensch selbst da ist, geschaffen zu sein, kann die Vernunft nicht befriedigen: denn diese setzt einen persönlichen Werth, den der Mensch sich allein geben kann, als Bedingung, unter welcher allein er und sein Dasein Endzweck sein kann, voraus. In Ermangelung desselben (der allein eines bestimmten Begriffs fähig ist) thun die Zwecke der Natur |477.20| seiner Nachfrage nicht Genüge, vornehmlich weil sie keinen =bestimmten Begriff= von dem höchsten Wesen als einem allgenugsamen (und eben darum einigen, eigentlich so zu nennenden =höchsten=) Wesen und den Gesetzen, nach denen sein Verstand Ursache der Welt ist, an die Hand geben können. |477.25| Daß also der physisch-teleologische Beweis, gleich als ob er zugleich #472# ein theologischer wäre, überzeugt, rührt nicht von der Benützung der Ideen von Zwecken der Natur als so viel empirischen Beweisgründen eines =höchsten= Verstandes her; sondern es mischt sich unvermerkt der jedem Menschen beiwohnende und ihn so innigst bewegende moralische Beweisgrund |477.30| in den Schluß mit ein, nach welchem man dem Wesen, welches sich so unbegreiflich künstlich in den Zwecken der Natur offenbart, auch einen Endzweck, mithin Weisheit (obzwar ohne dazu durch die Wahrnehmung der ersteren berechtigt zu sein) beilegt und also jenes Argument in Ansehung des Mangelhaften, welches ihm noch anhängt, willkürlich ergänzt. In der |477.35| That bringt also nur der moralische Beweisgrund die Überzeugung und auch diese nur in moralischer Rücksicht, wozu jedermann seine Beistimmung innigst fühlt, hervor; der physisch-teleologische aber hat nur das Verdienst, das Gemüth in der Weltbetrachtung auf den Weg der Zwecke, dadurch aber auf einen =verständigen= Welturheber zu leiten: da denn die moralische Beziehung auf Zwecke und die Idee eines eben solchen Gesetzgebers und Welturhebers, als theologischer Begriff, ob er zwar reine |478.5| Zugabe ist, sich dennoch aus jenem Beweisgrunde von selbst zu entwickeln scheint. Hiebei kann man es in dem gewöhnlichen =Vortrage= fernerhin auch bewenden lassen. Denn dem gemeinen und gesunden Verstande wird es gemeiniglich schwer, die verschiedenen Principien, die er vermischt, und |478.10| aus deren einem er wirklich allein und richtig folgert, wenn die Absonderung viel Nachdenken bedarf, als ungleichartig von einander zu scheiden. Der moralische Beweisgrund vom Dasein Gottes =ergänzt= aber eigentlich auch nicht etwa bloß den physisch-teleologischen zu einem vollständigen Beweise; sondern er ist ein besonderer Beweis, der den Mangel der Überzeugung |478.15| #473# aus dem letzteren =ersetzt=: indem dieser in der That nichts leisten kann, als die Vernunft in der Beurtheilung des Grundes der Natur und der zufälligen, aber bewunderungswürdigen Ordnung derselben, welche uns nur durch Erfahrung bekannt wird, auf die Causalität einer Ursache, die nach Zwecken den Grund derselben enthält, (die wir nach der Beschaffenheit |478.20| unserer Erkenntnißvermögen als verständige Ursache denken müssen) zu lenken und aufmerksam, so aber des moralischen Beweises empfänglicher zu machen. Denn das, was zu dem letztern Begriffe erforderlich ist, ist von allem, was Naturbegriffe enthalten und lehren können, so wesentlich unterschieden, daß es eines besondern, von den vorigen ganz unabhängigen |478.25| Beweisgrundes und Beweises bedarf, um den Begriff vom Urwesen für eine Theologie hinreichend anzugeben und auf seine Existenz zu schließen. — Der moralische Beweis (der aber freilich nur das Dasein Gottes in praktischer, doch auch unnachlaßlicher Rücksicht der Vernunft beweiset) würde daher noch immer in seiner Kraft bleiben, wenn wir in |478.30| der Welt gar keinen, oder nur zweideutigen Stoff zur physischen Teleologie anträfen. Es läßt sich denken, daß sich vernünftige Wesen von einer solchen Natur, welche keine deutliche Spur von Organisation, sondern nur Wirkungen von einem bloßen Mechanism der rohen Materie zeigte, umgeben sähen, um derentwillen und bei der Veränderlichkeit einiger bloß |478.35| zufällig zweckmäßigen Formen und Verhältnisse kein Grund zu sein schiene, auf einen verständigen Urheber zu schließen; wo alsdann auch zu einer physischen Teleologie keine Veranlassung sein würde: und dennoch würde die Vernunft, die durch Naturbegriffe hier keine Anleitung bekommt, im Freiheitsbegriffe und in den sich darauf gründenden sittlichen Ideen einen praktisch-hinreichenden Grund finden, den Begriff des Urwesens diesen #474# angemessen, d. i. als einer Gottheit, und die Natur (selbst unser eigenes |479.5| Dasein) als einen jener und ihren Gesetzen gemäßen Endzweck zu postuliren und zwar in Rücksicht auf das unnachlaßliche Gebot der praktischen Vernunft. — Daß nun aber in der wirklichen Welt für die vernünftigen Wesen in ihr reichlicher Stoff zur physischen Teleologie ist (welches eben nicht nothwendig wäre), dient dem moralischen Argument zu erwünschter |479.10| Bestätigung, soweit Natur etwas den Vernunftideen (den moralischen) Analoges aufzustellen vermag. Denn der Begriff einer obersten Ursache, die Verstand hat (welches aber für eine Theologie lange nicht hinreichend ist), bekommt dadurch die für die reflectirende Urtheilskraft hinreichende Realität; aber er ist nicht erforderlich, um den moralischen Beweis darauf |479.15| zu gründen: noch dient dieser, um jenen, der für sich allein gar nicht auf Moralität hinweiset, durch fortgesetzten Schluß nach einem einzigen Princip zu =einem= Beweise zu ergänzen. Zwei so ungleichartige Principien, als Natur und Freiheit können nur zwei verschiedene Beweisarten abgeben, da denn der Versuch, denselben aus der ersteren zu führen, für das, was |479.20| bewiesen werden soll, unzulänglich befunden wird. Wenn der physisch-teleologische Beweisgrund zu dem gesuchten Beweise zureichte, so wäre es für die speculative Vernunft sehr befriedigend; denn er würde Hoffnung geben, eine Theosophie hervorzubringen (so würde man nämlich die theoretische Erkenntniß der göttlichen Natur und seiner |479.25| Existenz, welche zur Erklärung der Weltbeschaffenheit und zugleich der Bestimmung der sittlichen Gesetze zureichte, nennen müssen). Eben so wenn Psychologie zureichte, um dadurch zur Erkenntniß der Unsterblichkeit der Seele zu gelangen, so würde sie eine Pneumatologie, welche der speculativen #475# Vernunft eben so willkommen wäre, möglich machen. Beide aber, so |479.30| lieb es auch dem Dünkel der Wißbegierde sein mag, erfüllen nicht den Wunsch der Vernunft in Absicht auf die Theorie, die auf Kenntniß der Natur der Dinge gegründet sein müßte. Ob aber nicht die erstere als Theologie, die zweite als Anthropologie, beide auf das sittliche, d. i. das Freiheitsprincip gegründet, mithin dem praktischen Gebrauche der Vernunft |479.35| angemessen, ihre objective Endabsicht besser erfüllen, ist eine andere Frage, die wir hier nicht nöthig haben weiter zu verfolgen. Der physisch-teleologische Beweisgrund reicht aber darum nicht zur Theologie zu, weil er keinen für diese Absicht hinreichend bestimmten Begriff von dem Urwesen giebt, noch geben kann, sondern man diesen gänzlich anderwärts hernehmen, oder seinen Mangel dadurch als durch einen willkürlichen Zusatz ersetzen muß. Ihr schließt aus der großen |480.5| Zweckmäßigkeit der Naturformen und ihrer Verhältnisse auf eine verständige Weltursache; aber auf welchen Grad dieses Verstandes? Ohne Zweifel könnt Ihr Euch nicht anmaßen: auf den höchst-möglichen Verstand; denn dazu würde erfordert werden, daß Ihr einsähet, ein größerer Verstand, als wovon Ihr Beweisthümer in der Welt wahrnehmet, sei nicht denkbar: |480.10| welches Euch selber Allwissenheit beilegen hieße. Eben so schließt Ihr aus der Größe der Welt auf eine sehr große Macht des Urhebers; aber Ihr werdet Euch bescheiden, daß dieses nur comparativ für Eure Fassungskraft Bedeutung hat, und, da Ihr nicht alles Mögliche erkennt, um es mit der Weltgröße, so weit Ihr sie kennt, zu vergleichen, Ihr nach einem so kleinen |480.15| Maßstabe keine Allmacht des Urhebers folgern könnet, u. s. w. Nun gelangt Ihr dadurch zu keinem bestimmten, für eine Theologie tauglichen Begriffe eines Urwesens; denn dieser kann nur in dem der Allheit der mit #476# einem Verstande vereinbarten Vollkommenheiten gefunden werden, wozu Euch bloß =empirische= Data gar nicht verhelfen können: ohne einen solchen |480.20| bestimmten Begriff aber könnt Ihr auch nicht auf ein =einiges= verständiges Urwesen schließen, sondern (es sei zu welchem Behuf) ein solches nur annehmen. — Nun kann man es zwar ganz wohl einräumen, daß Ihr (da die Vernunft nichts Gegründetes dawider zu sagen hat) willkürlich hinzusetzt: wo so viel Vollkommenheit angetroffen wird, möge |480.25| man wohl alle Vollkommenheit in einer einzigen Weltursache vereinigt annehmen; weil die Vernunft mit einem so bestimmten Princip theoretisch und praktisch besser zurecht kommt. Aber Ihr könnt denn doch diesen Begriff des Urwesens nicht als von Euch bewiesen anpreisen, da Ihr ihn nur zum Behuf eines bessern Vernunftgebrauchs angenommen habt. Alles |480.30| Jammern also oder ohnmächtiges Zürnen über den vorgeblichen Frevel, die Bündigkeit Eurer Schlußkette in Zweifel zu ziehen, ist eitle Großthuerei, die gern haben möchte, daß man den Zweifel, welchen man gegen Euer Argument frei heraussagt, für Bezweifelung heiliger Wahrheit halten möchte, um nur hinter dieser Decke die Seichtigkeit desselben durchschlüpfen |480.35| zu lassen. Die moralische Teleologie hingegen, welche nicht minder fest gegründet ist wie die physische, vielmehr dadurch, daß sie _a priori_ auf von unserer Vernunft untrennbaren Principien beruht, Vorzug verdient, führt auf das, was zur Möglichkeit einer Theologie erfordert wird, nämlich auf einen bestimmten =Begriff= der obersten Ursache als Weltursache nach moralischen Gesetzen, mithin einer solchen, die unserm moralischen Endzwecke |481.5| Genüge thut: wozu nichts weniger als Allwissenheit, Allmacht, Allgegenwart u. s. w. als dazu gehörige Natureigenschaften erforderlich sind, die #477# mit dem moralischen Endzwecke, der unendlich ist, als verbunden, mithin ihm adäquat gedacht werden müssen, und kann so den Begriff eines =einzigen= Welturhebers, der zu einer Theologie tauglich ist, ganz allein |481.10| verschaffen. Auf solche Weise führt eine Theologie auch unmittelbar zur =Religion=, d. i. der =Erkenntniß unserer Pflichten als göttlicher Gebote=: weil die Erkenntniß unserer Pflicht und des darin uns durch Vernunft auferlegten Endzwecks den Begriff von Gott zuerst bestimmt hervorbringen |481.15| konnte, der also schon in seinem Ursprunge von der Verbindlichkeit gegen dieses Wesen unzertrennlich ist; anstatt daß, wenn der Begriff vom Urwesen auf dem bloß theoretischen Wege (nämlich desselben als bloßer Ursache der Natur) auch bestimmt gefunden werden könnte, es nachher noch mit großer Schwierigkeit, vielleicht gar Unmöglichkeit es ohne |481.20| willkürliche Einschiebung zu leisten verbunden sein würde, diesem Wesen eine Causalität nach moralischen Gesetzen durch gründliche Beweise beizulegen, ohne die doch jener angeblich theologische Begriff keine Grundlage zur Religion ausmachen kann. Selbst wenn eine Religion auf diesem theoretischen Wege gegründet werden könnte, würde sie in Ansehung der |481.25| Gesinnung (worin doch ihr Wesentliches besteht) wirklich von derjenigen unterschieden sein, in welcher der Begriff von Gott und die (praktische) Überzeugung von seinem Dasein aus Grundideen der Sittlichkeit entspringt. Denn wenn wir Allgewalt, Allwissenheit u. s. w. eines Welturhebers als anderwärts her uns gegebene Begriffe voraussetzen müßten, |481.30| um nachher unsere Begriffe von Pflichten auf unser Verhältniß zu ihm nur anzuwenden, so müßten diese sehr stark den Anstrich von Zwang und abgenöthigter Unterwerfung bei sich führen; statt dessen, wenn die Hochachtung für das sittliche Gesetz uns ganz frei laut Vorschrift unserer eigenen #478# Vernunft den Endzweck unserer Bestimmung vorstellt, wir eine damit |481.35| und zu dessen Ausführung zusammenstimmende Ursache mit der wahrhaftesten Ehrfurcht, die gänzlich von pathologischer Furcht unterschieden ist, in unsere moralischen Aussichten mit aufnehmen und uns derselben willig unterwerfen[42]. [42] Die Bewunderung der Schönheit sowohl, als die Rührung durch die so mannigfaltigen Zwecke der Natur, welche ein nachdenkendes Gemüth noch vor einer |482.30| klaren Vorstellung eines vernünftigen Urhebers der Welt zu fühlen im Stande ist, haben etwas einem =religiösen= Gefühl Ähnliches an sich. Sie scheinen daher zuerst durch eine der moralischen analoge Beurtheilungsart derselben auf das moralische Gefühl (der Dankbarkeit und der Verehrung gegen die uns unbekannte Ursache) und also durch Erregung moralischer Ideen auf das Gemüth zu wirken, wenn sie |482.35| diejenige Bewunderung einflößen, die mit weit mehrerem Interesse verbunden ist, als bloße theoretische Betrachtung wirken kann. Wenn man fragt, warum uns denn etwas daran gelegen sei, überhaupt eine Theologie zu haben: so leuchtet klar ein, daß sie nicht zur Erweiterung oder Berichtigung unserer Naturkenntniß und überhaupt irgend |482.5| einer Theorie, sondern lediglich zur Religion, d. i. dem praktischen, namentlich dem moralischen Gebrauche der Vernunft, in subjectiver Absicht nöthig sei. Findet sich nun, daß das einzige Argument, welches zu einem bestimmten Begriffe des Gegenstandes der Theologie führt, selbst moralisch ist: so wird es nicht allein nicht befremden, sondern man wird auch |482.10| in Ansehung der Zugänglichkeit des Fürwahrhaltens aus diesem Beweisgrunde zur Endabsicht desselben nichts vermissen, wenn gestanden wird, daß ein solches Argument das Dasein Gottes nur für unsere moralische Bestimmung, d. i. in praktischer Absicht, hinreichend darthue, und die Speculation in demselben ihre Stärke keinesweges beweise, oder den Umfang |482.15| #479# ihres Gebiets dadurch erweitere. Auch wird die Befremdung, oder der vorgebliche Widerspruch einer hier behaupteten Möglichkeit einer Theologie mit dem, was die Kritik der speculativen Vernunft von den Kategorieen sagte: daß diese nämlich nur in Anwendung auf Gegenstände der Sinne, keinesweges aber auf das Übersinnliche angewandt, Erkenntniß |482.20| hervorbringen können, verschwinden, wenn man sie hier zu einem Erkenntniß Gottes, aber nicht in theoretischer (nach dem, was seine uns unerforschliche Natur an sich sei), sondern lediglich in praktischer Absicht gebraucht sieht. — Um bei dieser Gelegenheit der Mißdeutung jener sehr nothwendigen, aber auch zum Verdruß des blinden Dogmatikers die Vernunft in |482.25| ihre Gränzen zurückweisenden Lehre der Kritik ein Ende zu machen, füge ich hier nachstehende Erläuterung derselben bei. Wenn ich einem Körper =bewegende Kraft= beilege, mithin ihn durch die Kategorie der =Causalität= denke: so =erkenne= ich ihn dadurch zugleich, d. i. ich bestimme den Begriff desselben als Objects überhaupt durch das, was ihm als Gegenstande der Sinne für sich (als Bedingung der Möglichkeit jener Relation) zukommt. Denn ist die bewegende Kraft, die ich ihm beilege, eine abstoßende: so kommt ihm (wenn ich gleich noch |483.5| nicht einen andern, gegen den er sie ausübt, neben ihm setze) ein Ort im Raume, ferner eine Ausdehnung, d. i. Raum in ihm selbst, überdem Erfüllung desselben durch die abstoßenden Kräfte seiner Theile zu, endlich auch das Gesetz dieser Erfüllung (daß der Grund der Abstoßung der letzteren in derselben Proportion abnehmen müsse, als die Ausdehnung des |483.10| Körpers wächst, und der Raum, den er mit denselben Theilen durch diese Kraft erfüllt, zunimmt). — Dagegen wenn ich mir ein übersinnliches Wesen als den =ersten Beweger=, mithin durch die Kategorie der Causalität in Ansehung derselben Weltbestimmung (der Bewegung der Materie) denke: #480# so muß ich es nicht in irgend einem Orte im Raume, eben so wenig als |483.15| ausgedehnt, ja ich darf es nicht einmal als in der Zeit und mit andern zugleich existirend denken. Also habe ich gar keine Bestimmungen, welche mir die Bedingung der Möglichkeit der Bewegung durch dieses Wesen als Grund verständlich machen könnten. Folglich erkenne ich dasselbe durch das Prädicat der Ursache (als ersten Beweger) für sich nicht im mindesten: |483.20| sondern ich habe nur die Vorstellung von einem Etwas, welches den Grund der Bewegungen in der Welt enthält; und die Relation desselben zu diesen, als deren Ursache, da sie mir sonst nichts zur Beschaffenheit des Dinges, welches Ursache ist, Gehöriges an die Hand giebt, läßt den Begriff von dieser ganz leer. Der Grund davon ist: weil ich mit Prädicaten, die nur |483.25| in der Sinnenwelt ihr Object finden, zwar zu dem Dasein von Etwas, was den Grund der letzteren enthalten muß, aber nicht zu der Bestimmung seines Begriffs als übersinnlichen Wesens, welcher alle jene Prädicate ausstößt, fortschreiten kann. Durch die Kategorie der Causalität also, wenn ich sie durch den Begriff eines =ersten Bewegers= bestimme, erkenne ich, |483.30| was Gott sei, nicht im mindesten; vielleicht aber wird es besser gelingen, wenn ich aus der Weltordnung Anlaß nehme, seine Causalität, als die eines obersten =Verstandes= nicht bloß zu =denken=, sondern ihn auch durch diese Bestimmung des genannten Begriffs zu =erkennen=: weil da die lästige Bedingung des Raumes und der Ausdehnung wegfällt. — Allerdings |483.35| nöthigt uns die große Zweckmäßigkeit in der Welt, eine oberste Ursache zu derselben und deren Causalität als durch einen Verstand zu =denken=; aber dadurch sind wir gar nicht befugt, ihr diesen =beizulegen= (wie z. B. die Ewigkeit Gottes als Dasein zu aller Zeit zu denken, weil wir uns sonst gar keinen Begriff vom bloßen Dasein als einer Größe, d. i. als Dauer, machen können; oder die göttliche Allgegenwart als Dasein #481# in allen Orten zu denken, um die unmittelbare Gegenwart für Dinge |484.5| außer einander uns faßlich zu machen, ohne gleichwohl eine dieser Bestimmungen Gott als etwas an ihm Erkanntes beilegen zu dürfen). Wenn ich die Causalität des Menschen in Ansehung gewisser Producte, welche nur durch absichtliche Zweckmäßigkeit erklärlich sind, dadurch bestimme, daß ich sie als einen Verstand desselben denke: so brauche ich nicht dabei |484.10| stehen zu bleiben, sondern kann ihm dieses Prädicat als wohlbekannte Eigenschaft desselben beilegen und ihn dadurch erkennen. Denn ich weiß, daß Anschauungen den Sinnen des Menschen gegeben und durch den Verstand unter einen Begriff und hiemit unter eine Regel gebracht werden; daß dieser Begriff nur das gemeinsame Merkmal (mit Weglassung des |484.15| Besondern) enthalte und also discursiv sei; daß die Regeln, um gegebene Vorstellungen unter ein Bewußtsein überhaupt zu bringen, von ihm noch vor jenen Anschauungen gegeben werden, u. s. w.: ich lege also diese Eigenschaft dem Menschen bei als eine solche, wodurch ich ihn =erkenne=. Will ich nun aber ein übersinnliches Wesen (Gott) als Intelligenz =denken=, |484.20| so ist dieses in gewisser Rücksicht meines Vernunftgebrauchs nicht allein erlaubt, sondern auch unvermeidlich; aber ihm Verstand beizulegen und es dadurch als durch eine Eigenschaft desselben =erkennen= zu können, sich schmeicheln, ist keineswegs erlaubt: weil ich alsdann alle jene Bedingungen, unter denen ich allein einen Verstand kenne, weglassen muß, mithin |484.25| das Prädicat, das nur zur Bestimmung des Menschen dient, auf ein übersinnliches Object gar nicht bezogen werden kann, und also durch eine so bestimmte Causalität, was Gott sei, gar nicht erkannt werden kann. Und so geht es mit allen Kategorien, die gar keine Bedeutung zum Erkenntniß in theoretischer Rücksicht haben können, wenn sie nicht auf Gegenstände |484.30| #482# möglicher Erfahrung angewandt werden. — Aber nach der Analogie mit einem Verstande kann ich, ja muß ich mir wohl in gewisser anderer Rücksicht selbst ein übersinnliches Wesen denken, ohne es gleichwohl dadurch theoretisch erkennen zu wollen; wenn nämlich diese Bestimmung seiner Causalität eine Wirkung in der Welt betrifft, die eine moralisch-nothwendige, |484.35| aber für Sinnenwesen unausführbare Absicht enthält: da alsdann ein Erkenntniß Gottes und seines Daseins (Theologie) durch bloß nach der Analogie an ihm gedachte Eigenschaften und Bestimmungen seiner Causalität möglich ist, welches in praktischer Beziehung, aber auch =nur in Rücksicht auf diese= (als moralische) alle erforderliche Realität hat. — Es ist also wohl eine Ethikotheologie möglich; denn die Moral kann zwar mit ihrer Regel, aber nicht mit der Endabsicht, welche eben dieselbe auferlegt, |485.5| ohne Theologie bestehen, ohne die Vernunft in Ansehung der letzteren im bloßen zu lassen. Aber eine theologische Ethik (der reinen Vernunft) ist unmöglich: weil Gesetze, die nicht die Vernunft ursprünglich selbst giebt, und deren Befolgung sie als reines praktisches Vermögen auch bewirkt, nicht moralisch sein können. Eben so würde eine theologische Physik |485.10| ein Unding sein, weil sie keine Naturgesetze, sondern Anordnungen eines höchsten Willens vortragen würde; wogegen eine physische (eigentlich physisch-teleologische) Theologie doch wenigstens als Propädeutik zur eigentlichen Theologie dienen kann: indem sie durch die Betrachtung der Naturzwecke, von denen sie reichen Stoff darbietet, zur Idee eines Endzweckes, |485.15| den die Natur nicht aufstellen kann, Anlaß giebt; mithin das Bedürfniß einer Theologie, die den Begriff von Gott für den höchsten praktischen Gebrauch der Vernunft zureichend bestimmte, zwar fühlbar machen, aber sie nicht hervorbringen und auf ihre Beweisthümer zulänglich gründen kann. Anmerkungen. Die Zahlen an den Seiten geben die Originalpaginirung der dem Text zu Grunde gelegten Ausgaben (1788 und 1793) wieder. Kritik der Urtheilskraft. Herausgeber: Wilhelm Windelband. Einleitung. Der Springpunkt für die Entstehungsgeschichte der _Kritik der Urtheilskraft_ liegt genau an derselben Stelle, von der auch die grossen historischen Wirkungen des Buches ausgegangen sind: es ist die Behandlung der Probleme von Schönheit und Kunst mit denjenigen des organischen Lebens unter einem gemeinsamen Gesichtspunkt. Die beiden sachlichen Gebiete, welche in den beiden Theilen des Werks als _Kritik der ästhetischen_ und _der teleologischen Urtheilskraft_ neben einander stehen, haben Kant je für sich lange und viel beschäftigt und zu mannigfachen Untersuchungen und Äusserungen angeregt; aber die Convergenz beider Problemreihen, vermöge deren sie zugleich ihren Abschluss unter einem gemeinsamen Princip fanden, hat sich nicht etwa stetig und allmählich durch ein Anspinnen sachlicher Beziehungen zwischen beiden Gegenständen vollzogen, sondern sie ist verhältnissmässig schnell und dem Philosophen selbst gewissermassen überraschend durch die Einordnung beider Fragen unter ein formales Grundproblem der kritischen Philosophie herbeigeführt worden. Die teleologische Betrachtung der Natur ist für Kant, wie für das ganze 18. Jahrhundert, umsomehr zu einem Hauptproblem geworden, als die ganze Entwickelung seiner Erkenntnisslehre darauf hinauslief, die philosophischen Grundlagen für die reine Naturwissenschaft, d. h. für Newtons mathematisch-physikalische Theorie, zu finden. Je schärfer diese um den Begriff der mechanischen Causalität concentrirt war, umsomehr erwies sich das organische Leben als ein Grenzbegriff für die theoretische Naturerklärung. So hatte Kant bereits in der _Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels_ erklärt: _daß eher die Bildung aller Himmelskörper, die Ursache ihrer Bewegungen, kurz, der Ursprung der ganzen gegenwärtigen Verfassung des Weltbaues werde können eingesehen werden, ehe die Erzeugung eines einzigen Krauts oder einer Raupe aus mechanischen Gründen deutlich und vollständig kund werden wird_[43]. Nachdem aber in der _Kritik der reinen Vernunft_ die Lehre von den _Kategorien_ und den _Grundsätzen des reinen Verstandes_ mit principiellem Ausschluss des Zweckbegriffes festgelegt worden war, hatte der Philosoph von seiner Ideenlehre aus in dem _Anhang der transscendentalen Dialektik_, wo er von der _Endabsicht der natürlichen Dialektik der menschlichen Vernunft_ handelte, der teleologischen Betrachtung der Natur die regulative Bedeutung zuerkannt, die Dinge der Welt, sofern ihre erschöpfende Erklärung nach den Grundsätzen der mechanischen Erklärung sich als unmöglich erweist, so anzusehen, =als ob= sie von einer höchsten Intelligenz ihr Dasein hätten. Besondere Veranlassung aber, der Frage der organischen Teleologie näher zu treten, bot sich Kant in der mit seinen geschichtsphilosophischen Überlegungen zusammenhängenden _Bestimmung des Begriffes einer Menschenrace_. Die Stellung, die er mit dieser im Novemberheft 1785 der »Berliner Monatsschrift« erschienenen Abhandlung eingenommen hatte, vertheidigte er gegen einen Angriff Georg Forsters in der Schrift _Über den Gebrauch teleologischer Principien in der Philosophie_, die im Januar-Heft 1788 des »Deutschen Merkur« gedruckt wurde. Die hier vorgetragenen Principien sind durchweg dieselben, wie dereinst in der _Kritik der reinen Vernunft_ und wie nachher in der _Kritik der Urtheilskraft_, wo sie mit dem ganzen Reichthum mannigfacher Anwendung ihre nähere Ausführung gefunden haben. Aber nichts in dieser Schrift, die zur Zeit des Abschlusses der _Kritik der praktischen Vernunft_ geschrieben worden ist, lässt auf die Absicht des Verfassers, den Gegenstand in grösseren Dimensionen zu behandeln, und nichts darin lässt auf einen Zusammenhang schliessen, in den diese Fragen mit den ästhetischen Problemen gebracht werden sollten. [43] Vorrede, vgl. I 230. Mit nicht minder lebhaftem persönlichen Interesse hat Kant von früh an die ästhetischen Fragen verfolgt. Schon die _Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen_ zeigen eine ausserordentliche Fülle feinsinniger Bemerkungen aus einem weiten Umkreise der Kenntniss, und aus seinen Vorlesungen, wie aus seinen Reflexionen geht hervor, dass er mit den Erscheinungen der schönen Literatur und mit den kunstkritischen Theorien seiner Zeit in einem ausserordentlich ausgedehnten Maasse vertraut gewesen ist[44]. Aber sein Interesse daran war zunächst ein lediglich anthropologisches. Er betrachtete diese Gegenstände nur vom Standpunkt der Psychologie aus und hielt ihnen gegenüber die Möglichkeit einer anderen Doctrin damals für ausgeschlossen. Damit war es durchaus vereinbar, dass Kant in dieser seiner »empiristischen« Periode auf dem Katheder die Ästhetik ganz im Baumgartenschen Sinne als Ergänzung und in Parallele zur Logik behandelte. So heisst es in der _Nachricht von der Einrichtung seiner Vorlesungen in dem Winterhalbjahre von 1765–766_ (II, 311) am Schlusse der Ankündigung der Logik: _Wobei zugleich die sehr nahe Verwandtschaft der Materien Anlaß giebt, bei der =Kritik der Vernunft= einige Blicke auf die =Kritik des Geschmacks,= d. i. die =Ästhetik,= zu werfen, davon die Regeln der einen jederzeit dazu dienen, die der andern zu erläutern, und ihre Abstechung ein Mittel ist, beide besser zu begreifen._ Auch weiterhin schrieb Kant sachlich den Fragen des Geschmacks so viel Bedeutung zu, dass, als er im Jahre 1771 nach der Inauguraldissertation ein Werk unter dem Titel _Die Grentzen der Sinnlichkeit und der Vernunft_ plante, er auch sie darin behandeln wollte[45]. Es kam ihm damals wesentlich darauf an, _welchen großen Einflus die gewisse und deutliche Einsicht in den Unterschied dessen, was auf_ +subjectiv+_ischen_ +principi+_en der menschlichen Seelenkräfte nicht allein der Sinnlichkeit, sondern auch des Verstandes beruht, von dem was gerade auf die Gegenstände geht in der gantzen Weltweisheit, ja so gar auf die wichtigsten Zwecke der Menschen überhaupt habe_. Wenn in diesem Sinne auch der _Entwurf dessen, was die Natur der Geschmackslehre, Metaphysick u. Moral ausmacht_, in dem geplanten Werke enthalten sein sollte, so hatte das offenbar den Sinn, dass die Geschmackslehre als eine rein empirische und durch apriorische Principien nicht bestimmte Lehre dargestellt worden wäre. Denn diesen Standpunkt nimmt Kant noch in der _Kritik der reinen Vernunft_ ein, wo es in der Einleitung zur transscendentalen Ästhetik folgendermaassen lautet[46]: _Die Deutschen sind die einzige, welche sich jetzt des Worts Ästhetik bedienen, um dadurch das zu bezeichnen, was andre Kritik des Geschmacks heißen. Es liegt hier eine verfehlte Hoffnung zum Grunde, die der vortreffliche Analyst =Baumgarten= faßte, die kritische Beurtheilung des Schönen unter Vernunftprincipien zu bringen und die Regeln derselben zur Wissenschaft zu erheben. Allein diese Bemühung ist vergeblich. Denn gedachte Regeln oder Kriterien sind ihren Quellen nach blos empirisch und können also niemals zu Gesetzen_ a priori _dienen, wornach sich unser Geschmacksurtheil richten müßte; vielmehr macht das letztere den eigentlichen Probirstein der Richtigkeit der ersteren aus. Um deswillen ist es rathsam diese Benennung wiederum eingehen zu lassen und sie derjenigen Lehre aufzubehalten, die wahre Wissenschaft ist, wodurch man auch der Sprache und dem Sinne der Alten näher treten würde._ Ebenso heisst es in einer Anmerkung zum _Kanon der reinen Vernunft_ in der _Transscendentalen Methodenlehre_[47]: _»so gehören die Elemente unserer Urtheile, so fern sie sich auf Lust oder Unlust beziehen, mithin der praktischen, nicht in den Inbegriff der Transscendentalphilosophie«._ [44] Das sehr umfangreiche Material dazu findet sich bisher am ausführlichsten gesammelt bei Otto Schlapp, Kants Lehre vom Genie und die Kritik der Urtheilskraft. Göttingen, 1901. [45] Siehe Kants Brief an Marcus Herz, vom 7. Juni 1771, X 117. [46] _Kritik der reinen Vernunft_, 1. Aufl., S. 21, Anmerkung. IV 30. [47] III 520 Anm. In der fortschreitenden Beschäftigung mit diesen Gegenständen hat sich aber Kants Auffassung allmählich verändert. Schon die II. Auflage der _Kritik der reinen Vernunft_, deren Manuscript dem Jahre 1786 entstammt, giebt jener Stelle eine bemerkenswerthe Veränderung. Statt _ihren Quellen_ heisst es hier[48] _ihren vornehmsten Quellen_ und statt _zu Gesetzen_ nur noch _zu bestimmten Gesetzen_. Es muss also ein, wenn auch nur äusserst geringes Maass von Apriorität in dem ästhetischen Verhalten zu dieser Zeit von Kant wenigstens nicht mehr ganz für unmöglich gehalten worden sein. Dazu kommt noch, dass er an der gleichen Stelle neben dem Vorschlage, die Baumgartensche Terminologie wieder aufzugeben, jetzt auch noch die andre Möglichkeit ins Auge fasst, _sich in die Benennung mit der speculativen Philosophie zu theilen und die Ästhetik theils im transscendentalen Sinne, theils in psychologischer Bedeutung zu nehmen_. Aber gerade diese terminologische Concession, die sich in der Folge dazu erweitert hat, dass Kant selbst für die Verwendung der Ausdrücke _Ästhetik_ und _ästhetisch_ in dem heutigen Sinne die entscheidende Bestimmung ausgeübt hat, zeigt doch an dieser Stelle, dass er auch damals noch die Ästhetik, welche die _Kritik des Geschmacks_ bedeuten sollte, wesentlich in psychologischer Bedeutung nehmen und von ihrer Parallelstellung zu den transscendentalen Disciplinen nichts wissen wollte. [48] III 50 Anmerkung. Offenbar aber ist seine Beschäftigung mit diesen Problemen immer mehr zu so geschlossenen Ergebnissen gelangt, dass er schon während der Zeit, als er seine ethischen Grundwerke ausführte, mit der kritischen Darstellung der Geschmackslehre beschäftigt war. Wir sehen aus einem Briefe von Bering[49] an ihn (28. Mai 1787), dass der Leipziger Messkatalog bereits für das Jahr 1787 eine _Grundlegung zur Critik des Geschmacks_ von Kant angekündigt hatte; und er selber berichtet in einem Briefe an Schütz vom 25. Juni desselben Jahres[50], worin er auch mittheilt, dass er in der künftigen Woche das Manuscript der _Kritik der praktischen Vernunft_ nach Halle zum Druck zu schicken denke, am Schluss, dass er nun alsbald zur _Grundlage der Kritik des Geschmacks_ gehen müsse. Nach diesen Ausdrücken scheint die Annahme (Benno Erdmanns) nicht ausgeschlossen, dass Kant eine zeitlang daran gedacht hat, ebenso wie er der _Kritik der praktischen Vernunft die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten_ vorangeschickt hatte, auch der _Kritik des Geschmacks_ eine ähnliche Grundlegung vorangehen zu lassen, die dann wohl ebenso die Aufgabe gehabt hätte, die Überführung von der populären Auffassung des Schönen zu der philosophischen, d. h. kritischen Behandlung darzulegen. Sie würde in diesem Falle den Entwickelungsgang von Kants eigener Betrachtung des Gegenstandes, ihre Umlegung aus dem psychologischen auf den transscendentalen Standpunkt darzustellen berufen gewesen sein. Ob aber Kant ernstlich daran gegangen ist, eine solche Theilung auch auf diesem Gebiete vorzunehmen, wird sich nicht mehr entscheiden lassen. [49] X 465. [50] X 467. Jedenfalls hat das Jahr 1787 den Umschwung in der Theorie des Geschmacks für Kant mit sich gebracht. Sein Brief an Reinhold vom 28. December 1787[51], worin er diesem für die »Briefe über die Kantische Philosophie« dankt und ihm zugleich das Manuscript der Abhandlung _Über die teleologischen Principien_ für den »Deutschen Mercur« einsendet, lässt nicht den geringsten Zweifel darüber, dass die neue Erkenntniss, die Kant bei seiner Beschäftigung mit der _Kritik des Geschmacks_ gewonnen hat, wesentlich zurückging auf _das Systematische, das die Zergliederung der vorher betrachteten Vermögen mich im menschlichen Gemüte hatte entdecken lassen, und welches zu bewundern und womöglich zu ergründen, mir noch Stoff genug für den Überrest meines Lebens an die Hand geben wird._ Dies Selbstbekenntniss Kants ist umso wichtiger, als es nicht nur im Allgemeinen die Bedeutsamkeit des systematischen Moments in seiner Art des Philosophirens erkennen lässt, sondern es auch deutlich ausspricht, dass das gewaltigste seiner Werke auf der Wirksamkeit dieses systematischen Momentes in dem Sinne beruht hat, dass er dadurch zu einer tiefgehenden, ihm selbst unerwarteten Änderung seiner Auffassung sich genöthigt gesehen hat. Er sagt in diesem Briefe ausdrücklich, er sei auf diesem systematischen Wege dazu gelangt, Principien a priori auf einem Gebiete zu finden, wo er dies vorher für unmöglich gehalten habe, und er zeichnet hier in kurzen Strichen den Grundriss für die Eintheilung der kritischen Philosophie überhaupt, den er nachher in der Einleitung zur _Kritik der Urtheilskraft_ — und zwar in deren beiden Formen gleichmässig — durchgeführt hat: _Der Vermögen des Gemüths sind drei: Erkenntnißvermögen, Gefühl der Lust und Unlust, und Begehrungsvermögen. Für das erste habe ich in der Critik der reinen (theoretischen), für das dritte in der Critik der practischen Vernunft Principien +a priori+ gefunden._ Die Aufgabe der _Kritik des Geschmacks_ ist also zu dieser Zeit dahin bestimmt, Principien a priori für das Gefühl der Lust und Unlust zu finden, und Kant bezeichnet diesen Theil der Philosophie, indem er ihn neben die theoretische und die praktische Philosophie stellt, als _Teleologie_. [51] a. a. O. S. 487f. Diese Gleichsetzung der _Kritik des Geschmacks_ mit der Teleologie würde unmöglich gewesen sein, wenn Kant nicht schon damals die Erkenntniss gewonnen hätte, dass die Apriorität des ästhetischen Urtheils auf der subjectiven Zweckmässigkeit im Zusammenspiel der Erkenntnissvermögen und damit auf der allgemeinen Mittheilbarkeit des darauf beruhenden Gefühls, in letzter Instanz somit auf dem _Bewußtsein überhaupt_ oder dem _übersinnlichen Substrat der Menschheit_ beruht. In der That findet sich in der Methodenlehre der _Kritik der praktischen Vernunft_, deren Manuskript im Sommer 1787 abgeschlossen wurde, bereits folgende Bemerkung: _wie alles, dessen Betrachtung subjektiv ein Bewußtsein der Harmonie unserer Vorstellungskräfte bewirkt, und wobei wir unser ganzes Erkenntnißvermögen (Verstand und Einbildungskraft) gestärkt fühlen, ein Wohlgefallen hervorbringt, das sich auch andern mittheilen läßt, wobei gleichwohl die Existenz des Objekts uns gleichgültig bleibt, indem es nur als die Veranlassung angesehen wird, der über die Thierheit erhabenen Anlage der Talente in uns inne zu werden_[52]. Ja, diese gedrängte Vorwegnahme wesentlicher Punkte der Analytik des Schönen steht dort in einem Zusammenhange, wo auch von der Zweckmässigkeit der Organisation und sogar von der _Beschäftigung der =Urtheilskraft=, welche uns unsre eigene Erkenntnißkräfte fühlen läßt_, aber freilich nur in einer Weise die Rede ist, worin der spätere systematische Zusammenhang höchstens im Keime erkennbar ist. Für das Verständniss der Gedankenentwickelung, die Kant zu diesem, ihn selbst überraschenden Ergebniss hat kommen lassen, besitzen wir keine authentischen Angaben, und wir sind deshalb auf die Begründungen des Ergebnisses angewiesen, die in der _Kritik der Urtheilskraft_ selbst enthalten sind. Danach aber ist es klar, dass die neue Erkenntniss für Kant aus seinen Untersuchungen über die logische Structur des ästhetischen Urtheils erwachsen ist. Deshalb ist es für ihn und seine ästhetische Philosophie durchaus wesentlich, dass die _Analytik des Schönen_ nach dem Schema seiner Kategorienlehre gegliedert ist, und es ist nicht zu verkennen, dass das entscheidende Problem, das gerade aus dieser Behandlungsweise herausspringt, in der Frage besteht, wie mit dem singularen Charakter des ästhetischen Urtheiles seine Allgemeingiltigkeit vereinbar sei. Diese Fassung des ästhetischen Problems schliesst sich mit einer zwingenden Analogie an diejenige erkenntnisstheoretische Unterscheidung, welche Kant zur Erläuterung seiner Kategorienlehre in den _Prolegomena_ neu eingeführt hatte: die Unterscheidung des _Wahrnehmungsurtheiles_ und des _Erfahrungsurtheiles_. Die Analogie dieses Verhältnisses zu demjenigen zwischen den Urtheilen über das Angenehme und das Schöne nach der Kantischen Auffassung liegt unmittelbar auf der Hand[53]. Dort nun hatte Kant gefunden, dass das singulare _Wahrnehmungsurtheil_ zum _Erfahrungsurtheil_ mit dem Anspruche auf Allgemeingiltigkeit nur dadurch werden könne, dass als Princip der Begründung eine Kategorie, d. h. ein Begriff, hinzutritt. Bei dem Schönheitsurtheil dagegen war diese Begründung durch einen Begriff ausdrücklich auszuschliessen, und dadurch wurde es für den Philosophen zu einem logischen Problem. In dem Augenblick, wo Kant in jener subjectiven Zweckmässigkeit das apriorische Moment entdeckte, welches die Allgemeingiltigkeit des ästhetischen Urtheiles trotz seiner formalen Singularität und trotz seiner Unabhängigkeit von Begriffen verstehen liess, musste ihm die Ästhetik aus dem Bereiche der Psychologie in dasjenige der Transscendentalphilosophie hinüberrücken. Damit war auch das dritte Gebiet des Seelenlebens, wie es Kant mit den gleichzeitigen Eintheilungen von Sulzer, Mendelssohn und Tetens annahm, das Gefühl, zum Gegenstande der kritischen Methode geworden. [52] V 160. [53] Diese Analogie ist ausgeführt bei Fr. Blencke, Die Trennung des Schönen vom Angenehmen in Kants Kritik der aesthetischen Urteilskraft. Leipzig 1889. Wenn nun auch der Brief an Reinhold vom 28. December 1787 die Gleichsetzung dieser philosophischen Kritik des Gefühlsvermögens mit der Teleologie ausspricht, so enthält er andererseits nicht die geringste Andeutung darüber, dass etwa dieser neuentdeckte Theil der Philosophie noch andere Probleme enthalten sollte, und er bietet ganz besonders nicht den geringsten Anhalt dafür, dass irgend ein Zusammenhang dieser transscendentalen Ästhetik des Schönen mit solchen Fragen in Aussicht genommen wäre, wie sie sonst und auch von Kant gleichzeitig als teleologische bezeichnet zu werden pflegten. Die für die systematische Gesamtgestaltung der _Kritik der Urtheilskraft_ entscheidende Bestimmung und die Beziehung der beiderseitigen Probleme auf das Grundprincip der reflectirenden Urtheilskraft war somit um diese Zeit noch nicht gefunden oder wenigstens nicht zu deutlicher Erkenntniss und Formulirung gelangt. Daher gingen auch die Hoffnungen, welche Kant am 24. December 1787 brieflich an Marcus Herz über den baldigen Abschluss seines gesammten philosophischen Hauptwerkes geäussert hatte[54], nicht in Erfüllung, und es kamen nicht nur die Rectoratsgeschäfte, von denen er in dem Briefe an Reinhold vom 7. März 1788 spricht[55], und dann die Abfassung der Streitschrift gegen Eberhard verzögernd dazwischen, sondern hauptsächlich die Neugestaltung der Probleme, die zuerst darin zum Ausdruck kommt, dass das Werk in dem Briefe an Reinhold vom 12. Mai 1789 zum ersten Mal unter dem Titel _meine Critik der Urtheilskraft (von der die Critik des Geschmacks ein Theil ist)_ für die nächste Michaelismesse in Aussicht gestellt wird[56]. Jetzt also erst war die Vereinigung der ästhetischen und der im engeren Sinne teleologischen Probleme unter dem Princip der Urtheilskraft gelungen: und es fragt sich, wie diese abschliessende Wendung der Kantischen Philosophie gefunden worden ist. Die _Urtheilskraft_, von der nun die Rede ist, hat bekanntlich als die _reflectirende Urtheilskraft_ einen ganz anderen Sinn, als jene _Urtheilskraft_, von der Kant in der _Kritik der reinen Vernunft_ gehandelt hatte, die dort in der _Analytik der Grundsätze_ als die _transscendentale Urtheilskraft_ eingeführt und von der eben die Analytik der Grundsätze die _transscendentale Doctrin_ gebildet hatte. Dieser _bestimmenden_ Urtheilskraft wird nun die _reflectirende_ als dasjenige Princip gegenübergestellt, welches die transscendentalen Bedingungen für die apriorischen Functionen des Gefühlsvermögens enthalten soll. [54] X 486. [55] X 505. [56] XI 39. Auch hierbei sind für Kant wesentlich systematische Erwägungen maassgebend gewesen. Für die drei Gebiete des Seelenlebens, die er als Vorstellungsvermögen, Gefühlsvermögen und Begehrungsvermögen unterschied, konnten apriorische Principien, wenn es solche gab, wiederum nur in den drei Arten des sogenannten oberen Erkenntnissvermögens gesucht werden. Diese aber waren Verstand, Urtheilskraft und Vernunft. Die Principien apriorischer Erkenntniss hatte er im Verstand, d. h. in den Kategorien und den Grundsätzen, diejenigen des Begehrungsvermögens oder des reinen Willens nach den Untersuchungen der _Kritik der praktischen Vernunft_ in der »Vernunft« im engeren Sinne des Wortes gefunden. So blieb für ein Apriori des Gefühls, wenn es ein solches geben sollte, nur die Urtheilskraft als Quelle übrig. Diese Function aber konnte die Urtheilskraft nicht in Gestalt der Bedeutung übernehmen, welche sie in der _transscendentalen Deduction der reinen Verstandesbegriffe_ als die Unterordnung der Daten der Sinnlichkeit unter die Kategorien besass. Vielmehr musste in diesem Falle eine ganz andersartige Function der Urtheilskraft angenommen werden. Im Allgemeinen sah Kant das Wesen der Urtheilskraft darin, die Unterordnung des Besonderen unter ein Allgemeines zu vollziehen[57]. Wo diese Unterordnung so erfolgt, dass die Specification des Allgemeinen zum Besonderen als eine begriffliche Nothwendigkeit eingesehen werden kann, da haben wir es mit der bestimmenden Urtheilskraft als einem transscendentalen oder empirischen Vermögen zu thun: die transscendentale Urtheilskraft hatte Kant in diesem Sinne in der transscendentalen Analytik als die Subsumption der Sinnlichkeit unter die Kategorien vermöge des _Schematismus der reinen Verstandesbegriffe_ dargelegt. Nun hatte Kant gefunden, dass die Nothwendigkeit und Allgemeingiltigkeit, welche das ästhetische Urtheil für sich in Anspruch nimmt, auf der subjectiven Zweckmässigkeit der Form des Gegenstandes für das Zusammenspiel der Erkenntnisskräfte, Sinnlichkeit und Verstand, niemals aber auf Begriffen beruht. Hier zeigte sich also eine Art der Urtheilskraft, worin der vorgestellte Gegenstand nicht mehr für die Erkenntniss auf allgemeine Begriffe, sondern vielmehr für das Gefühl auf ein Princip der Zweckmässigkeit in allgemeingültiger Weise bezogen wurde. So entdeckte Kant das Princip einer Urtheilskraft ohne allgemeine Begriffe, und diese nannte er die reflectirende Urtheilskraft, in welcher das Allgemeine, worunter das Besondere subsumirt werden soll, nicht in Begriffen gegeben ist, sondern erst gesucht werden muß[58]. Damit war einerseits der Weg gefunden, Gefühle, wie die der Lust und Unlust, die im Allgemeinen durchaus empirischen Characters sind, auf die reflectirende Urtheilskraft zu beziehen und ihnen damit den apriorischen Character zu gewinnen, andererseits aber auch die Möglichkeit gegeben, im Bereiche der Erkenntnissthätigkeit überall da, wo die Unterordnung des Besonderen unter das Allgemeine in der Form der bestimmenden Urtheilskraft unmöglich war, die Betrachtung der reflectirenden Urtheilskraft für sie eintreten zu lassen. Wenn die synthetische Einheit des Mannigfaltigen durch die begriffliche Function der bestimmenden Urtheilskraft nicht einzusehen ist, so kann an ihre Stelle die reflectirende mit dem Princip der Unterordnung des Mannigfaltigen unter einen einheitlichen Zweck treten. Unter diesem Gesichtspunkte konnte die Zweckmässigkeit der organischen Naturproducte, deren Nothwendigkeit aus den begrifflichen Voraussetzungen des causalen Mechanismus nicht zu verstehen war, von der reflectirenden Urtheilskraft angesehen werden. Insbesondere aber eignete sich dieses Princip zur Ergänzung von Kants Bemühungen um die Metaphysik der Natur. Denn wenn in dieser die Ableitung des Besonderen aus dem Allgemeinen, die Specification des Allgemeinen zum Besonderen auf dem begrifflichen Wege der bestimmenden Urtheilskraft unmöglich war, wenn deshalb die besonderen Erscheinungen und Gesetzmässigkeiten der Natur im Sinne einer begrifflich erkennbaren Nothwendigkeit zufällig blieben, so konnte die synthetische Einheit der Erscheinungen, die wir als Natur denken, nach dem Princip der reflectirenden Urtheilskraft als ein zweckmäßiges Ganzes betrachtet werden. [57] Vgl. _Kritik der reinen Vernunft_ III 131: _so ist Urtheilskraft das Vermögen unter Regeln zu subsumiren_. [58] Vgl. _Kritik der reinen Vernunft_ III 429, wo der _apodiktische und constitutive Gebrauch der Vernunft_ in diesem Sinne von dem _problematischen_ und _regulativen_ unterschieden wird. Den springenden Punkt für die Beziehung des Gefühlsvermögens auf die im engeren Sinne sogenannten teleologischen Probleme müssen wir deshalb wiederum in logisch-erkenntnisstheoretischen Problemen allgemeinster Art suchen. Denn von der Auffassung der nachher sogenannten objectiven Zweckmässigkeit der organischen Wesen führt zu der sogenannten subjectiven Zweckmässigkeit in dem Zustande des Gemüthes, der das ästhetische Urtheil begründet, kein directer Weg. Das Zwischenglied, das die letzte Vereinheitlichung in den Gedanken der kritischen Philosophie vermittelt hat, liegt vielmehr bei denjenigen Überlegungen, welche Kant als das Problem der _Specification der Natur_ bezeichnet hat. Es ist die Frage, wie weit aus den Grundsätzen des reinen Verstandes, die zugleich die allgemeinen Gesetze sind, welche nach der _transscendentalen Deduction der reinen Verstandesbegriffe der Verstand der Natur vorschreibt_, sich die besonderen Naturgesetze deduciren lassen. Diese Frage blieb für Kant, nachdem er in den _metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft_ durch die Combination der kategorialen Grundsätze mit mathematischen Principien bereits weiter in die Besonderheit des Systems der Naturgesetze eingedrungen war, ein systematisches Hauptinteresse, und er hat an ihrer Beantwortung bekanntlich in seinem Alter mit unermüdlich erneuten Versuchen gearbeitet, die in dem hinterlassenen Manuscript über den _Übergang aus der Metapyhsik in die Physik_ niedergelegt sind. Dass ihn dies in der Zeit der Entstehung der _Kritik der Urtheilskraft_ beschäftigte, sehen wir aus dem Briefe an Marcus Herz, wo er am 26. Mai 1789 schreibt: _mir, der ich in meinem 66^sten Jahre noch mit einer weitläuftigen Arbeit meinen Plan zu vollenden (theils in Lieferung des letzten Theils der Critik, nämlich dem der =Urtheilskraft=, welcher bald herauskommen soll, theils in Ausarbeitung eines =Systems= der Metaphysik, der Natur sowohl als der Sitten, jenen critischen Forderungen gemäß,) beladen bin[59]._ Er erkennt also die _metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft_ noch nicht als Metaphysik der Natur an, ebenso wenig wie die _Kritik der praktischen Vernunft_ als _Metapyhsik der Sitten_. Die Herleitung der besonderen Naturgesetze aus den transscendentalen Principien erkannte er aber damals noch mit vollkommen kritischer Schärfe als eine Unmöglichkeit, und er fand hier nur den Ausweg der teleologischen Betrachtung, wonach die Zusammenstimmung aller einzelnen, der empirischen Erkenntniss zugänglichen Gesetzmässigkeiten zu einem einheitlichen System der Erfahrung als die Zweckmässigkeit der Natur für die Erkenntnissthätigkeit angesehen werden sollte. Das ist der Grundgesichtspunkt der teleologischen reflectirenden Urtheilskraft, welcher diese mit der ästhetischen reflectirenden Urtheilskraft in unmittelbare Analogie treten liess. Daher handelt es sich auch in den beiden Einleitungen in die _Kritik der Urtheilskraft_ — sowohl in derjenigen, welche Kant schliesslich an die Spitze des Werkes gestellt hat, als auch in derjenigen, von der wir nur die Auszüge von Sigismund Beck kennen —, wo von den teleologischen Problemen die Rede ist, nicht in erster Linie um die Frage nach der Zweckmässigkeit der Lebewesen, sondern vielmehr principiell zunächst um das Problem der Einheit der Natur als eines Systems der Erfahrung. In demselben Sinne gliedert sich auch für die Einleitung der _Kritik der Urtheilskraft_ das Princip der _formalen Zweckmäßigkeit der Natur_ mit den Abschnitten VII und VIII in die _ästhetische Vorstellung von der Zweckmäßigkeit der Natur_ und die _=logische= Vorstellung von der Zweckmäßigkeit der Natur_. Offenbar liegt dabei das aus der _Kritik der reinen Vernunft_ bekannte Eintheilungsschema von Ästhetik und Logik zu Grunde und wird, wie dort auf die Erkenntniss a priori, so hier auf die apriorische Betrachtung der reflectirenden Urtheilskraft bezogen. Aber das Gemeinsame für beide Theile bleibt die Vernunftnothwendigkeit einer formalen Zweckmässigkeit der Natur. Dies war der neue Grenzbegriff, den Kant in der Durchführung der kritischen Metaphysik auf dem Boden der _Kritik der reinen Vernunft_ entdeckte, und so mussten die ästhetische und die teleologische Problemreihe miteinander auf das Princip der reflectirenden Urtheilskraft convergiren. [59] XI 49. Nachdem auf diese Weise unter einem völlig neuen Gesichtspunkte der systematische Rahmen für das neue Werk gefunden war, konnte die Ausarbeitung verhältnissmässig schnell alle die besonderen Untersuchungen zusammenfassen, welche Kant zum grossen Theil im Anschluss an seine Vorlesungen über die ästhetischen und über die teleologischen Probleme im Einzelnen schon fortwährend angestellt hatte. Das Wesentliche der principiellen Entwickelung bildete die Einsicht in den Zusammenhang zwischen dem Gefühlsvermögen und der reflectirenden Urtheilskraft: nachdem Kant gefunden hatte, dass es die letztere ist, welche für das erstere die Begründung der Apriorität ihrer ästhetischen Functionen im Schönen wie im Erhabenen abgiebt, musste der Theorie des ästhetischen Urtheils diejenige des im engeren Sinne teleologischen Urtheils an die Seite gestellt werden, weil auch diese darauf hinauslaufen muss, seine Begründung in der von der reflectirenden Urtheilskraft bestimmten Betrachtung der Natur als eines zweckmässigen Systems der Erfahrung darzulegen. Die so überaus wirkungsvolle Zusammenfassung der Probleme des organischen Lebens und der Kunst hat sich also unter dem den letzten Abschluss der Kantischen Weltanschauung bestimmenden Gedanken von der Einheit des Systems der Erfahrung als eines zweckmässigen Ganzen vollzogen. In den ursprünglichen Voraussetzungen der Kantischen Erkenntnisslehre mit ihrer scharfen Sonderung von Form und Stoff lag es begründet, dass der gegebene Inhalt der Erfahrung den synthetischen Formen des Erkenntnissvermögens gegenüber in letzter Instanz etwas Zufälliges bleiben musste und dass seine Formbarkeit durch Kategorien, seine Subsumirbarkeit unter die Grundsätze eine unbegreifliche, »glückliche« Thatsache bildete, die einen Charakter der Nothwendigkeit nicht mehr für die begriffliche Einsicht, sondern nur noch für die teleologische Betrachtung erhalten konnte: von diesem Verhältniss aus gesehen, bildet die _Kritik der Urtheilskraft_ eine ebenso unerlässliche Ergänzung für die _Kritik der reinen Vernunft_, wie sie nach einer andern Richtung durch die _Kritik der praktischen Vernunft_ von Kant gegeben ist. So hat die Gedankenarbeit des 9. Jahrzehnts vollendet, was in der des 8. Jahrzehnts begonnen worden war. Nachdem Kant diese Gedankenzusammenhänge zu ihrem systematischen Abschluß gebracht hatte, ist die Abfassung der _Kritik der Urtheilskraft_, wie es scheint, verhältnissmässig schnell von statten gegangen. Wegen des Verlages hatte Kant mit dem Berliner Buchhändler de la Garde abgeschlossen. Der Sohn seines alten Verlegers, Johann Friedrich Hartknoch in Riga, dem Kant auf seine Bitte um den Verlag der _Kritik des schönen Geschmacks_, (vgl. dessen Brief vom 15./26. August 1789)[60] eine unbestimmte Zusage ertheilt hatte, war davon, wie sein Brief vom 9./20. October 1790 zeigt[61], schmerzlich überrascht. Die Wahl Kants scheint durch Rücksichten auf die Leistungsfähigkeit des Verlags hinsichtlich der Schnelligkeit der Herstellung und der Sicherheit des Betriebes veranlasst gewesen zu sein: denn er schreibt an seinen Schüler Kiesewetter, den er de la Garde als Corrector empfohlen hatte (Brief an de la Garde vom 15. October 1789 und von Kiesewetter vom 19. November 1789)[62] bei Gelegenheit der Absendung des ersten Theils des Manuscriptes am 21. Januar 1790, es solle, falls de la Garde das Werk nicht bis zur Ostermesse fertig zu bringen vermöchte, Kiesewetter Verhandlungen mit einem andern Buchhändler, Himburg, einleiten[63]. An de la Garde schreibt er an demselben Tage, mit der Zusendung des Manuscripttheils: _Die erste und vornehmste Bedingung, unter der ich Ew: Hochedelgeb. dieses +Mcrpt.+ zu Ihrem Verlage übergebe, ist: daß es zur rechten Zeit auf der nächsten Leipz. Ostermesse fertig geliefert werde. Sollten Sie dieses zu leisten sich nicht getrauen, so bitte es an Hrn. +Kiesewetter+ zu melden, der hierüber von mir einen Auftrag bekommt. Allein ich hoffe: daß es doch irgend eine Presse in Berlin oder dem benachbarten Sachsen geben wird, welche in 14 Tagen 5 Bogen drucken wird, dadurch denn der Druck ganz zeitig vollendet seyn kann. Da ich aber nicht zweifle: daß Sie einen solchen Buchdruker in Berlin antreffen werden, so wiederhole meine Empfehlung, den Hrn. +Kiesewetter+ zum +Corrector+ zu brauchen, den Sie dann auch dafür so reichlich als für dergleichen Arbeit nur zu geschehen pflegt, zu bezahlen belieben werden[64]._ Die Briefe Kiesewetters und de la Gardes vom 29. Januar 1790[65] zeigen, dass Verleger und Corrector die Wünsche Kants auf das eifrigste zu befolgen begannen. Kant liess dann am 9. Februar eine zweite Manuscriptsendung an de la Garde abgehen, wonach vom Text nur noch ein kleiner Rest ausstand[66]. Er zeigte in dem weiteren Briefwechsel mit dem Verleger und dem Corrector[67] eine rührende Bescheidenheit in der Bekundung seiner Zufriedenheit über die Ausstattung und die Drucklegung des Buches. Der Corrector hatte dabei, wie sein Brief vom 3. März 1790 beweist, mancherlei Verlegenheiten zu überwinden: »es sind nämlich Stellen im Manuscript, die offenbar den Sinn entstellende Schreibfehler enthalten, und wo ich mich genöthigt gesehen habe zu ändern.« Wir erfahren dabei auch, dass er »bei der Correctur vom 2^ten bis 6^ten Bogen krank war, und also ein anderer[68], der dem Manuscripte treulich folgte, die Correctur übernahm«. Dabei sei es zu seinem grössten Ärger gekommen, dass zwei den Sinn entstellende Fehler stehen blieben, die unter den Errata aufgeführt werden sollten[69]. Am 9. März 1790 hat dann Kant (vgl. Brief an de la Garde)[70] den Rest des Textes im Manuscript an den Verleger abgeschickt und Vorrede und Einleitung für das Ende der Passionswoche in Aussicht gestellt. Die letztere Zusicherung wurde sodann am 22. März erfüllt (vgl. den Brief an de la Garde vom 25. März 1790)[71]. Zugleich giebt Kant die Adressen für seine Dedikations-Exemplare an, deren Zusammenstellung nicht uninteressant ist: Graf von Windisch-Grätz in Böhmen, Geheimerath Jacobi in Düsseldorf, Professor Reinhold in Jena, Professor Jacob in Halle, Professor Blumenbach in Göttingen, ferner Geheimer Finanzrath Wloemer in Berlin, D. Biester, Kiesewetter, D. u. Prof. Hertz[72]. Inzwischen hatte Kant, wie aus dem Brief an Kiesewetter vom 20. April 1790[73] zu ersehen, einen Theil der Probebogen durchgesehen, aber er schreibt darüber: _Ich fing an sie durchzugehen, (wegen der Druckfehler) aber es war mir nachgerade verdrieslich und schob es also auf, bis ich mehr derselben bekommen haben würde, um es auf einmal abzumachen._ Er legt dann _einen Aufsatz von den gefundenen Druckfehlern, auch einen Auslassungsfehler, bey, welche vielleicht noch dem Werke angehängt werden können_, und spricht dann des Näheren über einen Schreibfehler, der bei einer Überschrift untergelaufen war. Jenes freilich sehr wenig sorgfältige Druckfehlerverzeichniss ist dann der ersten Auflage des Werkes beigefügt worden, die rechtzeitig nach Kants Wunsch zur Ostermesse 1790 erschien. [60] XI 71. [61] XI 217. [62] XI 95 u. 106. [63] XI 121. [64] XI 122f. [65] XI 124 u. 126. [66] XI 129f. [67] Vgl. XI 141, 193, 383. [68] Dieser »andere« war vermuthlich Friedr. Gentz, der wie aus seinem jetzt veröffentlichten Briefwechsel (Briefe von und an F. v. Gentz, herausgegeben von Fr. Karl Wittichen, I, München und Berlin 1909) hervorgeht, bei der ersten Auflage der _Kritik der Urtheilskraft_ die zweite Correctur gelesen hat und sich in einem Briefe an Garve (5. Dec. 1790, vgl. das. I 182) rühmt, dabei einige tausend Druckfehler weggeschafft zu haben. [69] XI 136. [70] XI 140f. [71] XI 142f. [72] Dazu sind nach dem Verzeichniss in de la Gardes Brief vom 22. Mai 1790 (XI 172) noch Salomon Maimon und Prof. Michelsen gekommen. [73] XI 151f. Mit dem Absatz des Buches war, wie Kiesewetter schon im Mai 1790 an Kant berichtete[74], der Verleger so zufrieden, dass er für das folgende Jahr schon eine neue Auflage in Aussicht nahm. Auch de la Garde bestätigt dies in dem Briefe vom 22. Mai 1790[75]. Indessen kam es nicht so bald zur zweiten Auflage. Kant fragte am 2. September und nochmals am 19. October 1790[76] bei dem Verleger an, bis wann er spätestens seine Verbesserungen für die neue Auflage einzusenden habe. Die Antwort darauf (Briefsammlung 427a) ist nicht erhalten, sie muss, wie wir aus dem Briefe von de la Garde vom 5. Juli 1791 ersehen[77], dahin gelautet haben, dass die neue Auflage bis zum Sommer 1791 Zeit habe; nunmehr schreibt de la Garde, dass er nach der Michaelmesse den Druck beginnen möchte und schickt ein durchschossenes Exemplar, dessen Empfang Kant unter dem 15. August 1791 quittirt. Die Bitte der Verlegers, die Verbesserungen bis zu Ende October zu erhalten, hat Kant nach seinem Briefe vom 28. October 1791 nicht erfüllen können: _da ich nothwendig meine ganze Zeit ununterbrochen dem Durchdenken der hier abgehandelten Sachen widmen muß, welche ich aber im vergangenen Sommer bis in den October hinein, durch ungewohnte Amtsgeschäfte und auch manche litterärische unvermeidliche Zerstreuungen abgehalten, nicht habe gewinnen können[78]._ Er bat damals um Aufschub nur bis Ende November, theilte dann aber — wie sich de la Garde dazu stellte, wissen wir nicht, da seine Antwort (Briefsammlung Nr. 463a) nicht erhalten ist — erst am 30. März 1792 dem Verleger mit, dass er das corrigirte Exemplar bald nach Ostern _zu überschicken bedacht seyn werde_[79]. In der That ist dies, wie der Brief vom 12. Juni besagt,[80] am 10. Juni geschehen. Die Correctur zur Einleitung freilich kam erst am 2. October 1792, und Kant bemerkte dabei: _Auf den Titel den Ausdruck: zweyte =Verbesserte= Ausgabe zu setzen, halte ich nicht für schicklich, weil es nicht ganz ehrlich ist; denn die Verbesserungen sind doch nicht wichtig genug, um sie zum besonderen Bewegungsgrunde des Ankaufs zu machen: deshalb ich jenen Ausdruck auch verbitte[81]._ Was die letztere Frage angeht, so war Kant, nachdem ihm de la Garde unter dem 2. November 1792 bedauernd mitgetheilt hatte, dass im Messkatalog schon »zweite verbesserte Auflage« stehe[82], auch damit einverstanden, weil es im Grunde wenig zu bedeuten habe. Er schrieb darüber am 21. December 1792: _Unwahr ist es wenigstens nicht, wenn es mir gleich ein wenig prahlend zu seyn schien[83]._ Auf dem Titel des Buchs ist aber dann der Zusatz »verbesserte« doch fortgefallen. Jedenfalls aber konnte Kant schon am 4. Januar 1793 dem Verleger für das _herrlich gebundene Exemplar_ der neuen Auflage seinen Dank abstatten[84]. Die Änderungen, die Kant für die zweite Auflage selbst gemacht hat, lassen sich schwer und auf jeden Fall nur hypothetisch von denjenigen unterscheiden, zu welchen offenbar, wie Kiesewetter bei der ersten Auflage, der Berliner Corrector auch jetzt freie Hand hatte. Wer aber in diesem Falle der Corrector gewesen ist, lässt sich nicht mit voller Sicherheit feststellen. Dass es wieder Kiesewetter gewesen sein sollte, ist nicht anzunehmen, einerseits weil sich in der fortlaufenden Correspondenz mit diesem nichts darüber findet, andrerseits weil zwischen ihm und Kant wegen der Logik Kiesewetters eine vorübergehende Verstimmung eingetreten war (vgl. Brief von Kiesewetter 3. Juli 1791, von de la Garde 5. Juli 1791, von Kant 2. Aug. 1791); der Briefwechsel mit Kiesewetter wird dann erst am 15. Juni 1793 von diesem wieder aufgenommen, nachdem ihm Kant durch die Zusendung einer Schrift — der _Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft_ — entgegengekommen war. Dagegen ist es im höchsten Maasse wahrscheinlich, dass der Corrector der zweiten (und ebenso der dritten) Auflage Fr. Gentz gewesen ist. Dessen bisher veröffentlichter Briefwechsel giebt zwar direct nur über seine Mitwirkung bei der Correctur der ersten Auflage Aufschluss. Aber wie er schon diese wesentlich auch aus Liebe zu seiner »alten Pflegemutter, der Kantischen Philosophie« (er war Kant's Zuhörer gewesen[85]) übernommen hatte[86], so las er auch das Werk zum zweiten Male aus sachlichem Interesse und dabei auch zugleich mit Rücksicht auf die Druckfehler, deren noch immer viele übrig geblieben seien. Er erwähnt dabei die Erforderlichkeit der neuen Auflage, zu der aber — 5. Dec. 1790 — noch keine Anstalten gemacht seien. Da nun ferner der Buchhändler de la Garde sein »sehr vertrauter Freund und Verwandter« war[87], da auch seine finanziellen Verhältnisse dauernd derart waren, dass ihm eine solche Nebenarbeit willkommen sein musste, so spricht alles dafür, in ihm den bisher vergebens gesuchten Corrector der zweiten (und dritten) Auflage zu sehen: und wenn die Herausgeber immer die Hand dieses Correctors gerade in der Vermeidung sprachlicher Härten und der Abrundung des Ausdrucks glücklich gefunden haben, so stimmt es dazu, dass es die eines Stilisten ersten Ranges wie Friedr. Gentz gewesen ist. [74] XI 161. [75] XI 172. Vgl. Gentz an Garve am 5. Dec. 1790 (Briefe von und an Gentz I 182). [76] XI 193f. u. 216f. [77] XI 257f. [78] XI 288. [79] XI 317. [80] XI 327. [81] XI 359. [82] XI 369. [83] XI 383. [84] XI 389. [85] Vgl. den Brief seines Vaters an Kant (X, 294) und dessen Aeusserung an Mendelssohn (X, 322), sowie den Brief von Fr. Gentz an Kant (X, 346). [86] Briefe von und an Gentz I, 156. [87] Ibid. 159. Noch eine dritte Auflage des Werks ist bei Kants Lebzeiten im Jahre 1799 bei de la Garde erschienen. Allein über diese schweigen die brieflichen Nachrichten vollständig. Aus der Correspondenz mit de la Garde und mit Kiesewetter ist nichts erhalten, was mit dieser neuen Auflage in Zusammenhang stünde. Selbst der Versuch, darüber in dem ungedruckten Briefwechsel zwischen de la Garde und dem Kriegsrath Scheffner Auskunft zu finden, hat nur ergeben, dass de la Garde am 4. August 1798 (Briefwechsel Nr. 773a) an Kant eine Anweisung für das Honorar der dritten Auflage der Kritik schickte und dabei meinte, Kant solle wohl sich seines Versprechens erinnern und ihm von seinen Werken wenigstens eines noch zukommen lassen; und weiterhin findet sich in dem Briefe vom 30. September 1798 eine Bemerkung über die, wie es scheint, nicht eben freundliche Art, in der Kant, vielleicht unter dem Druck seines körperlichen Zustandes, die Verbindung mit dem Verleger abgebrochen hatte: »Was Sie mir von Kant sagen, erklärt freilich in etwas sein sonderbares Benehmen gegen mich. Gleich nach meiner Rückkunft aus Paris überschickte ich ihm das Honorarium der dritten Auflage seiner Kritik und dankte bei der Gelegenheit für die freundschaftliche Äußerungen gegen Vg. (Vieweg) ferner noch Geschäfte mit mir machen zu wollen. Als ich nach zwei Monat keine Antwort von ihm erhielt, bat ich ihn, mir wenigstens der Ordnung wegen den Empfang des Geldes anzuzeigen, allein hierauf hat er bis jetzt mit keiner Sylbe geantwortet. Er scheint zu glauben, dass mein Dank eine Aufforderung enthält, von seinem jetzigen Verleger abzugehen. Dadurch würde er nun wohl freylich sein Versprechen erfüllen, allein mich nicht so sehr beglücken, da ich mehr Verlagsprojecte habe als meine Kräfte es erlauben in 3 Jahren zu bestreiten.« Die dritte Auflage stimmt zwar in der Seitenzahl und in der Abtheilung der Seiten mit der zweiten durchgängig überein, ist aber doch nicht, wie man wohl gemeint hat, ein unveränderter Abdruck davon, sondern zeigt wiederum eine Anzahl sprachlicher Veränderungen und gelegentlich auch eine sachliche Abweichung, — Änderungen, die sich stilistisch in der Richtung derjenigen der zweiten Auflage bewegen. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, obwohl in keiner Weise bezeugt, dass hier derselbe Corrector, also vermuthlich Gentz, mitgewirkt hat, wie bei der zweiten Auflage, und dass er wiederum dazu freie Hand hatte. Was wir somit von der Geschichte des Drucks der drei Auflagen wissen, lässt es als ausgeschlossen erscheinen, mit Sicherheit eine Form des Werkes herzustellen, die in jeder Hinsicht auf Kants eigene Textprüfung zurückginge. Schon bei der ersten Auflage haben Kiesewetter und gelegentlich der andere Corrector ihre Hand im Spiele gehabt; bei der zweiten gehen zweifellos die bedeutsamsten Textänderungen auf Kants durchschossenes Exemplar zurück, aber es sind auch die stilistischen Ausfeilungen durch Gentz als den wahrscheinlichen Corrector hinzugekommen; bei der dritten endlich haben wir keinen Grund zu der Annahme, dass Kant bei den Änderungen direct mitgewirkt hätte, wohl aber zu der Voraussetzung, dass der Philosoph wiederum seine allgemeine Einwilligung zu den Änderungen gegeben hat, welche der Corrector vornahm. Über das Verhältniss der drei Texte zu einander hat Benno Erdmann in seiner Sonderausgabe der _Kritik der Urtheilskraft_ (1880) eine vergleichende Untersuchung von so umfassender Sorgfalt gemacht, dass darauf hier verwiesen werden muss. Für die vorliegende Ausgabe ist im allgemeinen auf Grund der dargelegten Verhältnisse der Text der zweiten Auflage (A^2) zu Grunde gelegt worden als derjenigen, bei der Kant selbst noch in nachweisbarer Weise, wenn auch nicht allein mitgewirkt hat. Doch erwies es sich als zweckmässig und unter Umständen als erforderlich, gewisse Änderungen der dritten Auflage für welche ja die Legitimation von Seiten Kants schliesslich auch soweit reicht, wie für viele der Änderungen der zweiten Auflage, an denjenigen Stellen einzusetzen, wo sie offenbare Verbesserungen des Ausdrucks oder Erleichterung des Verständnisses bedeuteten. DRUCKE: 1. _Critik der Urtheilskraft von Immanuel Kant. Berlin und Libau, bey Lagarde und Friederich, 1790._ 2. _— — Zweyte Auflage. Berlin, bey F. T. Lagarde. 1793._ 3. _— — Dritte Auflage. Berlin, bey F. T. Lagarde. 1799._ (2 Drucke.) Es erschienen ausserdem noch drei NACHDRUCKE: 1. _— — Frankfurt und Leipzig 1792._ 2. _— — Neueste Auflage. Frankfurt und Leipzig 1794._ 3. _— — Neueste, mit einem Register vermehrte Auflage. 2 Bde. Grätz 1797._ Sachliche Erläuterungen. 168{9.10} _sicheren alleinigen Besitz_] Der überlieferte Text _sicheren, aber einigen Besitz_ ist verständlich, wenn man _einigen_ im Sinne von _einzigen_ nimmt, macht jedoch mit dem _aber_ eine Schwierigkeit, die Erdmann zu heben suchte, indem er statt aber: _oder_ conjicirte. Auch dies jedoch ist sachlich nicht ohne Bedenken, und deshalb wurde die Schwierigkeit durch _alleinigen_ zu umgehen gesucht. 178{18} (O mihi praeteritos, etc.)] Vergil Aen. VIII 560, der Vers lautet vollständig: O mihi praeteritos referat si Juppiter annos. 204{32} _Irokesische =Sachem=_]. Sachem bedeutet eine Art von Häuptling oder Friedenshäuptling: vgl. »Kantstudien« Bd. I, S. 155 f. Die von Kant mitgetheilte Anecdote beruht, wie P. Menzer gefunden hat, auf einer Stelle bei Charlevoix, histoire et description générale de la Nouvelle-France. III S. 322. Paris 1744. »Des Iroquois, qui en 1666 allèrent à Paris, et à qui on fit voir toutes les maisons royales et toutes les beautés de cette grande ville, n'y admirèrent rien, et auraient préféré les villages à la capitale du plus florissant royaume de l'Europe, s'ils n'avaient pas vu la rue de la Huchette, où les boutiques des rotisseurs, qu'ils trouvaient toujours garnies de viandes de toutes les sortes, les charmèrent beaucoup.« 224{28} _(woran ich doch gar nicht zweifle)_] Da die beiden ersten Auflagen in dieser Klammer schreiben: _woran ich doch gar sehr zweifle_, so lag hier ein Punkt totaler sachlicher Verschiedenheit vor. Denn dass in der dritten Auflage das _nicht_ an die Stelle des _sehr_ getreten ist, kann unmöglich nur die Sache eines Druckfehlers sein. Diese Änderung der dritten Auflage, die vermuthlich auf deren Corrector zurückgeht und die in den Text dieser Ausgabe aufgenommen ist, entspricht nämlich durchaus der Stellung, welche Kant zu den dort berührten Fragen eingenommen hat. An der Eulerschen Theorie, der Undulationstheorie des Lichts, hat Kant, wie namentlich schon eine Stelle in seiner Promotionsschrift +De igne+ zeigt, in der That nicht gezweifelt. Er nennt diese Theorie dort (+Sectio+ II, +Prop.+ VIII; I, 378): +hypothesin naturae legibus maxime congruam et nuper a clarissimo Eulero novo praesidio munitam+. In den _Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft_ behandelt er (2. Hauptst. Lehrs. 8 Anm. 1 Note IV, 520) Eulers Hypothese mit entschiedener Zustimmung und sucht die ihr aus der nur geradlinigen Fortpflanzung des Lichts erwachsende Schwierigkeit auf eine _gar wohl vermeidliche mathematische Vorstellung der Lichtmaterie_ zurückzuführen: vgl. daselbst 520, 21ff. Auch die Wendung in der Anthropologie § 19 (VII, 156{4}) kann nicht als eine Concession an die Emissionstheorie des Lichtes angesehen werden. Jedenfalls hat Kant in der _Kritik der Urtheilskraft_ überall Licht und Schall in Bezug auf die beiden »höheren« Sinne nach dieser Richtung durchaus parallel behandelt. Vgl. z. B. § 42 S. 302{7} oder § 51 S. 324{17} und 324{31}. Aber auch, was das Wichtigere und wesentlich Bedeutsame ist, die ästhetische Verwendung dieser physicalisch-physiologischen Theorie, wonach die reinen Farben wie die reinen Töne nicht bloss eine Wirkung auf den _Sinn_, sondern eine _Reflexion_ auf das regelmässige Spiel der Eindrücke enthalten, ist von Kant überall ausdrücklich bejaht worden. Zwar führt er die eingehendere Erwägung dieser Frage im § 51, 3 (S. 324{20}f.) mit der Bemerkung ein, man könne nicht recht ausmachen, ob die Besonderheit der Ton- und Farbenempfindung den Sinn oder die Reflexion zum Grunde habe, — man könne nicht mit Gewissheit sagen, _ob eine Farbe oder ein Ton bloß angenehme Empfindungen, oder an sich schon ein schönes Spiel von Empfindungen sei und als ein solches ein Wohlgefallen an der Form in der ästhetischen Beurtheilung bei sich führe_. Aber seine weiteren Ausführungen lauten dann ausdrücklich: _So möchte man sich genöthigt sehen, die Empfindungen von beiden nicht als bloßen Sinneneindruck, sondern als die Wirkung einer Beurtheilung der Form im Spiele vieler Empfindungen anzusehen._ Daraus folgt ihm dann, dass die Musik als schöne Kunst und zwar als ein _schönes Spiel der Empfindungen durch das Gehör_ erklärt werden soll: und dasselbe gilt nach dem Eingange des Abschnitts für die Farbenkunst. Damit wird ausdrücklich bejaht, woran Kant nach der Lesart der ersten und zweiten Auflage an dieser Stelle _gar sehr_ gezweifelt haben soll. Ebenso aber heisst es § 42 S. 302{8}f. von Licht und Schall: _diese sind die einzigen Empfindungen, welche nicht bloß Sinnengefühl, sondern auch Reflexion über die Form der Modificationen der Sinne verstatten_. Und weiterhin (329{4}f.) sagt Kant bei Behandlung der Tonkunst hinsichtlich der proportionirten Stimmung, _welche, weil sie bei Tönen auf dem Verhältniß der Zahl der Luftbebungen in derselben Zeit, sofern die Töne zugleich oder auch nacheinander verbunden werden, beruht, mathematisch unter gewisse Regeln gebracht werden kann: An dieser mathematischen Form, obgleich nicht durch bestimmte Begriffe vorgestellt, hängt allein das Wohlgefallen, welches die bloße Reflexion über eine solche Menge einander begleitender oder folgender Empfindungen mit diesem Spiele derselben als für jedermann gültige Bedingung seiner Schönheit verknüpft; und sie ist es allein, nach welcher der Geschmack sich ein Recht über das Urtheil von jedermann zum Voraus auszusprechen anmaßen darf._ Selbst wenn es also, wie vermuthlich, der Corrector der dritten Auflage sein sollte, auf den die Ersetzung des gar sehr durch das gar _nicht_ zurückgeht, und selbst wenn die von ihm mit Anschluss an den früheren Text eingesetzte Form einen etwas zu starken Ausdruck hergestellt hätte, so entspricht doch die Änderung der von Kant in dem Werke durchgängig vertretenen Ansicht derart, dass ihre Aufnahme in den Text nicht nur berechtigt, sondern auch erforderlich schien. 315{33}f. Die Verse lauten im Original: »Oui, finissons sans trouble, et mourons sans regrets, En laissant l'Univers comblé de nos bienfaits. Ainsi l'Astre du jour, au bout de sa carrière, Répand sur l'horizon une douce lumière, Et les derniers rayons qu'il darde dans les airs Sont ses derniers soupirs qu'il donne à l'Univers.« Sie finden sich am Schlusse der Epitre XVIII, Au Maréchal Keith, Imitation du troisième livre de Lucrèce: »Sur les vaines terreurs de la mort et les frayeurs d'une autre vie«, in den Poésies diverses, Berlin 1762, Bd. 2, S. 447; vgl. Oeuvres de Frédéric le Grand, 1846 ff. tome X, p. 203. 316{13} Der Vers steht in den »Academischen Gedichten« von Withof im 3. Gesang der »Sinnlichen Ergötzungen«, Leipzig 1782, I, S. 70, und lautet genau: »Die Sonne quoll hervor, wie Ruh' aus Güte quillt.« (Nachgewiesen von E. Schmidt und R. M. Meyer.) 328{36} Der Ausspruch stammt nicht von Cicero, sondern von Cato; vgl. Catonis fragmenta ed. H. Jordan Lpz. 1860 S. 80; vgl. Quintilianus Institut. orat. XII cap. 1, 1: Sit ergo nobis orator, quem constituimus, is, qui a M. Catone finitur, vir bonus dicendi peritus. Nachgewiesen von Schöndörffer. 343{13} _welche_] Richtiger wäre _welches_ bezogen auf _darstellen_. Denn das, was, wenn sie (nämlich die Anschauung) a priori ist, das Construiren heisst, ist eben das in _der Anschauung darstellen_. 353{20} _vorige Paragraph_] Dies Selbstcitat könnte sich im § 58 nur auf den Nebensatz Seite 350{23}f. _die aus einem übersinnlichen Grunde für nothwendig und allgemeingültig erklärt werden soll_ beziehen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Kant an dieser Stelle das im Auge hatte, was er im § 57 von dem _übersinnlichen Substrat der Menschheit als dem einzigen Schlüssel der Enträthselung_ des Geschmacksurtheils (vgl. S. 340{21} und 341{7}ff.) dargelegt und in der Anmerkung I näher ausgeführt hatte. Darnach hiesse es genauer: _der vorvorige Paragraph_. 424{22} _Blumenbach_] Vgl. Erl. zu VII 89 5 und B's. Schrift »Über den Bildungstrieb und das Zeugungsgeschäfte«. Göttingen 1781 und mit dem abgekürzten Titel: »Über den Bildungstrieb« ebenda 1789. 427{4} _Linné_] Vgl. =Caroli a Linné=, Systema naturae ed. XII Holmiae 1766 I p. 17: »Politia naturae manifestatur ex tribus naturae regnis simul: quemadmodum enim imperantium causa populi non sunt nati, sed subditorum ordinis servando imperantes constituti, ita vegetabilium causa animalia phytiphaga, phytigorum carnivora, et ex his maiora ob parva, homo (qua animal) ob maxima et singula, sese vero praecipue, saeva mercede conducta tyrannidem exercent, ut proportio cum nitore reipublicae naturae perennet.« 428{15.16} _Camper_] Vgl. VII 89{5} und die Erläuterung dazu. 467{19.20} _Hirngespinste — Hirngespenster_] beide Formen finden sich auch sonst in dem überlieferten Text Kantischer Werke, Hirngespinste z. B. in der _Kritik der reinen Vernunft_ III 145{15}, Hirngespenster in den _Krankheiten des Kopfes_ II 263{15} und 264{37}. Dass Kant in einem und demselben Werk beide Formen angewendet haben sollte, ist kaum anzunehmen; die Verschiedenheit scheint auf Rechnung der Setzer bzw. der Correctoren zu fallen, zumal da an dieser Stelle die auf alle Fälle fehlerhafte Form von A _Hirngespinster_ auf _Hirngespenster_ geführt haben dürfte. Der Gleichmässigkeit halber war deshalb auch hier _Hirngespinste_ zu setzen, was an drei andern Stellen, 411{26}, 466{18}, 472{25} sicher überliefert ist. 476{36.37} _Reimarus in seinem noch nicht übertroffenen Werke_] Gemeint ist R's. Schrift: »Die vornehmsten Wahrheiten der natürlichen Religion in zehn Abhandlungen auf eine begreifliche Art erklärt und gerettet« Hamburg 1754 u. ö. Vgl. II 161{22}. Lesarten. 167{11} _dem_] _den?_ Vorländer || 167{18} _kann. — also_] _kann: so, daß die Critik_ A^1 _und dementsprechend_ Z. 20 _nichts übrig läßt_ A^1 || 167{25} _dienen_] fehlt A^1 || 168{3} das erste _der_] fehlt? Hartenstein || 168{10} _alleinigen_] Windelband _aber einigen A oder einzigen_ Erdmann || _welche_] A^2.3 _die_ A^1 || 169{6} _sie — sie_] Vorländer _es — es_ A || 169{26} _logische_] _teleologische_? Rosenkranz || 171{5} _Logik Principien_] A^{2.3} _Logik thut, die der Form_ A^1 || 173{5} _Naturlehre gehalten, endlich?_ Erdmann || 173{6} _Vorschriften_]? Kehrbach || 173{15.16} _unterworfen — also_] fehlt A^1 || 173{35.36} _vorhergehende_] _vorgehende_ A || 174{27} _und ihre_] A^2.3 _und auf welchem ihre_ A^1 || 175{3} _sie_] A^1.2 _jene_ A^3 || 175{32} _aber_] fehlt A^1 || 175{37} _als_] A^2.3 _also_ A^1 || 176{4} _deren_] A^2.3 _davon die_ A^1 || 176{5} _soll_] fehlt A^1 || 176{10} _welches_] A^2.3 _was_ A^1 || 176{35} _überdem_] _überdies?_ Rosenkranz, fehlt Erdmann || 177{21}ff. Die Anmerkung ist Zusatz von A^2 || 179{1} _durch das_] A^2.3 _durchs_ A^1 || 179{2} _vom_] Erdmann _von_ A || 179{32} _allgemeinen_] A^1.2 _allgemein_ A^3 || 180{15} _diese sich nicht_] Erdmann _diese nicht_ A || 180{34} _desselben_] Windelband _derselben_ A || 183{5} _ist. — ist_] A^2.3 _ist, und unter diesen Gesetzen ist_ A^1 || 183{26} können); — Ansehung_] A^2.3 _könnten); und in Ansehung deren_ A^1 || 183{33.34} Naturdingen — besonderen_] Erdmann _Naturdinge — solche besondere_ A || 184{17.18} _erfreuet — werden_] A^2.3 steht A^1 erst nach dem Conditionalsatze _wenn — antreffen_ || 184{30} _überdem — überdies?_ Rosenkranz || 185{7} _nach_] Zus. Hartenstein || 187{11} _jeder_] _jener_? Hartenstein || 187{28.29} _Abtheilung_] A^1.2 _Abtheilungen_ A^3 || 187{34} _das_] A^2.3 _was_ A^1 || 188{4} _voraus sagte_] A^1.2 _vorhersagte_ A^3 || 188{5} _eine_] A^2.3 _eine solche_ A^1 || 189{6} _sein mögen_] A^2.3 _seyn_ A^1 || 189{24} _ja — ohne_] A^2.3 _ja ohne sogar_ A^1 || 190{13} _Wessen Gegenstandes_] A^2.3 _Ein Gegenstand, dessen_ A^1 || 190{19} _überhaupt_] _überhaupt giltig?_ Erdmann || 190{30} _den_] _dem?_ Rosenkranz || 191{19} _ein_] A^1 fehlt A^2.3 || 191{25} _werden_] Erdmann _wird_ A || 192{6} _am_] _vom?_ Erdmann || 192{10} _entsprungenes_] _entsprungen?_ Erdmann || 192{11} _wird_] Windelband fehlt A _werden_ Erdmann || 193{19} _und_] A^1.2 _und der_ A^3 || 193{37} _enthält_] Windelband _enthalte_ A || 195{11} _könnten_] A^1.2 _können_ A^3 || 195{26} _gemäß ihren_] A^2.3 _gemäß dieser ihren_ A^1 || 196{32.33} _reinen und praktischen_] A^2.3 _reinen praktischen_ A^1. 204{22} _was_] A^1.2 _das_ A^3 || 204{33.34} _überdem_] _überdies?_ Rosenkranz || 204{34} _auf — =Rousseauisch=_] A^1.2 _auf gut =Rousseauisch= auf die Eitelkeit der Großen_ A^3 || 205{22} _eben_] A^2.3 _so eben_ A^1 || 206{5} _bloße_] _bloß?_ Erdmann || 206{13} _da die_] A^2.3 _da nur die_ A^1 || 206{17} _welches_] A^2.3 _das_ A^1 || 206{21.22} _Erkenntnißvermögen_] A^2.3 _Erkenntniß_ A^1 || 206{37} _mein_] _ein?_ Hartenstein || 207{2} _Gegenstande_] Erdmann _Gegenstände_ A^1 _Gegenständen_ A^2.3 || 207{8.9} _so gar_] A^2.3 _sogar_ A^1 || 207{11} _Urtheilens_] _Urtheils?_ Hartenstein || 207{30} _welches_] A^2.3 _das_ A^1 || 208{13} _andre Zusätze_] A^2.3 _andern Zusätzen_ A^1 || 208{22} _aufgelegt — der_] A^2.3 _auferlegt macht. Aber von der_ A^1 || 208{30} _an sich_] fehlt A^1 || _bloß_] A^2.3 _nur blos_ A^1 || 209{1} _absoluten_ fehlt A^1 || 209{3} _ungeachtet_] A^2.3 _unerachtet_ A^1 || 209{21.22} _Nicht — gefällt_] Zusatz A^2 || 209{22} _Dagegen_] Rosenkranz _Daher_ A || 209{27} (_weder — praktisches_)] A^2.3 (_ein theoretisches_) A^1 || 210{5} _=gebilligt=_] fehlt A^1 || 210{8.9} _aber — thierische_] Zusatz A^2 || 210{13.14} _denn — ab_] A^2.3 _denn ein Interesse, sowohl das der Sinne, als das der Vernunft, zwingt den Beifall ab_ A^1 || 210{17} _einzige_] A^1.2 _einzig_ A^3 || 210{17.18} _einer, welcher_] A^2.3 _der, so_ A^1 || 210{30} _objectiv_] A^2.3 _auch_ A^1 || 210{35} _einen_] Erdmann _eines_ A || 211{20} _hinge_] A^1.2 _hängte_ A^3 || 211{25} _ausmachend_] Windelband _ausmachen_ A^1 _st. ausmachen l. ausmachen_ Druckfehlerverz. A^1 _ausmache_ A^2.3 _auszumachen_ Rosenkranz; Erdmann stellt, um _ausmache_ beizubehalten, _wäre_ vor die Klammer || 212{15} _in_] fehlt A^1 || 212{21} _in_] A^2.3 _und in_ A^1 || 212{22} _also_] fehlt A^1 || 212{23} _eigenen_] A^2.3 _besondern_ A^1 || 212{30} _Reiz_] A^2.3 _Einen Reiz_ A^1 || 212{35} _Anderer_] A^2.3 _andere_ A^1 || 213{4} _besondern_] _eignen_ Erdmann vgl. zu 212{22} || 213{16.17} Das Eingeklammerte Zusatz von A^2 || 213{17} _letzteren_] A^2.3 _letztere_ A^1 || 213{23} das zweite _beim_ fehlt A^1 || 213{31} _seine_] A^2.3 _ihre_ A^1 || 213{34} _geblieben_] fehlt? Erdmann || 214{6} _gebrauchen_] A^2.3 _brauchen_ A^1 || 214{8} _jeglichem_] A^1.2 _jeglichen_ A^3 || 214{36} _bezeichnet_] fehlt A^1 || 215{11} _sie_] A^1 _sich_ A^2.3 || 215{12} _logischen_] fehlt A^1 || 215{17} _können — Urtheile_] A^3 _kann es nicht die Quantität eines objectiv-gemeingültigen Urtheils_ A^1.2 || 215{24} _ästhetischen_] A^2.3 _ästhetisches_ A^1 _ein ästhetisches_ Rosenkranz || 215{26} _Geruche_] Erdmann _Gebrauche_ A || 215{27} _ein_] fehlt A^1 || 216{2} _aufschwatzen_] A^3 _abschwatzen_ A^1 _beschwatzen_ A^2 || 216{5} _glaubt_] A^2.3 _so glaubt_ A^1 || 216{7} _den Betrachtenden_] A^3 _ihn_ A^1.2 || 216{12} _betrachtet_] A^1.2 _angesehen_ A^3 || 216{16} _es_] A^3 _er_ A^1.2 || 216{27.28} _wenn — fällte_] A^2 A^3 _wider die er aber öfters fehlt und — fället_ A^1 || 217{23} _besondere_] _bestimmte_? Hartenstein || 217{25} _an_] A^1.2 _in_ A^3 | 217{30} _Dieser_] A^2.3 _und dieser_ A^1 || 219{5.6} _unbestimmter_] A^1.2 sc. begrifflich unbestimmter _bestimmter_ A^3 || 219{10} _sofern_] A^2.3 _wenn_ A^1 || 219{17} _einzeln_] A^2.3 _einzelne_ A^1 || 219{21} _für_] A^2.3 _als für_ A^1, Erdmann || 220{1} _Zweck_] _der Zweck_? Hartenstein || 220{13.14} Das Eingeklammerte Zusatz von A^2 || 220{23} _Ursachen_] A^2.3 _Ursache_ A^1 || 220{24} _einem_] A^1.2 _einen_ A^3 || 221{3} _der_] fehlt A^1 || 221{20} _Vorstellung von_] Zusatz von A^2 || 221{33} _ein Causalverhältniß_] A^2.3 _ein besonderes Causalverhältniß_ A^1 || 221{33}/222{1} _nur jederzeit_] _jederzeit nur_? Vorländer || 222{4} _Unlust_] _der Unlust_? Erdmann || 222{14} _nur_] A^2.3 _nur alsdenn_ A^1 || 222{20} _Urtheil hingegen_] A^2.3 _aber_ A^1 || 222{23} _einen_] Erdmann _ein_ A || 222{35} _analogisch_] _analog_? Erdmann || 223{7} _dieses_] Windelband _diese_ A || 223{15} _Indessen_] A^1.2 _Indeß_ A^3 || 223{17} _an_] A^2.3 _für_ A^1 || 223{31} _von der_] fehlt A^1 || 223{32} (_als formale_) Zusatz von A^2 || 224{13} _verdienten_] A^1.2 _verdienen_ A^3 || 224{14} _zu gelten_] A^2.3 _gehalten zu werden_ A^1 || 224{21} _gleiche_] A^1.2 _solche_ A^3 || 224{28} _nicht_] A^3 _sehr_ A^1.2 vgl. Erläuterungen || _würde_] A^1.2 _würden_ A^3 || 224{36} _welchen_] Erdmann _welcher_ A || 225{19} _was_] fehlt A^1 || 225{22} _belebt_] A^2.3 _beliebt_ A^1 || 225{24} _erstere_] A^2.3 _schöne Form_ A^1 || 225{29} _bloßes_] fehlt A^1 || 226{1.2} _die — sie_] Zusatz von A^2 || 226{2.3} _erhalten_] A^2.3 _erheben_ A^1 || 226{4} _Parerga_)] fehlt A^1 || 226{8} _Einfassungen — oder_] fehlt A^1 || 226{16} Das Eingeklammerte Zusatz von A^2 || 227{20} _Hiervon ist_], _welche von der =quantitativen=_ etc. A^1 || 227{22.23} _bei welchem_] _der_ A^1 || 228{3} _wozu_] _womit_? Erdmann || 228{4.5} _wenn es — wäre_] Zusatz von A^2 || 228{9} _eine — subjective_] A^2.3 _formalen subjectiven_ A^1 || 228{12} _Unterschied_] A^2.3 _Unterschied der_ A^1 || 228{13.14} _der — der_] Vorländer _die — die_ A || 228{20} _gründen_] A^2.3 _gründet_ A^1 || 228{21} _einzig_] A^3 _einig_ A^1.2 || 228{26} _in der Bestimmung_] fehlt A^1 || 228{30} _sofern sie_] A^2.3 _die_ A^1 || 228{32} _wollte — nennen_] A^1.2 _ästhetisch nennen wollte_ A^3 || 228{34} _vorstellte_] A^1.2 _vorstellt_ A^3 || _welches — widerspricht_] Zusatz von A^2 || 229{1.2} _als — Urtheils_] A^3 _der Bestimmung desselben_ A^1.2 || 229{14} _Arten der_] Zusatz von A^3 || 229{19} _jemand_] A^1.2 _niemand_ A^3 || 229{20} _daran_] A _darin_ Erdmann || 229{25} _der Paradiesvogel_] A^2.3 _die Paradiesvögel_] A^1 || 229{31} _Phantasieen_] A^1.2 _Phantasiren_ A^3 || 230{1} _wodurch_] A^2.3 _daß dadurch_ A^1 || 230{5} _Schönheit_] fehlt A^1 || 230{7} _voraus_] erst nach _Vollkommenheit_ A^3 || 230{14} _Gefallende_] A^2.3 _gefallendes_ A^1 || 230{17} _ihrem_] A^2.3 _ihren_ A^1 || 230{22.23} _ein Wohlgefallen, das auf einem Begriffe gegründet ist_ A^1, _auf einem Begriffe gegründetes Wohlgefallen_ A^2.3, ein Zusatz Vorländer || 230{25} das erste _wodurch_] A^2.3 _dadurch_ A^1 || 230 _31–3_ _zwar — können_] A^2.3 _ist zwar nicht allgemein, doch können ihm in — werden_ A^1 || 230{36} _jenes_] A^2.3 _jener_ A^1 || 231{6} _wodurch_] A^2.3 _dadurch_ A^1 || 231{17} _auf_] A^2.3 _der auf_ A^1 || 231{23} _halte_] A^2.3 _wende_ A^1 || 232{3} nach _zureichende_ noch einmal _empirische_ A^1.2 || 232{8} _anderen_] A^2.3 _andere_ A^1 || 232{10} _wer aber_] A^2.3 _der aber, so_ A^1 || 232{14} _wonach_] A^2.3 _darnach_ A^1 || 232{31} _dem eines_] Zusatz Windelband || 232{33} _Veränderung_] A^3 _Veränderungen_ A^1.2 || 232{34} _lebenden_] A^1.2 _lebenden Sprachen_ A^3 || 232{37} _hat_] A^1.2 _behält_ A^3 || 233{8} _die_] A _diese_? Erdmann || 233{21} _eines_ fehlt A^1 || 233{24} _seiner_] Erdmann _einer_ A || 233{32} _des_] A^1.3 _der_ A^2 || 234{6.7} _Bewußtsein, ein_] A^2.3 _Bewußtsein, zu reproduciren, ein Bild_ A^1 || 234{14} _in dem_] A^2.3 _der_ A^1 || 234{21} das erste _und_] A^1.2 _nebst_ A^3 || 234{26–8} _liegt — wo — Grunde_] A^2.3 _ist diese Gestalt das Ideal des — da — angestellt wird_ A^1 || 234{28.29} _unter — Bedingungen_ fehlt A^1 || 234{29} _eine — Normalidee_] A^2.3 _ein anderes Ideal_ A^1 || 234{37} _ihren_] A^1.2 _ihrer_ A^3 || 235{2} _ganze_ fehlt A^1 || 235{24} _welcher_] A^2.3 _der_ A^1 || 235{25} _wer_] A^2.3 _der_ A^1 || 236{1} _darin_] A^2.3 _daran_ A^1 || 236{14} _dem Gegenstande_] A^1.2 _den Gegenständen_ A^3 || 236{21} _nun_] A^2.3 _aber_ A^1 || 236{22} _wo_] A^2.3 _da_ A^1 || 236{26.27} _eine — deutlich_] A^1.2 _deutlich eine Zweckmäßigkeit_ A^3 || 237{3} _wo_] A^2.3 _da_ A^1 || _welcher_] A^2.3 _der_ A^1 || 237{9} _als_] Windelband _wie_ A _wie ein_ Erdmann || 237{28} _Beistimmung_ fehlt A^1 || 238{10.11} _nach — dunkel_] A^2.3 _nach, ihnen als nur dunkel_ A^1 || 238{26} _wodurch_] A^2.3 _dadurch_ A^1 || 238{32} _desselben_] Vorländer _derselben_ A || 239{10} _muß_] A^1 fehlt A^2.3 || 239{29} _das — subjectiv_] Windelband _zwar das Princip nur subjectiv_ A _zwar — subjectiv ist_ Erdmann || 240{14} _und_] A^1.2 _um_ A^3 || 240{17} _vom_] A^1.2 _des_ A^3 || 241{32–5} _Wo — wahrgenommen wird_] A^2.3 _Wo eine Absicht — in einer Eintheilung_ A^1 || 242{16} _alsdann_] A^2.3 fehlt A^1 || 242{19} _wobei_] A^2.3 _wo_ A^1 || 242{29} _Möbeln_] A^2.3 _Mobilien_ A^1 || 242{31} _dieser_] A _diese_ Erdmann || 243{16.17} _wogegen die dort_] A^2.3 _dagegen daß die dorten_ A^1 || 243{34} _indessen daß_] A^1.2 _während_ A^3 || 244{32} (_das Schöne_) fehlt A^1 || 245{1.2} (_das Gefühl des Erhabenen_) fehlt A^1 || 245{10} _enthält_] A^2.3 fehlt A^1 || 245{18} _führt_] Windelband _führe_ A || 245{19} _hingegen_] A^3 _statt dessen_ A^1.2 || 245{21} _zwar_] A^2.3 _gar_ A^1 || 245{23} _aber_] A^2.3 fehlt A^1 || 245{29} _aufgefaßt_] A^2.3 _abgefaßt_ A^1 || 246{10} _zur — der_] A^2.3 fehlt A^1 || 246{13} _Begriff_] A^2.3 fehlt A^1 || 246{16} _so gar_] Hartenstein _sogar_ A || 246{19} _sich_] A^2.3 _sie_ A^1 || 247{10} _Interesse, der_] A _Interesse sein, der_ Erdmann || 248{8} _was_] A^1.2 _etwas_ A^3 || _als sagen_] A^3 _als zu sagen_ A^1.2 || 248{12} _ist — wird_] A^2.3 _ist er nicht_ A^1 || 248{13} _es_] Erdmann _er_ A || 248{14} _Es_] A^2.3 _Er_ A^1 || 248{23} _die — letztern_] A^2.3 _dieser ihre Größe_ A^1 || 248{24} _sie_] A^2.3 _es_ A^1 || 248{32.33} _Beistimmung_] Hartenstein _Bestimmung_ A || 249{10} _übrigens_] A^2.3 _nun_ A^1 || 249{13} _beurtheilenden_] fehlt A^1 || 249{23} _enthält_] Windelband _enthalte_ A || 250{15} _werde_] A^2.3 _würde_ A^1 || 250{19.20} _Teleskope Mikroskope_] A^2.3 _Telescopien Microscopien_ A^1 || 250{24.25} _auf eine reelle_] A^2.3 _als einer reellen_ A^1 || 250{30–2} _klein. Mithin ist — erhaben_] A^2.3 _klein, mithin Geistesstimmung — ist erhaben_ A^1 || 251{6.7} _zwar — nur durch_] A^2.3 _zwar nur bestimmte — sei, durch_ A^1 || 252{24} _Idee_] Windelband _Ideen_ A || 252{33} _vermischt) und_] A _vermischt) ist und_ Erdmann? || 253{10} _der_] A^1 Druckfehlerverz. _die_ A || 253{22} _diese_] A _die_ Erdmann? || 253{32.33} _ist — Zweck-]mäßiges_ A^2.3 _ist etwas, was zwar — zweckmäßig ist,_ A^1 || 253{28} _Zusammensetzung_] A _Zusammenfassung_ Erdmann? || 254{7} _Zusammensetzen_] A _Zusammenfassen_ Erdmann || 254{26} _sich dasselbe_] A^2.3 _es sich_ A^1 || 254{35} _Das — Unendliche_] A^2.3 _Das Unendliche_ A^1|| 255{1} _Noumenons_] A^2.3 _Noumens_ A^1 || 255{21} _gegebenen_ fehlt A^1 || 255{23} _die_] Zusatz Windelband || 255{25} _dieses — Vermögens_] A^2.3 _dieses Vermögens, welches im Fortschreiten unbegrenzt ist_ A^1 || 255{35.36} _welches_] A^2.3 _das_ A^1 || 256{6} _sie_] A^1 _sich_ A^2.3 || 256{7} _erhabenen_] Vorländer _Erhabenen_ A || 256{18} _wenn — sich_] _wenn es sich_ A^1 _wenn, indem es sich_ A^2.3 || 256{22} _ihren_] A^2.3 _ihrer_ A^1 || _findet_] A^2.3 _befindet_ A^1 || 256{31} _die unermeßliche_] A^3 _der unermeßlichen_ A^1.2 || 256{33} _lassen_] _läßt_ Hartenstein || 257{4} _eine ihnen_] _ihnen eine_ Erdmann || 257{14} _unveränderliches_] A^2.3 _veränderliches_ A^1 || 257{17} _in — Ganzes_] A^2.3 _in einem Ganzen_ A^1 Hartenstein || 257{29} _zu — durch_] A^2.3 _für die durch_ A^1 || 257{31} _mit_] A^2.3 _zu_ A^1 || 258{9} _der Vernunft_] Erdmann _des Verstandes_ A || _unangemessen_] A^2.3 _angemessen_ A^3 || 258{20} _die_ fehlt A^1 || 258{27} _hier_] fehlt A^1 || 258{29} _oder_] fehlt A^1 || 259{3} _einer] einer jeden_ Erdmann || 259{4} _wodurch_] A^2.3 _dadurch_ A^1 || 259{9} _aber zur_] Erdmann _aber, als zur_ A || 259{13} _sie_] A _es_ Vorländer || 259{19} _ward_] A^2.3 _wurde_ A^1 Druckfehlerverz. || 259{22} _als gegeben_] Windelband _als bloß gegeben_ A^2.3 _als ganz gegeben_ A^1 Erdmann || 259{23.24} _weil — gar_] A^2.3 _weil auf — Maaß, da gar_ A^1 || 259{30} _Äußerste_] A^1.2 _äußere_ A^3 || 260{2} _Einbildungskraft — als_] A^1.2 _Einbildungskraft für — Erweckung doch als_ A^3 || 260{3} _wird aber_] A^2.3 _aber wird_ A^1 || 260{22} _dem_] A^1.2 _welchem_ A^3 || 261{2} _ihn_] A^1.2 _Ihn_ A^3 || 261{3} _Wer_ A^2.3] _Der_ A^1 || 261{5} _Jener_] A^2.3 _Er_ A^1 || 261{6} _Scheu_] A^2.3 _diesen Scheu_ A^1 || 261{33} _physische_ fehlt A^1 || 262{1} _wobei_] A^2.3 _dabei_ A^1 || 262{8} _solche_ fehlt A^1 || _anzusehen_] Erdmann _ansehen_ A || 262{21} _bleibt_] A^2.3 _ist_ A^1 || 263{7} _Handelsgeist_] A^3 _Handlungsgeist_ A^1.2 || 263{15} _über_ fehlt A^1 || 263{30.31} _befindet — in der_] A^2.3 _ist in gar keiner_ A^1 || 263{32} _ganz freies_] A^2.3 _zwangfreies_ A^1 || 263{34} _der_] A^2.3 _seiner_ A^1 || 263{35.36} _eine erkennt_] A^2.3 _einer seinem Willen gemäßen Erhabenheit der Gesinnung an ihm selbst bewußt ist_ A^1 || 264{8} _dem übermächtigen_] A^2.3 _das übermächtige_ A^1 || 264{23} _dieselbe_] A^2.3 _sie_ A^1 || 265{3} _den_] A^2.3 _dem_ A^1 || 265{3.4} _unter — derselben_] A^2.3 _unter dieser ihrer Voraussetzung_ A^1 || 265{5} _letztern_] A^2.3 _letztere_ A^1 || 265{30} _zu dem_] A^2.3 _den_ A^1 || 266{7} _im Menschen_ fehlt A^1 || 266{7.8} _auch diesem_] A^2.3 _dem_ A^1 || 266{11} _die_] _dieselbe_ Erdmann || 266{14} _würden_] A^2.3 _würde_ A^1 || 266{17} _hinüberzuziehen_] A^2.3 _herüberzuziehen_ A^1 || 266{35} _worin_] A^2.3 _darin_ A^1 || 267{9} _die_ fehlt A^1 || 267{33} _dieselbe — Zwecke_] A^2.3 _die Zwecke_ A^1 || 268{9} _dieser_] Windelband _diesen_ A || 269{3.4} _durch ein Werkzeug_] A^3 _einem Werkzeuge_ A^1.2 || 269{10} _welche_] A^2.3 _so sie_ A^1 || 269{30} _sich_] Zus. Windelband _die Natur_ Erdmann || 269{31} _doch_] A^1.2 _nur_ A^3 || 269{34} _doch_] A^1.2 _dennoch_ A^3 || 270{18} _als_] A^3 fehlt A^1.2 || 270{21} _macht: denn_] A^2.3 _macht, vorstellen, denn_ A^1 || 271{6} _versetzen_] _versetzten_ Vorländer || 271{34} _=gewisse=_] A^2.3 _die_ A^1 || 271{35} _moralische_] Hartenstein _menschliche_ A || 272{6.7} _macht — bestimmen_] A^2.3 _macht sich nach freier Überlegung durch Grundsätze zu bestimmen_ A^1 || 274{7} _in dem_] Erdmann _indem_ A || 274{25} _Epoche_] A^1.2 _Periode_ A^3 || 275{8} _Sinnlichkeit_] A^2.3 _Sittlichkeit_ A^1 || 275{24} _wovon_] A^2.3 _davon_ A^1 || 275{25} _uns selbst, was_] Erdmann _uns, selbst was_ A || 275{30} _sondern auch_] A^3 _und_ A^1.2 || 275{34} _genug sein_] A^3 _genug zu sein_ A^1.2 || 276{14} _selbst unter_] _selbst und unter_ Erdmann? || 276{24} _=Saussure=_] A^2.3 v. _=Saussure=_ A^1 || 277{2} _physiologische_] A^2.3 _psychologische_ A^1 || 277{30} _sogar_] A^2.3 _so gar_ A^1 || _immer_] A^2.3 _alles_ A^1 || 278{31–33} _herbeizuschaffen — Denn_] A^2.3 _herbeizuschaffen, so ist doch eine transscendentale Erörterung dieses Vermögens zur Kritik des Geschmacks wesentlich gehörig; denn_ A^1 || 278{33} _derselbe_] A^2.3 _dieser_ A^1 || 278{35} _Verwerfungsaussprüche_] A^2.3 _Verwerfungsurtheile_ A^1 || 278{36}—279{1} _Das Übrige — Urtheile_] A^2.3 _Drittes Buch. Deduction der ästhetischen Urtheile_ A^1, cf. Kant's _Briefwechsel_ II 136, 152 _und_ A^1 Druckfehlerverz. || 279{10} _muß_] A^2.3 _mußte_ A^1 || 279{18} _Gemüth — zeigt_] A^2.3 _Gemüth gemäß ist_ A^1 || 279{24} _hingelangt_] A^2.3 _hinlangt_ A^1 || 280{4.5} das erste _werden — Veranlassung_] A^2.3 _werde, welcher sich bewußt zu werden, die Auffassung — Gegenstandes, die bloße Veranlassung giebt_ A^1 || 280{15} _enthält_] A^2.3 _ist_ A^1 || 280{16.17} _der Urtheile über_] _derer über_ A^1 || 280{25} _indeß_] A^2.3 _indessen daß_ A^1 || 280{36} _haben_] A^2.3 _ist_ A^1 || 281{5} _könne_ fehlt A^1 || 281{6} _hat_] A^1 _habe_ A^2.3 || 281{7.8} auch — für_ A^2.3 _auch ein Wohlgefallen für_ A^1 || 281{7} _dürfe_] A^1.2 _dürfte_ A^3 || 281{16.17} _=erstlich= — die_] A^2.3 _=erstlich= der — einer logischen — sondern der_ A^1 || 281{22} worin_] A^2.3 _darin_ A^1 || 282{13} _unter — anderer_] A^2.3 _unter anderer ihren Urtheilen_ A^1 || 282{15–7} _belehren — aussprechen_] A^2.3 _belehren, mithin nicht — gefällt, folglich_ a priori _ausgesprochen werden_ A^1 || 282{16.17} _aussprechen_] nach A^1 _absprechen_ A^2.3 || 282{20} _Erkenntniß_] _Erkenntniß_- (sc. _Urtheile_) Erdmann || 282{22} _Publicums, noch_] A^2.3 _Publicums, nicht durch das_ A^1 || 282{31} _bloß_] fehlt A^1 || 283{5.6} _hervorzubringen_] A^2.3 _hervorzubringen, darthue_ A^1 || 283{11} _vorgegangen_] _vorangegangen_ v. Kirchmann || 283{19} _haben mag_] fehlt A^1 || 283{23} _einen_] A^2.3 _einem_ A^1 || 283{28} _ablernen_] A^2.3 _abzulernen_ A^1 || 284{7} _stellen_] A^2.3 _anstellen_ A^1 || 284{15} _die — Schönheit_] A^2.3 _die der Schönheits-Beurtheilung_ A^1 || _abgebe; daß_] A^2.3 _abgebe und daß_ A^1 || 284{16} _mögen_ fehlt A^1 || 284{16.17} _haben — hinreichender_] A^2.3 _haben einen hinreichenden_ A^1 || 284{18} _mithin logischen_ fehlt A^1 || 284{30} _auch_] A^2.3 _wenigstens_ A^1 || 284{32} _ich stopfe_] A^2.3 _so stopfe ich_ A^1 || 284{32.33} _keine — Vernünfteln_] A^2.3 _nach keinen Gründen und Vernünfteln_ A^1 || 284{34} _seien_] Hartenstein _seyn_ A || 285{7} _auch_] A^2.3 _und_ A^1 || 285{9} _meinem_] fehlt A^1 || 285{17} _macht_] A^2.3 _machte_ A^1 || 286{5} _den_] A^2.3 _um den_ A^1 || 286{7} _sondern_] A^2.3 _sondern um_ A^1 || 287{3} _desselben (das_] A^2.3 _derselben (zum_ A^1 || 287{7.8} _wodurch_] A^2.3 _dadurch_ A^1 || 287{10 u. 11.12} _Zusammensetzung_] _Zusammenfassung_ Erdmann || 287{11} _des Verstandes_] A^2.3 _den Verstand_ A^1 || 287{14} () fehlt A^1 || 287{15} _Bedingung, daß_] Windelband _Bedingungen daß_ A _Bedingungen, wodurch_ Erdmann || 287{22} _der Erkenntnißvermögen_], Erdmann _des Erkenntnißvermögens_ A || 288{19} _damit — werde_] A^2.3 _um zu begreifen_ A^1 || 288{25} _wo — sich_] A^2.3 _ihr_ A^1 || 290{6.7} _eingeschränkt_] A^1 _eingerichtet_ A^2.3 || 290{7} _auf_] A^1.3 fehlt A^2 || 290{22.23} _haben. — unvermeidliche_] A^2.3 _haben, welches letztere zwar unvermeidliche_ A^1 || 291{3–5} _kann — benommen_] A^2.3 _kann, dadurch aber doch — benommen wird_ A^1 || 291{14} _als_] A^2.3 _auch als_ A^1 || 291{16} _ein_ fehlt A^1 || 291{16.17} _Natur — für_] A^1.2 _Natur, der ihrem — anhinge, angesehen werden mußte, für_] A^3 || 291{19} _Wirklichkeit_] _Wirksamkeit_ Hartenstein? || 291{20} _offen_] A^2.3 _blos_ A^1 || 291{24} _Sinnesempfindung_] Windelband cf. 291{27} _Sinnenempfindung_ A umgekehrt Erdmann || 291{33} _bei der_] A^2.3 _durch die_ A^1 || 292{14–18} _hat. — berechtigt_] A^2.3 _hat, worauf aber, daß andere — ich nicht — berechtigt bin_ A^1 || 292{29} _vermittelst — Verfahrens_] A^2.3 _durch ein Verfahren_ A^1 || 292{34} _den_] A^2.3 _seinen_ A^1 || 292{35} _genöthigt_ fehlt A^1 || 293{4} das zweite _nicht_ fehlt A^1 || 293{25} _zwar_ fehlt A^1 || 293{26} _hierin_] A^2.3 _in diesem_ A^1 || 294{1} _anderer_] A^2.3 _anderer ihre_ A^1 || 294{5} _dem_] A^2.3 _unserm_ A^1 || 294{17 u. 18} _denken_] A^2.3 _zu denken_ A^1 || 294{22} _und — ist_] A^2.3 _unter welchen das größte ist_ A^1 || _sich — Regeln_] A^3 _sich die Naturregeln_ A^2 _die Natur sich Regeln_ A^1 _sich die Natur den Regeln_ Erdmann || 294{23} _sein_] A^1 _ihr_ A^2.3 || 295{11} _wegsetzt_] Windelband _wegsetzen_ A _wegsetzen kann_ Erdmann || 295{18} _die — Verstandes_] A^2.3 _die des Verstandes_ A^1 || 295{22} _daß_ fehlt A^1 || 295{32} _wiederum_ fehlt A^1 || 296{3} _versetzt_] A^2.3 _setzt_ A^1 || 296{18.19} _daß — verbunden_] A^2.3 _daß ein solches, nachdem — worden, damit nicht verbunden_ A^1 || 296{28} _als_] _als die_ Erdmann || 296{34} _dem_] A^2.3 _den_ A^1 || 298{1} _es_] A^2.3 _so_ A^1 || 298{10–12} _könne — Ursache_] A^2.3 _könne, welcher, ob er nicht — könne, wir — Ursache haben_ A^1 || 298{14} _Vom_] A^1.2 _Von dem_ A^3 || 298{16} _diese_] A^2.3 _sie_ A^1 || 298{21} _öfter_] A^2 _öfters_ A^1 _oft_ A^3 || 298{33} _aber_ fehlt A^1 || 298{34} _haben_] _zu haben_ Erdmann || 298{35} _und daß_ fehlt A^1 || 299{6} _zur_] A^1.2 _zu_ A^3 Vorländer || 299{15} _ihm_ fehlt A^1 || 299{22} _was_] A^1.2 _welches_ A^3 || 299{28} _was_] A^1.2 _das_ A^3 || 299{29.30} _nur — verbundenes_] A^2.3 _nur mit — verbunden_ A^1 || 299{33.34} _allein — erwecken_] A^2.3 _an jener allein — Interesse zu nehmen_ A^1 || 299{36} _um_ fehlt A^1 || 300{34} _welcher_ A^2.3 _so_ A^1 || 301{12} _und_] Erdmann _mit_ A || 301{34} _erwecken_] Zus. Erdmann || 302{17} _seiner_] _ihrer_ Erdmann, nicht nöthig || 302{29} _hatte_] A^2.3 _hat_ A^1 || 302{37} _sollen_] A^2.3 _sollten_ A^1 || 303{22} _desselben_] Vorländer _derselben_ A || 303{24} _seiner Ursache vor seiner Wirklichkeit_] Windelband _ihrer — ihrer_ A || 304{6} _Beschäftigung_] A^2.3 _als Beschäftigung_ A^1 || 304{16} _Handwerken_] A^1.2 _Handwerkern_ A^3 || 305{5.6} _man — abgefertigt_] A^2.3 _man uns — abfertigen_ A^1 || 305{10} _der_] _in den_ Erdmann || 305{11} _deshalb_] A^2.3 _um daher_ A^1 || 305{34} _wunderliches_] A^2.3 _wunderlich_ A^1 || 306{21} _als_] _wie_ Erdmann || 306{22} _als_] _wie_ Erdmann || 307{6} _ohne — durchblickt_] fehlt A^1 || 307{26.27} _mithin — lege_] A^2.3 _mithin ohne einen — Grunde zu legen_ A^1 || 308{4} _doch_] _noch_ Rosenkranz? || 308{6} _beschreiben oder_] fehlt A^1 || 308{10} _solchen_ fehlt A^1 || 308{16.17} _und — schöne_] A^2.3 _und dieses auch nur, sofern sie schöne_ A^1 || 308{27} _welcher — etwas_] A^2.3 _der, weil er niemals was_ A^1 || 308{34} _vorgetragen hat_ fehlt A^1 || 309{15} _jener_] A^2.3 _jener ihr_ A^1 || 309{16} _der Erkenntnisse_] A^2.3 _in Erkenntnissen_ A^1 || 309{29} _Formel_] _Form_ Erdmann || 310{26} _wobei_] A^2.3 _bei dem_ A^1 || 311{4} _der_] A^1.2 _zur_ A^3 || 311{21} _für_] _als_ Erdmann || 312{10.11} _als Schädlichkeiten_ fehlt A^1 || 312{13} _die_] A^2.3 _der_ A^1 | 312{16} _aufdränge_] A^1.2 _aufdrängte_ A^3 || 312{31} _welchem_] _welchen_ Erdmann || 313{1} _derselben_] _jener_ Erdmann || 313{10} _bleibt_] A^2.3 _ist_ A^1 || 313{29} _denn das_] A^2.3 _das denn_ A^1 || 314{4} _die_] A^2.3 _den_ A^1 || 314{17} _nach — uns_] A^1.2 _so daß uns nach demselben_ A^3 || 314{18.19} _dieser — dem_] A^2.3 _der von uns aber — anderem und_ A^1 || 315{6} _nämlich_ fehlt A^1 ||315{8} _gemacht_] A^2.3 _gedacht_ A^1 || 315{14} _Jupiters_] A^2.3 _des Jupiters_ A^1 || 316{9} _letztere_] A^3 _letztern_ A^1.2 || 316{11} _anhänglich_] _anhängig_ v. Kirchmann || 316{21} _der_] A^1.2 von A^3 || 316{23} _die_] A^3 _der_ A^1.2 || 316{24} _dessen_] A^2.3 _davon das_ A^1 || 316{27} _ausmacht_] Windelband _ausmachen_ A || 316{28.29} _Einbildungskraft_] A^1.2 _erstere_ A^3 || 316{29} _Verstandes_ || A^1.2 _Verstandes steht_ A^3 || 316{30}—317{1} _Absicht — über_] A^1.2 _Absicht sie hingegen frei ist, um noch über_ A^3|| 317{2} _doch_] A^2.3 _noch_ A^1 || 317{11} _Das letztere_] A^2.3 _Des letztern_ A^1 || 317{14} _das_] A^1.2 _dies_ A^3 || 317{19} _der Regeln_ fehlt A^1 || 318{11.12} _verloren gehen_] A^2.3 _wegfallen_ A^1 || 318{20} _diese_] A^2.3 _die_ A^1 || 318{29} _welchen_] A^2.3 _dergleichen_ A^1 || 319{9} _welcher_ fehlt A^1 || 319{21} _schöne_] _schöner_ Erdmann || 319{22.23} _Reich — Angemessenheit_] A^1.2 _Zum Behuf der Schönheit bedarf es nicht so nothwendig, reich — zu sein, als vielmehr der Angemessenheit_ A^3 || 319{26} _hingegen_] A^3 _aber_ A^1.2 || 319{31} _es_] A^2.3 _er_ A^1 || 320{26} _übergetragen_] A^2.3 _übertragen_ A^1 || 321{4} _und_ fehlt A^1.2 || 321{6} _nicht — Begriffen_] A^1.2 _den gemeinen Begriffen nicht so angemessen_ A^3 || 321{7} _REDENDEN_] _redenden_ A || 321{12} _Zuhörer_] A^1 _Zuschauer_ A^2.3 || 321{17} _können_ fehlt A^1.2 || 321{23} _als_] Erdmann _sondern_ A || 321{34.35} _mithin — verspricht._ fehlt A^1 || 322{4.5} _dem — letzteren_] _für das Gesicht — für das letztere_ Erdmann || 322{11} _was_] Windelband _wenn_ A^1 _das erstere_ scil. _Urbild_ || 322{25} das zweite _von_] A^1.2 _zu_ A^3 || 322{28} _alle_] Erdmann _alles_ A || 322{30} _gezählt_] A^1.3 _gewählt_ A^2 || 322{31} _dagegen_] A^1.2 _wogegen_ A^3 || 323{6} _von — Gebrauch_] A^2.3 _einer Benutzung und Gebrauchs_ A^1 || 323{13.14} _der — kann_] A^3 _und der Sinn des Gefühls kann_ A^1 _der Sinn des Gefühls aber kann_ A^2 || 323{22} _ist, um_] A^2.3 _ist, und um_ A^1 || 323{35} _von der_] A^3 _die_ A^1.2 || 323{37} _Analogie_] A^1 _Anlage_ A^2.3 || 324{1.2} _erfordern — über_] A^2.3 _erfordern, so ist doch das Geschmacksurtheil über_ A^1 || 324{15} _lassen_)] Frey, dies Klammerzeichen in A nach _werden_ Z. 14. || 324{18} _der — Empfindungen_] A^2.3 _mit dem Tone der Empfindung_ A^1 || 324{29} _Empfindungen_] _Empfindung_ Erdmann || 324{30} _sei_] A^2 _seyn_ A^1 _seien_ A^3 || 324{31} _führe_] A^2 _führen_ A^1.3 || 324{33.34} u. 324{37} _dieselben_] Erdmann, _dieselbe_ A || 325{6} _zieht — =zweitens=_] A^2.3 _=zweitens=, zieht man_] A^1 || 325{8} _zu Rath_ fehlt A^1 || 325{11} _imgleichen_] A^1.2 _ferner_ A^3 || 325{17–19} _man — erklärte_] A^2.3 _sie — erklärten_ A^1 || 325{18} _=schöne=_] _schöne_ A || 325{28} _=Oper=_] A^2.3 _=Opera=_ A^1 || 326{6.7} _nach und nach_ fehlt A^1 || 327{8} _dessen_] A^2.3 _seinem_ A^1 || 327{11} _oder_] A^2.3 _und_ A^1 || 327{16} _irgend jemandes_] A^2.3 _seinem_ A^1 || 327{17–19} _lassen. — verwerflich_] A^2.3 _lassen, welche, wenn — doch dadurch verwerflich wird_ A^1 || 327{21.22} das zweite _es — ist_] A^2.3 _dieses auch aus dem Grunde, weil es allein Recht ist_ A^1 || 327{26.27} _die — ausmachen_] A^1.2 _welches — ausmacht_ A^3 || 327{27} _an_] A^2.3 _für_ A^1 || 328{1} _=um=_] A^2.3 _=um den=_ A^1 || 328{17} _denn_] _dann_ Rosenkranz || 328{21.22} _ausübt_] A^3 _ausübe_ A^1.2 || 328{23} _mittheilt_] A^3 _mittheile_ A^1.2 || 328{34} _deren_] A^2.3 _ihrem_ A^1 || 329{2} _Zusammensetzung_] _Zusammenfassung_ Erdmann || 329{3} _dient_] A^3 _diene_ A^1.2 || 329{35} _sie_] Windelband _sich_ A || 330{8–18} _Außerdem — gekommen ist_ fehlt wie die Anmerkung 330{31–35} A^1 || 330{24} § 54 fehlt A || 330{34} _auflegen_] A^2 _auflegten_ A^3 || 330{35} _nöthigen_] A^2 _nöthigten_ A^3 || 331{17.18} _Aussicht — mögliches_] A^2.3 _Aussicht eines, aus — sei, auf ein mögliches_ A^1 || 331{25} _ins_] A^1.2 _in_ A^3 || 331{28} _das — an_] A^2.3 _das an_ A^1 || 332{1} _ihre Rolle_ fehlt A^1 || 332{6} _Hingegen_] A^2.3 _Aber_ A^1 || 332{8.9} _und dennoch_ fehlt A^1 || 332{12} _jenem_] A^2.3 _jener ihrem_ A^1 || 332{19} _machen_] _macht_ Erdmann || 332{30} _Schwingung_] A^2.3 _Schwingungen_ A^1 || 333{3} _ist_ (_denn_)] A^2.3 _ist, wie etwa bei einem, der von einem großen Handlungsgewinn Nachricht bekommt_ (_denn_] A^1 || 333{5} _Gleichgewicht_] A^2.3 _Spiel_ A^1 || 333{7} _ein_] A^2.3 _als ein_ A^1 || 333{9} _sah, mit_] A^2.3 _sah und mit_ A^1 || 333{10} _anzeigte und auf_] A^2.3 _anzeigte, auf_ A^1 || 333{18} _will, aber_] A^2.3 _will und_ A^1 || 333{22} _positive_ fehlt A^1 || 333{23} _oft_] A^2.3 _öfters_ A || 333{36} _lang_] A^2.3 _durch_ A^1 || 334{4} _Aufmerksamkeit_] A^2.3 _Mühe_ A^1 || 334{14} _Bewegung_ fehlt A^1 || 334{23.24} _könne — die Luft_] A^2.3 _könne, welche_ (_gleich — fühlen_) _die Luft_ A^1 || 334{28} _sagte_] _sagt_ Erdmann || 334{32} _sind_] A^2.3 _ist_ A^1 || 334{33} _ist_ fehlt A^1 || 335{3} _welches_] A^2.3 _welche_ A^1 || 335{12} _vorsichtig_] _sorgfältig_ Erdmann? 335{14} _die_] fehlt A^1 || _welcher_] A^2.3 _so sie_ A^1 || 335{23} _eine — Erscheinung_] A^2.3 _nur eine kurze Zeit Erscheinung_ A^1 || 335{27.28} _zugleich — darüber_] A^2.3 _zugleich auch die Verlegenheit dessen, der — hergiebt, darüber_ A^1 || 335{29} _gewitzigt_] A^1.2 _gewitzt_ A^3 || 337{20} _findet_] A^2.3 _vorfindet_ A^1 || 338{36} _ungeachtet_] A^2.3 _unerachtet_ A^1 || 339{21} _was_] A^1.2 _welches_ A^3 || 339{22} _theoretisch_] fehlt A^1 || 339{35} _daher_] fehlt A^1 || 340{4} _was_] A^1.2 _das_ A^3 || 340{6} _als_] fehlt A^1 || 340{10} _beigeben_] A^2.3 _geben_ A^1 || 341{10} _aber_] _oder_ Hartenstein? || 341{27} _mit — welchen_] A^2.3 _als den_ A^1 || 342{2} _einige_] A^2.3 _welche_ A^1 || 342{10} _können_] A^2.3 _und können_ A^1 || 342{24} _wozu_] A^2.3 _dazu_ A^1 || 342{28.29} (_wenn — wird_) fehlt A^1 || 343{8} _werden. Allein_] A^2.3 _werden; aber_ A^1 || 343{11} _im_] A^1 _in_ A^2.3 || 343{13} _welche_] _welches_? Windelband || 343{14} _wenn — ist_] A^2.3 _ist diese aber auch empirisch_ A^1 || 343{23} _von der_] A^2.3 _der_ A^1 || 343{24} _ist dies_ fehlt A^1 || 344{14} _das — Beziehung_] A^2 _das, worauf in Beziehung_ A^1 _das, in Beziehung auf welches_ A^3 || 345{21} _bestimmen_] A^2.3 _sollen bestimmen_ A^1 || 345{31} _so daß_] Windelband _daß_ A _und zu behaupten, daß _Hartenstein_ d. i. zu behaupten, daß_ Erdmann || 346{1} _seien_] _sind_ Rosenkranz || 347{3} _ungeachtet_] A^2.3 _unerachtet_ A^1 || 347{19} _im zweiten Falle_ fehlt A^1 || 347{32.33} _der — Schalthieren_] A^2.3 _von Farben (am Fasan, Schalthieren_ A^1 || 348{10} _ihnen_] A^2.3 _ihr_ A^1 || 348{15} _dem_] A^2.3 _im_ A^1 || 348{33} _Wärmestoff_] A^2.3 _Wärmstoff_ A^1 || 349{10} _eigenes — Luftberührung_] A^2.3 _eigen Gewicht oder Luftberührung_ A^1 || 349{14} _nunmehriges ruhiges_] Erdmann _nunmehrigen ruhigen_ A || 349{30} _scheiden_] Hartenstein _scheidet_ A || 350{19.20} _Gunst — erzeigt_] A^2.3 _eine solche, die — erzeugt_ A^1 || 350{26} _würde_] Erdmann _wurde_ A || 351{26} _und_] A^2.3 _aber_ A^1 || 351{29} _ist_] Erdmann fehlt A || 352{1} +exhibitiones+] A^2.3 +exhibitio+ A^1 || 352{22} _den Regeln_] Erdmann _der Regel_ A || 353{5} _an sich sei_] Windelband _an sich_ A _an sich ist_ Erdmann 353{5} _der_] fehlt A^_1_ || 353{16} _Beistimmung_] A^2.3 _Bestimmung_ A^1 || 354{3} _was_] A^1.2 _welches_ A^3 || 354{4} _was_] A^2.3 _welches_ A^3 || 354{30} _finden_] A^2.3 _zu finden_ A^1 || 355{9} _worunter_] A^2.3 _darunter_ A^1 || 355{31} _Geselligkeit_] A^1 _Glückseligkeit_ A^2.3 || 355{36} _einem_] A^1.2 _dem_ A^3 || 356{3} _des_] Windelband _der_ A || 356{16} _wovon — der_] A^2.3 _davon auch und der_ A^1 || 356{19} _eines Jeden_] A^2.3 _jedes sein_ A^1 || 356{22.23} _sei — eine_] A^2.3 _sei; mit welchem in Einstimmung die Sinnlichkeit gebracht, der ächte Geschmack allein eine_ A^1 || 359{6} _ein_] A^2.3 _einem_ A^1 || 359{9} _solche — Formen_] Erdmann _eine solche — Form_ A || 360{25} _der_] A^1.2 _zu der_ A^3 || 360{31} _befindlich_] A^2.3 _belegen_ A^1 || 360{35} _wogegen_] A^2.3 _dagegen_ A^1 || 361{3} _ein_ fehlt A^1 || 361{8} _Begriff_] A^2.3 _der_ A^1 || 363{14} _ahnen_] A^2.3 _ahnden_ A^1 || 363{33} _so_] A^2.3 _was so_ A^1 || 363{34} _gleichwohl aber_] A^2.3 _was gleichwohl_ A^1 || 364{19.20} _meiner — Umgränzung_] A^2.3 _meiner beliebigen Umgränzung_ A^1 || 365{9} _empirisch_] fehlt A^1 || 365{21} _welcher_] A^2.3 _welche_ A^1 || 365{25} _dem_] Erdmann _den_ A || 365{31} _ahnen_] A^2.3 _ahnden_] A^1 || 365{32–36} _mag. — ein_] A^2.3 _mag, welchen zu kennen — nöthig haben, wenn — thun ist, wohin aber auch nur — müssen für — einflößt._ A^1 || 366{1.2} _wegen — Erkenntnißgebrauch_] A^2.3 _um — Erkenntnißgebrauch willen_ A^1 || 366{8} _machte_] A^1 _macht_ A^2.3 || 366{12} _Die_] A^1.2 _Diese_ A^3 || 366{21} _desselben_] A^2.3 _derselben_ A^1 || 366{31–35} _Weil — werden_] A^2.3 _Daher, weil — kann, alle daselbst — werden muß_ A^1 || 367{9} _indeß_] A^2.3 _indessen daß_ A^1 || 367{16} _gewinnt_] A^2.3 _nimmt_ A^1 || 367{25} _Zwecke_] A^1 _Mittel_ A^2.3 || 368{9} _seiner_] _einer_ Hartenstein || 368{21} _den Esel und_] fehlt A^1 || 368{22} _zuträglich_] A^1 _zuträglicher_ A^2.3 || 369{9} _Völker_] fehlt A^1 || 369{15} _der Jakute_] A^2.3 _oder J._ A^1 || 369{20} _alle die_] _alle diese_ Erdmann || 369{26} _ohne das_] A^2.3 _ohnedem_ A^1 || 369{33} _d. h._] A^2.3 _d. i._ A^1 _d. i. um_ Erdmann || 370{9} _gleichwohl_] Erdmann _gleichwohl aber_ A || 370{17} _ein — Sechseck_] A^2.3 _vom regulären Sechsecke_ A^1 || 370{37} (_obgleich — Sinne_)] fehlt A^1 || 371{15} _dieses_] A^2.3 _dieser_ A^1 || _es_] A^2.3 er A^1 || 371{18} _er_] A _es_ Erdmann || 371{19} _ihm_] Erdmann _ihr_ A || 371{26} _daß — unendlich_] A^2.3 _von der alle Kunst unendlich_ A^1 || 371{27} _erhält_] fehlt A^1 || 371{34} _das_] A^2.3 _der_ A^1 || 372{3} _ihrer_] A^2.3 _dieser ihrer_ A^1 || 372{10} _ungeachtet_] A^2.3 _unerachtet_ A^1 || 373{1} _Ursachen_] _Ursache_ Rosenkranz || 373{32} _Princip sein_] Windelband _Princip_ A _Princip ist_ Erdmann || 374{10} _ein Rad_] fehlt A^1 || _des_] A^2.3 _der_ A^1 || 374{15} _auch nicht ein_] A^1 _auch so wenig wie ein_ A^2.3 || 374{22} _es_] A^3 _sie_ A^2 _sie_ fehlt A^1 || 374{23} _es_] A^3 _sie_ A^1.2 || 375{11} _wie sie diejenigen_] A^2.3 _dergleichen_ A^1 || 375{23} _derselben_] A^2.3 _desselben_ A^1 || _sondern_] A^2.3 _als_ A^1 || 376{32} _von_] fehlt A^1 || 376{33} _Verlassung_] A^2.3 _Veranlassung_ A^1 || 377{5} _daß_] A^2.3 _dessen_ A^1 || 377{10–13} _Denn, wenn — da_] A^2.3 _weil wenn — beziehen, wir sie auch — beurtheilen müssen und kein — da ist_ A^1 || 377{19} _Doch muß_] A^2.3 _so muß doch_ A^1 || 377{20} _formt_] fehlt A^1 || 377{25} das zweite _der_] Erdmann _über_ A || 377{32} _Völkern_] A^3 _Völker_ A^1.2 || 379{7} _das_] Hartenstein _daß_ A || 379{27} _seien_] A^2.3 _sind_ A^1 || 380{9} _daß — ohne_] A^2.3 _und daß, ohne_ A^1 || 380{10} _ermüdende_] A^2.3 _die ermüdende_ A^1 || 380{20} _hat_] A^2.3 _haben_ A^1 || _es_] Vorländer _sie_ A || 380{31} _ihrer_] A^2.3 _dieser ihrer_ A^1 || 381{13} _Platz_] A^2.3 _ihren Platz_ A^1 || 381{26} _hereinbringt_] A^1.2 _hineinbringt_ A^3 || 382{6} _nur_] fehlt A^1 || 382{15} _einheimisches_] _einheitliches_ Erdmann? || 384{2} _den Experimenten_] A^2.3 _Experimenten_ A^1 || 385{8} _keinem_] Erdmann _einem_ A || 386{6.7} _jede — widerstreitenden_] A^2.3 _jede zweier einander widerstreitender_ A^1 || 386{18} _der =allgemeinen=_ A^3 _den =allgemeinen=_ A^1.2 || 386{31} _eine_] A^2.3 _die eine_ A^1 || 387{1} _hervorthut_] A^2.3 _hervorfindet_ A^1 || 387{20} _doch_] A^2.3 _aber_ A^1 || 387{22} _von_] _von der_ Vorländer || 387{36} _bei einigen_] A^2.3 _einigen_ A^1 || 388{1} _spüren_] A^2.3 _nachzuspüren_ A^1 || 388{14} _nicht — vereinigen_] A^2.3 _zu vereinigen nicht_ A^1 || 389{10} _auch_] fehlt A^1 || 390{6} _die_] Erdmann _der_ A || 390{18.19} _Fremdling — der_] A^2.3 _Fremdling vom Begriffe in — nämlich der der_ A^1 || 391{11} _sind — etwa_] A^2.3 _sind und nicht etwa_ A^1 || 391{32} _aufhalten_] A^2.3 _verweilen_ A^1 || 394{13} _des_] Erdmann _der_ A || 394{33} _ihrer_] A^2.3 _seiner_ A^1 || 396{5} _müßten_] Kirchmann _mußten_ A || 396{14} _bloß_] A^2.3 _nicht bloß_ A^1 || 396{21} _darnach_] fehlt A^1 || 397{5} _eines — Ganzen_] A^2.3 _ein — hängendes Ganzes_ A^1 || 397{15} _eben sowohl_] A^2.3 _eben so wohl_ A^1 _ebensowohl_ Hartenstein _ebenso wohl_ Erdmann || 398{30} _den — Erzeugung_] A^2.3 _die einer Erzeugung_ A^1 || 399{2} _des_] fehlt A^1 || 399{3} _Wesen_] A^1 _Wesens_ A^2.3 || 399{3–5} _daß — findet_] A^2.3 _und die Teleologie findet — Theologie_ A^1 || 399{8} _nach_] A^2.3 _nach der_ A^1 || 399{18} _von_] A^2.3 _unter_ A^1 || 400{1} _Menschen_] A^2.3 _als Menschen_ A^1 || 400{5} (_eines Gottes_) fehlt A^1 || 400{28} _gar_] A _ganz_ Hartenstein || 401{16} _zwar_] Rosenkranz _zuvor_ A || 401{26} _liege_] A^1.2 _liegt_ A^3 || 401{27} _und auch Schwierigkeit_ fehlt A^1 || 402{3} _gehen_] fehlt A^1 || 402{9} (_außer — Begriffe_)] fehlt A^1 || 402{21.22} _unablaßlichen_] A^2.3 _unnachlaßlichen_ A^1 || 402{36} _seiner_] Windelband _ihrer_ A || 403{9} _Erkenntnisses_] _Erkenntnisses nach_ Erdmann || 403{14} _diese_] A^2.3 _die_ A^1 || 403{26} _der_] A^1.2 _in der_ A^3 || 404{14} _mit nicht_] A^1.2 _nicht mit_ A^3 || 404{15} _Regel_] _Regeln_ Erdmann || 404{17} _vorhabenden_] A^1.2 _vorliegenden_ A^3 || 405{31} _die_] Hartenstein _der_ A || 405{33.34} _Verstandes — absichtlich_] _Verstandes ihrer Möglichkeit nach =von uns= als absichtlich_ A^1 _Verstandes, =von uns= ihrer Möglichkeit nach absichtlich_ A^2.3 || 406{9} _diese_] A^1 _die_ A^2.3 || 406{25} (_negativ — discursiven_) fehlt A^1 || 406{33} _dessen_] fehlt A^1 || 408{6} _ihrer_] Erdmann _seiner_ A || 408{12} _die — mögliche_] Hartenstein _der — möglichen_ A || 410{9} _es ist_ fehlt A^1 || 410{18} _die_] Erdmann _der_ A || 410{33} _Naturerkenntniß_] A^3 _Naturkenntniß_ A^1.2 || 411{8} _darlegen_] Erdmann _darlegt_ A || 411{22} _gar_] A _ganz_ Erdmann || 412{4} _zur_] _der_ Hartenstein || 412{9} _dem_] A^1.2 _das_ A^3 || 412{11.12} _im Übersinnlichen_] A^1.2 _ins Übersinnliche_ A^3 || 412{23} _nach Zwecken_] Zusatz Erdmann _durch Technik_ Schopenhauer-Rosenkranz || 413{2} _ausmache_] A^1 _ausmacht_ A^2.3 || 413{27} _absichtlich_] _eine absichtlich_ Erdmann? || 413{32} _ist_] Zusatz Erdmann. || 414{28} _liegt_] fehlt A^1 || 415{9} _sein_] sc. _müsse_; _seyn_ A _seien_ Rosenkranz _sei_ Erdmann || 416{1} _Anhang_ fehlt A^1 || 418{32} _welches — keine_] A^2.3 _das es ohne dem keine_ A^1 || 419{33} _würde_] A^2.3 _wurde_ A^1 || 419{38} +univoca+] +univoca+ _ist_ Erdmann || 420{4} _welcher_] A^2.3 _der_ A^1 || 420{7} _so — füglich_] A^2.3 _kann nicht füglich_ A^1 || _denn_] _Zusatz_ Vorländer || 420{34} _ein_] A^2.3 _nie_ A^1 || 421{4} _außer_] Hartenstein _aus_ A || 421{17} _Zweckbeziehung_] A^1.2 _Zweckverbindung_ A^3 || 421{26} _die_] Zusatz Erdmann || _intelligenten_] A^2.3 _intelligibelen_ A^1 || 421{28} _finden_] Zusatz Windelband || 421{32} _Princip_] fehlt A^1 || 422{4} _hin_] fehlt A^1 _zu_ Rosenkranz || 422{6} _der_] A^1 _des_ A^2.3 || 423{5} _=Epigenesis=_] A^2.3 _Epigenesis_ A^1 || _Dieses — System_] A^2.3 _dieses kann auch das System_ A^1 || 423{14} _wollten_] A^2.3 _wollen_ A^1 || 423{20} _im_] A^2.3 _ob im_ A^1 || 423{23} _wären_] A^2.3 _sein würden_ A^1 || 423{29} _würden_] A^2.3 _wurden_ A^1 || 423{33.34} _fanden_] Erdmann _finden_ A || 425{16.17} _Begriff_] fehlt A^1 || 425{28} _dient. Dieses_] A^2.3 _dient und diese_ A^1 || 426{7} _denn_] Zusatz Vorländer || 426{8} _deren — zugleich_] A^2.3 _die zugleich_ A^1 || 426{25} _welchen_] A^3 _welches_ A^1.2 || 426{30} _mannigfaltigen_] Windelband _mannigfaltige_ A || 427{6.7} _derselben_] _desselben_ Erdmann || 427{7.8} _um — jener_] A^2.3 _jener ihrer Gefräßigkeit_ A^1 || 427{35} _Erdlager_] _Erdlagen_ Erdmann || 428{1} _auch_] A^2.3 _wie auch_ A^1 || 428{11} _einen_] Zusatz Vorländer || 428{13} _diese_] _die_ Erdmann || 429{11} _ungeachtet_] A^2.3 _unerachtet_ A^1 || 429{13.14} _Verstandes — können_] A^2.3 _Verstandes niemals auslangen können_ (_und nicht — widerspräche)_ A^1 || 429{16} _sich_] A^2.3 _und_ A^1 || 429{28} _vorigen_] _vorigen Paragraphen_ Erdmann || 430{29} _in — noch_] A^2.3 _ihn selbst_ A^1 || 431{9} _genug_] A^2.3 _gnugsam_ A^1 || 432{1} _den =Willen=_ A^2.3 _die =Freiheit=_ A^1 || 432{10} _indeß_] A^2.3 _indessen daß_ A^1 || 432{11} _Vernunft_] _Natur_ Erdmann? || 432{30} _wechselseitig_] A^2.3 _wechselseitigen_ A^1 || 432{33} _geschehen. Zu derselben_] A^2.3 _geschehen, zu welcher_ A^1 || 432{37} _erforderlich — Ermangelung_] A^2.3 _wäre, in Ermangelung dessen_ A^1 || 433{3} _ist_] fehlt A^1 || 433{5} _unvermeidlich_: _der_] A^2.3 _unvermeidlich ist, der_ A^1 || 433{7} _vielleicht_] fehlt A^1 || 433{10} _vorzubereiten — ungeachtet_] A^2.3 _vorzubereiten, unerachtet_ A^1 || 433{23} _und_ fehlt A^1 || 433{27.28} _angehören_] A^1.2 _gehören_ A^3 || 433{29} (_der — Genusses_] A^2 (_denen des Genusses_) A^1 (_den Neigungen des Genusses_ A^3 || 433{32} _durch_] A^2.3 _die_ A^1 || 433{36} _indeß_] A^2.3 _indessen daß_ A^1 || 434{1} _zu unterliegen_] A^3 _unterzuliegen_ A^1.2 || 434{27} _oder_] A^2.3 _aber_ A^1 || 434{27.28} _selbstentworfenen_] Windelband _selbst entworfenen_ A || 434{29.30} _Leben — nach_ A^2.3 _Leben habe, nach dem, was es nach_ A^1 || 434{31} _welches_ fehlt A^1 || 436{1} _ein_] fehlt A^1 || 436{24.25} _der Menschen_] A^2.3 _des Menschen_ A^1 || 436{32} _die_] Erdmann _der_ A || 437{15} _das_] A^2.3 _die_ A^1 || 438{15} _kann_] Hartenstein _können_ A || 438{16} _es_ fehlt A^1 || 438{19.20} _welches viel_] A^2 _das viel_ A^1 _welches viele_ A^3 || 438{33} _suchen. — sehen_] A^2.3 _suchen und bei näherer Prüfung sehen_ A^1 || 439{5.6} _wenn — Götter_] A^2.3 _sie entweder ihre Götter sich als_ A^1 | 439{18} _eines_] A^2.3 _eines einigen_ A^1 || 439{26} _wären — Substanz_] A^2.3 _wären, die zwar_ A^1 || 439{28} _wäre_; — _zwar_] A^2.3 _wäre, welches zwar_ A^1 || 439{31.32} _mußten. — ein_] A^2.3 _mußten, und so den Idealism — einführeten_ A^1 || 440{12} _der_] A^2.3 _seiner_ A^1 || 441{16.17} _ergänzen? — voraussetzen_] A^2.3 _ergänzen, welches wenn — voraussetzen würde_ A^1 || 441{30} _denn_] Zusatz Vorländer || 442{6} _Physikotheologie_] A^1.2 _die Physicotheologie_ A^3 || 442{16} _wie — wie_] A^2.3 _so — so_ A^1 || 442{21} _eine bloße Wüste_ fehlt A^1 || 442{24} _etwa — Jemand_] A^2.3 _nicht etwa damit irgend wer_ A^1 || 442{25.26} _Betrachtung — Welt_] A^2.3 _Weltbetrachtung_ A^1 || 442{36} _er dann_] A^2.3 _er, der Mensch, dann_ A^1 || 443{8} _welcher_ fehlt A^1 || 443{11} _Wille, ist dasjenige_] A^2.3 _Wille, dasjenige_ A^1 || 443{33} _dem_] A^2.3 _von dem_ A^1 || 443{34} _von dem_] A^2.3 _dem_ A^1 || 443{35} _ist_] A^2.3 _sey_ A^1 || 444{5} _nach_] A^2.3 _nach der_ A^1 || 444{20} _es_] Erdmann _er_ A || 444{24.25} _alle — übrigen_] A^2.3 _alle übrige_ A^1 || 444{26} (_denn — Eigenschaften_] fehlt A^1 || 445{6} _Daß_] _Da_ Rosenkranz || 445{21.22} _kann — werden_] A^2.3 _eingesehen werden kann_ A^1 || 446{1} _hätte_] Erdmann _hatte_ A || 446{3} _diesem gemäß_] A^2.3 _darnach_ A^1 || 446{7} _Gemüthsstimmungen_] A^2.3 _Gemüthsbestimmungen_ A^1 || 446{12.13} _sich vorzustellen_] fehlt A^1 || 446{15} _gewinnt_] A^2.3 _gewinne_ A^1 || 446{34} _Ursache_] A^1.3 _Ursachen_ A^2 || 446{36} _in ihren Wirkungen fehlt_ A^1 || 447{1} _diesem_] fehlt A^1 || 447{16} _=Teleologie=_] A^2.3 _=Theologie=_ A^1 || 447{30} _oder — unsere_] A^2.3 _oder uns selbst in Ansehung ihrer als Endzweck, unsere_ A^1 || 447{34} _die_] A^2.3 _der_ A^1 || 448{2} _betrifft_ fehlt A^1 || 448{13} _Zusammenhang ist_] A^2.3 _zusammenhängt_ A^1 || 448{19} _den_] Erdmann _der_ A || 448{28} _gedacht_] A^2.3 _vorgestellt_ A^1 || 449{1} _zwar — Theil_] A^2.3 _zum Theil zwar_ A^1 || 449{18} _verhalte_] A^3 _verhält_ A^1 _verhalten_ A^2 || 450{33}—451{37}] Die Anmerkung fehlt A^1 || 451{2} _erstern_] A^3 _letztern_ A^1.2 || 451{3} _letztern_] A^3 _ersteren_ A^1.2 || 451{4} _letztern_] A^3 _ersteren_ A^1.2 || 451{7} _des höchsten Weltbesten_] Erdmann _das höchste Weltbeste_ A || 451{10} _ohne — die_] A^2.3 _unangesehen aller Zwecke_ (_als der_ A^1 || 452{2} _erfüllte_. _Umgekehrt_] A^2.3 _erfüllte_; _und umgekehrt_ A^1 || 452{8} _wie — Spinoza_] fehlt A^1 || 452{9} _fest_] A^2.3 _festiglich_ A^1 || 452{19} _Zusammenstimmung_] A^2.3 _Zusammenstimmung der Natur_ A^1 || 453{12.13} _Objects — und welches_] A^2.3 _Objects, welches — kann, an die Hand, das durch_ A^1 || 453{19} _denselben_] A^3 _demselben_ A^1.2 || 453{24} _indeß_] A^2.3 _indessen daß_ A^1 || 454{26} _muß_] A^3 _mußte_ A^1.2 || 455{7.8} _Ausführbarkeit_] (_Ausführbarkeit_) Erdmann || 455{21} _müsse_] A^3 _mußte_ A^1.2 || 455{28} _müsse_] A^3 _mußte_ A^1.2 || 455{29.30} _sei — mithin_] A^2.3 _sei, mithin wir_ A^1 || 456{18} _moralischen_] _moralischen Endzwecks_ Erdmann || 456{22} _bereits_] Hartenstein _bereit_ A || 456{27} _dieselbe_] Erdmann _dasselbe_ A || 456{29} _bestimmende_] A^2.3 _bestimmte_ A^1 || 456{36} _beabsichtete_] _beabsichtigte_ Erdmann || 457{6} _zu dieser_] Erdmann _dieser_ A || 457{13} _Anziehung_] fehlt A^1 || 457{36} _indeß_] A^2.3 _indessen daß_ A^1 || 458{27} _Weise_] A^2.3 _Art_ A^1 || 458{32} _innere_ fehlt A^1 || 459{35} _=Idol=_] A^2.3 _=Ideal=_ A^1 || 460{17} _werden_] Zusatz Windelband || 460{18} _auf_] A^2.3 _auch auf_ A^1 || _Vorschrift_] A^1.3 _Vorsicht_ A^2 || 460{22} _über_] A^1 _für_ A^2.3 || 460{27} _keine_] Hartenstein _keines_ A || 460{33} _praktischer nothwendiger_] _praktisch-nothwendiger_ Vorländer || 460{35} _erforderlichen_] A^2.3 _erforderlicher_ A^1 || 461{12} _teleologischen_] Rosenkranz _moralischen_ A || 461{19} _nicht — ein_] A^2.3 _nicht ein bloß_ A^1 || 462{5} _einer_ fehlt A^1 || 462{23} _müßte_] A^2.3 _mußte_ A^1 || 463{11} _er — dahin_] A^2.3 _er auf dem Wege dazu_ A^1 || 463{13.14} _Urtheils_] A^2.3 _Urtheilens_ A^1 || 463{23} _Satz — der_] A^2.3 _Satz, die Existenz_ A^1 || 464{11} _ungeachtet_] A^2.3 _unerachtet_ A^1 || 464{12–14} _sich — Statt_] A^2.3 _sich_ (_d. i. — betrachtet_), _welche den Grund — enthalten, statt_ A^1 || 464{17} _Analogon_] A^1.3 _Anlagen_ A^2 || 464{30} _mit dem_] _mit_ Erdmann || 464{39} (_dergleichen — Verstand_) _ist, kann_] A^2.3 (_dergleichen ist die durch Verstand_) _kann_ A^1 || 465{23} _nicht_] fehlt A^3 || 466{33} _also_] A^3 _aber_ A^1.2 || 467{7} _unsern_] A^2.3 _unserm_ A^1 || 467{19.20} _Hirngespinsten_] Erdmann _Hirngespinstern_ A^2 _Hirngespenstern_ A^2.3 cf. 411{26}, 472{25} || 467{35} _wirkliche_ fehlt A^1 || 468{16} (—) _Thatsachen_] A^2.3 _Thatsachen_ (—) A^1 || 468{22} _an sich_] A^1.2 _sich_ an A^2 || 469{8.9} _kann — durch_] A^2.3 _kann, aber doch durch_ A^1 || 469{10–13} _Wirkung — =Glaubenssachen=_] A^2.3 _Wirkung ist, zusammt — Unsterblichkeit, =Glaubenssachen=_ A^1 || 469{20} _und Geographie_ fehlt A^1 || 469{35–36} _sich nicht_ (_gleich — gründen_) Windelband _Glaubenssachen fürwahrhalten_ (_gleich — nicht gründen_) A^1 _sich (gleich — nicht gründen)_ A^2.3 || 470{9.10} _oder die — Selbstliebe_ fehlt A^1 || 470{13} _zugleich_ fehlt A^3 || 471{7.8} _wegen — demselben_] A^2.3 _um der — demselben willen_ A^1 || 471{16} _obliegen_] _obliegt_ Erdmann || 471{17} _von_] Zusatz Erdmann || 471{20} _Pflicht_] A^1.3 _Absicht_ A^2 || 471{26} das erste _und_] fehlt A^1 || 471{34–36} _aber — Grunde_] fehlt A^1 || 472{1} _aber_] A^1.2 _jedoch_ A^3 || 472{9} _dessen_ fehlt A^1 || 472{31} _seiner_] A^3 _ihrer_ A^1.2 || 473{22} _konnte_] A^2.3 _könnte_ A^1 || 473{31} _ihrer_] A^2.3 _dieser ihrer_ A^1 || 474{11} _ist. Daß_] A^2.3 _ist und daß_ A^1 || 474{15} _der_] A^2.3 || _den_ A^1 || 474{18} _deren_] A^2.3 _die_ A^1 || 474{28} _desselben_] A^2.3 _desjenigen_ A^1 || 475{3} _praktische_] A^1 _praktisch_ A^2.3 || 475{5} _der — letzteren_] A^2.3 _dieser ihr ganzer Besitz_ A^1 || 475{9} _sie_] A^1.3 _sich_ A^3 || 475{31} _den_] A^2.3 _den bloßen_ A^1 || 476{5} _mir_] A^1 _wir_ A^2 _uns_ A^3 || 476{10} _müsse_] A^2.3 _muß_ A^1 || 476{11} _lasse_] A^2.3 _läßt_ A^1 || 476{23} _den_] A^3 _der_ A^1.2 || 476{31} _nun_] A^2.3 _uns_ A^1 || 477{19–21} _voraus. In — Genüge_] A^2.3 _voraus_; _in — dessen (—) die Zwecke — Genüge thun_ A^1 || 477{24} _sein_] A^1 _ein_ A^2.3 || 477{27} _Benützung_] Hartenstein _Bemühung_ A || 477{30} _ihn_ fehlt A^1 || 477{32} _in den_] A^2.3 _im_ A^1 || 477{35}—478{2} _ergänzt_. _In — das_] _ergänzt, so daß in der That nur — fühlt, hervorbringt, der — aber nur das Verdienst hat, das_ A^1 || 478{5} _theologischer_] A^1.3 _theoretischer_ A^2 || 478{14} _etwa_ fehlt A^1 || 478{15} _er_ fehlt A^1 || 478{23} _Begriffe_] _Beweise_ Erdmann || 478{32} _sich — Wesen_] A^1.2 _vernünftige Wesen sich_ A^3 || 479{6} _jener_] A^2.3 _jenen_ A^1 || 479{13} _welches_] A^2.3 _welcher_ A^1 || 479{33} _müßte_] A^2.3 _mußte_ A^1 || 480{20} _Euch_] A^1.3 _auch_ A^2 || 480{29} _anpreisen_] A^2.3 _auspreisen_ A^1 || 480{31} _vorgeblichen_] A^2.3 _vergeblichen_ A^1 || 480{32} _Eurer_] A^2.3 _einer Schlußkette_ A^1 || 480{33.34} _welchen — heraussagt_] A^2 _den_ — A^1 _welcher gegen — herausgesagt wird_ A^3 || 482{5} _Naturkenntniß_] A^2.3 _Naturerkenntniß_ A^1 || 482{10} _allein nicht_] A^2.3 _allein_ A^1 || 482{12} _desselben_] Windelband _derselben_ A || 482{25} _aber — in_] A^2.3 _aber zum Verdruß — Vernunft auch in_ A^1 || 482{27} _nachstehende_] A^2.3 _beigehende_ A^1 || 482{29} _Schönheit_] A^2.3 _Schönheiten_ A^1 || 483{5} _ihm_] A^2.3 _ihnen_ A^1 || 483{20} _ersten_] A^1 _ersteren_ A^2.3 || 483{22} _desselben_] Erdmann _derselben_ A || 483{36} _Zweckmäßigkeit_] A^2.3 _Zweckverbindung_ A^1 || 484{3} _uns_] Zusatz v. Kirchmann || 484{18} _ich_] A^2.3 _und_ A^1 || 484{23} _durch eine_] A^2.3 _einer_ A^1. =Wilhelm Windelband.= Orthographie, Interpunction und Sprache. Trotz ihres bedeutenden Umfanges enthält die _Kritik d. Urth._ wenig störende Schreibungen und Sprachformen, von denen allerdings manche durch häufiges Vorkommen das Bild des Druckes bestimmen. Andrerseits treten orthographische und sprachliche Besonderheiten auf, die unserm Brauch entsprechen, dagegen in den Kantdrucken sonst fast gar nicht belegt sind. Die Sprache des Druckes und der gleichzeitigen Kant-Manuscripte stehen sich zwar nahe, decken sich aber nicht. ORTHOGRAPHIE. =Vocale=. Charakteristisch ist nur das _aa_ in _Maaß_ (selten _anmaßen_), das _ey_ in _Freyheit, Befreyung, zwey, zweyte, zweyerlei, gemeynt, sey, seyn_ (esse), _Malerey_ (doch fällt mehrfach _ei_ auf: _Freiheit_ öfter, _zwei, sein_ = esse, _beilegen_!). — =Consonanten=. Widerspruchsvoll ist wie so oft die Behandlung der _k-_Laute. _c_ steht häufig in Wörtern griechischer Abkunft: _Critik, Microscop, Telescop, Character, dialectisch, apodictisch, collossalisch, categorisch, practisch_ (doch auch oft _praktisch_); vgl. dazu _Cameel, Orcan, Punct_. Hingegen haben aus dem Lateinischen stammende _k_: _Prädikat, Produkt, Objekt, Instinkt, Publikum, traktirt, reflektirend_ (indessen überwiegt hier _c_: _Product, Object, reflectirend_). Auffällig ist ferner _f_ vor Consonant und im Auslaut: _Begrif, Begrifs, Stof._ (selten _Begriff, Stoff_), _Hofnung, eröfnet, herbeygeschaft, betrift, vortreflich_. — Dehnungs-_h_ war verhältnissmässig selten zu beseitigen: _Gebehrde, Spuhr, willkührlich, stöhrt_ (häufiger: _willkürlich, zerstörend_). — Auch die _s_ = Laute boten wenig Anlass zu Eingriffen: _ss_ in _Ausschliessung, heissen, ausser_ (vorwiegend _ß_: _einschließen, bloße, außer_ u. s. w.), _Caussalität_ (selten _Causalität_). — Sonst findet sich noch _v_ statt _u_: _Propädevtik, Pnevmatologie_. — =Anfangsbuchstaben=. Abweichungen von der Regel sind selten: _Doctrinalen_ (_Geschäft_), _Savoyische Bauer_; _ungleichartiges, etwas bloß subjectives_. — =Zusammensetzung.= — Es finden sich: _ob zwar_ (auch _obzwar_)_, ob gleich, oben ein, so fort_. — =Eigennamen=: _Epicur, Schakespeare._ INTERPUNCTION. Der Gebrauch von Komma und Semikolon stört recht oft. =Komma= schliesst häufig adverbiale Bestimmungen ein, steht vor Satztheilen, die durch _und_ angefügt sind, aber auch hinter anderen, welche durch _mithin, aber, zugleich, sondern, wie_ eingeleitet werden. Es erscheint vielfach überflüssig vor und hinter Appositionen mit _als_, in Verbindungen wie _und, da_; _und, wenn_; _denn, wenn_; _denn, weil_; _denn, daß_; _daher, wenn_; _dagegen, wenn_; _allein, wenn_. Doch fehlt es in allen diesen Fällen auch oft. — Wiederum vermissen wir es an Satzgrenzen, vor _obzwar, aber, ohne zu_, zwischen unverbundenen gleichartigen Satztheilen, vor und hinter Appositionen, praedicativen Attributen 250{15.16}; doch steht es in der Regel. — Recht beliebt ist im Drucke =Semikolon=, das vielfach im Verhältniss der Subordination durch Kolon 190{17} 191{20} u. a., oder, besonders zwischen nebengeordneten Satztheilen, auch durch Komma 193{21} 309{29} 311{4} ersetzt werden musste. SPRACHE. =Laute. Vocale.= Den Umlaut vermissen wir bei _abzuhangen, überhangende, zusammenhangenden_ u. ä. (nicht immer; im Ganzen 8 Beispiele). — _alsdenn_ steht 9 mal, sonst stets _alsdann_. Die Formen wechseln. Ein Unterschied nach Bogen wie in manchen älteren Drucken ist weder hier noch bei anderen Schwankungen zu beobachten. — Ableitungs- und Flexionssilben sind wie immer beim Verbum am wenigsten fest. Wir finden die Ind. Imp. _beruheten, austheilete_ (aber z. B. _zählte_); die Conj. Imp. _fällete, beurtheilete, kennete, beruhete_ (aber z. B. _fehlte, erfüllte, vorstellte, führte, bestimmte, glaubte_); die unflectirten Part. Perf. _gestellet, beygesellet, geführet, bestimmet, nachgeahmet, abgefasset, überzeuget_ (16 Belege; Synkope herrscht, z. B. _vorgestellt, erschwert, bestimmt, entfernt, aufgefaßt, geschätzt, erzeugt_ u. s. w.) und 1 mal die flectirte Form _überfülletem_. — Dem entspricht die 3. Pers. Sing. Präs. _erhellet, gehöret, bestimmet, siehet, veranlasset, hinflößet, schätzet, besorget_ u. a. (17 mal; sonst Synkope: _gefällt, spielt, führt, bestimmt, scheint, geht, läßt, schätzt, gelangt_ u. s. w.). — Von Substantiven sind zu nennen _Ursach_ 181{22.23} (sonst _Ursache,_ z. B. 181{24} _Tischgeräthe_ 313{11} (Sing.), je 1 mal. — Consonanten. Einzelfälle sind _Zierrathen_ 226{4}, _geschicht_ 403{29}. — =Flexion.= Auch hier stören nur vereinzelte Formen: _der Gedanken_ 342{35} 343{1} (Sing., 2 mal), _der Blumenbeeten_ (1 mal, _seyn_ = _seien_ 284{34} (nur 1 mal!, sonst ist stets _sind_, 4 mal auch _seyen_ gesetzt!). — =Wortbildung=. Es finden sich _mehrmalen_ (1 Beleg) und mehrfach _vornämlich_ (vielleicht orthographisch aufzufassen). — =Syntax.= Änderungen wurden gleichfalls nur vereinzelt nöthig _aus einem gemeinschaftlichem Grunde_; _zu deren Bekenntniß_ (_innerem oder äußeren_); _denen=den_ (173{20}); _an allem diesen Schmucke, mit allem seinen Vermögen, mit diesem allen_; _zwischen diesen zweyen Gemeinörtern, jenen zweyen Principien, jener zweyen Reiche, von zweyen Geschöpfen; ankommen auf_ m. Dativ 205{10–2}; _vor jetzt_ 240{13.14} (statt _für jetzt_). Die angeführten Fälle sind je nur 1 mal belegt, die beiden ersten vielleicht aus Druckfehlern zu erklären. =Ewald Frey.= ÄNDERUNGEN IM TEXT: Seite Original Änderung 210 das sittliche Gesetzt das sittliche Gesetz 252 Nachrichten von Agypten Nachrichten von Ägypten 280 zu rechfertigen haben: zu rechtfertigen haben: 292 beider Erkennntnißvermögen beider Erkenntnißvermögen 295 ist am schwersten zu ereichen ist am schwersten zu erreichen 302 wenn mir gar andern zumuthen wenn wir gar andern zumuthen 333 daß es im hiemit nicht daß es ihm hiemit nicht 339 (zugleich auch des Subjets) (zugleich auch des Subjects) 388 wozu wi bloß wozu wir bloß n. 28 gegemeiniglich alle gemeiniglich alle 394 keines eges aber _a priori_ keinesweges aber _a priori_ 449 kann also allein als End- kann also allein als Endzweck 476 auf den gemeinnen Verstand auf den gemeinen Verstand End of Project Gutenberg's Kant's gesammelte Schriften, by Immanuel Kant *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KANT'S GESAMMELTE SCHRIFTEN. BAND V. KRITIK DER URTHEILSKRAFT. *** Updated editions will replace the previous one—the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you charge for an eBook, except by following the terms of the trademark license, including paying royalties for use of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for copies of this eBook, complying with the trademark license is very easy. 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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg™ and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state’s laws. The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation’s website and official page at www.gutenberg.org/contact Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine-readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. To SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state visit www.gutenberg.org/donate. While we cannot and do not solicit contributions from states where we have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition against accepting unsolicited donations from donors in such states who approach us with offers to donate. 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