The Project Gutenberg eBook of Martin Luthers Geistliche Lieder

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Title: Martin Luthers Geistliche Lieder

Author: Martin Luther

Commentator: Conrad Höfer

Release date: January 3, 2015 [eBook #47861]
Most recently updated: October 24, 2024

Language: German

Credits: Produced by Norbert H. Langkau, G. Decknatel and the Online
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*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK MARTIN LUTHERS GEISTLICHE LIEDER ***

Anmerkungen zur Transkription:

Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden beibehalten. Im Nachwort wurden einzelne Druckfehler korrigiert. Änderungen sind wie hier gekennzeichnet, der Originaltext erscheint beim Überfahren mit der Maus.

Das Inhaltsverzeichnis befindet sich am Ende des Buches.

Martin Luther's

Geistliche Lieder


Im Insel-Verlag zu Leipzig

Luther's Vorrede zum Waltherschen Chorgesangbüchlein.

Daß geistliche Lieder singen gut und Gott angenehme sei, acht' ich, sei keinem Christen verborgen, dieweil idermann nicht allein das Exempel der Propheten und Könige im alten Testament (die mit singen und klingen, mit dichten und allerlei Saitenspiel Gott gelobt haben) sondern auch solcher Brauch sonderlich mit Psalmen gemeiner Christenheit von Anfang kund ist. Ja, auch St. Paulus solchs 1. Cor. 14 einsetzt und zu den Kollossern gebeut, von Herzen dem Herrn [zu] singen geistliche Lieder und Psalmen: auf daß dadurch Gottes Wort und christliche Lehre auf allerlei Weise getrieben und geübt werden.

Demnach hab ich auch, samt etlichen andern, zum guten Anfang und Ursach zu geben denen, die es besser vermügen, etliche geistliche Lieder zusammen bracht, das heilige Evangelion, so itzt von Gottes Gnaden wieder aufgangen ist, zu treiben und in Schwang zu bringen, daß wir auch uns möchten rühmen, wie Moses in seim Gesang tut, Exodus 15, daß Christus unser Lob und Gesang sei, und nichts wissen sollen, zu singen noch zu sagen, denn Jesum Christum, unsern Heiland, wie Paulus sagt 1. Cor. 2.

Und sind dazu auch in vier Stimme bracht, nicht aus anderer Ursach, denn daß ich gerne wollte, die Jugend, die doch sonst soll und muß in der Musica und andern rechten Künsten erzogen werden, etwas hätte, damit sie der Buhllieder und fleischlichen Gesänge los worde und an derselben statt etwas Heilsames lernete und also das Gute mit Lust, wie den Jungen gebührt, einginge. Auch daß ich nicht der Meinung bin, daß durchs Evangelion sollten alle Künste zu Boden geschlagen werden und vergehen, wie etliche Abergeistlichen furgeben; sondern ich wollt alle Künste, sonderlich die Musica gerne sehen im Dienst des, der sie geben und geschaffen hat. Bitte derhalben, ein iglicher frummer Christ wollt solchs ihm lassen gefallen und, wo ihm Gott mehr oder desgleichen verleihet, helfen fodern. Es ist sonst leider alle welt all zu laß und zu vergessen, die arme Jugend zu ziehen und lehren, daß man nicht allererst darf auch Ursach dazu geben. Gott geb uns seine Gnade. Amen.

Vorrede auf alle gute Gesangbücher.

Frau Musica.

Für allen Freuden auf Erden
Kann niemand kein feiner werden,
Denn die ich geb mit meim Singen
Und mit manchem süßen Klingen.
Hie kann nicht sein ein böser Mut,
Wo da singen Gesellen gut;
Hie bleibt kein Zorn, Zank, Haß noch Neid,
Weichen muß alles Herzeleid;
Geiz, Sorg und was sonst hart anleit,
Fährt hin mit aller Traurigkeit.
Auch ist ein Jeder des wohl frei,
Daß solche Freud kein Sünde sei,
Sondern auch Gott viel baß gefällt,
Denn alle Freud der ganzen Welt:
Dem Teufel sie sein Werk zerstört
Und verhindert viel böser Mörd.
Das zeugt Davids, des Kön'ges, Tat,
Der dem Saul oft gewehret hat
Mit gutem süßen Harfenspiel,
Daß er in großen Mord nicht fiel.
Zum göttlichen Wort und Wahrheit
Macht sie das Herz still und bereit,
Solchs hat Elisäus bekannt,
Da er den Geist durchs Harfen fand.
Die beste Zeit im Jahr ist mein,
Da singen alle Vögelein,
Himmel und Erden ist der voll,
Viel gut Gesang da lautet wohl.
Voran die liebe Nachtigall
Macht alles fröhlich uberall
Mit ihrem lieblichen Gesang,
Des muß sie haben immer Dank.
Viel mehr der liebe Herre Gott,
Der sie also geschaffen hat,
Zu sein die rechte Sängerin,
Der Musica ein Meisterin.
Dem singt und springt sie Tag und Nacht,
Seins Lobes sie nichts müde macht:
Den ehrt und lobt auch mein Gesang
Und sagt ihm ein ewigen Dank.

Ein neu Lied von den zween Märterern Christi, zu Brussel von den Sophisten zu Löwen verbrannt.

Ein neues Lied wir heben an,
Des walt Gott, unser Herre,
Zu singen, was Gott hat getan
Zu seinem Lob und Ehre:
Zu Brussel in dem Niederland
Wohl durch zween junge Knaben
Hat er sein Wundermacht bekannt,
Die er mit seinen Gaben
So reichlich hat gezieret.
Der erst recht wohl Johannes heißt,
So reich an Gottes Hulden,
Sein Bruder Heinrich nach dem Geist,
Ein rechter Christ ohn Schulden:
Von dieser Welt gescheiden sind,
Sie han die Kron erworben,
Recht wie die frummen Gotteskind'
Für sein Wort sind gestorben,
Sein Märt'rer sind sie worden.
Der alte Feind sie fangen ließ,
Erschreckt' sie lang mit Dräuen,
Das Wort Gotts er sie leugnen hieß,
Mit List auch wollt sie täuben.
Von Löwen der Sophisten viel,
Mit ihrer Kunst verloren,
Versammlet er zu diesem Spiel,
Der Geist sie macht zu Toren,
Sie kundten nichts gewinnen.
Sie sungen suß, sie sungen saur,
Versuchten manche Listen.
Die Knaben stunden wie ein Maur,
Verachten die Sophisten.
Den alten Feind das sehr verdroß,
Daß er war uberwunden
Von solchen Jungen, er, so groß,
Er ward voll Zorn von Stunden,
Gedacht', sie zu verbrennen.
Sie raubten ihn'n das Klosterkleid,
Die Weih sie ihn'n auch nahmen.
Die Knaben waren des bereit,
Sie sprachen frohlich: Amen.
Sie dankten ihrem Vater Gott,
Daß sie los sollten werden
Des Teufels Larvenspiel und Spott,
Darin durch falsche 'berden
Die Welt er gar betreuget.
Das schickt Gott durch sein Gnad also,
Daß sie recht Priester worden,
Sich selbs ihm mußten opfern do
Und gehn im Christenorden,
Der Welt ganz abgestorben sein,
Die Heuchelei ablegen,
Zu Himmel kommen frei und rein,
Die Moncherei ausfegen
Und Menschentand hie lassen.
Man schreib ihn'n fur ein Brieflin klein,
Das hieß man sie selbs lesen,
Die Stuck sie zeichten alle drein,
Was ihr Glaub war gewesen.
Der hochste Irrtum dieser war:
»Man muß allein Gott glauben,
Der Mensch leugt und treugt immer dar,
Dem soll man nichts vertrauen«;
Des mußten sie verbrennen.
Zwei große Feur sie zundten an,
Die Knaben sie her brachten.
Es nahm groß Wunder idermann,
Daß sie solch Pein verachten.
Mit Freuden sie sich gaben drein,
Mit Gottes Lob und Singen,
Der Mut ward den Sophisten klein
Fur disen neuen Dingen,
Da sich Gott ließ so merken.
Der Schimpf sie nu gereuen hat,
Sie wolltens gern schon machen.
Sie turn nicht ruhmen sich der Tat,
Sie bergen fast die Sachen.
Die Schand im Herzen beißet sie
Und klagens ihr'n Genossen;
Doch kann der Geist nicht schweigen hie:
Des Habels Blut vergossen,
Es muß den Kain melden.
Die Aschen will nicht lassen ab,
Sie stäubt in allen Landen,
Hie hilft kein Bach, Loch, Grub noch Grab,
Sie macht den Feind zu Schanden.
Die er im Leben durch den Mord
Zu schweigen hat gedrungen,
Die muß er tot an allem Ort
Mit aller Stimm und Zungen
Gar frohlich lassen singen.
Noch lassen sie ihr Lugen nicht,
Den großen Mord zu schmucken:
Sie geben fur ein falsch Gedicht,
Ihr Gewissen tut sie drucken.
Die Heilgen Gotts auch nach dem Tod
Von ihn'n gelästert werden,
Sie sagen: in der letzten Not
Die Knaben noch auf Erden
Sich sollen han umkehret.
Die laß man lügen immer hin,
Sie habens kleinen frommen.
Wir sollen danken Gott darin,
Sein Wort ist wieder kommen.
Der Sommer ist hart fur der Tur,
Der Winter ist vergangen,
Die zarten Blumen gehn herfur,
Der das hat angefangen,
Der wird es wohl vollenden.

Ein Danklied für die höchsten Wohltaten, so uns Gott in Christo erzeigt hat.

Nu freut euch, lieben Christen gmein,
Und laßt uns frohlich springen,
Daß wir getrost und all in ein
Mit Lust und Liebe singen,
Was Gott an uns gewendet hat
Und seine suße Wundertat,
Gar teur hat ers erworben.
Dem Teufel ich gefangen lag,
Im Tod war ich verloren,
Mein Sund mich quälet Nacht und Tag,
Darin ich war geboren.
Ich fiel auch immer tiefer drein,
Es war kein Guts am Leben mein,
Die Sund hat mich besessen.
Mein gute Werk', die golten nicht,
Es war mit ihn'n verdorben,
Der frei Will hasset Gotts Gericht,
Er war zum Gut' erstorben.
Die Angst mich zu verzweifeln treib,
Daß nichts denn Sterben bei mir bleib,
Zur Hellen mußt ich sinken.
Da jammert Gott in Ewigkeit
Mein Elend ubermassen,
Er dacht an sein Barmherzigkeit,
Er wollt mir helfen lassen.
Er wandt zu mir das Vaterherz,
Es war bei ihm furwahr kein Scherz,
Er ließ sein Bestes kosten.
Er sprach zu seinem lieben Sohn:
Die Zeit ist hie zu 'rbarmen,
Fahr hin, meins Herzens werte Kron,
Und sei das Heil dem Armen
Und hilf ihm aus der Sundennot,
Erwurg fur ihn den bittern Tod
Und laß ihn mit dir leben.
Der Sohn dem Vater g'horsam ward,
Er kam zu mir auf Erden
Von einer Jungfrau rein und zart,
Er sollt mein Bruder werden.
Gar heimlich fuhrt' er sein Gewalt,
Er ging in meiner armen G'stalt,
Den Teufel wollt er fangen.
Er sprach zu mir: Halt dich an mich,
Es soll dir itzt gelingen,
Ich geb mich selber ganz fur dich,
Da will ich fur dich ringen,
Denn ich bin dein und du bist mein,
Und wo ich bleib, da solltu sein,
Uns soll der Feind nicht scheiden.
Vergießen wird er mir mein Blut,
Dazu mein Leben rauben,
Das leid' ich alles dir zu gut,
Das halt mit festem Glauben:
Den Tod verschlingt das Leben mein,
Mein Unschuld trägt die Sunden dein,
Da bist du selig worden.
Gen Himmel zu dem Vater mein
Fahr ich von diesem Leben,
Da will ich sein der Meister dein,
Den Geist will ich dir geben,
Der dich in Trubnis trosten soll
Und lernen mich erkennen wohl
Und in der Wahrheit leiten.
Was ich getan hab und gelehrt,
Das solltu tun und lehren,
Damit das Reich Gotts werd gemehrt
Zu Lob und seinen Ehren,
Und hut dich fur der Menschen G'satz,
Davon verdirbt der edle Schatz,
Das laß ich dir zur letze.

Der zwölfte Psalm: Salvum me fac.

Ach Gott von Himmel, siehe darein
Und laß dich das erbarmen!
Wie wenig sind der Heiligen dein,
Verlassen sind wir Armen.
Dein Wort man läßt nicht haben wahr,
Der Glaub ist auch verloschen gar
Bei allen Menschenkindern.
Sie lehren eitel falsche List,
Was Eigenwitz erfindet,
Ihr Herz nicht eines Sinnes ist,
In Gottis Wort gegründet.
Der wählet dies, der ander das,
Sie trennen uns ohn alle Maß
Und gleißen schon von außen.
Gott wollt ausrotten alle Lahr,
Die falschen Schein uns lehren,
Dazu ihr Zung stolz offinbar
Spricht: Trotz, wer wills uns wehren?
Wir haben Recht und Macht allein,
Was wir setzen, das gilt gmein,
Wer ist, der uns sollt meistern?
Darum spricht Gott: Ich muß auf sein,
Die Armen sind verstoret,
Ihr Seufzen dringt zu mir 'erein,
Ich hab ihr Klag erhoret.
Mein heilsam Wort soll auf dem Plan
Getrost und frisch sie greifen an
Und sein die Kraft der Armen.
Das Silber, durchs Feur sieben mal
Bewährt, wird lauter 'funden.
Am Gotteswort man 'warten sall
Desgleichen alle Stunden.
Es will durchs Kreuz bewähret sein,
Da wird sein Kraft erkannt und Schein
Und leucht't stark in die Lande.
Das wollst du, Gott, bewahren rein
Fur diesem argen G'schlechte,
Und laß uns dir befohlen sein,
Daß sichs in uns nit flechte.
Der gottlos Hauf sich umher find't,
Wo diese lose Leute sind
In deinem Volk erhaben.

Der vierzehnte Psalm: Dixit insipiens in corde suo.

Es spricht der Unweisen Mund wohl:
Den rechten Gott wir meinen.
Doch ist ihr Herz Unglaubens voll,
Mit Tat sie ihn verneinen.
Ihr Wesen ist verderbet zwar,
Fur Gott ist es ein Greuel gar,
Es tut ihr keiner kein gut.
Gott selb vom Himmel sah 'erab
Auf aller Menschen Kinden.
Zu schauen sie, er sich begab,
Ob er jemand wurd finden,
Der sein Verstand gerichtet hätt,
Mit Ernst nach Gottes Worten tät
Und fragt nach seinem Willen.
Da war niemand auf rechter Bahn,
Sie waren all ausschritten,
Ein jeder ging nach seinem Wahn
Und hielt verlorne Sitten.
Es tät ihr keiner doch kein gut,
Wie wohl gar viel betrog der Mut,
Ihr Tun müßt Gott gefallen.
Wie lang wöllen unwissend sein,
Die solche Müh aufladen,
Und fressen dafür das Volk mein
Und nähren sich mit seim Schaden.
Es steht ihr Trauen nicht auf Gott,
Sie rufen ihm nicht in der Not,
Sie wolln sich selb versorgen.
Darum ist ihr Herz nimmer still
Und steht allzeit in Forchten.
Gott bei den Frommen bleiben will,
Dem sie mit Glauben g'horchen.
Ihr aber schmecht des Armen Rat
Und höhnet alles, was er sagt,
Daß Gott sein Trost ist worden.
Wer soll Israel, dem armen,
Zu Zion Heil erlangen?
Gott wird sich seins Volks erbarmen
Und lösen, die gefangen.
Das wird er tun durch seinen Sohn,
Davon wird Jakob Wonne han
Und Israel sich freuen.

Der 130. Psalm: De profundis.

Aus tiefer Not schrei ich zu dir,
Herr Gott, erhor mein Rufen;
Dein gnädig Ohren kehr zu mir
Und meiner Bitt sie offen'.
Denn so du willt das sehen an,
Was Sund und Unrecht ist getan,
Wer kann, Herr, fur dir bleiben?
Bei dir gilt nichts denn Gnad und Gonst,
Die Sunden zu vergeben.
Es ist doch unser Tun umsonst,
Auch in dem besten Leben.
Fur dir niemand sich ruhmen kann,
Des muß dich furchten idermann
Und deiner Gnaden leben.
Darum auf Gott will hoffen ich,
Auf mein Verdienst nicht bauen.
Auf ihn mein Herz soll 'lassen sich
Und seiner Güte trauen,
Die mir zusagt sein wertes Wort,
Das ist mein Trost und treuer Hort,
Des will ich allzeit harren.
Und ob es währt bis in die Nacht
Und wieder an den Morgen,
Doch soll mein Herz an Gottes Macht
Verzweifeln nicht noch sorgen.
So tu' Israel rechter Art,
Der aus dem Geist erzeuget ward,
Und seines Gotts erharre.
Ob bei uns ist der Sunden viel,
Bei Gott ist viel mehr Gnaden.
Sein Hand zu helfen, hat kein Ziel,
Wie groß auch sei der Schaden.
Er ist allein der gute Hirt,
Der Israel erlosen wird
Aus seinen Sunden allen.

Der 67. Psalm: Deus misereatur.

Es wollt uns Gott genädig sein
Und seinen Segen geben,
Sein Antlitz uns mit hellem Schein
Erleucht' zum ewigen Leben,
Daß wir erkennen seine Werk
Und was ihm 'liebt auf Erden,
Und Jesus Christus Heil und Stärk
Bekannt den Heiden werden
Und sie zu Gott bekehren.
So danken, Gott und loben dich
Die Heiden uber alle,
Und alle Welt, die freue sich
Und sing mit großem Schalle,
Daß du auf Erden Richter bist
Und läßt die Sund nicht walten,
Dein Wort die Hut und Weide ist,
Die alles Volk erhalten
In rechter Bahn zu wallen.
Es danke, Gott, und lobe dich
Das Volk in guten Taten,
Das Land bringt Frucht und bessert sich,
Dein Wort ist wohl geraten.
Uns segen' Vater und der Sohn,
Uns segen' Gott, der heilig Geist,
Dem alle Welt die Ehre tun,
Fur ihm sich furchten allermeist.
Nu sprecht von Herzen Amen.

Der 128. Psalm: Beati omnes qui timent dominum.

Wohl dem, der in Gottes Furcht steht
Und der auf seinem Wege geht.
Dein eigen Hand dich nähren soll,
So lebst du recht und geht dir wohl.
Dein Weib wird in deim Hause sein
Wie ein Reben voll Trauben fein,
Und dein' Kinder umb deinen Tisch
Wie Ölpflanzen gesund und frisch.
Sich, so reich' Segen hangt dem an,
Wo in Gottes Furcht lebt ein Mann.
Von ihm läßt der alt Fluch und Zorn,
Den Menschenkindern angeborn.
Aus Zorn wird Gott seg'en dich,
Daß du wirst schauen stetiglich
Das Gluck der Stadt Jerusalem
Fur Gott in Gnaden angenehm.
Fristen wird er das Leben dein
Und mit Gute stets bei dir sein,
Daß du sehen wirst Kindes Kind,
Und daß Israel Friede find't.

Der 124. Psalm: Nisi quia dominus.

Wär Gott nicht mit uns diese Zeit,
So soll Israel sagen,
Wär Gott nicht mit uns diese Zeit,
Wir hätten mußt verzagen,
Die so ein armes Häuflin sind,
Veracht't von so viel Menschenkind,
Die an uns setzen alle.
Auf uns ist so zornig ihr Sinn;
Wo Gott hätt das zugeben,
Verschlungen hätten sie uns hin
Mit ganzem Leib und Leben.
Wir wär'n, als die ein Flut ersäuft
Und uber die groß Wasser läuft
Und mit Gewalt verschwemmet.
Gott Lob und Dank, der nicht zu gab,
Daß ihr Schlund uns möcht fangen,
Wie ein Vogel des Stricks kommt ab,
Ist unser Seel entgangen.
Strick ist entzwei, und wir sind frei,
Des Herren Namen stehet uns bei,
Des Gotts Himmels und Erden.

Ein Lobgesang von der Geburt Christi.

Gelobet seist du, Jesu Christ,
Daß du Mensch geboren bist
Von einer Jungfrau, das ist wahr,
Des freuet sich der Engel Schar.
Kyrioleis.
Des ewigen Vaters einig Kind
Itzt man in der Krippen find't.
In unser armes Fleisch und Blut
Verkleidet sich das ewig Gut.
Kyrioleis.
Den aller Welt Kreis nie beschloß,
Der liegt in Maria Schoß.
Er ist ein Kindlin worden klein,
Der alle Ding erhält allein.
Kyrioleis.
Das ewig Licht geht da herein,
Gibt der Welt ein'n neuen Schein.
Es leucht't wohl mitten in der Nacht
Und uns des Lichtes Kinder macht.
Kyrioleis.
Der Sohn des Vaters, Gott von Art,
Ein Gast in der Werlet ward,
Und fuhrt' uns aus dem Jammertal,
Er macht' uns Erben in seim Saal.
Kyrioleis.
Er ist auf Erden kommen arm,
Daß er unser sich erbarm
Und in dem Himmel machet reich
Und seinen lieben Engeln gleich.
Kyrioleis.
Das hat er alles uns getan,
Sein groß Lieb zu zeigen an,
Des freu sich alle Christenheit
Und dank ihm des in Ewigkeit.
Kyrioleis.

Hymnus: Veni redemptor gentium.

Nu komm, der Heiden Heiland,
Der Jungfrauen Kind erkannt,
Daß sich wunder' alle Welt,
Gott solch Geburt sich bestellt.
Nicht von Mann's Blut, noch von Fleisch,
Allein von dem heilgen Geist
Ist Gottes Wort worden ein Mensch
Und blüht' ein Frucht Weibs Fleisch.
Der Jungfrau Leib schwanger ward,
Doch blieb Keuschheit rein bewahrt.
Leucht't hervur manch Tugend schon,
Gott da war in seinem Thron.
Er ging aus der Kammer sein,
Dem königlichen Saal so rein,
Gott von Art und Mensch, ein Held,
Sein'n Weg er zu laufen eilt.
Sein Lauf kam vom Vater her
Und kehrt wieder zum Vater,
Fuhr hinuntern zu der Hell'
Und wieder zu Gottes Stuel.
Der du bist dem Vater gleich,
Führ hinaus den Sieg im Fleisch,
Daß dein ewig Gotts Gewalt
In uns das krank Fleisch enthalt.
Dein Krippen glänzt hell und klar,
Die Nacht gibt ein neu Licht dar,
Dunkel muß nicht kommen drein,
Der Glaub bleib immer im Schein.
Lob sei Gott dem Vater g'ton,
Lob sei Gott, seim ein'gen Sohn,
Lob sei Gott, dem heiligen Geist,
Immer und in Ewigkeit.

Der Hymnus: A solis ortus.

Christum wir sollen loben schon,
Der reinen Magd Marien Sohn,
So weit die liebe Sonne leucht't
Und an aller Welt Ende reicht.
Der selig Schöpfer aller Ding
Zog an eins Knechtes Leib gering,
Daß er das Fleisch durch Fleisch erworb
Und sein Geschepf nicht all's verdorb.
Die göttlich Gnad von Himmel groß
Sich in die keusche Mutter goß.
Ein Meidlein trug ein heimlich Pfand,
Das der Natur war unbekannt.
Das zuchtig Haus des Herzens zart
Gar bald ein Tempel Gottis ward,
Die kein Mann ruhret' noch erkannt',
Von Gotts Wort sie man schwanger fand.
Die edle Mutter hat geborn,
Den Gabriel verhieß zuvorn,
Den Sankt Johanns mit Springen zeigt,
Da er noch lag in Mutterleib.
Er lag im Heu mit Armut groß,
Die Krippen hart ihn nicht verdroß.
Es ward ein kleine Milch sein Speiß,
Der nie ein Voglin hungern ließ.
Des Himmels Chör' sich freuen drob,
Und die Engel singen Gott Lob.
Den armen Hirten wird vermeldt
Der Hirt und Schepfer aller Welt.
Lob, Ehr und Dank sei dir gesagt,
Christe, geborn von reiner Magd,
Mit Vater und dem heilgen Geist
Von nun an bis in Ewigkeit.

Ein Lobsang auf dem Osterfest.

Jesus Christ, unser Heiland,
Der den Tod uberwand,
Ist auferstanden,
Die Sund hat er gefangen.
Kyrieleison.
Der ohn Sunden war geborn,
Trug fur uns Gottis Zorn,
Hat uns versuhnet,
Daß Gott uns sein Huld gunnet,
Kyrieleison.
Tod, Sund, Leben und auch Gnad,
All's in Händen er hat;
Er kann erretten
Alle, die zu ihm treten.
Kyrieleison.

Der Lobsang: Christ ist erstanden, gebessert.

Christ lag in Todesbanden,
Fur unser Sund gegeben,
Der ist wieder erstanden
Und hat uns bracht das Leben;
Des wir sollen frohlich sein,
Gott loben und dankbar sein
Und singen Alleluja.
Den Tod niemand zwingen kunnt
Bei allen Menschenkinden,
Das macht alles unser Sund,
Kein Unschuld war zu finden.
Davon kam der Tod so bald
Und nahm uber uns Gewalt,
Hielt uns in seim Reich gefangen.
Jesus Christus, Gottes Sohn,
An unser statt ist kommen
Und hat die Sund abgetan,
Damit dem Tod genommen
All sein Recht und sein Gewalt,
Da bleibt nichts denn Tods Gestalt,
Die Stachel hat er verloren.
Es war ein wunderlich Krieg,
Da Tod und Leben rungen:
Das Leben behielt den Sieg,
Es hat den Tod verschlungen.
Die Schrift hat verkundet das,
Wie ein Tod den andern fraß,
Ein Spott aus dem Tod ist worden.
Hie ist das recht Osterlamm,
Davon Gott hat geboten,
Das ist an des Kreuzes Stamm
In heißer Lieb gebroten,
Deß Blut zeichnet unser' Tur,
Das hält der Glaub dem Tod fur,
Der Wurger kann uns nicht rühren.
So feiren wir dies hoch Fest
Mit Herzenfreud und Wonne,
Das uns der Herr scheinen läßt,
Er ist selber die Sonne,
Der durch seiner Gnaden Glanz
Erleucht't unser' Herzen ganz,
Der Sunden Nacht ist vergangen.
Wir essen und leben wohl
In rechten Osternfladen.
Der alte Saurteig nicht soll
Sein bei dem Wort der Gnaden.
Christus will die Koste sein
Und speisen die Seel allein,
Der Glaub will keins andern leben.

Der Hymnus: Veni creator spiritus.

Komm, Gott Schepfer, heiliger Geist,
Besuch das Herz der Menschen dein,
Mit Gnaden sie full', wie du weißt,
Daß [sie] dein' Geschepf' vor hin sein.
Denn du bist der Tröster genannt,
Des Allerhöchsten Gabe teur,
Ein geistlich Salb, an uns gewandt,
Ein lebend Brunn, Lieb und Feur.
Zund uns ein Licht an im Verstand,
Gib uns ins Herz der Liebe Brunst,
Das schwach Fleisch in uns, dir bekannt,
Erhalt fest dein Kraft und Gunst.
Du bist mit Gaben siebenfalt
Der Finger an Gotts rechter Hand,
Des Vaters Wort gibst du gar bald
Mit Zungen in alle Land.
Des Feindes List treib von uns fern,
Den Fried' schaff bei uns deine Gnad,
Daß wir dein'm Leiten folgen gern
Und meiden der Seelen Schad.
Lehr uns den Vater kennen wohl,
Dazu Jesu Christ, seinen Sohn,
Daß wir des Glaubens werden voll,
Dich, beider Geist, zu verstohn.
Gott Vater sei Lob und dem Sohn,
Der von den Toten auferstund,
Dem Tröster sei dasselb geton
In Ewigkeit alle Stund.

Der Gesang: Veni sancte spiritus.

Komm, heiliger Geist, Herre Gott,
Erfull mit deiner Gnaden Gut
Deiner Gläubgen Herz, Mut und Sinn,
Dein brunstig Lieb entzund in ihn'n,
O Herr, durch deines Lichtes Glast
Zu dem Glauben versammlet hast
Das Volk aus aller Welt Zungen,
Das sei dir, Herr, zu Lob gesungen.
Alleluja, Alleluja.
Du heiliges Licht, edler Hort,
Laß uns leuchten des Lebens Wort
Und lern uns Gott recht erkennen,
Von Herzen Vater ihn nennen.
O Herr, behut fur fremder Lehr,
Daß wir nicht Meister suchen mehr
Denn Jesum mit rechtem Glauben
Und ihm aus ganzer Macht vertrauen.
Alleluja, Alleluja.
Du heilige Brunst, sußer Trost,
Nu hilf uns frohlich und getrost,
In deim Dienst beständig bleiben,
Die Trubsal uns nicht abtreiben.
O Herr, durch dein Kraft uns bereit'
Und stärk des Fleisches Blodigkeit,
Daß wir hie ritterlich ringen,
Durch Tod und Leben zu dir dringen.
Alleluja, Alleluja.

Der Lobgesang: Nu bitten wir den heiligen Geist.

Nu bitten wir den heiligen Geist
Umb den rechten Glauben allermeist,
Daß er uns behute an unserm Ende,
Wenn wir heim fahrn aus diesem Elende.
Kyrioleis.
Du wertes Licht, gib uns deinen Schein,
Lern uns Jesum Christ kennen allein,
Daß wir an ihm bleiben, dem treuen Heiland,
Der uns 'bracht hat zum rechten Vaterland.
Kyrioleis.
Du suße Lieb, schenk uns deine Gunst,
Laß uns empfinden der Liebe Brunst,
Daß wir uns von Herzen einander lieben
Und im Friede auf einem Sinn bleiben.
Kyrioleis.
Du hochster Troster in aller Not,
Hilf, daß wir nicht furchten Schand noch Tod,
Daß in uns die Sinnen nicht verzagen,
Wenn der Feind wird das Leben verklagen.
Kyrioleis.

Das Lied S. Johannis Huß, gebessert.

Jesus Christus, unser Heiland,
Der von uns den Zorn Gottis wandt,
Durch das bitter Leiden sein
Half er uns aus der Höllen Pein.
Daß wir nimmer des vergessen,
Gab er uns sein'n Leib zu essen,
Verborgen im Brot so klein,
Und zu trinken sein Blut im Wein.
Wer sich zu dem Tisch will machen,
Der hab wohl acht auf sein' Sachen:
Wer unwirdig hie zu geht,
Fur das Leben den Tod empfäht.
Du sollt Gott den Vater preisen,
Daß er dich so wohl wollt speisen
Und fur deine Missetat
In den Tod sein'n Sohn geben hat.
Du sollt gläuben und nicht wanken,
Daß ein Speise sei der Kranken,
Den' ihr Herz von Sunden schwer
Und fur Angst ist betrubet sehr.
Solch groß Gnad und Barmherzigkeit
Sucht ein Herz in großer Ärbeit:
Ist dir wohl, so bleib davon,
Daß du nicht kriegest bosen Lohn.
Er spricht selber: »Kommt, ihr Armen,
Laßt mich uber euch erbarmen,
Kein Arzt ist dem Starken not,
Sein Kunst wird an ihm gar ein Spott.
Hättst du dir was 'kunnt erwerben,
Was durft dann ich fur dich sterben?
Dieser Tisch auch dir nicht gilt,
So du selber dir helfen willt.«
Gläubst du das von Herzen Grunde
Und bekennest mit dem Munde,
So bist du recht wohl geschickt,
Und die Speise dein Seel erquickt.
Die Frucht soll auch nit ausbleiben:
Deinen Nähsten sollt du lieben,
Daß er dein' genießen kann,
Wie dein Gott hat an dir getan.

Der Gesang: Gott sei gelobet.

Gott sei gelobet und gebenedeiet,
Der uns selber hat gespeiset
Mit seinem Fleische und mit seinem Blute,
Das gib uns, Herr Gott, zu Gute.
Kyrieleison.
Herr, durch deinen heiligen Leichnam,
Der von deiner Mutter Maria kam,
Und das heilige Blut
Hilf uns, Herr, aus aller Not.
Kyrieleison.
Der heilig Leichnam ist fur uns gegeben
Zum Tod, daß wir dardurch leben.
Nicht großer' Gute kunnt er uns geschenken,
Dabei wir sein solln gedenken.
Kyrieleison.
Herr, dein Lieb so groß dich zwungen hat,
Daß dein Blut an uns groß Wunder tat
Und bezahlt unser Schuld,
Daß uns Gott ist worden hold.
Kyrieleison.
Gott geb uns allen seiner Gnaden Segen,
Daß wir gehen auf seinen Wegen
In rechter Lieb und bruderlicher Treue,
Daß uns die Speis' nicht gereue.
Kyrieleison.
Herr, dein heilig Geist uns nimmer laß,
Der uns geb' zu halten rechte Maß,
Daß dein arm Christenheit
Leb in Fried und Einigkeit.
Kyrieleison.

Der Lobsang: Mitten wir im Leben sind.

Mitten wir im Leben sind
Mit dem Tod umfangen.
Wen suchen wir, der Hulfe tu,
Daß wir Gnad erlangen?
Das bist du, Herr, alleine;
Uns reuet unser Missetat,
Die dich, Herr, erzurnet hat.
Heiliger Herre Gott,
Heiliger starker Gott,
Heiliger barmherziger Heiland,
Du ewiger Gott,
Laß uns nicht versinken
In des bittern Todes Not.
Kyrieleison.
Mitten in dem Tod anficht
Uns der Hellen Rachen.
Wer will uns aus solcher Not
Frei und ledig machen?
Das tust du, Herr, alleine.
Es jammert dein Barmherzigkeit
Unser Klag und großes Leid.
Heiliger Herre Gott,
Heiliger starker Gott,
Heiliger barmherziger Heiland,
Du ewiger Gott,
Laß uns nicht verzagen
Fur der tiefen Hellen Glut.
Kyrieleison.
Mitten in der Hellen Angst
Unser' Sund' uns treiben.
Wo solln wir denn fliehen hin,
Da wir mugen bleiben?
Zu dir, Herr Christ, alleine.
Vergossen ist dein teures Blut,
Das gnug fur die Sunden tut.
Heiliger Herre Gott,
Heiliger starker Gott,
Heiliger barmherziger Heiland,
Du ewiger Gott,
Laß uns nicht entfallen
Von des rechten Glaubens Trost.
Kyrieleison.

Die zehen Gebot Gottes, auf den Ton: In Gottes Namen fahren wir.

Dies sind die heilgen zehn Gebot,
Die uns gab unser Herre Gott
Durch Mosen, seinen Diener treu,
Hoch auf dem Berg Sinai.
Kyrioleis.
Ich bin allein dein Gott, der Herr,
Kein Götter sollt du haben mehr,
Du sollt mir ganz vertrauen dich,
Von Herzengrund lieben mich.
Kyrioleis.
Du sollt nicht fuhren zu Unehr'n
Den Namen Gottes, deines Herrn,
Du sollt nicht preisen recht noch gut,
Ohn was Gott selbs red't und tut.
Kyrioleis.
Du sollt heilgen den siebent' Tag,
Daß du und dein Haus rugen mag,
Du sollt von deim Tun lassen ab,
Daß Gott sein Werk in dir hab.
Kyrioleis.
Du sollt ehrn und gehorsam sein
Dem Vater und der Mutter dein,
Und wo dein Hand ihn'n dienen kann,
So wirst du langs Leben han.
Kyrioleis.
Du sollt nicht toten zorniglich,
Nicht hassen, noch selbs rächen dich,
Geduld haben und sanften Mut
Und auch dem Feind tun das Gut'.
Kyrioleis.
Deine Ehe solltu bewahren rein,
Daß auch dein Herz kein ander mein',
Und halten keusch das Leben dein
Mit Zucht und Mäßigkeit fein.
Kyrioleis.
Du sollt nicht stehlen Geld noch Gut,
Nicht 'wuchern jemands Schweiß und Blut,
Du sollt auftun dein milde Hand
Den Armen in deinem Land.
Kyrioleis.
Du sollt kein falscher Zeuge sein,
Nicht lügen auf den Nähsten dein,
Sein Unschuld sollt auch retten du
Und seine Schand decken zu.
Kyrioleis.
Du sollt deins Nähsten Weib und Haus
Begehren nicht, noch etwas draus,
Du sollt ihm wundschen alles gut,
Wie dir dein Herz selber tut.
Kyrioleis.
Die Gebot all uns geben sind,
Daß du dein Sund, o Menschenkind,
Erkennen sollt und lernen wohl,
Wie man vur Gott leben soll,
Kyrioleis.
Das helf uns der Herr Jesu Christ,
Der unser Mittler worden ist,
Es ist mit unserm Tun verlorn,
Verdienen doch eitel Zorn.
Kyrioleis.

Die zehen Gebot, aufs kürzeste.

Mensch, willtu leben seliglich
Und bei Gott bleiben ewiglich,
Solltu halten die zehn Gebot,
Die uns gebeut unser Gott.
Kyrioleis.
Dein Gott allein und Herr bin ich,
Kein ander Gott soll irren dich,
Trauen soll mir das Herze dein,
Mein eigen Reich sollt du sein.
Kyrioleis.
Du sollt mein'n Namen ehren schon
Und in der Not mich rufen an,
Du sollt heilgen den Sabbattag,
Daß ich in dir wirken mag.
Kyrioleis.
Dem Vater und der Mutter dein
Solltu nach mir gehorsam sein,
Niemand toten, noch zornig sein
Und deine Ehe halten rein.
Kyrioleis.
Du sollt eim andern stehlen nicht,
Auf niemand Falsches zeugen icht,
Deines Nähsten Weib nicht begern
Und all seines Guts gern embehrn.
Kyrioleis.

Das deutsche Patrem.

Wir gläuben all an einen Gott,
Schepfer Himmels und der Erden,
Der sich zum Vater geben hat,
Daß wir seine Kinder werden.
Er will uns allzeit ernähren,
Leib und Seel auch wohl bewahren,
Allem Unfall will er wehren,
Kein Leid soll uns widerfahren.
Er sorget fur uns, hüt't und wacht,
Es steht alles in seiner Macht.
Wir gläuben auch an Jesum Christ,
Seinen Sohn und unsern Herren,
Der ewig bei dem Vater ist,
Gleicher Gott von Macht und Ehren.
Von Maria der Jungfrauen
Ist ein wahrer Mensch geboren
Durch den heiligen Geist im Glauben,
Für uns, die wir warn verloren,
Am Kreuz gestorben und vom Tod
Wieder auferstanden durch Gott.
Wir gläuben an den heilgen Geist,
Gott mit Vater und dem Sohne,
Der aller Blöden Tröster heißt
Und mit Gaben zieret schone,
Die ganz Christenheit auf Erden
Hält in einem Sinn gar eben,
Hie all Sund' vergeben werden,
Das Fleisch soll auch wieder leben.
Nach diesem Elend ist bereit't
Uns ein Leben in Ewigkeit.

Gott der Vater wohn' uns bei.

Gott der Vater wohn' uns bei
Und laß uns nicht verderben,
Mach uns aller Sunden frei
Und helf uns selig sterben.
Für dem Teufel uns bewahr,
Halt uns bei festem Glauben,
Und auf dich laß uns bauen,
Aus Herzen Grund vertrauen,
Dir uns lassen ganz und gar
Mit allen rechten Christen
Entfliehen Teufels Listen,
Mit Waffen Gotts uns fristen
Amen, amen, das sei wahr,
So singen wir Alleluja.
Jesus Christus, wohn' uns bei .....
Heilig Geist, der wohn' uns bei .....

Der Lobgesang Simeonis: Nunc dimittis.

Mit Fried und Freud ich fahr dohin
In Gotts Wille,
Getrost ist mir mein Herz und Sinn,
Sanft und stille.
Wie Gott mir verheißen hat:
Der Tod ist mein Schlaf worden.
Das macht Christus, wahr'r Gottes Sohn,
Der treu Heiland,
Den du mich, Herr, hast sehen lon
Und g'macht bekannt,
Daß er sei das Leben mein
Und Heil in Not und Sterben.
Den hast du allen vurgestellt
Mit groß Gnaden,
Zu seinem Reich die ganze Welt
Heißen laden,
Durch dein teur heilsams Wort,
An allem Ort erschollen.
Er ist das hell und selig Licht
Fur die Heiden,
Zu 'rleuchten, die dich kennen nicht,
Und zu weiden.
Er ist deins Volks Israel
Der Preis, Ehr, Freud und Wonne.

Das deutsche Sanctus.

Jesaia dem Propheten das geschach,
Daß er im Geist den Herren sitzen sach
Auf einem hohen Thron in hellem Glanz,
Seines Kleides Saum den Chor fullet ganz.
Es stunden zween Seraph bei ihm daran,
Sechs Flugel sach er einen idern han.
Mit zwen verbargen sie ihr Antlitz klar,
Mit zwen bedeckten sie die Fuße gar,
Und mit den andern zwen sie flogen frei,
Gen ander rufen sie mit großem Schrei:
Heilig ist Gott, der Herre Zebaoth,
Heilig ist Gott, der Herre Zebaoth,
Heilig ist Gott, der Herre Zebaoth,
Sein Ehr die ganze Welt erfullet hat!
Von dem Schrei zittert Schwell und Balken gar,
Das Haus auch ganz voll Rauchs und Nebel war.

Te Deum laudamus.

Herr Gott, dich loben wir,
Herr Gott, wir danken dir.
Dich, Vater in Ewigkeit,
Ehrt die Welt weit und breit.
All Engel und Himmelsheer
Und was dienet deiner Ehr,
Auch Cherubin und Seraphin
Singet immer mit hoher Stimm:
Heilig ist unser Gott,
Heilig ist unser Gott,
Heilig ist unser Gott,
Der Herre Zebaoth.
Dein göttlich Macht und Herrlichkeit
Gehet uber Himmel und Erden weit.
Der heiligen Zwelfboten Zahl
Und die lieben Propheten all,
Die teuren Martrer allzumal
Loben dich, Herr, mit großem Schall.
Die ganze werte Christenheit
Ruhmt dich auf Erden alle Zeit,
Dich, Gott Vater im höchsten Thron,
Deinen rechten und einigen Sohn,
Den heiligen Geist und Tröster wert
Mit rechtem Dienst sie lobt und ehrt.
Du König der Ehren, Jesu Christ,
Gott Vaters ewiger Sohn du bist;
Der Jungfrau Leib nicht hast verschmecht,
Zu 'rlösen das menschlich Geschlecht.
Du hast dem Tod zerstört sein Macht
Und all Christen zum Himmel 'bracht.
Du sitzt zur Rechten Gottes gleich
Mit aller Ehr ins Vaters Reich.
Ein Richter du zukunftig bist
Alles, das tot und lebend ist.
Nu hilf uns, Herr, den Dienern dein,
Die mit deim teurn Blut erlöset sein.
Laß uns im Himmel haben teil
Mit den Heiligen in ewigem Heil.
Hilf deinem Volk, Herr Jesu Christ,
Und segen', das dein Erbteil ist,
Wart und pfleg ihr zu aller Zeit
Und heb sie hoch in Ewigkeit.
Täglich, Herr Gott, wir loben dich
Und ehrn dein Namen stetiglich.
Behüt uns Gott, o treuer Gott,
Für aller Sund und Missetat.
Sei uns gnedig, o Herre Gott,
Sei uns gnedig in aller Not.
Zeig uns deine Barmherzigkeit,
Wie unser Hoffen zu dir steht.
Auf dich hoffen wir, lieber Herr,
In Schanden laß uns nimmermehr.
Amen.

Der 46. Psalm: Deus noster refugium et virtus.

Ein feste Burg ist unser Gott,
Ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not,
Die uns itzt hat betroffen.
Der alt böse Feind
Mit Ernst ers itzt meint,
Groß Macht und viel List
Sein grausam Rüstung ist,
Auf Erd ist nicht seins gleichen.
Mit unser Macht ist nichts getan,
Wir sind gar bald verloren.
Es streit für uns der rechte Mann,
Den Gott hat selbs erkoren.
Fragst du, wer der ist,
Er heißt Jesu Christ,
Der Herr Zebaoth
Und ist kein ander Gott,
Das Feld muß er behalten.
Und wenn die Welt voll Teufel wär
Und wollt uns gar verschlingen,
So fürchten wir uns nicht zu sehr,
Es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt,
Wie saur er sich stellt,
Tut er uns doch nicht,
Das macht, er ist gericht,
Ein Wörtlin kann ihn fällen.
Das Wort sie sollen lassen stahn
Und kein Dank dazu haben.
Er ist bei uns wohl auf dem Plan
Mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen sie den Leib
Gut, Ehr, Kind und Weib:
Laß fahren dahin,
Sie habens kein Gewinn,
Das Reich muß uns doch bleiben.

Da pacem Domine, Deutsch.

Verleih uns Frieden gnädiglich,
Herr Gott, zu unsern Zeiten.
Es ist ja doch kein ander nicht,
Der für uns künnte streiten,
Denn du, unser Gott, alleine.
Gott, gib Fried in deinem Lande,
Glück und Heil zu allem Stande.

Herr Gott, himmlischer Vater, der du heiligen Mut, guten Rat und rechte Werke schaffest, gib deinen Dienern Friede, welchen die Welt nicht kann geben, auf daß unsere Herzen an deinen Geboten hangen und wir unser Zeit durch deinen Schutz stille und sicher fur Feinden leben durch Jesu Christ, deinen Sohn, unsern Herren. Amen.

Ein Kinderlied auf die Weihnacht Christi.

Vom Himmel hoch da komm ich her,
Ich bring euch gute neue Mär,
Der guten Mär bring ich so viel,
Davon ich singen und sagen will.
Euch ist ein Kindlein heut geborn
Von einer Jungfrau auserkorn,
Ein Kindelein so zart und fein,
Das soll eur Freud und Wonne sein.
Er ist der Herr Christ, unser Gott,
Der will euch führn aus aller Not,
Er will eur Heiland selber sein,
Von allen Sunden machen rein.
Er bringt euch alle Seligkeit,
Die Gott der Vater hat bereit't,
Daß ihr mit uns im Himmelreich
Sollt leben nu und ewiglich.
So merket nu das Zeichen recht,
Die Krippen, Windelin so schlecht,
Da findet ihr das Kind gelegt,
Das alle Welt erhält und trägt.
Des laßt uns alle fröhlich sein
Und mit den Hirten gehn hinein,
Zu sehn, was Gott uns hat beschert
Mit seinem lieben Sohn verehrt.
Merk auf, mein Herz, und sieh dort hin,
Was liegt doch in dem Krippelin,
Wes ist das schöne Kindelin?
Es ist das liebe Jesulin.
Bis willekomm, du edler Gast,
Den Sunder nicht verschmähet hast,
Und kommst ins Elend her zu mir,
Wie soll ich immer danken dir?
Ach Herr, du Schöpfer aller Ding,
Wie bist du worden so gering,
Daß du da liegst auf dürrem Gras,
Davon ein Rind und Esel aß.
Und wär die Welt viel mal so weit,
Von Edelstein und Gold bereit't,
So wär sie doch dir viel zu klein,
Zu sein ein enges Wiegelein.
Der Sammet und die Seiden dein,
Das ist grob Heu und Windelein,
Darauf du, König so groß und reich,
Her prangst, als wärs dein Himmelreich.
Das hat also gefallen dir,
Die Wahrheit anzuzeigen mir,
Wie aller Welt Macht, Ehr und Gut
Für die nichts gilt, nichts hilft noch tut.
Ach mein herzliebes Jesulin,
Mach dir ein rein, sanft Bettelin,
Zu rugen in meins Herzen Schrein,
Daß ich nimmer vergesse dein.
Davon ich allzeit fröhlich sei,
Zu springen, singen immer frei
Das rechte Susaninne schon
Mit Herzenlust den süßen Ton.
Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
Der uns schenkt seinen ein'gen Sohn,
Des freuen sich der Engel Schar'
Und singen uns solch neues Jahr.

Ein Lied von der heiligen christlichen Kirchen, aus dem 12. Kapitel Apokalypsis.

Sie ist mir lieb, die werte Magd,
Und kann ihr nicht vergessen.
Lob, Ehr und Zucht von ihr man sagt,
Sie hat mein Herz besessen.
Ich bin ihr hold,
Und wenn ich sollt
Groß Unglück han,
Da liegt nicht an:
Sie will mich des ergetzen
Mit ihrer Lieb und Treu an mir,
Die sie zu mir will setzen
Und tun all mein Begier.
Sie tregt von Gold so rein ein Kron,
Da leuchten in zwelf Sterne,
Ihr Kleid ist wie die Sonne schon,
Das glänzet hell und ferne.
Und auf dem Mon
Ihr Füße ston,
Sie ist die Braut,
Dem Herrn vertraut.
Ihr ist weh und muß gebären
Ein schönes Kind, den edlen Sohn,
Und aller Welt ein Herren,
Dem ist sie unterton.
Das tut dem alten Drachen Zorn,
Und will das Kind verschlingen.
Sein Toben ist doch ganz verlorn,
Es kann ihm nicht gelingen.
Das Kind ist doch
Gen Himmel hoch
Genommen hin
Und lasset ihn
Auf Erden fast sehr wüten.
Die Mutter muß gar sein allein,
Doch will sie Gott behüten
Und der recht Vater sein.

Gloria in excelsis deo.

All Ehr und Lob soll Gottes sein,
Er ist und heißt der Höchst allein,
Sein Zorn auf Erden hab ein End,
Sein Fried und Gnad sich zu uns wend.
Den Menschen das gefalle wohl,
Dafür man herzlich danken soll.
Ach lieber Gott, dich loben wir
Und preisen dich mit ganzer Gier.
Auch kniend wir anbeten dich,
Dein Ehr wir rühmen stetiglich.
Wir danken dir zu aller Zeit
Um deine große Herrlichkeit.
Herr Gott im Himmel, Kön'g du bist,
Ein Vater, der allmächtig ist.
Du, Gottes Sohn, vom Vater bist
Einig geborn Herr Jesu Christ.
Herr Gott, du zartes Gotteslamm
Ein Sohn aus Gott, des Vaters Stamm,
Der du der Welt Sund trägst allein,
Wollst uns gnädig, barmherzig sein;
Der du der Welt Sund trägst allein,
Laß dir unser Bitt g'fällig sein.
Der du gleich sitzst dem Vater dein,
Wollst uns gnädig barmherzig sein.
Du bist und bleibst heilig allein,
Uber alles der Herr allein.
Der Allerhöchst allein du bist,
Du lieber Heiland Jesu Christ,
Samt dem Vater und heilgem Geist
In göttlicher Majestät gleich.
Amen, das ist gewißlich wahr,
Das bekennt aller Engel Schar
Und alle Welt so weit und breit
Von Anfang bis in Ewigkeit. Amen.

Das Vaterunser, kurz ausgelegt und in Gesangsweise gebracht.

Vater unser im Himmelreich,
Der du uns alle heißest gleich
Brüder sein und dich rufen an
Und willt das Beten von uns han:
Gib, daß nicht bet' allein der Mund,
Hilf, daß es geh von Herzen Grund.
Geheiliget werd der Name dein,
Dein Wort bei uns hilf halten rein,
Daß auch wir leben heiliglich
Nach deinem Namen wirdiglich.
Behüt uns, Herr, für falscher Lehr,
Das arm verführet Volk bekehr.
Es komm dein Reich zu dieser Zeit
Und dort hernach in Ewigkeit.
Der heilig Geist uns wohne bei
Mit seinen Gaben mancherlei.
Des Satans Zorn und groß Gewalt
Zerbrich; für ihm dein Kirch erhalt.
Dein Will gescheh, Herr Gott, zu gleich
Auf Erden wie im Himmelreich.
Gib uns Geduld in Leidenszeit,
Gehorsam sein in Lieb und Leid.
Wehr' und steur' allem Fleisch und Blut,
Das wider deinen Willen tut.
Gib uns heut unser täglich Brot
Und was man darf zur Leibesnot.
Behüt uns, Herr, für Unfried und Streit,
Für Seuchen und für teurer Zeit,
Daß wir in gutem Frieden stehn,
Der Sorg und Geizens müßig gehn.
All unser Schuld vergib uns, Herr,
Daß sie uns nicht betrüben mehr,
Wie wir auch unsern Schüldigern
Ihr Schuld und Feil vergeben gern.
Zu dienen mach uns all bereit
In rechter Lieb und Einigkeit.
Führ uns, Herr, in Versuchung nicht,
Wenn uns der böse Geist anficht.
Zur linken und zur rechten Hand
Hilf uns tun starken Widerstand,
Im Glauben fest und wohlgerüst
Und durch des heilgen Geistes Trost.
Von allem Ubel uns erlös,
Es sind die Zeit und Tage bös,
Erlös uns vom ewigen Tod
Und tröst uns in der letzten Not.
Bescher uns auch ein seligs End,
Nimm unser Seel in deine Händ.
Amen, das ist: es werde wahr!
Stärk unsern Glauben immerdar,
Auf daß wir ja nicht zweifeln dran,
Daß wir hiemit gebeten han
Auf dein Wort in dem Namen dein,
So sprechen wir das Amen fein.

Der Hymnus: Hostis Herodes, in Ton: A solis ortus.

Was furchst du, Feind Herodes, sehr,
Daß uns geborn kommt Christ der Herr?
Er sucht kein sterblich Königreich,
Der zu uns bringt sein Himmelreich.
Dem Stern die Weisen folgen nach,
Solch Licht zum rechten Licht sie bracht;
Sie zeigen mit den Gaben drei,
Dies Kind Gott, Mensch und König sei.
Die Tauf im Jordan an sich nahm
Das himmelische Gotteslamm,
Dadurch der nie kein Sünde tat,
Von Sünden uns gewaschen hat.
Ein Wunderwerk da neu geschach,
Sechs steinern Krüge man da sach
Voll Wassers, das verlor sein Art,
Roter Wein durch sein Wort draus ward.
Lob, Ehr und Dank sei dir gesagt,
Christ, geborn von der reinen Magd,
Mit Vater und dem heilgen Geist
Von nu an bis in Ewigkeit. Amen.

Ein geistlich Lied von unser heiligen Taufe

darin fein kurz gefasset: Was sie sei? wer sie gestiftet habe? was sie nütze? usw.

Christ, unser Herr, zum Jordan kam
Nach seines Vaters Willen,
Von St. Johann's die Taufe nahm,
Sein Werk und Amt zu 'rfüllen.
Da wollt er stiften uns ein Bad,
Zu waschen uns von Sunden,
Ersäufen auch den bittern Tod
Durch sein selbs Blut und Wunden,
Es galt ein neues Leben.
So hört und merket alle wohl,
Was Gott heißt selbs die Taufe,
Und was ein Christen gläuben soll,
Zu meiden Ketzerhaufen.
Gott spricht und will, das Wasser sei
Doch nicht allein schlecht Wasser,
Sein heiligs Wort ist auch dabei
Mit reichem Geist ohn maßen.
Der ist allhie der Taufer.
Sölchs hat er uns beweiset klar
Mit Bilden und mit Worten;
Des Vaters Stimm man offenbar
Daselbs am Jordan horte.
Er sprach: Das ist mein lieber Sohn,
An dem ich hab Gefallen,
Den will ich euch befohlen han,
Daß ihr ihn höret alle
Und folget seinem Lehren.
Auch Gottes Sohn hie selber steht
In seiner zarten Menschheit.
Der heilig Geist 'ernieder fährt,
In Taubenbild verkleidet.
Daß wir nicht sollen zweifeln dran,
Wenn wir getaufet werden,
All drei Person' getaufet han,
Da mit bei uns auf Erden
Zu wohnen sich ergeben.
Sein' Jünger heißt der Herre Christ:
Geht hin, all Welt zu lehren,
Daß sie verlorn in Sünden ist,
Sich soll zur Buße kehren.
Wer gläubet und sich täufen läßt,
Soll dadurch selig werden,
Ein neugeborner Mensch er heißt,
Der nicht mehr könne sterben,
Das Himmelreich soll erben.
Wer nicht gläubt dieser großen Gnad,
Der bleibt in seinen Sünden
Und ist verdammt zum ewigen Tod
Tief in der Hellen Grunde.
Nichts hilft sein eigen Heiligkeit,
All sein Tun ist verloren,
Die Erbsünd machts zur Nichtigkeit,
Darin er ist geboren,
Vermag ihm selbs nichts helfen.
Das Aug allein das Wasser sieht,
Wie Menschen Wasser gießen,
Der Glaub im Geist die Kraft versteht
Des Blutes Jesu Christi.
Und ist für ihm ein rote Flut,
Von Christus' Blut gefärbet,
Die allen Schaden heilen tut,
Von Adam her geerbet,
Auch von uns selbs begangen.

Hymnus: O Lux beata, verdeutscht.

Der du bist drei in Einigkeit,
Ein wahrer Gott von Ewigkeit,
Die Sonn mit dem Tag von uns weicht:
Laß leuchten uns dein göttlich Licht.
Des Morgens, Gott, dich loben wir,
Des Abends auch beten für dir,
Unser armes Lied ruhmet dich
Itzund immer und ewiglich.
Gott Vater, dem sei ewig Ehr,
Gott Sohn, der ist der einig Herr,
Und dem Tröster heiligen Geist
Von nun an bis in Ewigkeit. Amen.

Ein ander Christlied.

Von Himmel kam der Engel Schar,
Erschien den Hirten offenbar,
Sie sagten ihn'n: Ein Kindlein zart,
Das liegt dort in der Krippen hart
Zu Bethlehem in Davids Stadt,
Wie Micha das verkündet hat.
Es ist der Herre Jesus Christ,
Der euer aller Heiland ist.
Des sollt ihr billig fröhlich sein,
Daß Gott mit euch ist worden ein,
Er ist geborn eu'r Fleisch und Blut,
Eu'r Bruder ist das ewig Gut.
Was kann euch tun die Sünd und Tod,
Ihr habt mit euch den wahren Gott.
Laßt zürnen Teufel und die Hell,
Gotts Sohn ist worden eu'r Gesell.
Er will und kann euch lassen nicht,
Setzt ihr auf ihn eu'r Zuversicht;
Es mögen euch viel fechten an,
Dem sei Trotz, ders nicht lassen kann.
Zuletzt müßt ihr doch haben Recht,
Ihr seid nu worden Gotts Geschlecht,
Des danket Gott in Ewigkeit,
Geduldig, fröhlich allezeit. Amen.

Ein Kinderlied,

zu singen wider die zween Erzfeinde Christi und seiner heiligen Kirchen, den Papst und Türken.

Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
Und steur' des Papsts und Türken Mord,
Die Jesum Christum, deinen Sohn,
Wollten stürzen von deinem Thron.
Beweis dein Macht, Herr Jesu Christ,
Der du Herr aller Herren bist,
Beschirm dein arme Christenheit,
Daß sie dich lob in Ewigkeit.
Gott heilger Geist, du Tröster wert,
Gib deim Volk ein'rlei Sinn auf Erd,
Steh bei uns in der letzten Not,
G'leit uns ins Leben aus dem Tod.

Nachwort

Der vorliegende Neudruck der geistlichen Lieder Luthers beruht vornehmlich auf dem dritten Band von Wackernagels großer Sammlung. Doch sind alle späteren kritischen Ausgaben der Luthergesänge (Goedeke, Zelle, Leitzmann, Klippgen) zum Vergleich herangezogen worden. Die Reihenfolge der Lieder, die annähernd chronologisch sein möchte, entspricht gleichfalls im ganzen der von Wackernagel aufgestellten Ordnung. Einige Verschiebungen waren dadurch bedingt, daß inhaltlich zusammengehörige Lieder aus den Jahren 1523 bzw. 1524 (Psalmen, Weihnachtsgesänge, Pfingstlieder u. a.) zu je einer Gruppe vereinigt worden sind. Aus dem Hinweis auf den Zusammenhang zwischen der chronologischen Ordnung und der Wackernagelschen Reihenfolge ergibt sich schon, daß der Herausgeber — was hier nur kurz und ohne Begründung angedeutet sei — sich nicht dazu entschließen konnte, der von Friedrich Spitta vertretenen Hypothese über die Entstehungszeit der Lutherschen Lieder (»Ein feste Burg ist unser Gott«, Göttingen 1905) zu folgen. So bewunderungswürdig im einzelnen Spittas Scharfsinn sich bewährt, so führt er doch im ganzen zweifellos in die Irre. Der Herausgeber hält nach wie vor an der altüberlieferten Anschauung fest, daß der Reformator, einerseits durch das praktische Bedürfnis des neugestalteten Gottesdienstes gedrängt und andernteils durch die ersten blutigen Zeugen des Evangeliums innerlich aufs tiefste bewegt, erst in seinen Mannesjahren zum Dichter (im engeren Sinne) geworden ist, wenn dieser Schritt natürlich auch durch die mannigfaltigsten Lebenserfahrungen und ihren bleibenden Eindruck auf das Gemüt Luthers und im besonderen durch die Arbeit an dem Psalmenkolleg und der Psalmenverdeutschung, der sich der Wittenberger Professor immer wieder mit immer neuer Liebe unterzogen hatte, längst vorbereitet war.

Das erste Gedicht des Reformators, das von den zween Märtyrern, ist im leicht erzählenden Balladenton des Landsknechtslieds, offenbar unter Zugrundlegung einer sangbaren Volksmelodie, geschaffen worden. Dagegen trägt das zweite Lied »Nu freut euch, lieben Christen gmein« rein lyrischen Charakter und bildet ein höchst persönliches freudiges Bekenntnis zu dem Satz von der Gerechtigkeit des Christen allein durch den Glauben. Dann aber lenkt der Dichter, dem der Gemeindegesang als erstrebenswertes Ziel vor Augen steht, in den Ton des echten evangelischen Kirchenlieds ein, das ja — trotz Spittas gegenteiliger Behauptung — nicht die Gefühle des einzelnen zum Ausdruck bringen will, sondern das, was die Gemeinde als solche erfüllt und bewegt. »Seine persönlichen Sorgen und Anfechtungen, seine privaten Leiden und Freuden behält Luther seinem Kämmerlein vor. Wenn er Kirchenlieder dichtet, fühlt er sich unter den weiten Bogen und Hallen der Kirche und auf einer Bank mit der Gemeinde. Er singt nur das, was alle seine Brüder mit ihm bewegt und was der Geringste wie der Größte mit ihm singen können. Die Persönlichkeit des Dichters verschwindet hinter der großen Schar, deren Gesamtüberzeugung er bekennt.« (Hausrath II, 156.) Für Dichtungen solchen Charakters aber bieten die von Luther über alles geliebten Psalmen die gegebenen Grundlagen, und so entsteht vom Herbst 1523 ab eine ganze Anzahl von mehr oder weniger selbständig ausgestalteten Psalmparaphrasen, angefangen von der warmherzigen Klage und Bitte: »Ach Gott vom Himmel sieh darein« bis hin zum eisengepanzerten, siegesgewissen Schutz- und Trutzlied von der festen Burg, der gewaltigsten Dichtergabe des Reformators. Des weiteren aber sucht Luther jene Zeugnisse alter kindlicher Gläubigkeit und Bekennerfreude, wie sie in so mancher lateinischen Hymne überliefert waren, für den evangelischen Gottesdienst umzumünzen, und so bearbeitet er bald in freierer Weise, bald im engen, fast ängstlichen Anschluß an das Original die alten Weihnachts-, Pfingst- und Osterlieder und andere Gesänge, die ihm für seine Zwecke geeignet erschienen (vgl. S. 21, 22, 26, 27, 31, 36, 37: Gott der Vater wohn' uns bei; 39, 42: Verleih uns Frieden; 46, 49, 50, 52), oder er gestaltet ein lateinisches Abendmahlslied, das dem Johannes Hus zugeschrieben wird, um (vgl. S. 29), wobei es ihm — was überdies von allen seinen dichterischen Paraphrasen gilt — wohl auf Bewahrung des Sinnes ankommt, während er in bezug auf die sprachliche Form sich jede Freiheit nimmt, nur darauf achtend, daß ungewohnte Ausdrücke vermieden werden; denn das Volk wolle, wie er selbst einmal an Spalatin schreibt, einfache und gebräuchliche Worte singen, die seinem Fassungsvermögen gemäß seien. Daß Luther sich zu seinen poetischen Schöpfungen auch durch ältere deutsche Lieder hat anregen lassen, die ihrerseits wiederum wenigstens zum Teil auf noch ältere lateinische Vorlagen zurückgehen mochten, ist nicht verwunderlich (vgl. S. 20, 24: Christ lag in Todesbanden; 28, 30, 42), und gerade diese oft nur durch eine einzige altüberlieferte Strophe, gewöhnlich die Anfangsstrophe, angeregten Lieder gehören zu den köstlichsten Erzeugnissen des Lutherschen Genius, mag er nun den heiligen Geist um den rechten Glauben bitten, oder mag er Gott loben und benedeien, weil er seinen Leib und sein Blut im Abendmahl uns gegeben, mag er sein Halleluja über den Auferstandenen hinausjubeln oder den menschgewordenen Heiland kindlich verehren, oder mag er endlich im innigsten und liebsten aller seiner Lieder die Geburt des Herrn durch den Engel verkünden lassen. — Schließlich bot Luther auch die oder jene biblische Erzählung oder irgendeine andere Stelle der Heiligen Schrift Veranlassung zu dichterischer Neugestaltung (vgl. S. 24, 37, 38, 53; 44). Ausgesprochen dem Bedürfnis der heranwachsenden evangelischen Jugend aber dienen die Umschreibungen der Gebote (S. 33, 35) und des Vaterunsers (S. 47); das Trutzlied wider den Papst und den Türken aber mag rein aus dem Bedürfnis der Zeit ohne besondere Vorlage entstanden sein.

Die ersten Lieder des Reformators waren als lose Blätter hinausgeflattert in die Länder deutscher Zunge und hatten auch bei den deutschen Stämmen, die in anderen Dialekten zu schreiben, zu reden und zu singen gewöhnt waren als der mitteldeutsche Dichter und die sich seine Ausdrucksweise oft erst in ihre Sprache umsetzen mußten, den tiefsten Eindruck gemacht, so daß bald allerorten die frischen und frohen Jubeltöne der Wittenbergisch Nachtigall siegreich erschollen. Kein Wunder, daß sich die buchhändlerische Spekulation bald um die Sammlung der zerstreuten Einzeldrucke bemühte, die denn auch im sogenannten Achtliederbuch bald (Anfang 1524) zustande kam, das neben drei Gesängen von Paul Speratus und einem Gedicht eines unbekannten Poeten vier Luthersche Lieder enthielt. Luther selbst war an der Herausgabe des Wittenberger Chorgesangbuchs von 1524 beteiligt, das man gemeiniglich nach dem Namen des kurfürstlichen Kapellmeisters Johann Walther benennt und das manche Forscher an den Anfang der ganzen Reihe stellen möchten. Es enthält unter 32 Nummern 24 Gesänge Luthers. Die beiden Erfurter Enchiridien des gleichen Jahres 1524 scheinen ohne Luthers Mitwirkung entstanden zu sein, auch die des Justus Jonas, der des öfteren als Redaktor genannt wird, könnte nach neueren Funden in Zweifel gezogen werden. — In den Jahren 1526, 1529, 1536 und öfter kamen dann bei wechselnden Verlegern weitere Ausgaben des evangelischen Gesangbuchs heraus, die uns leider zum Teil nicht erhalten sind. Das letzte Liederbuch für die evangelische Kirche, an dem Luther selbst noch mitwirkte, erschien 1545 und ist in Leipzig durch Valentin Babst gedruckt worden.

Man hat wiederholt die Meinung geäußert, daß die dichterische Tätigkeit im Leben unseres Reformators nur eine zwar mit vollster Energie einsetzende, aber ebenso schnell vorübergehende Episode bedeute. Das ist im ganzen sicher richtig, denn Luther, der vorher der Dichtkunst nur als wohlwollender Freund, als genießender Liebhaber gegenübergestanden und kaum jemals daran gedacht hatte, sie selbst auszuüben, konnte 1523/24 im Zeitraum etwa eines Jahres eine überraschend reiche Ernte religiöser Lyrik einheimsen, während er in den ihm dann noch beschiedenen 22 Lebensjahren nur noch selten einmal in die Saiten der Leier gegriffen hat, wobei vielleicht die direkte Aufforderung der Verleger oder Herausgeber bei Gelegenheit von Neuauflagen der Gesangbücher wenigstens den äußeren Anstoß gegeben haben mochte. Diese Tatsache der auffallend reichen und raschen Produktion im »Liederjahr« erklären wir uns aus dem schon eingangs angedeuteten Umstand, daß die überaus starke, den ganzen Mann erschütternde Erregung über den Tod der beiden jungen Augustinermönche in den Niederlanden einen anderen sprachlichen Ausdruck suchte, als er von Luther bisher angewendet worden war. Um wieviel wirksamer mußte ein Lied, das vom Märtyrertod der glaubensstarken Jünglinge erzählte und das allerorten gesungen werden konnte, die gute Sache der Reformation in den breiten Schichten des Volkes unterstützen, als es die temperamentvollste prosaische Flugschrift je vermocht hätte. Dabei ist zu betonen, daß dieses Vorgehen keineswegs das Ergebnis einer bewußten Überlegung zu sein braucht, sondern daß es sehr wohl aus reiner Intuition hervorgegangen sein kann. Nachdem nun erst einmal die psychischen Hemmungen, die sich im Bewußtsein des Doktor Martinus dem Gebrauch der poetischen Formen entgegengestellt haben mochten, überwunden waren, brach aus dem Innern des zum Sänger werdenden Reformators mit elementarer Gewalt der überreiche Schatz von Gedanken und Gefühlen hervor, der dort seit Jahren blühte und nun erst im Liede den Ausdruck fand, der seiner eigensten Art gemäß war. — Auch auf das oben erwähnte Bedürfnis des Gottesdienstes sei in diesem Zusammenhang als auf ein erklärendes Moment noch einmal hingewiesen und ebenso auf die Tatsache, daß die Freunde, an die Luther sich dieserhalb wendete, ihn entweder ganz im Stiche ließen, wie Spalatin oder der Hofmarschall Dolzig, oder doch seinen Erwartungen nur in sehr ungenügender Weise entsprachen, wie etwa Justus Jonas. Da sprang, resolut wie er war und vom stärksten Willen bewegt, der große Mann selbst in die Bresche und bewies seinem Volk, wie zart und innig das religiöse Empfinden, wie felsenfest und unerschütterlich das fröhliche Gottvertrauen des Mannes war, den es bisher nur als Theologen und Prediger, als Gelehrten und Publizisten kennen gelernt hatte. — Die Stilungleichheit, die von manchen Forschern an den Gedichten hervorgehoben wird, welche wir in das »Liederjahr« verlegen, und die man als Beweis gegen die Richtigkeit dieser Datierung verwendet, erklärt sich zur Genüge aus dem wechselnden Verhältnis der Lieder Luthers zu ihren Vorlagen und aus dem Charakter dieser Vorlagen selbst, der ja oft genug noch durch die Gestalt hindurchschimmert, die Luther ihnen gegeben hat.

Die schon oben mit berührte Tatsache aber, daß die Dichterperiode Luthers ebenso rasch vorübergegangen ist, als sie gekommen, wird nur dem verwunderlich erscheinen, der über der Beschäftigung mit dem Poeten Luther den Blick auf das Ganze seiner Persönlichkeit und seines Werkes verliert. Der Reformator war eben kein Dichter von Berufs wegen, wenn man so sagen darf, wie Goethe oder wie die aus äußeren Gründen des öfteren mit Luther in Parallele gesetzten Conrad Ferdinand Meyer und Fritz Reuter, die bei aller Vielseitigkeit ihrer Interessen zuletzt doch in der Gestaltung von dichterischen Kunstwerken ihre eigentliche Lebensaufgabe erblickten. Luther war — im direkten Gegensatz zu solchen Männern — keineswegs das unabweisbare Bedürfnis eingeboren, das in Rhythmus und Reim oder sonstige künstlerische Ausdruckform einzukleiden, was ihn persönlich bewegte; der innere unbedingte Zwang zum dichterischen Gestalten des individuellen Erlebens fehlte ihm und damit das, was den Dichter als solchen macht. — Wie er dem Drama nur um deswillen das Wort redete, weil es für die Jugend nützlich und gut sei, so erkannte er auch der lyrischen Poesie keinen Selbstzweck zu, wie hätte er sonst gegen das deutsche Volkslied, gegen »die Buhllieder und fleischlichen Gesänge« eifern können. Sein Wirken stand nicht im Dienst Apolls und der Musen, sondern in der Pflicht eines Höheren. Ihm und der heiligen Kirche zu Ehren, die sein Reich auf Erden herbeiführen helfen möchte, griff Luther zur Leier, und als er seinen Zweck erfüllt und das begonnene Werk durch würdige Nachfolger gesichert sah, legte er sie wieder beiseite. Daß mit solcher Feststellung dem gewaltigen Mann das starke, tiefinnerliche künstlerische Empfinden und die Kraft der künstlerischen Gestaltung nicht abgesprochen wird, muß wohl nicht erst betont werden. Die gehen natürlich nicht vorüber als eine Episode, sie sind ein köstliches, unverlierbares Gut, das den beglücken muß, der es besitzt. Und auch die daraus sich ergebenden Folgen sind klar: beide, das künstlerische Gefühl und die Fähigkeit, ihm im geeigneten Moment Ausdruck zu geben, werden im ferneren Verlaufe des Lebens je und je wieder einmal entbunden werden müssen, sei es nun in Briefen, die aus dem Gebiet der sachlichen Erörterung wissenschaftlicher oder sonstiger Fragen herausfallen, wie die goldige Epistel an Hänsichen oder das Sendschreiben an die Tischgenossen, beide aus den bedrängten Tagen stammend, die Luther auf der Veste Coburg verlebte, sei es in religiösen Liedern. Und gerade die Gedichte aus späterer Zeit gehören zu Luthers tiefsten und schönsten Erzeugnissen. Es ist, als ob im Gesang von der festen Burg, im Kinderlied auf die Weihnacht Jesu Christi und in anderen jeweilig eine Summe angesammelter künstlerischer Energie entladen würde, die diesen Liedern die köstliche Frische und Unmittelbarkeit, die warme Innigkeit und Gemütstiefe verleiht, die alle Welt heut an ihnen rühmt.

Wenn so die schaffende Tätigkeit des Poeten im Leben des Reformators tatsächlich nur eine Episode gebildet hat und späterhin nur noch selten in Erscheinung getreten ist, so bedeutet das schmale Bändchen, das die poetischen Werke Luthers umschließt, doch für alle Deutschen einen kostbaren Schatz, über dessen Wert kein Wort zu verlieren ist. Und schon deshalb wird es willkommen sein, wenn die Inselbücherei, zu deren vornehmsten Zielen die Wiedererweckung älterer deutscher Werte gehört, Luthers Lieder ihren Reihen einverleibt.

In bezug auf die Textgestaltung der vorliegenden Ausgabe sei noch kurz hervorgehoben, daß der Herausgeber sich für berechtigt hielt, aus den Lesarten der verschiedenen Originaldrucke, wie sie z. B. Wackernagel und Klippgen verzeichnen, diejenigen auszuwählen und dem Wortlaut einzufügen, die ihm für den hier verfolgten Zweck möglichst leichter Verständlichkeit am angemessensten erschienen. Für die Orthographie galt das in den Neudrucken des Inselverlags durchgängig angewandte akustische Prinzip, doch mußte in Zweifelfällen bequemes Verständnis wichtiger als das korrekte Klangbild erscheinen. Folgende Änderungen sind u. a. vorgenommen: S. 8, 3: leugnen < leuken. S. 10, 19: lügen < liegen, 10, 25: herfur < erfur. S. 13, 9: Gsatz < Satz. S. 21, 5 v. u.: blüht' < bluet, 21, 3 v. u.: blieb < bleib, 21, 2 v. u.: hervur < ervur. S. 22, 10: Führ' < Fuhr', 22, 17: g'ton < ton. S. 34, 14: lügen < liegen. S. 37, 3 v. u.: g'macht < macht. S. 38, 3: ganze < ganzen. S. 53, 3: Erschien < Erschein. Der Apostroph am Anfang des Wortes deutet auf ein ausgefallenes Praefix hin (be, ge, ver u. a.). Folgende Erläuterungen sind vielleicht dem Laien willkommen: S. 7: die beiden Augustinermönche Johannes Esche und Heinrich Voes waren Anhänger der neuen Lehre und sind am 1. Juli 1523 als erste Märtyrer der Reformation verbrannt worden. S. 8, 4: täuben = taub machen (Weigand II. 1029), S. 8, 6: mit ihrer verlorenen d. h. unnützen Kunst und Gelehrsamkeit, S. 9, 6: Man legte ihnen vor ..., S. 9, 8: zeichten = zeichneten, S. 9, 9 v. u.: Schimpf = Scherz, S. 9, 8 v. u.: schon = schön und so noch häufig, S. 9, 7 v. u.: turn, von türren = sich getrauen, wagen (Weigand II. 1090), S. 9, 6 v. u.: fast = sehr, S. 10, 11: schmucken = beschönigen. S. 11, 10 v. u.: treib = trieb. S. 11, 1 v. u.: Er ließ es sich sein ... S. 13, 4 v. u.: schon = schön. S. 13, 3 v. u.: Lahr = Lehre? Spitta schlägt für »Lahr« die einleuchtende Konjektur »gar« vor. S. 14, 4 v. u.: daß es sich nicht mit uns verflechte oder vermenge. S. 14, 1 v. u.: erhaben = erhöht, part. praet. von mhd. erheben (Weigand I. 461). S. 15, 3: meinen = im liebenden Gedächtnis tragen. S. 15, 6: zwar = in Wahrheit. S. 15, 11: Sie zu schauen, entäußerte er sich seiner selbst. S. 15, 13: gerichtet d. h. aufs gute. S. 15, 17: ausschritten = vom rechten Weg abgeirrt. S. 15, 19: verlorene Sitten = schlechte Sitten. S. 15, 11 v. u.: Mut = pharisäisches Selbstbewußtsein. S. 15, 10 v. u.: müßt' = müsse. S. 16, 3: schmecht = schmäht. S. 16: das Lied ist hier in der älteren fünfstrophigen Fassung abgedruckt. S. 18, 2: uber alle = überall. S. 19, 8: angenehm = wohlgefällig. S. 19, 8 v. u.: an uns setzen = uns angreifen. S. 21, 5 v. u.: Und blühte als eine Frucht aus des Weibes Fleisch. S. 22, 12: enthalt = vor der Sünde bewahre. S. 22, 16: Schein = Glanz. S. 26, 12: Daß sie früher deine Geschöpfe sind. S. 35, 5 v. u.: nicht = nichts. S. 35, 4 v. u.: gegen niemand etwas Falsches zeugen. S. 36, 8 v. u: Blöden = Furchtsamen, Verzagten. S. 37, 10: lassen = überlassen. S. 44, 15: Susaninne, wahrscheinlich der Refrain eines alten Wiegenlieds. S. 44, 4 v. u.: besessen = in Besitz genommen. S. 45, 12 v. u.: tut = verursacht. S. 47, 7 v. u.: für ihm = gegen ihn. S. 50, 13 v. u.: schlecht = einfaches. S. 51, 9: ergeben = entschlossen.

C. H.

Inhalt

Luthers Vorrede zum Waltherschen Chorgesangbüchlein 1524 3
Luthers Vorrede auf alle gute Gesangbücher (aus Walthers Lob und Preis der löblichen Kunst Musica 1538) 5
Ein neu Lied von den zween Märterern Christi, zu Brüssel von den Sophisten zu Löwen verbrannt 1523 7
Ein Danklied für die höchsten Wohltaten, so uns Gott in Christo erzeigt hat 1523 11
Der zwölfte Psalm 1523 13
Der vierzehnte Psalm 1523 15
Der 130. Psalm 1523 16
Der 67. Psalm 1523/24 17
Der 128. Psalm 1524 18
Der 124. Psalm 1524 19
Ein Lobgesang von der Geburt Christi, vielleicht Weihnachten 1523 20
Hymnus: Veni redemptor gentium 1524 21
Der Hymnus: A solis ortus 1524 22
Ein Lobsang auf dem Osterfest 1524 24
Der Lobsang: Christ ist erstanden, gebessert 1524 24
Der Hymnus: Veni creator spiritus 1524 26
Der Gesang: Veni sancte spiritus 1524 27
Der Lobgesang: Nu bitten wir den heiligen Geist 1524 28
Das Lied S. Johannis Huß, gebessert 1524 29
Der Gesang: Gott sei gelobet 1524 30
Der Lobsang: Mitten wir im Leben sind 1524 31
Die zehen Gebot Gottes, auf den Ton: In Gottes Namen fahren wir 1524 33
Die zehen Gebot aufs kürzeste 1524 35
Das deutsche Patrem 1524 36
Gott der Vater wohn uns bei 1524 37
Der Lobgesang Simeonis: Nunc dimittis 1524 37
Das deutsche Sanctus 1526 38
Te Deum laudamus 1527 39
Der 46. Psalm: Deus noster refugium et virtus 1527 oder 29 40
Da pacem Domine, Deutsch 1529 42
Ein Kinderlied auf die Weihnacht Christi 1535 42
Ein Lied von der heiligen christlichen Kirchen, aus dem 12. Kapitel Apokalypsis 1535 44
Gloria in excelsis deo ca. 1536 46
Das Vaterunser, kurz ausgelegt und in Gesangsweise gebracht 1539 47
Der Hymnus: Hostis Herodes, in Ton: A solis ortus 1541 49
Ein geistlich Lied von unser heiligen Taufe 1541 50
Hymnus: O Lux beata, verdeutscht 1542 52
Ein ander Christlied 1542 53
Ein Kinderlied, zu singen wider die zween Erzfeinde Christi und seiner heiligen Kirchen, den Papst und Türken 1542 54
Nachwort 55

Alphabetisches Verzeichnis der Liederanfänge

Ach Gott von Himmel, siehe darein 13
All Ehr und Lob soll Gottes sein 46
Aus tiefer Not schrei ich zu dir 16
Christ lag in Todesbanden 24
Christ, unser Herr, zum Jordan kam 50
Christum wir sollen loben schon 22
Der du bist drei in Einigkeit 52
Dies sind die heilgen zehn Gebot 33
Ein feste Burg ist unser Gott 40
Ein neues Lied wir heben an 7
Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort 54
Es spricht der Unweisen Mund wohl 15
Es wollt uns Gott genädig sein 17
Für allen Freuden auf Erden 5
Gelobet seist du, Jesu Christ 20
Gott der Vater wohn uns bei 37
Gott sei gelobet und gebenedeiet 30
Herr Gott, dich loben wir 39
Jesaia dem Propheten das geschach 38
Jesus Christ, unser Heiland, der den Tod uberwand 24
Jesus Christus, unser Heiland, der von uns 29
Komm, Gott Schepfer, heiliger Geist 26
Komm, heiliger Geist, Herre Gott 27
Mensch, willtu leben seliglich 35
Mit Fried und Freud ich fahr dohin 37
Mitten wir im Leben sind 31
Nu bitten wir den heiligen Geist 28
Nu freut euch, lieben Christen gmein 11
Nu komm, der Heiden Heiland 21
Sie ist mir lieb, die werte Magd 44
Vater unser im Himmelreich 47
Verleih uns Frieden gnädiglich 42
Vom Himmel hoch da komm ich her 42
Von Himmel kam der Engel Schar 53
Wär Gott nicht mit uns diese Zeit 19
Was furchst du, Feind Herodes, sehr 49
Wir gläuben all an einen Gott 36
Wohl dem, der in Gottes Furcht steht 18

Gedruckt bei Breitkopf und Härtel in Leipzig